Zwischen den Pastoralbriefen, die wir im Neuen Testament finden, und dem Passauer Pastoralplan, der an Pfingsten 2000 von Bischof Franz Xaver Eder in Kraft gesetzt wurde und welcher der Diözese Passau den Weg in die Zukunft weisen soll, scheint es - neben vielen Unterschieden - einige Ähnlichkeiten zu geben.
So sprechen beide Schriftstücke in eine Zeit hinein, in der die Kirche vor dem Umbruch steht. Sie wollen Neues initiieren und ihrer Kirche Möglichkeiten aufzeigen, wie man bestehenden Problemen erfolgreich entgegenwirken kann.
Die Zeit der Pastoralbriefe stellt die Aufgabe, den Übergang von der apostolischen zur nachapostolischen Zeit zu bewerkstelligen. Häretiker treten auf, verkünden neue Wege, die zum Heil führen sollen, aber dem Evangelium immer fremder werden.
Der Diözese Passau (sicherlich exemplarisch für viele Diözesen der heutigen Zeit) begegnen andere Aufgaben. Mitgliederschwund, Überalterung der Priester, eine mehr und mehr verloren gehende Nähe zwischen Seelsorger und Menschen und ein abnehmendes Vertrauen in die Kirche, so heißen die aktuellen Probleme.
So musste die Kirche immer wieder auf Probleme verschiedenster Art reagieren; oder wie das der Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner ausdrückt: „Entweder entscheidet sie [nämlich die Kirche]sich für den Aufbruch in die Zukunft und damit für die Entwicklung, oder sie bereitet sich auf das Sterben vor.“1
Während dieser Aufbruch der heutigen Zeit (unter anderem) im Passauer Pastoralplan dokumentiert ist, fand der Aufbruch der nachapostolischen Zeit im Neuen Testament seine Niederschrift. Vieles davon ist uns heute fremd; gerade das Amtsverständnis der Pastoralbriefe stößt heute immer wieder auf Kritik. Und trotzdem haben gerade diese Schriftstücke dazu beigetragen, dass das Evangelium nicht verwässert wurde und sie haben somit das Fundament der jungen Kirche bewahrt.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Einleitendes über die Pastoralbriefe
Das Apostelamt des Paulus
Der Dienst der Apostelschüler
Die lokalen Ämter
Zusammenfassung
Exkurs: Die Pastoralbriefe und die Frauen
Quellenverzeichnis
Einleitung
Zwischen den Pastoralbriefen, die wir im Neuen Testament finden, und dem Passauer Pastoralplan, der an Pfingsten 2000 von Bischof Franz Xaver Eder in Kraft gesetzt wurde und welcher der Diözese Passau den Weg in die Zukunft weisen soll, scheint es – neben vielen Unterschieden - einige Ähnlichkeiten zu geben.
So sprechen beide Schriftstücke in eine Zeit hinein, in der die Kirche vor dem Umbruch steht. Sie wollen Neues initiieren und ihrer Kirche Möglichkeiten aufzeigen, wie man bestehenden Problemen erfolgreich entgegenwirken kann.
Die Zeit der Pastoralbriefe stellt die Aufgabe, den Übergang von der apostolischen zur nachapostolischen Zeit zu bewerkstelligen. Häretiker treten auf, verkünden neue Wege, die zum Heil führen sollen, aber dem Evangelium immer fremder werden.
Der Diözese Passau (sicherlich exemplarisch für viele Diözesen der heutigen Zeit) begegnen andere Aufgaben. Mitgliederschwund, Überalterung der Priester, eine mehr und mehr verloren gehende Nähe zwischen Seelsorger und Menschen und ein abnehmendes Vertrauen in die Kirche, so heißen die aktuellen Probleme.
