Die Arbeit geht auf einen Besuch des Historischen Museumn "Himmliches Königreich der Taiping" 2018 zurück. Sie schildert den Rundgang und insbesondere die vom Museum dargestellte Rezeption der Taiping-Revolution durch Mao Zedong, Sun Yats-sen und Karl Marx.
Ein Schwerpunkt der Darstellung liegt auf der speziellen Problematik, dass die Taiping protestantische Revolutionäre waren. Die Arbeit zeigt, dass dieser spezielle Aspekt vom Museum nicht übergangen, wohl aber verkürzt dargestellt wird. Die kritischen Gesichtspunkte basieren auf der vom Verfasser erarbeiteten umfangreichen Rezeptionsanalyse, die unter dem Titel "Die Taiping-Revolution in China (1951-1854)" im Jahr 2018 erschienen ist.
Vorbemerkung
In den Jahren 2017 und 2018 haben meine Frau, Margarete Gaier, und ich die südliche Hauptstadt Chinas, Nanjing, besucht. Unser Interesse galt der Stadt und ihrer Umgebung als ganzer. Im Besonderen studierten wir das religiöse Leben dort, den Konfuzianismus, den Buddhismus und das Christentum, das katholische, vor allem aber das protestantische Christentum. Im Vorfeld dieser Reisen war ich auf die Taiping-Revolution gestoßen, deren Anführer sich als Christen verstanden hatten, als Revolutionäre, die die Fremdherrschaft der Mandschu-Dynastie über Jahre bedrohten, nachdem sie Nanjing erobert und dort ihre neue Hauptstadt, reich an Palästen, aufgebaut hatten.
Meine Interessen hatten zu einer Rezeptionsstudie geführt, im Rahmen derer ich die Wahrnehmung und Beurteilungen der Taiping in Veröffentlichungen der protestantischen Mission und in kommunistischen Veröffentlichungen in der Tradition von Karl Marx, Friedrich Engels und Mao Zedong verglichen habe (Karl-Fritz Daiber 2018, Die Taiping-Revolution in China (1851-1864), Norderstedt: BoD). Im Rahmen dieser Studien stieß ich auch auf den Hinweis, dass es in Nanjing ein Taiping-Museum gäbe. Dieses wollten wir 2017 schon besuchen: Wegen Renovierung geschlossen, auch der Garten. Ein Jahr später machten wir einen zweiten Versuch: Garten geöffnet, aber das Taiping-Museum geschlossen, wie sich später herausstellte nur wegen Reinigungsarbeiten. Am Ende unseres Aufenthaltes in Nanjing machten wir einen letzten Versuch, das Museum zu besichtigen. Diesmal klappte es. Glücklicherweise begleiteten uns chinesische Freunde, die diejenigen Tafeln, die nur in Chinesisch erläuterten, übersetzen konnten. Über diesen dritten Besuch wird im Folgenden berichtet.
Taiping Heavenly Kingdom Historical Museum
Das 1958 eröffnete Museum ist nach einer Phase der vollständigen Erneuerung im Laufe des Jahres 2018 wieder eröffnet worden und kann zusammen mit dem Zhan Yuan Garten wieder besichtigt werden. Für die Taiping-Forschung ist es deshalb von großem Interesse, weil es die gegenwärtige, politisch gewollte Rezeption und damit Bewertung der Taiping-Revolution zeigt.
Literatur wird im Museum nicht angeboten, auch ein Katalog kann nicht erworben werden. So ist der Besucher auf den Rundgang angewiesen.
Er führt von einer großen Büste von Hong Xiuquan angefangen durch die Geschichte der Taiping, dokumentiert durch Ausstellungsstücke der verschiedensten Art zu einem Schlachtenpanorama, das die Rückeroberung von Nanjing durch die kaiserlichen Truppen im Jahr 1864 darstellt und schließt mit einer Dokumentation der Bewertung der Taiping durch Mao Zedong, Sun Yatsen, einen bedeutenden chinesischen Historiker und nicht zu vergessen durch Karl Marx ab. Der Verlauf der Geschichte der Taiping wird durch Schrifttafeln dargestellt. Die allermeisten Ausstellungstücke werden auch in Englisch vorgestellt. Ebenso sind die Informationstafeln auch in englischer Sprache vorhanden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Alle Abbildungen wurden erstellt von Margarete Gaier und Karl-Fritz Daiber.
