Ziel dieser Arbeit soll sein, vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen einen strukturierten Überblick über die ertragsteuerliche Behandlung der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und ihrer Gesellschafter zu geben und die damit verbundenen Problemfelder aufzuzeigen.
Die KGaA genannt stellt eine gesellschaftsrechtliche Mischform zwischen einer Kommanditgesellschaft (Personengesellschaft) und einer Aktiengesellschaft (Kapitalgesellschaft) dar. Sie verbindet sowohl personengesellschaftsrechtliche als auch aktienrechtliche Elemente miteinander, womit diese Gesellschaftsform eine besondere Stellung im deutschen Gesellschaftsrecht einnimmt.
Für kleine und mittelständische Unternehmen, die bei größeren oder risikobehafteten Investitionsvorhaben schnell an ihre finanziellen Grenzen stoßen, stellt diese Rechtsform eine Alternative dar, um am Kapitalmarkt zusätzliches Eigenkapital zu generieren. Für Familienunternehmen bietet sie aufgrund der weitgehenden Vertragsfreiheit bei der Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Führungsstruktur zudem die Möglichkeit, die konkreten Bedürfnisse der Unternehmerfamilie auf Dauer zu sichern. Die KGaA vereint in sich die Vorteile einer Aktiengesellschaft, ohne deren Nachteile hinnehmen zu müssen, die insbesondere in der Satzungsstrenge gesehen werden. Ferner gewährt diese Rechtsform einen gewissen Schutz gegen Fremdeinflüsse.
Durch den Börsengang ist es zwar möglich die Gesellschaft kapitalgesellschaftlich zu organisieren, jedoch ohne dass gleichzeitig die Unternehmensleitung auf andere Personen übergeht. Die KGaA erweist sich auch unter steuerlichen Gesichtspunkten als attraktiv. Je nach Ausgestaltung profitiert sie nach der derzeitigen Rechtsprechung bspw., wenn sie ausländische Tochtergesellschaften hat, davon, dass deren Dividenden bis auf die Ebene des persönlich haftenden Gesellschafters weitgehend steuerfrei vereinnahmt werden können. Trotz dieser und weiterer Rechtsformvorteile stellt die KGaA keine weitverbreitete Gesellschaftsform dar. Aufgrund ihrer hybriden Struktur erscheint diese Rechtsform zunächst unübersichtlich und in der Praxis schwer durchführbar. Vor allem die ertragsteuerliche Behandlung der KGaA unterliegt erheblichen Unsicherheiten.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Problemstellung und Zielsetzung
1.2. Gang der Untersuchung
2. Zivilrechtliche Grundlagen
2.1. Rechtliche Struktur
2.2. Erscheinungsformen
3. Allgemeine ertragsteuerliche Behandlung der KGaA und ihrer Gesellschafter
3.1. KGaA als hybrides Besteuerungssubjekt
3.2. Besteuerungsebenen
3.2.1. Ebene der Gesellschaft
a) Körperschaftssteuer
b) Gewerbeertragsteuer
3.2.2 Ebene der Gesellschafter
a) Besteuerung der Komplementäre
b) Besteuerung der Kommanditaktionäre
4. Problemfelder der ertragsteuerlichen Behandlung der KGaA und aktuelle Lösungsvorschläge
4.1. KGaA im nationalen Bereich
4.2. KGaA im internationalen Bereich
5. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Zweigleisige Struktur der KGaA
Abbildung 2: Die klassische, personalistische Variante der KGaA
Abbildung 3: Die atypische, kapitalistische Variante der KGaA
Abbildung 4: Gesetzestypische KGaA-Struktur als Ausgangssituation
Abbildung 5: Zweistufige steuerliche Gewinnermittlung auf Ebene der KGaA
Abbildung 6: Möglichkeiten der Dividendenbesteuerung bei der KGaA
Abbildung 7: Betriebsvermögensvergleich der phG nach § 4 Abs. 1 EStG
Abbildung 8: Besteuerung auf Ebene der Kommanditaktionären
Abbildung 9: Meinungsspektrum zur ertragsteuerlichen Behandlung der KGaA
Abbildung 10: Rechnerische Gegenüberstellung beider Betrachtungsweisen
Abbildung 11: Modifizierte intransparente Betrachtung im Vergleich
Abbildung 12: Outbound-Fall einer KGaA
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, nachfolgend KGaA genannt, stellt eine gesellschaftsrechtliche Mischform zwischen einer Kommanditgesellschaft (Personengesellschaft) und einer Aktiengesellschaft (Kapitalgesellschaft) dar.1 Sie verbindet sowohl personengesellschaftsrechtliche als auch aktienrechtliche Elemente miteinander, womit diese Gesellschaftsform eine besondere Stellung im deutschen Gesellschaftsrecht einnimmt. Für kleine und mittelständische Unternehmen, die bei größeren oder risikobehafteten Investitionsvorhaben schnell an ihre finanziellen Grenzen stoßen, stellt diese Rechtsform eine Alternative dar, um am Kapitalmarkt zusätzliches Eigenkapital zu generieren.2 Für Familienunternehmen bietet sie aufgrund der weitgehenden Vertragsfreiheit bei der Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Führungsstruktur zudem die Möglichkeit, die konkreten Bedürfnisse der Unternehmerfamilie auf Dauer zu sichern. Die KGaA vereint in sich die Vorteile einer Aktiengesellschaft, ohne deren Nachteile hinnehmen zu müssen, die insbesondere in der Satzungsstrenge gesehen werden. Ferner gewährt diese Rechtsform einen gewissen Schutz gegen Fremdeinflüsse. Durch den Börsengang ist es zwar möglich die Gesellschaft kapitalgesellschaftlich zu organisieren, jedoch ohne dass gleichzeitig die Unternehmensleitung auf andere Personen übergeht. Die KGaA erweist sich auch unter steuerlichen Gesichtspunkten als attraktiv. Je nach Ausgestaltung profitiert sie nach der derzeitigen Rechtsprechung bspw., wenn sie ausländische Tochtergesellschaften hat, davon, dass deren Dividenden bis auf die Ebene des persönlich haftenden Gesellschafters weitgehend steuerfrei vereinnahmt werden können.
