„Es ist schwieriger einen Aufsichtsrat haften zu lassen, als eine Sau am eingeseiften Schwanz festzuhalten.“ So bewertete Josef Abs, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Deutsche Bank Aktiengesellschaft (AG) einst die Aufsichtsratshaftung. Die Aufsichtsratshaftung gem. § 116 S. 1 AktG i.V.m. § 93 I, II AktG hatte in der Gerichtspraxis lange Zeit keine wesentliche Bedeutung. Allerdings ist angesichts vieler Unternehmenskrisen in der jüngsten Zeit der Aufsichtsrat zunehmend in die Kritik und die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit einzelner Aufsichtsratsmitglieder in den Fokus geraten. Es wurden Vorwürfe erhoben, dass sie ihre Kontrollfunktion nur ungenügend wahrnähmen und der Informationsaustausch zwischen Vorstand und Aufsichtsrat sich auf ein Minimum beschränke. Die Gründe für die Durchsetzungsdefizite der Regressansprüche der Gesellschaft gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern sind nicht nur auf das materielle Recht zurückzuführen. Vielmehr leiten sie sich auch davon ab, dass der Vorstand dafür zuständig ist, die Ansprüche der Gesellschaft prozessual durchzusetzen (§ 78 I AktG) und dieser sich bei der Geltendmachung eines Überwachungsverschuldens des Aufsichtsrats häufig selbst belasten müsste. Umgekehrt ist es so, dass „[j]ede Pflichtverletzung eines Vorstandsmitglieds eine potenzielle Pflichtverletzung des Aufsichtsrats“ sein kann.
Den Problemen im Rahmen der Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern hat der BGH mit seiner Easy Software Entscheidung entgegengewirkt und somit die Haftungswirklichkeit verschärft. Er hat sich vorliegend damit auseinandergesetzt, ob Aufsichtsratsmitglieder bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern dazu verpflichtet sind, sich selbst zu belasten und so mittelbar eigenes Fehlverhalten offenzulegen. Anlässlich der in der Praxis zunehmenden Kritik an dem Durchsetzungsdefizit der Aufsichtsratshaftung, stellt sich die Frage, was die genauen Pflichten des Aufsichtsrats sind. Ferner ist fraglich, welche Ausnahmen von der Regelverfolgungspflicht bestehen und ob das in Art. 2 I, Art. 1 I GG verwurzelte Selbstbezichtigungsverbot eine solche darstellt, sodass das betroffene Aufsichtsratsmitglied eigenes Fehlverhalten nicht mittelbar offenlegen muss. Somit ergibt sich die folgende Forschungsfrage: Das Easy Software Urteil - Eine unzumutbare Verschärfung der Aufsichtsratshaftung durch die mit der Regelverfolgungspflicht verbundene mittelbare Offenlegung eigenen Fehlverhaltens?
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis I
Literaturverzeichnis II
Bearbeitung
A. Thematische Einführung
I. Das Easy Software Urteil
II. Konkretisierung der Fragestellung: Das Easy Software Urteil – eine unzumutbare Haftungsbelastung des Aufsichtsrats durch die mit der Regelverfolgungspflicht verbundene mittelbare Offenlegung eigenen Fehlverhaltens?
B. Begriffsbestimmungen
I. Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder
II. Die Innenhaftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft
III. Die Business Judgement Rule
C. Die ARAG/Garmenbeck-Doktrin
D. Der Ansatz des BGH im Easy Software Urteil
I. Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Aufsichtsratsmitglieder
II. Mittelbare Offenlegung eigenen Fehlverhaltens von Aufsichtsratsmitgliedern
1. Selbstbezichtigungsverbot gemäß Art. 2 I, Art. 1 I GG
2. Die Business Judgement Rule als Ausnahme von der Regelverfolgungspflicht
3. Soziale Konsequenzen als Ausnahme von der Regelverfolgungspflicht
4. Einzelfallbezogene Interessenabwägung
E. Das Easy Software Urteil als eine unzumutbare Haftungsbelastung: Gründe gegen und für die mittelbare Offenlegung eigenen Fehlverhaltens
I. Gründe gegen eine mittelbare Offenlegung eigenen Fehlverhaltens
II. Gründe für eine mittelbare Offenlegung eigenen Fehlverhaltens
III. Stellungnahme
F. Fazit
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