So musste die Kirche immer wieder auf Probleme verschiedenster Art reagieren; oder wie das der Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner ausdrückt: „Entweder entscheidet sie [ nämlich die Kirche ] sich für den Aufbruch in die Zukunft und damit für die Entwicklung, oder sie bereitet sich auf das Sterben vor.“[1]
Während dieser Aufbruch der heutigen Zeit (unter anderem) im Passauer Pastoralplan dokumentiert ist, fand der Aufbruch der nachapostolischen Zeit im Neuen Testament seine Niederschrift. Vieles davon ist uns heute fremd; gerade das Amtsverständnis der Pastoralbriefe stößt heute immer wieder auf Kritik. Und trotzdem haben gerade diese Schriftstücke dazu beigetragen, dass das Evangelium nicht verwässert wurde und sie haben somit das Fundament der jungen Kirche bewahrt.
In dieser Seminararbeit soll es, nach der Darstellung einiger einleitungswissenschaftlichen Erkenntnisse, zunächst um das Amt des Apostel Paulus, dann um das Amt der beiden Apostelschüler Timotheus und Titus gehen, bevor der Blick schließlich auf die lokalen Ämter in den damaligen Gemeinden geleitet wird. Den Schluss dieser Arbeit bildet ein Exkurs, der der Frage nachgeht, welche Forderung die Pastoralbriefe in unserer Zeit hinsichtlich der Berufung von Frauen in kirchliche Ämter stellen.
München, im Dezember 2005
Einleitendes über die Pastoralbriefe
Schon die aus dem 18. Jahrhundert stammende Bezeichnung der beiden Timotheusbriefe und des Titusbriefes als „Pastoralbriefe“ (lat. pastor = Hirt) geben die Intention dieser drei Epistel wieder: sie bemühen sich „um die Begründung und Ausgestaltung des kirchlichen Hirtenamtes“[2].
Auch wenn die Verfasserschaft in allen drei Pastoralbriefen dem Apostel Paulus zugewiesen wird, gibt es heute kaum noch Zweifel daran, dass die Briefe pseudepigraphischen Charakter haben[3]. Als Sachargumente[4] gegen die paulinische Verfasserschaft kann zum Beispiel die historische Situation angeführt werden, die in den Briefen vorausgesetzt wird und die sich weder mit der Apostelgeschichte noch mit den Protopaulinen in Übereinstimmung bringen lässt.
Auch die in den Pastoralbriefen vorherrschende Theologie unterscheidet sich erheblich von der paulinischen Theologie. Wichtige Begriffe, die die Sprache des Apostel Paulus charakterisieren, wie „ Gerechtigkeit Gottes“, „Freiheit“, „Kreuz“, usw., fehlen.
In den Pastoralbriefen spiegeln sich nicht die Probleme der paulinischen Generation wider, sondern die der dritten urchristlichen Generation[5]. „So ist die kirchliche Verfassung weiter fortgeschritten als bei Paulus. Nicht mehr die Hausgemeinde, sondern die nach dem Modell des antiken Hauses gegliederte Ortsgemeinde (vgl. 1Tim 3,15; 2Tim 2,20 f.; Tit 1,7) bildet die vorherrschende Organisationsstruktur.“[6]
Dies ist auch das dominierende Kirchenbild, das alle Pastoralbriefe durchzieht, das Bild der Kirche als hierarchisch geordnetes Haus Gottes. Der Verfasser der Briefe „entwirft ein neues Kirchenbild mit klaren Strukturen und Kompetenzen: Kirche soll nunmehr verstanden werden als das Haus Gottes (1Tim 3,5.15; 2Tim 2,19 ff.; Tit 1,7), geleitet, befehligt und in seiner hierarchischen Ordnung zusammengehalten von durch ihr Amt dazu legitimierten Männern. (…) Also: Stabilisierung der Kirche durch Ausrichtung am Leitbild eines hierarchisch strukturierten Hauswesens!“[7]
Deutlich wird dieses Prinzip der Oikonomik (= Rede über das Haus/ die Hausgemeinschaft) schon daran, dass die Pastoralbriefe nicht direkt an die ganze Gemeinde geschrieben werden, sondern an deren Leitungsperson. „Im Hintergrund dieser Ekklesiologie steht die gewollte Übernahme eines profanen zeitgenössischen Gesellschaftsbildes als Ideal für ein gedeihliches Zusammenleben: Das patriarchal-hierarchische Haus als kleinste als kleinste Lebens- und Produktionseinheit, als ‚Keimzelle der Gesellschaft’“.[8] In diesem Leitbild wird „vorausgesetzt…, dass die verschiedenen Mitglieder des Hauses in einem durch Natur und Sitte festgelegten Verhältnis von Über- und Unterordnung zueinander stehen und dass sie unterschiedliche Aufgaben und Verwaltungsbereiche haben, auf die sie jeweils angesprochen werden können.“[9]
Und schließlich ist auch das in den Pastoralbriefen propagierte Frauenbild kaum in Einklang zu bringen mit den protopaulinischen Bemerkungen über die Frau.
