Beim Studium menschlicher Rationalität benützen Psychologen derzeit klassische Modelle der Logik. Mehr und mehr wird jedoch klar, dass für das allgemeine Schließen die klassische Logik nicht adäquat ist. Eine plausible Alternative zum System der klassischen Logik ist das „nicht monotone“ System P, über das breiter Konsens herrscht. In unserem Artikel berichten wir über ein psychologisches Experiment, in welchem die Monotonie mit der Vorsichtigen Monotonie des System P verglichen wird. Wir fanden eine relativ gute Übereinstimmung zwischen dem menschlichen Schließen und Grundlagen des „nicht monotonen“ Schließens, bezugnehmend auf die kohärente Interpretation des System P. Es wurde beobachtet, dass die Versuchspersonen mehr Verletzungen der unteren Grenze als der oberen Grenze begingen. Die von den Versuchspersonen angegebenen Intervalle der Monotonieregel waren größer als die angegebenen Intervalle der Vorsichtigen Monotonie-Regel. Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Logik
1.1.1 Deduktion (Monotonie) vs. Induktion (Nichtmonotonie)
1.1.2 Conjunction Fallacy
1.1.3 System
1.2 Fragestellung und Hypothesen
1.2.1 Fragestellung
1.2.2 Hypothesen
2. Methoden
2.1 Untersuchungsplan
2.2 Untersuchungsgruppe
2.3 Untersuchungsverfahren
2.3.1 Doppelblindversuch
2.3.2 Booklet
2.3.3 Ablauf
2.4 Untersuchungsdurchführung
3. Ergebnisse
3.1 Häufigkeiten
3.2 U-Test nach Mann und Whitney
3.3 Variablen Aufgabenklarheit, -sicherheit u. –schwierigkeit
3.4 Qualitative Auswertung
4. Diskussion
5. Literaturverzeichnis
Anhang
Anhang A: Booklet Monotonie und Vorsichtige Monotonie
Anhang B: Statistische Auswertung
1. EINLEITUNG
Diese Arbeit beschäftigt sich mit menschlichen Denken bei unsicherem Wissen. Weil im All-tag immer neues Wissen hinzukommt, müssen im Lichte neuer Evidenz, neue Konklusionen gemacht werden. Folglich ist menschliches Schließen „nicht monoton“. Es ist von besonderem Interesse, empirisch zu untersuchen, welche Lösungswege und Denkprozesse das einzelne Individuum in Konfrontation mit einer Aufgabe durchläuft, bei der ein Problem durch Denken bei unsicheren Wissen, zu lösen ist. Um diese Denkprozesse vorhersagen zu können, sollte die heutige wissenschaftlich Forschung verstärkten Fokus auf das „nichtmonotone“ Schließen beim Menschen werfen. Insbesondere wird der Zusammenhang von Schlußfolgerungen bei Wahrscheinlichkeiten untersucht.
In unserer Untersuchung beziehen wir uns auf die gegenwärtig relevante Studie von Pfeifer und Kleiter (2002), in der psychologische Experimente vorgestellt werden, die sich mit drei Regeln des SYSTEM P auseinandergesetzt haben. Die Conjunction Fallacy wurde dabei als Brücke zur Psychologie verwendet. (vgl. D. Kahnemann, P. Slovic & A. Tversky, 1982)
1.1. Logik
Seit Anfang des 20. Jahrhundert befassen sich Psychologen mit menschlichem Schließen und Rationalität. Es gibt keine eindeutige Auffassung davon, was rationales Verhalten ausmacht. Die Philosophen streiten sich auch. Folgende unterschiedliche Rationalitätsauffassungen können festgemacht werden:
1. Der lernfähige rationale Mensch
Nach Edwards (1977) kann der Mensch in Situationen, in denen sein Verhalten vom Optimalen abweicht, durch geeignete Instruktion oder Training diesen Mangel an Wissen beheben.