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Im Folgenden wird der angebotene Rundgang vorgestellt.
Die erste Schrifttafel enthält einen kurzen Gesamtüberblick.
Sie nennt die Zeit der ersten drei Mandschu-Kaiser eine blühende Zeit für China. Der Niedergang setzt im 19. Jahrhundert ein. Er wird auf innenpolitische Ursachen zurückgeführt. Die Einfuhr von Opium wird hier nicht genannt, ebenso wenig auch die Ungleichen Verträge seit 1842.
Die Geschichte der Taiping beginnt 1851 mit dem Jintian-Aufstand. Hong Xiuquan führt ihn als Führer der God Worshipper an. In kampfreichen Jahren gelangen die Taiping nach Nanjing. 1853 erobern sie die Stadt und machen sie zur Hauptstadt des Taiping-Reiches. Sie heißt fortan Tianjing, Himmlische Hauptstadt. Kein Bauernaufstand war für die Mandschu Herrschaft gefährlicher als der von den Taiping angeführte.
In den besetzten Gebieten werden die Leitideen des Himmlischen Königreiches umzusetzen versucht. Zugleich wird der Herrschaftsbereich ausgedehnt. Richtung Norden dringen die Taiping-Heere bis nach Peking vor, ohne die Stadt endgültig zu erobern. Auch nach Westen hin wird das Herrschaftsgebiet erweitert. In der Hauptstadt wachsen allerdings unter den Führen die Uneinigkeit und eine gefährliche Konkurrenz untereinander. Erfolge werden erst wieder durch zwei junge Generäle erreicht. Hong Rengan wird in dieser Zeit zur kompetenten Führungsfigur. Er fordert Reformen und entwickelt programmatisch in einer Denkschrift die dazu nötigen Schritte. Die Tafel nennt das Programm von Hong Rengan „a marvelous reformation program in modern China”. Trotzdem erfährt man an dieser Stelle nichts Näheres über Hong Rengan, weder über seine Verwandtschaft mit Hong Xiuquan, noch über seine vielfältigen Beziehungen zu protestantischen Missionaren, noch dass er von einem von ihnen getauft worden war, noch von seinen Beziehungen zu dem bedeutenden britischen Missionar und Sinologen James Legge.
Kommenta r: Die Einführung nennt drei Gründe für das letztendliche Scheitern der Bewegung: Einmal das Wiedererstarken des Qing-Kaisertums, zum andreren den Interessenkonflikt mit den ausländischen Machten und schließlich die internen Auseinandersetzungen, die die Umsetzung der Zukunftsvision verhinderten. Man wird schwerlich dieser Analyse nicht zustimmen können. Dass religiöse Einflüsse eine Rolle spielten wird nicht ganz übergangen, oder doch nur minimiert zur Geltung gebracht.
Die zweite Schrifttafel beschreibt die Entwicklung der Bewegung in der Zeit von 1851 bis zur Eroberung von Nanjing.
Eingesetzt wird mit Hinweisen auf die Schwächungen der Qing-Dynastie (Dynastie der Mandschu), insbesondere auch durch den Opium-Krieg. In dieser Ausgangslage entwickelt sich die Taiping-Bewegung. Hong Xiuquan, der Führer der Gottanbeter, sammelt seine Anhänger, ruft das Taiping Himmlische Königreich aus und begründet damit eine starke Gegenmacht gegen die Mandschus. Im selben Jahr noch ruft er sich selbst als Himmlischen König aus, er ernennt fünf führende Mitstreiter zu Königen und entwickelt so erste Herrschaftsinstitutionen des Himmlischen Reiches. Yong-an ist der Name der Stadt, in der sich die Taiping zunächst einrichten. Allerdings können die Regierungstruppen die Aufständischen einkesseln. Diesen gelingt der Ausbruch. Damit beginnt der Zug in Richtung Nanjing. Guilin in Changsa wird belagert und die Städte Wuchang, Jiujiang und Anqing erobert. Damit ist der Weg nach Nanjing frei.
Kommentar: Die Tafel fasst die durch andere Quellen belegten Geschehnisse knapp zusammen. Der religiöse Hintergrund, der sich auch im Namen des neuen Reiches andeutet, ist nicht erwähnt, ebenso nicht frühe Spannungen in der Führungsriege der Könige und zwischen ihnen und dem Himmlischen König.
