Diese Ausarbeitung beschäftigt sich neben der Ruhebedingung explizit mit den Vorstellungsbildern von Gesichtern, wobei hier berühmte und bekannte Gesichter unterschieden werden. Laut Ishai, Haxby und Ungerleider (2002) aktivieren die Betrachtung und die Vorstellung von Dingen häufig ähnliche Regionen. Daher können die Ergebnisse von Studien, in denen Gesichter betrachtet werden, Anhaltspunkte für mögliche Ergebnisse für die Vorstellung von Gesichtern sein. Leveroni et al. (2000) fanden heraus, dass der Precuneus durch die Betrachtung von vertrauten (berühmten oder kurz zuvor gelernten) Gesichtern aktiviert wird. Nach Gobbini und Haxby (2006; 2007) spielt die persönliche Vertrautheit bei der Erkennung von Gesichtern eine elementare Rolle. Sie fanden heraus, dass die Aktivität des Precuneus sowie anderer Bereiche des Gehirns stärker ist, wenn persönlich bekannte Gesichter im Vergleich zu berühmten Gesichtern betrachtet werden. Zudem war die Aktivität des Precuneus umso stärker, je bekannter das persönlich bekannte Gesicht war – so aktivierte das Bild des eigenen Kindes den Precuneus stärker als das Bild eines nicht verwandten aber bekannten Kindes. Studien berichten außerdem, dass Personen mit einer Läsion im Precuneus eine Beeinträchtigung aufweisen, bekannte Gesichter zu erkennen und diesen ihre Namen zuzuordnen (Damasio, Tranel, Grabowski, Adolphs & Damasio, 2004; Tranel, Damasio, & Damasio, 1997; nach Gobbini & Haxby, 2007). Ishai, Haxby und Ungerleider et al. (2002) fanden heraus, dass der Precuneus durch die Vorstellung berühmter Gesichter aktiviert wird, durch die visuelle Wahrnehmung berühmter Gesichter hingegen nicht.
Inhaltsverzeichnis
1. Fragestellung
2. Methoden
3. Ergebnisse
4. Diskussion
II Literaturverzeichnis
1. Fragestellung
Das Erkennen von Gesichtern ist eine elementare Fähigkeit in sozialen Situationen. Durch die funktionelle Bildgebung sowie durch Studien an Patienten hat sich gezeigt, dass Gesichter ein verteiltes Netzwerk von Hirnregionen aktivieren, welches bei vertrauten Gesichtern auch den Precuneus einschließt (Gobbini & Haxby, 2006). Ferner ist der Precunes bei Ruhe bzw. dem „Nichtstun“, aktiv (Zhang & Li, 2012). Der Precuneus ist mit seinen anatomischen Begrenzungen in Abbildung 1 dargestellt. Er ist Teil des superioren Parietallappens und liegt in der medialen Hirnrinde zwischen Okzipitallappen und Lobulus paracentralis. Er wird anatomisch rostral durch den Sulcus cinguli vom Gyrus paracentralis und okzipital durch den sulcus parietooccipitalis gegen den Cuneus abgegrenzt. Inferior grenzt der Sulcus subparietalis den Precuneus vom Corpus Callosum ab. Der Precuneus wird hauptsächlich dem Brodmann-Areal 7 zugeordnet; manche Autoren beziehen sich zusätzlich auf Brodmann-Areal 31 (Cavanna & Trimble, 2006; Leveroni et al., 2015).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 Zeichnung des menschlichen Gehirns in sagittaler Ansicht, der Precuneus und seine anatomischen Begrenzungen sind gekennzeichnet (aus Cavanna & Trimble, 2006).
Der Precuneus wird nach Bösel (2006) sowie Gobbini und Haxby (2006; 2007) aktiviert, wenn das episodische Gedächtnis angeregt wird, bei der Bearbeitung von Aufgaben anhand des Langzeitgedächtnisses sowie bei räumlich-visuellem Denken. Darüber hinaus beschäftigt sich der Precuneus mit der Selbstwahrnehmung und wird durch die Anregung von Vorstellungsbildern aktiviert (Cavanna & Trimble, 2006).
Nach Zhang und Li (2012) gehört der Precuneus außerdem dem Ruhestandardnetzwerk an, synonym wird es auch als Default-Mode-Network bezeichnet. Er ist demnach stärker im Ruhezustand bzw. beim Nichtstun aktiviert, als wenn beispielsweise Aufgaben gelöst werden, die externale Aufmerksamkeit beanspruchen – mit steigender Aufgabenschwierigkeit sinkt die Aktivität des Precuneus noch weiter. Neben dem Precuneus zählen der mediale präfrontale Cortex und der posteriore cinguläre Kortex ebenfalls zum Ruhestandardnetzwerk (Utevsky, Smith & Huettel, 2014). Nach Danckert und Merrifield (2016) ist dieses Netzwerk beim „Tagträumen“ aktiv bzw. wenn aufgabenunabhängig und internal fokussiert die Gedanken schweifen (beispielsweise durch die Vorstellung der eigenen Vergangenheit oder das Ausmalen der Zukunft). Auch ist das Ruhestandardnetzwerk mit der Theory of Mind assoziiert – es ist aktiv, wenn Bewusstseinsvorgänge anderer Personen bzw. der eigenen Person reflektiert werden (Corballis, 2012).