2. Der begrenzt rationale Mensch
Nach Simon (1956) verhalten sich Individuen nicht notwendigerweise vollständig optimal, sondern nur bis zu einem gewissen Grad. Sie wählen etwa Alternativen, die sie als „gut genug“ auf ihr Ziel wahrnehmen. Der begrenzt rationale Mensch berück-sichtigt den Aufwand an Zeit, Energie und Denken und wählt optimale Strategien. Dabei wird die beschränkte Leistungsfähigkeit des kognitiven Apparates berück-sichtigt.
3. Der fehleranfällige intuitive Statistiker
Fehler bei Wahrscheinlichkeitsurteilen resultieren nach Kahnemann und Tversky (1982) danach aus dem Gebrauch von vereinfachenden Heuristiken. Der Mensch versucht weitgehend rational zu sein, bei zunehmender Komplexität der Umgebung gelingt es aber immer weniger. Es fehlen die notwendigen korrekten Programme, um die jeweilige Situation richtig zu identifizieren und die entsprechenden normativ richtigen Strategien anzuwenden.
4. Der Mensch, der normative Modelle falsch anwendet
Nach Gigerenzer (1991) zeigt der Mensch irrationales Verhalten, in dem er normative Modelle in Situationen anwendet, in denen sie nicht anwendbar sind.
Psychologen haben ein systematisches Versuchsprogramm entwickelt, um die Vereinbarkeit zwischen menschlichem Schließen und klassischer Logik auf der einen Seite und possibi-listische Theorien auf der anderen Seite zu testen (vgl. Da Silva Neves, Bonnefon & Raufaste, 2002). Logik hat die Normen für menschliche deduktive Fähigkeiten bestimmt. Da Silva Neves et al. waren die ersten, die das SYSTEM P untersucht haben.
Zwei wichtige Ansätze der Logik sind zu unterscheiden, die deduktive und die induktive Logik.
1.1.1 Deduktion (Monotonie) vs. Induktion (Nichtmonotonie)
Das Folgende sind Beispiele für korrekte Formen.
(a) Deduktiv: Jedes Säugetier hat ein Herz
Alle Pferde sind Säugetiere
Jedes Pferd hat ein Herz
Wenn alle Prämissen wahr sind, muß die Konklusion wahr sein.
(b) Induktiv: Jedes der Pferde, die bisher beobachtet worden sind, hat ein Herz gehabt.
Jedes Pferd hat ein Herz
Wenn alle Prämissen wahr sind, ist es wahrscheinlich, aber nicht notwendig,
dass die Konklusion wahr ist.
Induktive Argumente besitzen im Gegensatz zu deduktiven Argumenten Konklusionen, deren Gehalt über den Gehalt ihrer Prämissen weit hinausgeht. Genau diese Eigenschaft macht induktive Argumente zur Stützung umfassender Gebiete unseres Wissens unentbehrlich (Salmon, 1983).
Die meisten Behauptungssätze – das sind Sätze, deren Hauptfunktion in der Mitteilung irgendeiner Information besteht – sind entweder wahr oder falsch, wenn wir auch in vielen Fällen nicht wissen, welche von den zwei Möglichkeiten der Fall ist. Wahrheit und Falschheit sind uns als Wahrheitswerte von Aussagen bekannt. Bei der Analyse deduktiver Argumente sind wir an der Art von Sätzen interessiert, denen man Wahrheitswerte zuschreiben kann. Die Konklusion muss wahr sein, wenn die Prämissen wahr sind.
Der Grundgedanke der Konstruktion von Wahrheitstafeln (siehe unten) ist, dass es bestimmte Möglichkeiten gibt, komplexe Aussagen aus Teilaussagen zu bilden, und zwar derart, dass der Wahrheitswert der zusammengesetzten Aussage vollkommen durch die Wahrheitswerte der Teilaussagen bestimmt ist (Salmon, 1983).