1.1. Problemstellung und Zielsetzung
Trotz dieser und weiterer Rechtsformvorteile stellt die KGaA keine weitverbreitete Gesellschaftsform dar.3 Aufgrund ihrer hybriden Struktur erscheint diese Rechtsform zunächst unübersichtlich und in der Praxis schwer durchführbar.4 Vor allem die ertragsteuerliche Behandlung der KGaA unterliegt erheblichen Unsicherheiten. Ein Grund hierfür stellt insbesondere die rudimentäre steuergesetzliche Regelung dar. So findet die KGaA systematisch bedeutsame Erwähnung nur in §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG, in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG sowie in §§ 8 Nr. 4 und 9 Nr. 2b GewStG. Auf Grundlage dieser Vorschriften bemüht sich die Rechtsprechung, Wissenschaft und Praxis um ein konsistentes Grundkonzept zur Besteuerung dieser Rechtsform, welches sowohl der zivilrechtlichen Einordnung und den komplexen wirtschaftlichen Gegebenheiten, sowohl im nationalen als auch im internationalen Kontext, gerecht wird. Dabei hat der Bundesfinanzhof (BFH) im sog. Herstatt-Urteil vom 21.06.19895 seine grundlegende Position bereits dargestellt. Ungeachtet dieses Urteils zur Wurzeltheorie sind jedoch zahlreiche Rechtsfragen weiterhin von der Rechtsprechung unbeantwortet.6 Viele Einzelfragen bleiben höchstrichterlich ungeklärt, sodass die Finanzgerichte und der BFH selbst in Teilaspekten von der systematischen Basis der Grundsatzentscheidung zumindest scheinbar abweichen. Auch die Finanzverwaltung entscheidet angesichts der Seltenheit der Fälle und der Vielschichtigkeit der Probleme, die über die Grundsatzentscheidung des BFH hinausgehen, ebenfalls nicht einheitlich. In der Literatur werden diesbezüglich im Wesentlichen zwei Linien vertreten, das Transparenzprinzip (mitunternehmerische Betrachtung der KGaA) und das Intransparenzprinzip (KGaA als „reine“ Kapitalgesellschaft).7 Keine dieser Theorien vermag jedoch der gesetzlich fixierten Besteuerungssystematik der KGaA gerecht zu werden. Insbesondere die mitunternehmerische Konzeption löst eine Fülle von Problemen aus, die mit dem derzeitigen Steuerrecht nicht vereinbar ist.8
Ziel dieser Arbeit soll nun sein, vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen einen strukturierten Überblick über die ertragsteuerliche Behandlung der KGaA und ihrer Gesellschafter zu geben und die damit verbundenen Problemfelder aufzuzeigen.
1.2. Gang der Untersuchung
Nach einer kurzen Einführung werden für die steuerliche Untersuchung zunächst die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen in Kapitel 2 dargelegt. Dazu werden im ersten Abschnitt des Kapitels beide Arten von Gesellschaftern (Komplementär und Kommanditaktionär) mit deren Funktion innerhalb der KGaA vorgesellt, aus dem der duale Charakter dieser Rechtsform resultiert. Im zweiten Abschnitt des Kapitels geht die Verfasserin auf die zwei wesentlichen Erscheinungsformen der KGaA und auf deren Gestaltungsvorteile ein.
Die Ausarbeitung in Kapitel 3 und 4 ist das Kernstück dieser Arbeit. In Kapitel 3 erfolgt zunächst eine allgemeine Beschreibung der ertragsteuerlichen Behandlung der KGaA und ihrer Gesellschafter, bevor sich die Verfasserin den damit verbundenen Problemfeldern sowie aktuellen Lösungsvorschlägen in Kapitel 4 widmet. Aufgrund der hybriden Eigenschaft dieser Rechtsform ist für steuerliche Würdigung eine Unterscheidung von transparenter und intransparenter Besteuerung von Bedeutung. Daher werden jeweils das Besteuerungskonzept einer Personengesellschaft (Transparenzprinzip) und einer Kapitalgesellschaft (Trennungsprinzip) näher beschrieben, bevor die KGaA im ersten Abschnitt des dritten Kapitels als hybrides Besteuerungssubjekt vorgestellt wird. Im zweiten Hauptteil des Kapitels 3 geht die Verfasserin auf die Besteuerungsebenen der KGaA ein. Hierbei wird zunächst auf Ebene der Gesellschaft die Besteuerung der KGaA als Kapitalgesellschaft dargestellt, wobei insbesondere auf die körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Behandlung eingegangen wird. Im Anschluss erfolgt eine Beschreibung der Ertragsbesteuerung des Komplementärs und des Kommanditaktionärs. In Kapitel 4 widmet sich die Verfasserin schließlich der aktuellen Problematik hinsichtlich der ertragsteuerlichen Behandlung der KGaA, wobei die Entwicklungen nicht nur aus dem Blickwinkel des deutschen nationalen Steuerrechts, sondern auch aus der abkommensrechtlichen Sicht beleuchtet werden. Abschließend erfolgt im Kapitel 5 eine Zusammenfassung der in den vorangegangenen Kapiteln erarbeiteten Ergebnisse.
2. Zivilrechtliche Grundlagen
Die Kenntnis über die grundlegende Struktur der KGaA und über die Gestaltungsmöglichkeiten dieser Rechtsform ist Voraussetzung für die steuerliche Untersuchung. Daher geht die Verfasserin im ersten Schritt auf die beiden Arten von Gesellschaftern ein und stellt jeweils deren Funktion innerhalb der KGaA vor. Im Anschluss werden zwei wesentlichen Erscheinungsformen dieser Rechtsform erläutert, wobei deren Gestaltungsvorteile jeweils von Interesse sind
2.1. Rechtliche Struktur
Der § 278 Abs. 1 AktG (Wesen der Kommanditgesellschaft auf Aktien) definiert die KGaA als eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. Es handelt sich um eine Kapitalgesellschaft mit der Besonderheit, dass mindestens ein Gesellschafter den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt haftet und die übrigen an dem in Aktien zerlegten Grundkapital beteiligt sind hingegen, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften. Damit hat die KGaA zwei Arten von Gesellschaftern: die persönlich haftenden Gesellschafter (phG), sog. Komplementäre und die Kommanditaktionäre.
