Das Unwort des Jahres 2004 lautet Humankapital. Auch wenn dieser Begriff den Menschen auf eine materielle Ebene reduziert, sollte die Bedeutung für ein Land wie Deutschland nicht unterschätzt werden. Humankapital ist die einzige nennenswerte Ressource, die Deutschland vorweisen kann, um im internationalen Vergleich eine bedeutende Rolle einzunehmen.
Eine Reihe von internationalen Leistungserhebungen hat in den letzten Jahren zunehmend für eine Diskussion über die Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungssystems gesorgt. Die Ergebnisse Deutschlands sind dabei bestenfalls auf durchschnittlichem Niveau anzusiedeln und somit für ein Land mit einer hohen wirtschaftlichen und politischen Bedeutung bei weitem nicht ausreichend. Die häufig verbreitete Meinung über das vorbildliche und weltweit bewunderte deutsche Bildungssystem ist mehr und mehr verstummt.
Aus ökonomischer Sicht ist diese Entwicklung alarmierend. Gerade in Zeiten wachsender internationaler Konkurrenz und der absehbaren demographischen Entwicklung sind Menschen mit einer guten Ausbildung unverzichtbar, um den Wohlstand unserer Gesellschaft zu sichern. Selbstverständlich kann eine Analyse nicht ausschließlich aus ökonomischer Perspektive geführt werden, sie ist aber in Bezug auf die hohen öffentlichen und privaten Aufwendungen im Bildungsbereich durchaus geboten. So macht es aus diesem Blickwinkel Sinn, vor allem die Struktur des Systems und die Verteilung der eingesetzten Mittel näher zu betrachten. Ziel dieser Arbeit soll es sein, zu klären, ob die staatliche Bereitstellung von Bildung zu zu-frieden stellenden Ergebnissen führt, oder ob in gewissen Bereichen mehr Wettbewerb und Autonomie zu besseren Ergebnissen führen kann. Der Fokus der Untersuchung liegt dabei auf dem Schulbereich. Ausgehend von einer Einordnung des Faktors Bildung in die ökonomische Betrachtung im zweiten Kapitel, soll im weiteren Verlauf die aktuelle Situation des deutschen Bildungssystems untersucht werden. In Abschnitt vier werden Reformvorschläge und mögliche Entwicklungen diskutiert. Eine Zusammenfassung und ein Fazit schließen die Arbeit ab.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ökonomische Einordnung des Faktors Bildung
2.1. Bildungsangebot und Bildungsnachfrage
2.2. Bildungsausgaben und Wirtschaftswachstum
2.3. Marktversagen im Bildungsbereich
3. Status Quo im deutschen Bildungssystem
3.1. Das deutsche Bildungssystem im Vergleich
3.2. Stärken und Schwächen des deutschen Bildungssystems
3.3. Leistungserhebungen und deren Aussagefähigkeit
4. Reformvorschläge
4.1. Ansätze zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit im Schulbereich
4.2. Mehr Autonomie im Schulbereich
5. Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Bildungsniveau und Pro-Kopf-Einkommen
Abb. 2 Grundstruktur des deutschen Bildungssystems
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. EINLEITUNG
Das Unwort des Jahres 2004 lautet Humankapital. Auch wenn dieser Begriff den Menschen auf eine materielle Ebene reduziert, sollte die Bedeutung für ein Land wie Deutschland nicht unterschätzt werden. Humankapital ist die einzige nennenswerte Ressource, die Deutschland vorweisen kann, um im internationalen Vergleich eine bedeutende Rolle einzunehmen.
Eine Reihe von internationalen Leistungserhebungen hat in den letzten Jahren zunehmend für eine Diskussion über die Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungssystems gesorgt. Die Ergebnisse Deutschlands sind dabei bestenfalls auf durchschnittlichem Niveau anzusiedeln und somit für ein Land mit einer hohen wirtschaftlichen und politischen Bedeutung bei weitem nicht ausreichend. Die häufig verbreitete Meinung über das vorbildliche und weltweit bewunderte deutsche Bildungssystem ist mehr und mehr verstummt.