Für die beiden Timotheusbriefe wird als Entstehungsort in der Forschung im Allgemeinen Ephesus angegeben[10]. „Über Seine Entstehungsbedingungen sagt der Titusbrief nichts aus, zweifellos gehört er aber in die unmittelbare Nähe der Timotheusbriefe.“[11]
Als Abfassungszeit nimmt Schnelle um 100 n. Chr. an[12] und begründet dies u. a. damit, dass die paulinischen Personaltraditionen der Pastoralbriefe noch der lebendigen Gemeindetradition entstammen. Außerdem unterscheidet sich die dargestellte Ämterstruktur „von der Ordnung, die bei Ignatius und Polykarp für die Zeit zwischen 110 und 130 n. Chr. vorauszusetzen ist.“[13]
Einen besonderen Platz unter den drei Pastoralbriefen nimmt der zweite Timotheusbrief ein, denn dieser unterscheidet sich von den beiden anderen in seinen inhaltlichen Aussagen. „Auffällig und für uns einschlägig sind näherhin die Eigenheiten, die den zweiten Timotheusbrief von 1Tim und Tit abheben und ihm eine gewisse Sonderstellung verleihen. In 1Tim und Tit richtet „der pastorale Paulus“ den Blick über die angeschriebenen Adressaten hinaus auf verschiedene Personen und Gruppen der Gemeinde (…).“[14] Ganz anders der zweite Brief an Timotheus, denn hier beschränkt sich der Verfasser weitgehend auf die im Briefkopf genannte zweigliedrige Konstellation Apostel – Adressat. Der Grund ist der nahe Tod des Apostels, der den Brief literarisch und atmosphärisch prägt. Er wird so zu einer „Vermächtnisrede“[15] und zu einem „Freundschaftsbrief“[16]. Letztendlich geht es also darum, der Gefahr eines Kontinuitätsbruches, wie ihn ein Generationenwechsel, nämlich der von der apostolischen zur nachapostolischen Zeit eben mit sich bringt, entgegenzuwirken. „Aufgrund der engen Verwandtschaft der Pastoralbriefe zieht der zweite Timotheusbrief seine beiden „Drillingsbrüder“ sozusagen in seine Situation mit hinein; sie werden implizit ebenfalls zu Verfügungen, die der Apostel Paulus gegen Ende seines Wirkens im Blick auf die Zukunft erlässt.“[17] Die besondere Wirkung, die gerade der zweite Timotheusbrief hervorruft, beschreibt Papst Benedikt XVI. in seiner Zeit als Präfekt für die Kongregation für die Glaubenslehre folgendermaßen:
„ Ich spüre gerade im zweiten Timotheusbrief eine Leidenschaft und eine Glut, in der für mich auf eine erschütternde Weise das letzte Ringen Pauli vernehmbar wird, der abgeschnitten ist von allem und allen,, von vielen auch schon abgeschrieben oder bewusst vergessen und der doch gerade in der Nähe des Martyriums noch einmal mit letztem Einsatz um das Weitergehen des Evangeliums ringt. Insofern sind diese Briefe ein Bischofsspiegel, an dem wir uns immer orientieren müssen und dessen tiefste Identität mit den Aussagen des Anfangs für mich unverkennbar ist. “[18]
Auch wenn sich alle drei Pastoralbriefe an Einzelpersonen richten, sind sie keineswegs Privatbriefe, „sondern Schreiben mit autoritativem Anspruch“[19]. Ihr verbindendes „Element ist die durchgehende Aufforderung zur Abgrenzung und Abkehr von Irrlehrern“[20].