Die Komplementärgesellschafter sind grundlegend für die Rechtsform der KGaA, da ihre Entstehung nur durch den Beitritt eines oder mehrerer phG möglich ist.9 Sie brauchen nicht am Vermögen der Gesellschaft beteiligt zu sein. Falls sie jedoch eine solche Vermögenseinlage leisten, so geht diese in das alleinige Vermögen der Gesellschaft über und wird somit ein Bestandteil des Gesamtkapitals der KGaA. Es steht dem Komplementärgesellschafter überdies frei, sich am Grundkapital zu beteiligen, indem er Aktien zeichnen, womit er zusätzlich die Rechtsstellung eines Kommanditaktionärs übernimmt.
Die KGaA hat als Organe, ähnlich wie die Aktiengesellschaft (AG), eine Hauptversammlung und einen Aufsichtsrat.10 Anders als die AG verfügt die KGaA jedoch nicht über einen Vorstand. Dessen Rolle übernehmen die phG. Dabei gelten für die Komplementäre nicht die Vorschriften des §§ 76 - 94 AktG über den Vorstand einer AG. Ihre Aufgaben sind in § 283 AktG geregelt, wobei die in Nr. 1 - 14 genannten Vorschriften über den Vorstand einer AG nur sinngemäß anzuwenden sind. Im Vergleich zum Vorstand haben die Komplementäre eine wesentlich stärkere Stellung.11 Sie sind sog. „geborene Geschäftsführungsorgane“, d.h. sie werden anders als der Vorstand einer AG nicht bestellt, sondern sind kraft ihrer Gesellschafterstellung geschäftsführungs- und vertretungsbefugt, die sog. Selbstorganschaft. Als Geschäftsführungs- und Vertretungsorgane unterliegen die Komplementäre gemäß § 278 Abs. 2 AktG den für die Kommanditgesellschaft (KG) geltenden Regeln der §§ 161 - 177a HGB.12
Die KGaA kann wie die AG ihr Aktienkapital über die Börse aufnehmen.13 Somit bilden die Kommanditaktionäre die andere Gesellschaftergruppe, welche Einlagen in Form von Aktien leisten. Die Haftung der Kommanditaktionäre ist auf ihre Einlage beschränkt, soweit sie erbracht worden ist. Der Beitrag des einzelnen Kommanditaktionärs fließt in den Sammelposten des Grundkapitals der KGaA ein. Da das Grundkapital von den Kommanditaktionären in Form von Aktien gehalten wird, kommt diesen somit im Wesentlichen die Finanzierungsfunktion innerhalb der Gesellschaft zu.
Nach § 278 Abs. 2 AktG bestimmt sich das Rechtsverhältnis der phG untereinander und gegenüber der Gesamtheit der Kommanditaktionäre sowie gegenüber Dritten nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) über die KG.14 Gemäß § 278 Abs. 3 AktG gelten im Übrigen, soweit sich aus §§ 278 ff. AktG oder aus dem Fehlen eines Vorstands nichts anderes ergibt, die Vorschriften des Ersten Buchs über die AG sinngemäß. Darin besteht auch das gesellschaftsrechtliche Grundproblem der KGaA.15 In dieser Rechtsform treffen zwei an sich nicht vereinbare Prinzipien zusammen, das grundsätzlich dispositive KG-Recht des HGB mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit und das verbindliche Recht des AktG mit dem Grundsatz der Satzungsstrenge. Die Unternehmensführung der KGaA orientiert sich nach dem Recht der Personengesellschaften bzw. an den für die KG geltenden Rechtsregeln des HGB. Die Kapitalstruktur richtet sich nach dem Aktienrecht. Die nachfolgende Abbildung soll die zweigleisige Struktur der KGaA verdeutlichen:
Abbildung 1: Zweigleisige Struktur der KGaA
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung i.A. an Heinhold, M., 2010, S.213; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 23..
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die KGaA zwar eine Mischform zwischen KG und AG darstellt, aber in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht ist sie eine juristische Person, die gegenüber ihren Gesellschaftern vollumfänglich verselbständigt ist. Als Trägerin sämtlicher Rechte und Pflichten handelt die KGaA über ihre Organe. Hierzu gehören die phG, die Hauptversammlung und der Aufsichtsrat, wobei die Komplementäre eine Doppelfunktion einnehmen. Zum einen nehmen sie als gesetzliches Organ der AG Vorstandsaufgaben wahr und zum anderen sind sie geschäftsführende Gesellschafter.
2.2. Erscheinungsformen
Die Zwitterstellung der KGaA zwischen der im HGB geregelten KG und der im AktG geregelten AG hat in der Praxis dazu geführt, dass sich verschiedene Erscheinungsformen der KGaA herausgebildet haben.16 Zum einen gibt es die personalistische KGaA, die auch als typische oder klassische Variante der KGaA bezeichnet wird. Zum anderen gibt es die kapitalistische KGaA, die als atypische Variante der KGaA gilt. Die nachfolgende Abbildung stellt zunächst die personalistische KGaA graphisch dar:
Abbildung 2: Die klassische, personalistische Variante der KGaA
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung i.A. an Heinhold, M., 2010, S.210; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 21.
Die klassische Variante ist dadurch gekennzeichnet, dass ausschließlich natürliche Personen als phG fungieren.17 Bei einem Familienunternehmen sind es i.d.R. Mitglieder der Unternehmerfamilie, die die Stellung des phG bzw. des Komplementärs einnehmen.18 Das in Aktien zerlegte Grundkapital wird von den Kommanditaktionären gehalten, welche sowohl Mitglieder der Unternehmerfamilie, als auch fremde Aktionäre sein können.