Aus ökonomischer Sicht ist diese Entwicklung alarmierend. Gerade in Zeiten wachsender internationaler Konkurrenz und der absehbaren demographischen Entwicklung sind Menschen mit einer guten Ausbildung unverzichtbar, um den Wohlstand unserer Gesellschaft zu sichern. Selbstverständlich kann eine Analyse nicht ausschließlich aus ökonomischer Perspektive geführt werden, sie ist aber in Bezug auf die hohen öffentlichen und privaten Aufwendungen im Bildungsbereich durchaus geboten.1 So macht es aus diesem Blickwinkel Sinn, vor allem die Struktur des Systems und die Verteilung der eingesetzten Mittel näher zu betrachten. Ziel dieser Arbeit soll es sein, zu klären, ob die staatliche Bereitstellung von Bildung zu zufrieden stellenden Ergebnissen führt, oder ob in gewissen Bereichen mehr Wettbewerb und Autonomie zu besseren Ergebnissen führen kann. Der Fokus der Untersuchung liegt dabei auf dem Schulbereich. Ausgehend von einer Einordnung des Faktors Bildung in die ökonomische Betrachtung im zweiten Kapitel, soll im weiteren Verlauf die aktuelle Situation des deutschen Bildungssystems untersucht werden. In Abschnitt vier werden Reformvorschläge und mögliche Entwicklungen diskutiert. Eine Zusammenfassung und ein Fazit schließen die Arbeit ab.
2. ÖKONOMISCHE EINORDNUNG DES FAKTORS BILDUNG
2.1. Bildungsangebot und Bildungsnachfrage
Um die Legitimität der staatlichen Bereitstellung des Faktors Bildung zu analysieren, ist es notwendig die Determinanten der Angebots- und Nachfrageseite in die Betrachtung einzubeziehen.
Das Bildungsangebot umfasst alle Möglichkeiten der Allgemeinbildung und der beruflichen Aus- und Weiterbildung, die das Bildungssystem vorsieht.2 Dem Staat fällt dabei eine Monopolstellung zu, die ihn berechtigt, die angebotene Menge unter Berücksichtigung der zugewiesenen Finanzmittel festzulegen. Staatliche Meritorisierung, z.B. in Form von Schulpflicht, schränkt die Wahlfreiheit der Nachfrageseite in weiten Teilen ein.
Die Nachfrage nach staatlich organisierter Bildung ist sehr individuell und setzt eine differenzierte Untersuchung voraus. Betrachtet man Bildung als ein Konsumgut, kann ein Zusammenhang zur mikroökonomischen Budgetrestriktion aufgestellt werden. Die Nachfrage nach Bildung ist demnach abhängig von den Kosten der Ausbildung (direkte Kosten wie Schulmaterialien oder indirekte Kosten in Form von Opportunitätskosten) und dem zur Verfügung stehenden Einkommen der Haushalte.3
Soziale Aspekte wie das Bildungsniveau der Eltern und das schulische Umfeld sind zusätzliche Determinanten der Bildungsnachfrage. Die Eltern treten in den ersten Bildungsjahren als Fürsorgepflichtige an die Stelle der Nachfrager und sorgen in dieser Funktion für wichtige Entwicklungen bei den Schülern. Diese Grundlagen sind entscheidend für spätere individuelle Anreize auf der Nachfragerseite. Eine gute Ausbildung steht in einem logischen Zusammenhang mit einem erwarteten höheren Einkommen und einem geringeren Risiko, einen unattraktiven bzw. keinen Arbeitsplatz zu finden. Bildung kann man in diesem Fall als Investitionsgut bezeichnen.
Neben den genannten Aspekten kann man davon ausgehen, dass auch die gesamtwirtschaftliche Situation einen Einfluss auf das Bildungsangebot und die –nachfrage hat. Schlechte Aussichten am Arbeitsmarkt führen zu einer Verlängerung der Schulzeit an allgemeinbildenden Schulen und sorgen für eine Ausweitung von staatlichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen.
2.2. Bildungsausgaben und Wirtschaftswachstum
Wirtschaftliches Wachstum wird allgemein als Zunahme der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft bezeichnet.4 Es scheint durchaus plausibel, dass Bildungsausgaben einen großen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum haben, jedoch wird über die genaue Beziehung in der Wissenschaft kontrovers diskutiert.