Die Gemeinden in Ephesus haben also nicht nur einen Generationenwechsel zu bewerkstelligen, sondern sie müssen auch dafür Sorge tragen, dass die paulinische Lehre nicht durch andere, nämlich falsche Lehren verwässert wird. „Ein Vertreter dieser [nämlich der paulinischen ] Schule, (…) konstatiert um die Wende zum zweiten Jahrhundert Entwicklungen, die er für die christliche und paulinische Identität der Gemeinden als lebensbedrohlich einschätzt und die er durch die Pastoralbriefe (…) bekämpft: Es handelt sich dabei wohl um gnostische Strömungen. An ihnen kritisiert er u. a. eine extreme Leibfeindlichkeit, die etwa dazu führte, die Hoffnung auf Auferstehung des Leibes abzulehnen (2Tim 2,18) und menschliche Sexualität und die Freude an der Schöpfung schlecht zu machen (1Tim 4,3f.8).“[21]
So fasst der protestantische Neutestamentler Hermann von Lips die Aufgabe der Pastoralbriefe und die Situation, in die hinein sie wirken, folgendermaßen zusammen: „Die Pastoralbriefe geben ein Bild urchristlicher Kirche in der Situation ihrer Konsolidierung in Welt und Geschichte. Nach außen äußert sich dies darin, dass sie bewusst in der Welt und ihren Ordnungen lebt und dass sie offen für die Welt ist, der ja ihr Zeugnis gilt (1Tim 2,4-6). Nach innen betonen die Pastoralbriefe den Zusammenhalt der Gemeinde durch Organisation mithilfe von Ämtern; zugleich wird Wert gelegt auf die Gewährleistung der Kontinuität der Kirche durch die treue Bewahrung der ihr anvertrauten Verkündigungstradition.“[22]
[...]
[1] Zulehner, S. 13.
[2] Schnelle, S. 374.
[3] Zur Problematik der Pseudepigraphie vgl. u. a.: Schnelle, S. 325 ff., Roloff, S. 36 ff., Knoch, S. 12 f.
[4] Die im Folgenden genannten und weitere Begründungen des pseudepigraphischen Charakters der Pastoralbriefe finden sich übersichtlich in Schnelle, S. 376 ff.
[5] Vgl. mit den Ausführungen über die Datierung der Pastoralbriefe.
[6] Schnelle, S. 377.
[7] Niemand, S. 353.
[8] Niemand, S. 354.
[9] Niemand, S. 354.
[10] Vgl. Schnelle, S. 380, und auch Roloff, S. 42.
[11] Schnelle, S. 380, Anm. 190.
[12] Schnelle, S. 380.
[13] Schnelle, S. 380.
[14] Schwankl, S. 69.
[15] Vgl. Schwankl, S. 70 f.
[16] vgl. Weiser, S. 31 ff.
[17] Schwankl, S. 70.
[18] Ratzinger, S. 461.
[19] Schnelle, S. 374; vgl. außerdem Berbuir, S. 122.
[20] Schnelle, S. 374.
[21] Niemand, S. 352.
[22] Lips, S. 67.
- Quote paper
- Timo Grünbacher (Author), 2006, Das Amt in den Pastoralbriefen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49543
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