Die atypische Variante der KGaA ist dadurch gekennzeichnet, dass ausschließlich haftungsbeschränkte Rechtsgebilde als phG fungieren.19 Dabei kommen als Komplementär u.a. eine GmbH, eine GmbHCo.KG, eine KGaA, eine GmbH&Co.KGaA und eine AG in Betracht. Darüber hinaus kann es noch zu weiteren Gestaltungsformen kommen.20 Die nachfolgende Abbildung stellt die einfache Variante der kapitalistischen KGaA dar, bei der eine GmbH als Komplementär auftritt:
Abbildung 3: Die atypische, kapitalistische Variante der KGaA
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung i.A. an Heinhold, M., 2010, S.211; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 28.
Bei dieser Variante der kapitalistischen KGaA wird durch das Zwischenschalten einer Kapitalgesellschaft als phG das Haftungsrisiko gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG auf das Gesellschaftsvermögen der Komplementär-GmbH begrenzt.
Viele Jahre wurde in der Literatur kontrovers diskutiert, inwieweit der Komplementär einer KGaA als eine Kapitalgesellschaft ausgestaltet werden darf.21 Die damit zusammenhängende Rechtsunsicherheit bei der Frage, ob nur natürliche Personen Komplementäre der KGaA sein dürfen, oder auch beschränkt haftende bzw. juristische Personen, hat offenbar auch eine größere Verbreitung dieser Rechtsform gehindert. Mit dem Beschluss vom 24.02.199722 hat der Bundesgerichtshof auch Kapitalgesellschaften und andere juristische Personen als phG zugelassen. Seitdem hat das Interesse an der KGaA, insbesondere in der Form der GmbH & Co. KGaA, stark zugenommen.23
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die personalistische Variante der KGaA die Vorteile der Kapitalbeschaffung einer AG mit der Gestaltungsfreiheit einer Personengesellschaft verbindet, während die kapitalistische Variante der KGaA durch das Vorschalten einer Kapitalgesellschaft als Komplementär das Haftungsrisiko auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt.
3. Allgemeine ertragsteuerliche Behandlung der KGaA und ihrer Gesellschafter
Die Besteuerung der KGaA gehört zu den anspruchsvollen Kapiteln des Ertragsteuerrechts.24 Es liegt u.a. daran, dass die KGaA keiner einheitlichen Besteuerung als reine Kapitalgesellschaft unterliegt, obwohl sie gem. § 278 Abs. 1 AktG eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit und somit eine Kapitalgesellschaft ist. Vor dem Hintergrund der in Kapitel 2.1. dargestellten zweigleisigen Struktur, steht die KGaA am Schnittpunkt zweier Besteuerungswelten,25 die im Grunde an die zivilrechtliche Unterscheidung zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften anknüpfen. Diese weichen nicht nur in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht voneinander ab. Sie unterliegen auch insbesondere unterschiedlichen Besteuerungssystematiken. Um die Besteuerung einer KGaA besser zu verstehen, ist die Unterscheidung von transparenter und intransparenter Besteuerung grundlegend.
Die Umsetzung der transparenten Besteuerung bzw. des Transparenzprinzips findet i.d.R. bei Personengesellschaften Anwendung.26 Die Personengesellschaften werden steuerlich auch als Mitunternehmerschaften bezeichnet. Demnach wird der Gewinn, der auf Ebene der Gesellschaft ermittelt wird, den einzelnen Gesellschaftern zugewiesen und entsprechend der individuellen Disposition des Mitunternehmers besteuert. Es wird hierbei von sog. Einebenenbesteuerung gesprochen. Schuldrechtliche Leistungsbeziehungen, wie z.B. die Überlassung von Darlehen und Wirtschaftsgütern, sind hierbei zu eliminieren. Das gleiche gilt für Sondervergütungen bzw. für Vergütungen des Mitunternehmers für seine Dienste bei der bzw. für die Personengesellschaft.
Die Umsetzung der intransparenten Besteuerung bzw. des Trennungsprinzips hingegen findet bei der Besteuerung von Kapitalgesellschaften statt.27 Hierbei kommt es zu einer Trennung der Besteuerungsebenen von Gesellschaft und Gesellschaftern. Im Einzelnen erfolgt zunächst eine Besteuerung auf der Ebene der Gesellschaft. Unabhängig von der Gesellschaftsebene findet eine zusätzliche Besteuerung auf der Gesellschafterebene statt, die sog. Zweiebenenbesteuerung. Diese führt hauptsächlich dazu, dass individuelle Besteuerungsmerkmale der einzelnen Gesellschafter bei der Besteuerung der Gesellschaft außer Acht bleiben. Angesichts der Zweiebenenbesteuerung sind schuldrechtliche Leistungsbeziehungen zwischen diesen beiden Personen möglich und steuerlich grundsätzlich auch anerkannt.
Die KGaA vereinigt beide Besteuerungsprinzipien in sich. Sowohl das für Kapitalgesellschaften geltende Trennungsprinzip, als auch das bei Personengesellschaften geltende Transparenzprinzip, finden bei dieser Rechtsform gleichermaßen Anwendung.28 Im nachstehenden Kapitel werden die Grundsätze und Besonderheiten der Besteuerung der KGaA herausgearbeitet. Hierzu wird zunächst die Ebene der Gesellschaft und anschließend die Ebene der Gesellschafter aus ertragsteuerlicher Sicht beleuchtet.