Internationale Untersuchungen zeigen, dass Zusammenhänge zwischen Bildungsniveau und Wirtschaftswachstum keinesfalls als linear bezeichnet werden können. Klös teilt diese Meinung und stellt fest, dass zwischen dem Bildungsniveau und dem Pro-Kopf-Einkommen ein durchaus positiver Zusammenhang zu beobachten ist (vgl. Abb.1). Demnach hat die Produktion von Wissen einen großen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen, die als Grundlage für Wirtschaftswachstum gilt. Die im Vergleich zum Kapital hohe Immobilität von Humankapital ist eine starke wachstumspolitische Chance in der Konkurrenz zu zurückliegenden Staaten.5
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten6
Kritiker bemängeln hingegen, dass es keine nachweislichen Belege für eine positive Korrelation von Bildungsgrad und Wachstum gibt. Mullan bezieht sich auf ein Working Paper der World Bank und konstatiert, dass das „Bildung-für-Wachstum-Argument“ im internationalen Vergleich angreifbar ist. Das Negativbeispiel einiger afrikanischer Länder beweist,
dass selbst vergleichsweise hohe Ausgaben im Bildungsbereich eine desaströse Wirtschaftsentwicklung nicht aufhalten können. Im Vergleich dazu sind in vielen asiatischen Staaten hohe Wachstumsraten zu verzeichnen, ohne dass diese mit hohen Bildungsinvestitionen einhergehen.7
Die Argumentation ist nachvollziehbar, macht jedoch den Fehler, wichtige Faktoren des Wirtschaftswachstums (z.B. Probleme in der Infrastruktur) auszublenden, obwohl diese in den genannten Regionen mitunter größeren Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung haben dürften.
2.3. Marktversagen im Bildungsbereich
Ein zentrales Argument für eine staatliche Intervention am Markt ist das sogenannte Marktversagen. Es liegt vor, wenn der Markt eine optimale Allokation von Gütern nicht gewährleisten kann. Die weitestgehend staatliche Organisation des deutschen Bildungssystems lässt vermuten, dass von einer mangelnden Marktfähigkeit des Guts Bildung ausgegangen wird. Diese Vermutung führt zu der Frage, ob Bildung ein öffentliches Gut ist, dessen Bereitstellung über den Markt nicht bzw. nur unzureichend erfolgen kann. Nach Musgrave zeichnen sich öffentliche Güter zum einen dadurch aus, dass niemand vom Konsum ausgeschlossen werden kann. Diese Eigenschaft ist nicht eindeutig zu erfassen, da die Vielfalt der Bildungsbereiche durchaus unterschiedliche Ergebnisse liefern kann. Im Primarbereich und Sekundarbereich I ist eine Ausschließbarkeit aufgrund gesetzlicher Verankerungen nicht möglich. Im Sekundarbereich II und Tertiärbereich sorgen dagegen Leistungsanforderungen in Form von Zeugnissen für einen möglichen Ausschluss.
Öffentliche Güter haben zum anderen den Charakter, dass es keine Rivalität im Konsum gibt. Diese Güter können in der bereitgestellten Menge in die Nutzenfunktionen von mehreren Wirtschaftssubjekten eingehen.8 Die Überfüllungsproblematik in einigen Bildungsbereichen zeigt, dass dieses Kriterium nicht erfüllt ist. Es ist ersichtlich, dass eine Unterrichtung kleiner Klassenverbände einen höheren Nutzen auf individueller Ebene stiftet als in vergleichsweise großen Klassen. Im Tertiärbereich kann darüber hinaus eine
[...]
1 Vgl. Gutachten Sachverständigenrat (2004/2005), S. 430.
2 Vgl. Helmes (1996), S. 50.
3 Vgl. Helmes (1996), S. 43.
4 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (2000), S. 3397.
5 Vgl. Klös/Plünnecke (2003), S. 20.
6 Vgl. Klös/Plünnecke (2003), S. 20.
7 Vgl. http://www.novo-magazin.de/72/novo7220.htm#i_autor.
8 Vgl. Pickhardt (1998), S. 44.
- Arbeit zitieren
- Tim Merklein (Autor:in), 2005, Probleme des Bildungssystems in Deutschland aus ökonomischer Sicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49295
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