Jede komplexe Aussage der From „ p und q“ ist wahr, wenn die Teilaussagen „ p“ und „q“ beide wahr sind; andererseits, wenn eine oder beide der Teilaussagen falsch sind, dann ist auch die zusammengesetzte Aussage falsch (Salmon, 1983).
Andere Ausdrücke, die Aussagen miteinander verknüpfen wie „oder“, „wenn ..., dann ...“ und „genau dann, wenn“, können in einer ähnlichen Weise analysiert werden. Alle diese Ausdrücke bezeichnet man als wahrheitsfunktionale Verknüpfungszeichen, denn der Wahr-heitswert irgendeiner komplexen Aussage, die mittels dieser Verknüpfungszeichen konstruiert wurde, ist vollständig bestimmt durch die Wahrheitswerte der Teilaussagen.
Dies lässt sich am besten durch eine Wahrheitstafel darstellen. Ihre Aufgabe ist es die wahr-heitsfunktionalen Verknüpfungszeichen zu definieren:
Tafel 1: Wahrheitstafel
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Tafel I haben wir es mit einem Verknüpfungszeichen zu tun, das auf eine einzelne Aussage angewendet wird. Aus dieser Tafel läßt sich für alle möglichen Fälle das Ergebnis der Bildung der Negation ersehen: Eine wahre Aussage geht durch Negation in eine falsche Aussage über; negiert man eine falsche Aussage, ergibt sich eine wahre Aussage.
In Tafel II werden die sogenannten zweistelligen Verknüpfungszeichen definiert – Verknüpfungszeichen, die zwei Aussagen zu einer dritten Aussage verbinden. Es gibt vier Möglichkeiten, zwei Aussagen zwei Wahrheitswerte zuzuordnen; diese vier Möglichkeiten werden in den ersten beiden Spalten von Tafel II dargestellt. Um die zweistelligen Ver-knüpfungszeichen zu definieren, brauchen wir bloß den Wahrheitswert der zusam-mengesetzten Aussage für jede der möglichen Kombinationen von Wahrheitswerten der zwei Teilaussagen anzugeben. Spalte 3 fasst also das zusammen, was wir über Konjunktionen gesagt haben: Eine Konjunktion ist wahr, wenn beide Teilsätze wahr sind und falsch in allen anderen Fällen. In Spalte 4 ist die Disjunktion wahr, wenn eine oder beide Teilaussagen wahr sind und nur dann falsch, wenn beide Teilaussagen falsch sind. In Spalte 5 ist für Konditionalaussagen wesentlich: Das Konditional ist falsch, wenn es ein wahres Antezedens und ein falsches Konsequens besitzt. In Spalte 6 wird die materiale Äquivalenz definiert. Es wird zur Bildung von Bikonditionalaussagen benutzt. Man kann es ungefähr als „genau dann, wenn“ interpretieren.
Nimmt man an, dass bei einer Konjunktion (siehe Spalte 3), die Wahrscheinlichkeiten für die individuellen Ereignisse, P (A) und P (B) gegeben sind, aber die gemeinsame Wahrschein-lichkeit für die Konjunktion P (A ∩ B) nicht gegeben ist, wobei man A und B als unabhängig ansieht, muss diese Wahrscheinlichkeit ein Produkt von P (A) x P (B) sein. Aber wenn wir die Unabhängigkeit und Abhängigkeit von A und B ignorieren, dann können wir von der Wahrscheinlichkeit der Konjunktion von P (A ∩ B) nur sagen, dass diese in einem Intervall liegen muss.
Im LINDA-Experiment von Tversky und Kahnemann (siehe unten) wurde herausgefunden, dass Versuchspersonen die Konjunktion (A ∩ B) als wahrscheinlicher, als die Alternativen nur (A) oder (B) ansehen. Wegen solcher Verletzungen begehen die Versuchspersonen den Konjunktionsfehler (Conjuction fallacy).