3.1. KGaA als hybrides Besteuerungssubjekt
Bei der KGaA handelt es sich um eine „hybride“ Rechtsform, da sie sowohl Elemente der personenorientierten KG als auch solche der kapitalbezogenen AG aufweist.29 Als hybride Gesellschaft vereint sie typische Besteuerungsaspekte sowohl der Personen- als auch der Kapitalgesellschaft, sodass bei der Besteuerung zwischen einer mitunternehmerschaftsähnlichen und einer kapitalistischen Komponente unterschieden wird.30
Steuerlich wird die KGaA als eine Kapitalgesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG deklariert.31 Für Zwecke der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer ist sie damit ein eigenständiges Steuersubjekt, sodass es zwischen der Ebene der Gesellschaft und derjenigen der Gesellschafter zu trennen ist. Es gibt jedoch eine Einschränkung bei der Umsetzung des Trennungsprinzips. Es gilt nur insoweit die Einkünfte auf das Grundkapital, d.h. auf die Kommanditaktionäre, entfallen. Die Gewinnanteile des phG werden davon nicht erfasst. Bei einer uneingeschränkten Anwendung des Trennungsprinzips, d.h. auch auf den phG, würde die Hybridität dieser Rechtsform steuerrechtlich unberücksichtigt bleiben. Insoweit findet in Bezug auf die Einkünfte des Komplementärs das zur Besteuerung der Personengesellschaften entwickelte Transparenzprinzip unmittelbar Anwendung.32 Kollruss bezeichnet die Besteuerungssystematik der KGaA daher auch als „Transparenz sui generis“ im Hinblick auf die Besteuerung des Komplementärs.33 Hageböke präzisiert wiederum, dass die KGaA nur in Bezug auf den phG „teiltransparent“ ist.34 Im Verhältnis zu den Kommanditaktionären gilt schließlich weiterhin das Trennungsprinzip. Sie sind wie Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu behandeln.
Die KGaA selbst stellt zwar keine Mitunternehmerschaft dar, sodass der Komplementär dementsprechend auch kein Mitunternehmer sein kann, er wird aber im Rahmen der Einkommensteuer „wie“ ein solcher behandelt.35 Bei der Umsetzung des Transparenzprinzips im Verhältnis zu dem Komplementär ist zu beachten, dass die dem Komplementär zuzurechnenden Gewinnanteile lediglich der Einkommensbesteuerung unterliegen – sofern es sich um eine personalistischen Variante der KGaA handelt – und nicht zusätzlich auf Ebene der KGaA mit der Körperschaftsteuer belastet werden.36 Damit die Trennung der steuerrechtlichen Bemessungsgrundlagen auch praktisch umgesetzt werden kann, entwickelte der BFH in seiner vielbeachteten Herstatt-Entscheidung vom 21.06.1989 die sog. Wurzeltheorie.37 Demnach wird der Gewinnanteil bzw. die Einkommensbesteuerung des phG, sofern dieser nicht auch Kommanditaktionär ist, von der Körperschaftsbesteuerung der KGaA steuerrechtlich „an der Wurzel” abgespalten. Der auf den Komplementär entfallender Einkommensbestandteil wird nach der Abspaltung ihm „wie einem Mitunternehmer“ unmittelbar zugerechnet und dort besteuert. Die mitunternehmerähnliche Besteuerung des Komplementärs für einkommensteuerliche Zwecke wird durch das Zusammenwirken der Normen § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG (1. Komponente der Wurzeltheorie) und § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG (2. Komponente der Wurzeltheorie) erreicht, obgleich es sich bei dem Komplementär um den Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft handelt.38
Die sich aus der Anwendung der Wurzeltheorie ergebende Frage nach den jeweiligen Besteuerungsprinzipien hinsichtlich des phG und der Kommanditaktionäre ist auf Basis der gegenwärtig geltenden gesetzlichen Regelungen für die KGaA nicht eindeutig zu beantworten.39 Vor allem die lediglich rudimentäre gesetzliche Regelung hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Komplementäre und deren fiktive Behandlung „wie“ Mitunternehmer führen zu teilweise Unklarheiten und Unsicherheiten. Damit ergibt sich aus der hybriden Struktur der KGaA ein steuerlicher Gestaltungsspielraum.40 Auf die einzelnen Problemfeldern der ertragsteuerlichen Behandlung der KGaA und deren Gesellschafter wird noch im Kapitel 4 näher eingegangen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass aufgrund der Hybridität dieser Rechtsform für die Besteuerung der KGaA zwei Betrachtungsweisen herangezogen werden können: die mitunternehmerische (auch als personalisierte Betrachtung bezeichnet) und die kapitalistische Betrachtungsweise.41 Die gesellschaftsrechtliche Einordnung als Kapitalgesellschaft wird nach der kapitalistischen Betrachtungsweise auf das Steuerrecht übertragen. Lediglich für die Besteuerung der Gesellschafter wird zwischen der Besteuerung eines Mitunternehmers (mitunternehmerschaftsähnliche Komponente) und der Besteuerung eines Aktionärs (kapitalistische Komponente) differenziert.
3.2. Besteuerungsebenen
Wie bereits in Kapitel 3.1 dargelegt, enthält die KGaA als „hybride“ Rechtsform neben den Merkmalen einer Kapitalgesellschaft (Trennungsprinzip im Verhältnis der KGaA zu den Kommanditaktionären) auch Merkmale einer Personengesellschaft (Transparen-zprinzip im Verhältnis zu den phG). Dementsprechend sind für die Besteuerung der KGaA und ihrer Gesellschafter drei Besteuerungsebenen zu trennen, unabhängig davon, ob es sich um eine gesetzestypische oder um eine atypische KGaA handelt.42
(1) Ebene der KGaA als Kapitalgesellschaft
(2) Ebene der phG wie Mitunternehmer (Transparenzprinzip)
(3) Ebene der Kommanditaktionäre als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (Trennungsprinzip).
Im Folgenden wird auf die einzelnen Besteuerungsebenen näher eingegangen. Zur besseren Veranschaulichung wird in der nachstehenden Abbildung die gesetzestypische KGaA-Struktur als Ausgangssituation der steuerlichen Würdigung zugrunde gelegt:
Abbildung 4: Gesetzestypische KGaA-Struktur als Ausgangssituation
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung i.A. an Nagel, S./ Wittkowski, A. (2012), S. 115.
In der Ausgangssituation werden als Komplementär der KGaA hauptsächlich natürliche Personen betrachtet, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Damit unterliegen sie im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG mit ihrem Welteinkommen der in Deutschland unbeschränkten Steuerpflicht. Als Kommanditaktionäre werden neben natürlichen Personen auch Kapital- und Personengesellschaften herangezogen, die über keinerlei Auslandsberührung verfügen, sodass vorliegend das deutsche Steuerrecht Anwendung findet.
