Die Idee, die Methoden des Rollenspiels im Literaturunterricht einzuführen, entstand, als die Autoren des Textes, auf den sich diese Ausarbeitung bezieht, mit Hauptschülern arbeiteten, die sich im herkömmlichen Unterricht weder für die behandelte Literatur begeisterten, noch einen persönlichen Bezug zu ihr aufbauen konnten. Auch literarischen Texte, die sich mit Problemen befaßten, die einen großen Teil der Schüler auf Grund der selben Altersklasse hätten ansprechen müssen, weckten kein Interesse. Als man jedoch das Rollenspiel einsetzte, „wurde der Unterricht lebendiger und die gemeinsame Arbeit in der Gruppe intensiver“. Die Schüler konnten sich mit dem Text identifizieren oder ihn zumindest nachvollziehen.
Eine Erläuterung und auch Unterstützung dieser Vorgehensweise im Literaturunterricht liefert Günter Grass, der im Text zitiert wird. Er fordert die Schule auf „dem Schüler Lust am Lesen“ (S.7) zu geben, „ ,um ihm die Chance zu geben – und sei es mit den verschiedensten Gedanken – sich mit einem Text zu identifizieren, sich selbst zu erleben...‘.“ Das Rollenspiel soll folglich durch eine subjektive Verstehensweise dem Schüler den literarischen Text näherbringen; es entsteht die Möglichkeit, sich in Texte hineinzufühlen und die entstandene eigene Rezeption als eine von vielen verschiedenen Literaturempfindungen anzuerkennen. Dem Schüler wird so die Angst genommen vor einer richtigen, gültigen Rezeptions- und Interpretationsweise, wie sie oft im herkömmlichen Literaturunterricht gesucht wird, da die Zielsetzung des Rollenspiels in erster Linie auf „die Begegnung des Lesers mit sich selbst mit Hilfe des Textes“ (S.7) gerichtet ist.
Ein Zitat von Hans R. Jauß wird angeführt, um die Zeitlosigkeit und individuelle Interpretierbarkeit von literarischen Texten zu verdeutlichen: „ ,Das literarische Werk (ist) kein für sich bestehendes Objekt, das jedem Betrachter zu jeder Zeit den gleichen Anblick darbietet. Es ist vielmehr wie eine Partitur auf die immer erneuerte Resonanz der Lektüre angelegt.‘“. Bei der Methode des Rollenspiels ist eine zu erzielende Interpretation zwar immer noch von Bedeutung, jedoch liegt der Schwerpunkt auf dem Rollenspiel selbst, auf dem Weg zur Interpretation.
Inhaltsverzeichnis
- Vorüberlegungen
- Neue Versuche im Umgang mit literarischen Texten
- Das private Textverständnis des Schülers und das ganzheitliche Erfassen von Texten
- Die Methode Rollenspiel im Literaturunterricht
- Was ist Rollenspiel?
- Spielverlauf
- Instrumente des Rollenspiels
- Rollenspieltechniken
- Aufgaben des Spielleiters
- Ziele, Erfahrungen, Hinweise zum Eisatz der Unterrichtsbeispiele
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Ausarbeitung befasst sich mit der Methode des Rollenspiels im Literaturunterricht und untersucht deren Einsatzmöglichkeiten, Vor- und Nachteile. Der Fokus liegt auf der Förderung eines ganzheitlichen Textverständnisses und der aktiven Auseinandersetzung mit Literatur durch die Schüler.
- Das Rollenspiel als Instrument zur Steigerung der Lesemotivation und Identifikation mit Texten
- Die Rolle des Spielers im Rollenspielprozess und die Herausbildung eines individuellen Textverständnisses
- Die Integration von subjektiven Perspektiven und Interpretationen im Literaturunterricht
- Der Vergleich von Textinterpretationen durch verschiedene Spieler und die Bedeutung von gemeinsamer Reflexion
- Die Förderung von Empathie und der Fähigkeit zur Perspektivübernahme durch die Methode des Rollenspiels
Zusammenfassung der Kapitel
Vorüberlegungen
Das Kapitel beleuchtet die Motivation und den Hintergrund der Einführung der Rollenspielmethode im Literaturunterricht. Es wird deutlich, dass die Autoren durch die Erfahrung mit desinteressierten Schülern den Bedarf an einer lebendigeren und interaktiveren Unterrichtsform erkannt haben. Darüber hinaus werden die theoretischen Grundlagen des Rollenspiels im Kontext der Literaturdidaktik erläutert, wobei die Bedeutung von subjektivem Textverständnis und die Berücksichtigung von persönlichen Erfahrungen der Schüler hervorgehoben werden.
Die Methode Rollenspiel im Literaturunterricht
Dieses Kapitel definiert das Rollenspiel als Methode im Literaturunterricht und beschreibt dessen Ablauf und Einsatzmöglichkeiten. Es werden verschiedene Instrumente und Techniken des Rollenspiels vorgestellt, die zur Gestaltung des Spielverlaufs beitragen, sowie die Aufgaben des Spielleiters beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Ausarbeitung sind: Rollenspiel, Literaturunterricht, Textverständnis, Interpretation, Rezeption, Empathie, Identifikation, Gruppenarbeit, Spieler, Spielleiter, subjektive Perspektiven, ganzheitliches Lernen, Handlungsorientierung, Produktionsorientierung.
- Quote paper
- Sabrina Reuter (Author), 2000, Rollenspiele im Literaturunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49299