Die dritte Schrifttafel berichtet vom Staatsaufbau nach der Eroberung von Nanjing am 19. März 1853. Nanjing ist fortan „Himmlische Hauptstadt“, Hauptstadt des Taiping Himmlischen Königreiches.
Die Taiping entwickelten in den folgenden Jahren eine Reihe von Entwürfen und Verwaltungspraktiken in den Bereichen von Politik, Wirtschaft, Kultur und Soziales. Für eine effiziente Regierung werden Gebäude errichtet, so der Palast des Himmlischen Königs und Paläste der anderen Könige. Sie sind Ämter der zivilen und militärischen Verwaltung der Zentralregierung. Zur Verteidigung der Stadt werden die Verteidigungsanlagen verstärkt und strategische Pläne entwickelt, um den Angriffen der Kaiserlichen aus ihren großen Camps im Norden und Süden des Yangtse trotzen zu können.
Für die besetzten Gebiete wird ein Reformplan in Kraft gesetzt, „Das Landsystem des Himmlischen Königreiches“. Das feudale Eigentumssystem wird abgeschafft und das Bauernland unter den unteren Klassen verteilt. Dieser Plan könne als Entwurf einer idealistischen Gesellschaft gelten, in der alle Menschen gleich sind. Alles, was die Einwohner des Landes brauchen, gehört allen und wird unter allen verteilt.
Kommenta r: Man kann hier von einer hoch positiven Bewertung der Taiping sprechen. Schattenseiten sind nicht angesprochen, es sei denn, dass der Begriff „idealistic society“ auch Kritik konnotiert.
Die vierte Schrifttafel ist überschrieben „Die Expedition nach Norden und der Marsch nach Westen“.
Beide Kriegszüge sollten der Ausdehnung und weiteren Sicherung des Herrschaftsgebiets und der Machtübernahme in Peking dienen. Zeitlich liegen sie in den der Eroberung von Nanjing folgenden zwei Jahren.
Die verantwortlichen Oberkommandierenden für beide Unternehmungen werden genannt.
Die Expedition nach Norden scheitert. Die Tafel nennt dafür mehrere Gründe: eine falsche Taktik, das Fehlen von Proviant und der notwendigen Verstärkung, unvertraute Umstände sowie schlechte klimatische Bedingungen.
Im Gegensatz dazu ist der Marsch nach Westen erfolgreich, und zwar in den Provinzen Anhui, Jiangxi und Hubei. Die Städte Anqing, Jiujiang, Wuchan und andere strategisch wichtige Schutzorte für die Hauptstadt und deren Versorgung mit Nahrungsmitteln und wichtigem Bedarf konnten erobert werden.
Die fünfte Schrifttafel berichtet über die wachsenden Meinungsverschiedenheiten unter den Taiping-Königen und ihrer Zuspitzung im Jahr 1856.
Im Sommer dieses Jahres gelang es, die militärische Lage zu stabilisieren. Das Nord-Camp und das Süd-Camp der kaiserlichen Truppen wurden vernichtet. Von ihnen war eine unmittelbare Bedrohung Nanjings ausgegangen.
Im Blick auf die inneren Entwicklungen wird festgestellt, Hong Xiuquan habe sich immer mehr in seinen Palast zurückgezogen und die Regierungsarbeit vor allem dem Altkönig Yang Xiuqing überlassen. Dieser habe dann auch seine Machtansprüche ausgebaut, einen neuen hohen Titel gefordert und Hong Xiuquan geradezu zu entmachten versucht. Der Himmlische König habe daraufhin die Ermordung von Yang Xiuqing befohlen. Vollzogen wurde die Aktion durch den Nordkönig. Yang wurde mit 20 000 seiner Anhänger getötet. Infolge der Wirren habe ein weiterer König mit 100 000 Elitesoldaten Nanjing verlassen. Alle diese Umtriebe hätten die Macht des Himmlischen Königreiches erheblich geschwächt. Der Gott-Mythos hätte zu verschwinden begonnen.
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- Karl-Fritz Daiber (Autor), 2019, Das Historische Museum "Himmlisches Königreich der Taiping" in Nanking, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/494536
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