1.1.2 Conjunction Fallacy
Besonders Augenmerk auf diesen Konjunktionsfehler legten Tversky und Kahnemann mit ihrem „LINDA-Experiment“ (1982):
Linda ist 31 Jahre alt, Single, freimütig und sehr klug. Sie studierte Philosophie. Als Studentin war sie sehr interessiert an Themen über Diskrimination und soziale Entscheidung, und nahm auch an Anti-Nuclear-Demonstrationen teil. Die Versuchspersonen werden gebeten, unter den Alternativen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit zu reihen: Linda ist aktiv in der Frauen-bewegung (A), Linda ist Bankangestellte (B), Linda ist eine Bankangestellte und aktiv in der Frauenbewegung (A ∩ B). Im Originalexperiment haben 85% der Versuchspersonen die Konjunktion (A ∩B) als wahrscheinlicher, als die Alternative, dass Linda eine Bank-angestellte ist (B), beurteilt.
Ein Ergebnis dieses Experimentes war, dass die Versuchspersonen sehr oft die oberen Grenzen der Wahrscheinlichkeitsintervalle verletzten. Wegen solcher Verletzungen der „oberen Grenze“ begehen die Versuchspersonen einen sogenannten Konjunktionsfehler. Tversky und Kahnemann argumentieren, dass der Konjunktionsfehler eine Verletzung des Extensionalitätsprinzips ist und dass das demonstriert, dass unsicheres Schließen beim Menschen ein fundamentales rationales Kriterium verletzt. (vgl. D. Kahnemann et al., 1982) Somit zeigt sich, nach Tversky und Kahneman (1982), dass der Mensch beim Schließen fundamental irrational ist. Diese Autoren verteidigen die Idee, dass menschliches Schließen gesteuert wird durch repräsentative Heuristiken, die geeignete Schlußfolgerungen in speziellen Kontexten erzeugen, aber zu wiederkehrenden Vorurteilen in anderen führen.
Eine ganz gegensätzliche Meinung vertritt der Philosoph L. Jonathan Cohen (1981). Gemäß Cohen’s Aussage können psychologische Experimente nicht benützt werden, um menschliche Irrationalität zu beweisen. Ein wichtiges Argument von Cohen bezieht sich auf die Unterscheidung Kompetenz und Leistung, vorgestellt von Chomsky (1965) im Rahmen einer linguistischen Theorie. Chomsky beschreibt die sprachliche Struktur als ein formales System von Regeln, geeignet für eine ausreichende gute grammatikalische Aussprache. Jedoch, nimmt man öfters an, dass menschliches Schließen begleitet wird von internalisierten Regeln, die mentale Grammatik formen und die wiederum mit anderen Systemen wie dem Aufmerksamkeits-System, dem Motivations-System und dem Mnemonic-System zusammen-arbeiten. Die Menschen sind prinzipiell rational, sie sind aber eingeschränkt durch Moti-vation, Leistung etc. Cohen vermutet, dass menschliches Schließen auf ein System von inter-nalisierten Schließregeln basiert, die wiederum menschliche Kompetenz formen und die menschliche Rationalität begründen.
Eine dritte Meinung von Psychologen in Bezug auf Misserfolg und Erfolg in Aufgaben über das Schließen ist, dass Leute eine beschränkte Rationalität haben, gemäß der Aussage von Simon (1955). Daher würde die Fähigkeit des Schließens bestimmt durch die geschätzten Fehlerquellen. Zum Beispiel, ein perfektes Schach unter normalen Zeitdruck zu spielen, ist schwer lenkbar für den menschlichen Verstand (genauso wie für irgend ein anderes bekanntes künstliches System). Daher würden Leute rational handeln bei Aufgaben, die ihre Gedächtnis- und Kombinationsfähigkeiten nicht übertreffen, und sie sind nicht rational, sondern neigen nur zur Rationalität. Diese Beschränkungen haben zur Konsequenz, dass „die Leute im Prinzip rational denken, aber in der Praxis fehlbar sind“ (Johnson-Laird und Byrne, 1991).
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