3.2.1. Ebene der Gesellschaft
Der § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG fasst die KGaA ausdrücklich unter die Kapitalgesellschaften.43 Als Kapitalgesellschaft ist die KGaA in Deutschland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, sofern sie ihren Sitz (§ 11 AO) oder ihre Geschäftsleitung (§ 10 AO) im Inland hat. Für Zwecke der Körperschaftsteuer ist die KGaA damit ein eigenständiges Steuersubjekt und wird nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften des KStG als juristische Person besteuert.
Nach § 6 Abs. 2 und § 238 HGB ist die KGaA ein Formkaufmann und damit zur kaufmännischen Buchführung verpflichtet.44 Infolgedessen erzielt sie als unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Personen gemäß § 8 Abs. 2 KStG stets Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Dies gilt auch dann, wenn sie tatsächlich nicht gewerblich, sondern bspw. vermögensverwaltend tätig ist. Zudem ist die KGaA gemäß § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 GewStG als Kapitalgesellschaft eingestufte Rechtsform ein Gewerbebetrieb kraft Rechtsform und unterliegt somit selbst auch der Gewerbesteuer. Im Rahmen der Gewerbesteuer gilt die KGaA sowohl als Gewerbesteuersubjekt als auch –objekt.
a) Körperschaftssteuer
Als Steuerobjekt der Körperschaftsteuer wird das Einkommen der juristischen Person herangezogen.45 Was im Einzelnen als Einkommen gilt und wie dieses zu ermitteln ist, bestimmt sich gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG nach den Vorschriften des EStG und den körperschaftsteuerlichen Sondervorschriften. Der § 7 Abs. 1 KStG bestimmt hierbei das zu versteuernde Einkommen (zvE) als Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer. Somit bildet das zvE der KGaA den Ausgangspunkt der Steuerfestsetzung. Die Ausgangsgröße für das zvE stellt gemäß § 7 Abs. 1 KStG i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG der durch ein Betriebsvermögensvergleich ermittelte Gewinn dar.46 Auf der Ebene der Gewinnermittlung ist zu erwähnen, dass die Diskussion geführt wird, ob die KGaA ihren Gewinn nach monoistischen Grundsätzen zu ermitteln hat oder eher eine dualistische Gewinnermittlung durchführen soll.47 Damit stellt sich die Frage, ob der Jahresüberschuss der KGaA einheitlich nach aktienrechtlichen oder getrennt für die auf das Grundkapital und die Komplementärseinlage entfallenden Gewinnanteile nach den jeweils einschlägigen Vorschriften zu ermitteln ist. Die „Wurzeltheorie“ des BFH bietet zunächst Anlass der zweiten Variante der Gewinnermittlung zu folgen. Die steuerliche Gewinnermittlung erfolgt demgemäß durch einen Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG in zwei Stufen:
Abbildung 5: Zweistufige steuerliche Gewinnermittlung auf Ebene der KGaA
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung i.A. an Heinhold, M., 2010, S.226; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 117.
Zunächst wird das Betriebsvermögen am Ende des laufenden Wirtschaftsjahrs um das Betriebsvermögen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs gemindert.48 Das Betriebsvermögen ist handels- und steuerrechtlich das „Eigenkapital“ der KGaA. Damit stellt der Betriebsvermögensvergleich die Änderung des Eigenkapitals bzw. den periodischen Jahresüberschuss oder aber auch den -fehlbetrag dar. Ergebnis der ersten Gewinnermittlungsstufe ist der Unterschiedsbetrag I. Wichtig dabei ist, dass der Unterschiedsbetrag I auch die Eigenkapitalveränderungen des phG umfasst. Ist das Eigenkapital der KGaA durch ergebniswirksame Auszahlungen an den Komplementär bspw. in Form von gezahlten Tätigkeitsvergütungen gemindert worden, ist diese Minderung des Unterschiedsbetrages I aus der Sicht der KGaA zunächst außerbilanziell nach § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG hinzuzurechnen (erste Stufe), um den Gewinnanteil im nächsten Schritt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG als „fiktive“ Betriebsausgabe wieder abzuziehen (zweite Stufe).49 Der § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG sieht für die Ermittlung des Einkommens prinzipiell vor, jeder Art von Gewinnverteilung bzw.-minderung auszublenden.
Auf der ersten Gewinnermittlungsstufe folgt die KGaA im Allgemeinen den Grundsätzen der intransparenten Besteuerung und damit den Prinzipien einer Kapitalgesellschaft.50 Erst auf einer zweiten Stufe der Gewinnermittlung wird der „Teil des Gewinns“, der an den phG auf seine „nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen“ oder als „Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung“ verteilt wird, nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG ergebniswirksam gekürzt.51 Der § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG setzt somit steuerlich die hybride Rechtsstruktur der KGaA um.52 Die Gewinnanteile werden dem Komplementär wie einem Mitunternehmer im Rahmen des Transparenzprinzips gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugerechnet und von ihm versteuert.53 Je nachdem, ob der Komplementär eine natürliche oder eine juristische Person ist, unterliegen seine Einkünfte der Einkommen- oder der Körperschaftsteuer. Deshalb dürfen seine Gewinnanteile nicht zusätzlich mit der Körperschaftssteuer belastet werden. Im Hinblick auf die oben genannte Wurzeltheorie wird durch den § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG die Einkommensbesteuerung des phG – im Falle einer personalistischen KGaA – von der Körperschaftsbesteuerung der Gesellschaft „an der Wurzel“ abgespalten.54 § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG und § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG sind insofern als „Ausgliederungs- und Zuordnungsnormen“ zu verstehen.55
