Handlungsrolle Dramaturg
Im Rahmen dieser Arbeit handelt ein Dramaturg in seiner bestimmten Rolle als Orator im Medialsystem Theater und verfolgt rhetorische Strategien auf der Grundlage eines ideologischen, politischen, kulturellen Kalküls. Winfried Schulz greift ebenso wie Schmidt die Problematik der abstrakten Größe im Theater auf. Analog zu dessen theoretischem Kommunikator/Rezipienten Modell, lässt sich auch hier der Dramaturg einordnen, da er im Theaterapparat die Rolle eines Kommunikators einnimmt, speziell die eines Orators, denn der Orator wird jetzt als menschliches kognitives System betrachtet, das in Kommunikationen mit anderen Systemen interagiert. Schulz erkennt dabei folgendes Problem: Manche Kritik beruht auf dem Missverständnis, Kommunikator und Rezipient mit konkreten Personen zu identifizieren. Tatsächlich handelt es sich jedoch in der abstrakten Betrachtung der Kommunikationsmodelle um Rollen. Daher ist es möglich, daß diese konkrete Person verschiedene Rollen einnimmt. Anhand dieser theoretischen Einordnung ist es nun möglich den Dramaturgen in seiner Handlungsrolle als theoretisches Konstrukt zu betrachten und zu analysieren.
Inhaltsverzeichnis
1.Themenanalyse
1.1. Handlungsrolle Dramaturg
1.2. Handlungsbereiche
1.3. Fragestellungen
2. Der Dramaturg als textkonstruierende Instanz
2.1. Die Handlungsrolle Dramaturg als Kommunikator und Erstorator
2.2. Die Handlungsrolle Dramaturg auf der intrasystemischen Ebene
2.3. Die Handlungsrolle Dramaturg auf der intersystemischen Ebene
2.3.1. Der Dramaturg als Teil des äußeren Kommunikationssystems
3. Schlussbetrachtung
4. Literaturverzeichnis
1. Themenanalyse
1.1. Handlungsrolle Dramaturg
Die Institution Theater wird also als ein hierarchisch gegliedertes soziales, wirtschaftliches und kulturelles System verstanden, das in verschiedene künstlerische und technische Handlungsbereiche unterteilt ist, in denen mehrere „Handlungsrollen“ […] an der Herstellung eines je unterschiedlich beschaffenen ästhetischen Produkts arbeiten, das für eine Bühnenaufführung vor Publikum in einem Theatergebäude bestimmt ist.[1]
Da es nahe zu unmöglich ist die Handlungsbereiche der Gesamtheit aller Dramaturgen genau zu bestimmen und festzulegen, ist es sinnvoll den Begriff der Handlungsrolle als eine Art Superbegriff über die bekannten dramaturgischen Tätigkeiten zu stellen. Siegfried J. Schmidt konzipiert in seinem Text „Handlungsrollen im Fernsehen“ ein Konzept der Handlungsbereiche und Handlungsrollen. Seine Unterteilung in Bereiche wie Produktion, Vermittlung und Rezeption funktioniert auch analog zum Theatersystem, in welchem ein Dramaturg als abstrakte Größe handelt. Nach Schmidt definiert sich der Begriff Rolle und deren Funktion wie folgt:
…Rollen, die als soziale Handlungsrollen oder Institutionen in unterschiedlichem Maße professionalisiert und institutionalisiert sein können, halten Handlungsmuster bzw. Handlungsmöglichkeiten verfügbar und können zu Leistungsbereichen bzw. Organisationen […] aggregiert bzw. integriert werden.[2]
Im Rahmen dieser Arbeit handelt nun der Dramaturg in seiner bestimmten Rolle als Orator im Medialsystem Theater und verfolgt rhetorische Strategien auf der Grundlage eines ideologischen, politischen, kulturellen Kalküls.
Winfried Schulz greift ebenso wie Schmidt die Problematik der abstrakten Größe im Theater auf. Analog zu dessen theoretischem Kommunikator/Rezipienten Modell, lässt sich auch hier der Dramaturg einordnen, da er im Theaterapparat die oben genannte Rolle eines Kommunikators einnimmt, speziell die eines Orators, denn der Orator wird jetzt als menschliches kognitives System betrachtet, das in Kommunikationen mit anderen Systemen interagiert.[3] Schulz erkennt dabei folgendes Problem:
Manche Kritik beruht auf dem Missverständnis, Kommunikator und Rezipient mit konkreten Personen zu identifizieren. Tatsächlich handelt es sich jedoch in der abstrakten Betrachtung der Kommunikationsmodelle um Rollen. Daher ist es möglich, daß diese konkrete Person verschiedene Rollen einnimmt[4]
Anhand dieser theoretischen Einordnung ist es nun möglich den Dramaturgen in seiner Handlungsrolle als theoretisches Konstrukt zu betrachten und zu analysieren.
1.2. Handlungsbereiche
Der Dramaturg als strategischer Kommunikator zwischen verschiedenen Parteien entfaltet seine Handlungsrolle in zwei verschiedenen Feldern. Eine Interrelation besteht im Bereich des Künstlerischen, im Medialsystem Theater, d.h. die Beschäftigung mit allen Bereichen, die für das theatrale Textsubstrat „Aufführung“ von Bedeutung sind und im gesellschaftlichen Bereich indem er eine Mittlerposition zwischen dem Sozialsystem Theater und anderen Sozialsystemen einnimmt.[5] Innerhalb dieser Bereiche und seines Wirkens trifft er immer wieder auf Widerstände ökonomischer, personeller, kultureller und politischer Hinsicht. Er ist konfrontiert mit Veränderungen kulturpolitischer, sowie theaterästhetischer Prämissen; ebenso reagiert er auf ökonomische Wirkungsfaktoren und ist subjektiven Vorstellungen unterworfen, die objektive Realitäten schaffen sollen.
