Inwieweit wird in Politik und Wirtschaft Verantwortung institutionalisiert? Was genau ist dann eine Institution und können in ihr noch wirkliche Entscheidungen getroffen werden? Und wenn Verantwortung noch von Einzelpersonen übernommen werden kann, wer übernimmt dann welche Art von Verantwortung? Diese Fragen werden mithilfe relevanter Werke von Max Weber, Carl Schmitt und Arnold Gehlen untersucht.
Eines der prägenden Phänomene unserer Zeit ist die Rechtfertigung einer bestimmten „Entscheidung“ als alternativlos . Dieser Begriff kam zuerst im Rahmen der damaligen Euro-, Banken- und Griechenlandkrise auf, wurde und wird jedoch nach wie vor häufig verwendet, um einen bestimmten, meist unliebsamen Sachverhalt zu legitimieren. Der Eindruck ist unbestritten, dass heutzutage Entscheidungen sowohl in zeitlicher Dauer wie im Hinblick auf ihre inhaltliche Eindeutigkeit oft deutlich hinter der Gestaltungskraft früherer Zeiten oder alternativer Organisationssysteme zurückbleiben. Von einer Föderalismusreform über die Energiewende bis hin zu dem mittlerweile berühmt-berüchtigten Berliner Flughafen hat sich ohne Aussicht auf baldige Besserung eine Vielzahl scheinbar unlösbarer gesellschaftspolitischer Erregerthemen gebildet.
Es stellt sich nun die Frage, wie diese Phänomene zu erklären sind. Aus einer sukzessiven Zunahme an systemischer Komplexität, gekennzeichnet von zunehmend unüberschaubaren Strukturen und einem höheren Grad an Regulationen, kann eine erschwerte Entscheidungsfindung resultieren. Zusätzlich ist es möglich, dass ab einem gewissen Komplexitäts- und Regulationsgrad die Überschaubarkeit und Lösbarkeit eines Problems für den einzelnen Menschen nicht mehr zu erreichen ist. Durch zahlreiche regulatorische Vorgaben können so die real durchsetzbaren Handlungsalternativen und damit die gestalterische Freiheit und Souveränität des Entscheidungsträgers schrittweise verschwinden. Aus Mangel an Handlungsalternativen kann der offizielle Entscheidungsträger faktisch keine Entscheidungen mehr treffen – die Verantwortung wird ihm entzogen und sukzessive institutionalisiert. Die Folgen sind eine kollektive Verantwortungslosigkeit auf individueller Ebene, eine faktische Herrschaft nicht greifbarer Institutionen sowie eine Legitimationskrise des gesamten Systems durch einen Mangel an realisierbaren Handlungsalternativen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Begriff der Verantwortung
- Thema & Ziel
- Methode & Aufbau
- Max Weber und die politische Arbeit
- Politik und Staat
- Die Legitimation politischer Herrschaft
- Die Entwicklung des Berufspolitikers
- Der Aufstieg des Beamtentums
- Die Verantwortung von Politikern und Beamten
- Gesinnungsethik und Verantwortungsethik
- Carl Schmitt und der Begriff des Politischen
- Arnold Gehlen und die Rolle der Institutionen
- Diskussion
- Politik als Institution
- Institutionen und Freiheit
- Politik und Technokratie
- Die Institutionalisierung von Verantwortung in der Politik
- Die Institutionalisierung von Verantwortung in der Wirtschaft
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Freiheit, Souveränität und Verantwortung in Politik und Wirtschaft im 21. Jahrhundert. Sie analysiert, wie Verantwortung in diesen Bereichen institutionalisiert wird und welche Auswirkungen dies auf die Freiheit und Souveränität der Bürger hat.
- Die Bedeutung von Verantwortungsethik und Gesinnungsethik für das politische Handeln
- Die Rolle von Institutionen für die Wahrung von Freiheit und Souveränität
- Die Herausforderungen der Technokratie für demokratische Prozesse
- Die Notwendigkeit von Entscheidungsalternativen als Voraussetzung für Verantwortung und Souveränität
- Die Auswirkungen des Begriffs "alternativlos" auf die politische Entscheidungsfindung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Dieses Kapitel erläutert den Begriff der Verantwortung und zeigt auf, wie er mit Freiheit und Souveränität verknüpft ist. Es argumentiert, dass die Existenz von Entscheidungsalternativen essentiell für die Ausübung von Verantwortung und die Wahrung von Freiheit ist.
Max Weber und die politische Arbeit: Das Kapitel beleuchtet die Ansichten von Max Weber zur politischen Arbeit, insbesondere die Entwicklung des Berufspolitikers und die Frage der Legitimation politischer Herrschaft. Es geht auf die Verantwortung von Politikern und Beamten sowie auf die Unterscheidung zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik ein.
Carl Schmitt und der Begriff des Politischen: Dieses Kapitel behandelt die Konzeption des Politischen bei Carl Schmitt. Es analysiert, wie Schmitt den Begriff des Politischen von anderen Bereichen des menschlichen Lebens abgrenzt.
Arnold Gehlen und die Rolle der Institutionen: Der Text beleuchtet die Rolle der Institutionen im Denken von Arnold Gehlen. Es werden die Bezüge zwischen Gehlens Anthropologie und den Herausforderungen der modernen Gesellschaft dargestellt.
Diskussion: Dieser Abschnitt widmet sich der Frage, wie die Institutionalisierung von Verantwortung in Politik und Wirtschaft die Freiheit und Souveränität der Bürger beeinflusst. Es werden verschiedene Aspekte wie die Rolle von Institutionen, die Herausforderungen der Technokratie und die Folgen des Begriffs "alternativlos" diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themen wie Freiheit, Souveränität, Verantwortung, Institution, Politik, Wirtschaft, Technokratie, Entscheidungsalternativen, Gesinnungsethik, Verantwortungsethik und "alternativlos". Sie untersucht den Zusammenhang zwischen diesen Begriffen und analysiert ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts.
- Citation du texte
- Leonard Ernst (Auteur), 2019, Inwieweit wird in Politik und Wirtschaft Verantwortung institutionalisiert?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/493052