Die Auslegung in § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG ist allerdings nicht wortgleich mit § 15 Abs.1 Satz 1 Nr. 3 EStG. So erstreckt sich der Umfang der abziehbaren Aufwendungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG auf den „Teil des Gewinns“, der an phG auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt wird. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG bestimmt für den phG neben den Komplementärgewinnanteilen, soweit sie nicht auf das Grundkapital entfallen, und neben Vergütungen, die der phG von der KGaA für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft erhält, zusätzlich noch Vergütungen für andere Arbeitsverträge (wie Darlehens- und Mietverträge) zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb.56 § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG erfasst vom Wortlaut her derartige Sondervergütungen somit nicht. Zudem sind die Begriffe „Teil des Gewinns“ i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG und „Gewinnanteile“ i.S.d. § 15 Abs.1 Satz 1 Nr. 3 EStG im Steuerrecht nicht inhaltlich definiert.57 Insofern stellt sich die Frage, ob die beiden Begriffe einheitlich auszulegen sind. Wassermeyer vertritt die Auffassung der einheitlichen Auslegung.58 Hierbei bezieht er sich allerdings auf den von ihm entwickelten Lösungsansatz59, bei dem unter dem Gewinnanteil “ i.S.d. § 15 Abs.1 Satz 1 Nr. 3 EStG nur ein Teilbetrag des ohne die Anwendung von § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG bei der KGaA sachlich steuerpflichtigen Gewinns zu verstehen wäre. Kollruss ist hingegen der Ansicht, dass es zwischen den Beträgen keine zwingende betragsmäßige Identität bzw. Kongruenz bestehen muss, da sie sich nur dem Grunde nach auf die Einkünftebestandteile aus der Einkünfteerzielung der KGaA (Wurzel) beziehen.60 Insofern bestehe lediglich ein funktionaler Zusammenhang zwischen den beiden Normen, um eine mitunternehmerähnliche Besteuerung des Komplementärs herzustellen. Die Autorin kann sich der Meinung von Kollruss vorerst anschließen. So könnte bspw. durch die Formulierung „Gewinnanteile“ in § 8 Nr. 4 GewStG61, zwar angenommen werden, dass das Gesetz die Begriffe „Teil des Gewinns“ und „Gewinnanteile“ synonym verwendet. Dem steht jedoch entgegen, dass der § 8 Nr. 4 GewStG nach seinem Wortlaut ebenso wenig wie § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG Sondervergütungen des Komplementärs erfasst. Derartige Vergütungen beeinflussen zurecht bereits nach allgemeinen Grundsätzen (§ 4 Abs. 4 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) als Betriebsausgaben das Ergebnis der KGaA. Schließlich sind allgemein-schuldrechtliche Beziehungen des phG mit der KGaA als eigenständigem Zivil- und (Körperschaft-)Steuersubjekt aufgrund des Trennungsprinzips anerkannt.62 Vor diesem Hintergrund können die Beträge (nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG und § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG) nicht identisch sein, weshalb auch die beiden Begriffe (im KStG und im EStG) nach der hier vertretenen Auffassung nicht einheitlich auszulegen wären.
Bezüglich der Komplementärgewinnanteile, soweit sie nicht auf das Grundkapital entfallen, liegt auf der Ebene der KGaA eine Gewinnverwendung bzw. -verteilung vor.63 Verteilt wird der Gewinn der KGaA als Verzinsung der Sondereinlage i.S.d. § 281 Abs. 2 AktG. Wegen § 8 Abs. 3 KStG ist deshalb eine gewinnmindernde Behandlung als Betriebsausgabe an sich nicht zulässig.64 Da diese Gewinnanteile aber bei phG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG besteuert werden, muss das Körperschaftsteuerrecht den Abzug als „fiktive“ Betriebsausgabe gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG zulassen, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.
[...]
1 Vgl. Drüen, K.-D./ van Heek, S., DStR 11/2012, S. 543; Müller, W./ Rödder, T., 2009, Rn. 112 - 113.
2 Vgl. Renz, A., 2006, S.65 ff.; Nagel, S.; Wittkowski, A., 2012, S. 7; Kollruss, T., Betriebs Berater, Heft 51/2012, S. 3178.
3 Vgl. Deutschen Bundestag, Protokoll Nr. 17/77, 77. Sitzung des Finanzausschusses am 08. 02. 2012, S. 4/ S. 27 f..
4 Vgl. Drüen, K.-D./ van Heek, S., DStR 11/2012, S. 543ff..
5 Vgl. BFH vom 21.06.1989 - X R 14/88, in BStBl. II 1989, S. 881 – 888.
6 Vgl. Nagel, S.; Wittkowski, A., 2012, S. 111.
7 Vgl. Kollruss, T., Betriebs Berater, Heft 51/2012, S. 3178.
8 Vgl. Wassermeyer, F., Festschrift für Michael Streck zum 70. Geburtstag, Köln 2011, S.273.
9 Vgl. Ladwig, M., DStR 1996, S. 805 f..
10 Vgl. Renz, A., 2006, S.46 ff..
11 Vgl. Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 21 f./ S. 48; Renz, A., 2006, S.51 f.; Goette, W., DStR 1997, S. 1013.
12 Vgl. Heinhold, M., 2010, S.212.
13 Vgl. Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 22; Ladwig, M., DStR 1996, S. 800 ff..
14 Vgl. Renz, A., 2006, S.45 ff..
15 Vgl. Heinhold, M., 2010, S.212 ff.; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 23.
16 Vgl. Heinhold, M., 2010, S.210 ff..
17 Vgl. Renz, A., 2006, S.40 f..
18 Vgl. Heinhold, M., 2010, S.210.
19 Vgl. Renz, A., 2006, S.41 f..
20 Vgl. Kühnel, M., Ertragssteuerrecht, Ausgabe Steuer und Studium 11/2009, S.508 f..
21 Vgl. Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 27 f.; Heinhold, M., 2010, S.212.
22 Vgl. BGH vom 24.02.1997 – II ZB 11/96, BGHZ 134, 392.
23 Vgl. Goette, W., DStR 1997, S. 1012 ff.; Renz, A., 2006, S. 41/S. 124; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 27.
24 Vgl. Kollruss, T., Deutsche Steuer-Zeitung vom 15.09.2012, Heft 18/2012, S. 651; Heinhold, M., 2010, S.224 f./ S. 650; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 111.
25 Vgl. Eigenthaler, T. (Vertreter der Deutschen Steuer-Gewerkschaft) in Deutscher Bundestag, Protokoll Nr. 17/77, 77. Sitzung des Finanzausschusses am 08. 02. 2012, S.10.
26 Vgl. Heinhold, M., 2010, S.224 f.; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 112 ff..
27 Vgl. Heinhold, M., 2010, S.224 f.; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 112 ff..
28 Vgl. Drüen, K.-D./ van Heek, S., DStR 11/2012, S. 541 ff.; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 111 ff..