Wie im Verlauf der Arbeit dargestellt wird, variieren seine ästhetischen Produkte von künstlerischen bis hin zu gesellschaftlichen, für die er von der Basis eines projektiven Kalküls aus agiert. Als heterogenste Handlungsrolle im Medialsystem Theater ist er ausschlaggebend für die Funktionalität des gesamten Theaterkomplexes. In Anlehnung an Platz-Waurys Schema über die
Struktur des Theaterapparates lassen sich die Wirkbereiche des Dramaturgen darstellen. Wobei der Abschnitt, der in Platz-Waurys Schema als Premiere gekennzeichnet ist, um für die vorliegende Arbeit relevant zu sein, generell als Aufführung, oder theatraler Text bezeichnet werden kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Logistische Struktur des Medialsystems Theater nach Platz-Waury[6]
Der Dramaturg als Mitarbeiter der Theaterleitung hat über die Jahrhunderte hinweg prozessual Positionen und Funktionen eingenommen und ist „heute zunehmend mit organisatorischen und kommunikativen Aufgaben konfrontiert […].“[7]
Anhand verschiedener Funktionen oder Handlungsbereiche fungiert er zwischen den Handlungsrollen am Theater mittels Partitur, die er anhand des Dramentextes verfasst, Besetzungsvorschlägen, Materialmappe, Epitexten und auch PR- und Managing Strategien. Hierbei agiert er als „kognitives Kalkül, als soziale Handlungsrolle, oder als Kommunikationsfaktor und textkonstruierende Instanz“.[8] Wie sich anhand des Schemas erkennen lässt besitzt er zu allen Bereichen Zugang, z.B. über die Theaterleitung erhält er Einblicke in die Verwaltung und somit einen Überblick über die finanziellen Mittel, die zur Verfügung stehen. Genauso erhält er über seine Partizipation an der Produktion des theatralen Textes Zugang zu sämtlichen Handlungsbereichen des Theaters, da er als eine Art (Ko-) Produzent[9] an allen Ereignissen beteiligt ist.
Wenn auch die moderne, extrem arbeitsteilige Organisation des Theaterwesens mit ihrer Differenzierung der Produktionsfunktionen
(Autor, Dramaturgie, Theaterverwaltung, Regie, Schauspieler, Kostüm- und Maskenbildner, Bühnenbildner und Beleuchter) nicht historisch generalisiert werden kann […] bedingt doch die Bühnenrealisierung des literarischen Textsubstrats immer die Zusammenarbeit eines Produzentenkollektivs, wie sie für rein literarische Textsorten nicht notwendig gegeben ist.[10]
1.3. Fragestellung
Der zu untersuchenden Gegenstand dieser Arbeit ist nun die Darstellung der Handlungsrolle Dramaturg im Medialsystem Theater auf der Folie der Rhetorik. Wie wird gewirkt und überzeugt und auf welche Widerstände trifft sie bei der Interrelation von intrasystemischer und intersystemischer Interaktion?
[...]
[1] Rieder, Claus. Prolegomena zu einer rhetorischen Analyse des Medialssystems Theater. In: Knape, Joachim: Medienrhetorik. Tübingen 2005. Im Folgenden: Rieder, Claus: S. 1.
[2] Schmidt, Siegfried J: Handlungsrollen im Fernsehen. In: Faulstich Werner (Hg): Geschichte
des Fernsehens in der Bundesrepublik Deutschland. Bd. 5 München 1994. Im
Folgenden: Schmidt, Siegfried J.: S. 16.
[3] Knape, Joachim: Was ist Rhetorik? Tübingen 2000. S. 46.
[4] Schulz, Winfried: Kommunikationsprozess. In: Noelle-Neumann, Elisabeth;
Schulz, Winfried; Wilke, Jürgen (Hg.): Publizistik/ Massenkommunikation.
Frankfurt/M. 2000. S. 147.
[5] Vgl. Schmidt, Siegfried: Handlungsrollen im Fernsehen.
[6] Platz-Waury, Elke: Drama und Theater. Eine Einführung. Tübingen 1994. S. 45.
[7] Holtzhauer, Christian: Dramaturgie zwischen Kunst und Geschäft. Überlegungen vor der Diskussion zum Thema: Der Dramaturg als ( Ko-)Produzent. 2004. 1. März 2005 [http://www.dramaturgischegesellschaft.de/dramaturg/2004_02_holtzhauer.php] S.1.
[8] Knape, Joachim: Was ist Rhetorik? Tübingen 2000. Im Folgenden: Knape, Joachim: S. 33
[9] Vgl. Holtzhauer, Christian
[10] Pfister, Manfred: Das Drama. 11. Auflage. München 2001. Im Folgenden: Pfister, Manfred: S. 29
- Quote paper
- Patricia Battke (Author), 2005, Möglichkeiten und Grenzen der Handlungsrolle Dramaturg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49436
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