29 Vgl. Drüen, K.-D./ van Heek, S., DStR 11/2012, S. 541 ff..
30 Vgl. Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 111 ff..
31 Vgl. Kühnel, M., Ertragssteuerrecht, Ausgabe Steuer und Studium 11/2009, S.509 ff..
32 Vgl. Drüen, K.-D./ van Heek, S., Der Betrieb vom 28.09.2012, Heft 39, S. 2184 f..
33 Vgl. Kollruss, T., Betriebs Berater, Heft 51/2012, S. 3178 f.: Prof. Dr. Thomas Kollruss ist Lehrbeauftragter im Bereich betriebswirtschaftlichen Steuerlehre und des Internationalen Steuerrechts an verschiedenen Hochschulen..
34 Vgl. Hageböke, J., Der Betrieb vom 30.11.2012, Heft 48, S. 2710 f.: Dr. Jens Hageböke (Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) ist Partner von Flick Gocke Schaumburg in Bonn..
35 Vgl. Drüen, K.-D./ van Heek, S., DStR 11/2012, S. 544; Kühnel, M., Ertragssteuerrecht, Ausgabe Steuer und Studium 11/2009, S.508 f..
36 Vgl. Kollruss, T., Betriebs Berater, Heft 51/2012, S. 3178 ff..
37 Vgl. Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 111; BFH vom 21.06.1989 - X R 14/88, in BStBl. II 1989, S. 881 – 888.
38 Vgl. Kollruss, T., Deutsche Steuer-Zeitung vom 15.09.2012, Heft 18/2012, S. 651 ff.
39 Vgl. Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 111 f.; Drüen, K.-D./ van Heek, S., DStR 11/2012, S. 541 - 547.
40 Vgl. Deutscher Bundestag, Protokoll Nr. 17/77, 77. Sitzung des Finanzausschusses am 08. 02. 2012, online: http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a07/anhoerungen/2012/077/077-08_02_12-__A__E-Mail_.pdf.
41 Vgl. Renz, A., 2006, S.73 f.; Drüen, K.-D./ van Heek, S., DStR 11/2012, S. 541 - 547.
42 Vgl. Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 114 f.; Heinhold, M., 2010, S.224 f..
43 Vgl. Kühnel, M., Ertragssteuerrecht, Ausgabe Steuer und Studium 11/2009, S.510 f.; Heinhold, M., 2010, S.224 f.; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 115 f.; Renz, A., 2006, S.78 f..
44 Vgl. Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 116 f.; Heinhold, M., 2010, S.225.
45 Vgl. Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 116 f.; Renz, A., 2006, S.78 f..
46 Vgl. Renz, A., 2006, S.78; Kühnel, M., Ertragssteuerrecht, Ausgabe Steuer und Studium 11/2009, S.509; Heinhold, M., 2010, S.225 ff..
47 Vgl. Drüen, K.-D./ van Heek, S., DStR 11/2012, S. 541 - 547; Janssen, B., NWB 2001, Fach 18, S. 3811 f..
48 Vgl. Kühnel, M., Ertragssteuerrecht, Ausgabe Steuer und Studium 11/2009, S.509; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 114 ff.; Heinhold, M., 2010, S. 225 ff..
49 Vgl. Hageböke, J./ Koetz, A., DStR 2006, S.293 ff.; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 114.
50 Vgl. Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 113 ff.; Heinhold, M., 2010, S.225 ff..
51 Vgl. Hageböke, J./ Koetz, A., DStR 2006, S.293 ff.; Wassermeyer, F., Festschrift für Michael Streck zum 70. Geburtstag, Köln 2011, S.267 f.; Heinhold, M., 2010, S. 227.; Drüen, K.-D./ Hageböke, J., Der Betrieb vom 30.11.2012, Heft 48, S. 2709 - 2714.
52 Vgl. Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 119.
53 Vgl. Heinhold, M., 2010, S. 227 / S. 236.
54 Vgl. Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 119.
55 Vgl. Wassermeyer, F., Festschrift für Michael Streck zum 70. Geburtstag, Köln 2011, S.261.
56 Vgl. Janssen, B., NWB 2001, Fach 18, S. 3811 f..
57 Vgl. Kühnel, M., Ertragssteuerrecht, Ausgabe Steuer und Studium 11/2009, S.510.
58 Vgl. Wassermeyer, F., FR - Finanz-Rundschau 17/2010, S. 813; Wassermeyer, F., Festschrift für Michael Streck zum 70. Geburtstag, Köln 2011, S.268 ff.: Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer ist ein deutscher Jurist. Er war Vorsitzender Richter am BFH und ist Autor zahlreicher Fachveröffentlichungen und Mitherausgeber der Zeitschriften „Internationales Steuerrecht“ (IStR), „Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht“ (EuZW), „Steuer und Wirtschaft“ (StuW)..
59 Siehe Kapitel 4.1., Variante der intransparenten Betrachtung nach Wassermeyer.
60 Vgl. Kollruss, T., Deutsche Steuer-Zeitung vom 15.09.2012, Heft 18/2012, S. 651 ff..
61 Siehe Kapitel 3.2.1.b): § 8 Nr. 4 GewStG macht für gewerbesteuerrechtliche Zwecke die in § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG angeordnete Kürzung des körperschaftsteuerrechtlichen Gewinns der KGaA rückgängig und stellt auf diese Weise sicher, dass die in beiden Vorschriften erfassten Gewinnanteile des phG auf Ebene der Gesellschaft der Gewerbesteuer unterworfen werden.
62 Vgl. BFH, Urteil vom 28.11.2007 - X R 6/05,BStBl II 2008, S. 363; Fischer, M., DStR 1997, S. 1519.
63 Vgl. Hageböke, J., Der Betrieb vom 30.11.2012, Heft 48, S. 2710; Nagel, S./ Wittkowski, A., 2012, S. 119.
64 Vgl. Heinhold, M., 2010, S. 227 ff..
- Citar trabajo
- Tatjana Schulz (Autor), 2013, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Wie wird sie besteuert?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/493012
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