Diese Ausarbeitung beschäftigt sich neben der Ruhebedingung explizit mit den Vorstellungsbildern von Gesichtern, wobei hier berühmte und bekannte Gesichter unterschieden werden. Laut Ishai, Haxby und Ungerleider (2002) aktivieren die Betrachtung und die Vorstellung von Dingen häufig ähnliche Regionen. Daher können die Ergebnisse von Studien, in denen Gesichter betrachtet werden, Anhaltspunkte für mögliche Ergebnisse für die Vorstellung von Gesichtern sein. Leveroni et al. (2000) fanden heraus, dass der Precuneus durch die Betrachtung von vertrauten (berühmten oder kurz zuvor gelernten) Gesichtern aktiviert wird. Nach Gobbini und Haxby (2006; 2007) spielt die persönliche Vertrautheit bei der Erkennung von Gesichtern eine elementare Rolle. Sie fanden heraus, dass die Aktivität des Precuneus sowie anderer Bereiche des Gehirns stärker ist, wenn persönlich bekannte Gesichter im Vergleich zu berühmten Gesichtern betrachtet werden. Zudem war die Aktivität des Precuneus umso stärker, je bekannter das persönlich bekannte Gesicht war – so aktivierte das Bild des eigenen Kindes den Precuneus stärker als das Bild eines nicht verwandten aber bekannten Kindes. Studien berichten außerdem, dass Personen mit einer Läsion im Precuneus eine Beeinträchtigung aufweisen, bekannte Gesichter zu erkennen und diesen ihre Namen zuzuordnen (Damasio, Tranel, Grabowski, Adolphs & Damasio, 2004; Tranel, Damasio, & Damasio, 1997; nach Gobbini & Haxby, 2007). Ishai, Haxby und Ungerleider et al. (2002) fanden heraus, dass der Precuneus durch die Vorstellung berühmter Gesichter aktiviert wird, durch die visuelle Wahrnehmung berühmter Gesichter hingegen nicht.
Sugiura et al. (2006) haben herausgefunden, dass sowohl bekannte als auch berühmte Gesichter stärker im linken Precuneus aktivieren als im rechten. Überdies aktivieren berühmte Gesichter den rechten Precuneus im Gegensatz zum linken nur minimal. Ishai et al. (2002) konnten ebenfalls zeigen, dass der Precuneus in der linken Hemisphäre bei der Präsentation von Namen berühmter Personen deutlich stärker aktiviert ist, wobei der Precuneus in der rechten Hemisphäre dennoch eine deutliche Aktivierung zeigt. Nakamura et al. (2001) berichten, dass beim Erkennen der Stimmen bekannter Personen der linke Precuneus eine deutlich stärkere Aktivierung zeigt.
Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich folgende Hypothesen für die Auswertung der Aktivierungskarten unserer Versuchsperson:
Hypothese 1: Der Precuneus ist in der Gesichter- und Ruhebedingung stärker aktiviert als in einer Reihe von Vegleichsbedingungen.
Hypothese 2: Der Precuneus ist bei der Imagination von persönlich bekannten Gesichtern stärker aktiviert als bei der Imagination von berühmten Gesichtern.
Hypothese 3: Die Vorstellung sowohl von berühmten als auch von persönlich bekannten Gesichtern aktiviert den linken Precuneus stärker als den rechten Precuneus.
2. Methoden
Die Hypothesen werden anhand einer Einzelfallstudie überprüft. Die Studie umfasst die Vorstellung verschiedener, vorher festgelegter Inhalte einer Versuchsperson im fMRT. Die Inhalte beziehen sich auf fünf verschiedene Bedingungen, von denen vier in jeweils zwei Unterbedingungen aufgeteilt sind. Die Bedingung Ruhe beinhaltet keine Unterbedingungen. Die Versuchsperson war während der Durchgänge der Ruhebedingung dazu angehalten, an nichts zu denken. Die Bedingung Gesichter umfasst die Unterbedingungen bekannt und berühmt (Tabelle 1).
Tabelle 1 Inhalte der Unterbedingungen bekannt und berühmt. Jeder Inhalt kam in der Studie zwei Mal vor.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hier wurde die Person in den Durchgängen instruiert, an Freunde, Familie, Schulfreunde und Kommilitonen (Unterbedingung bekannt) sowie an Filmschauspieler, Musiker, Serienschauspieler und Sportler (Unterbedingung berühmt) zu denken. Die restlichen Bedingungen waren Motorik (Unterbedingung Hände und Füße), Sprache (sprechen und schreiben) und Emotion (positiv und negativ ). Analysiert werden jeweils 16 Blöcke à 30 Sekunden jeder Bedingung.
Grundlage für die folgenden Analysen sind zum einen die voxelweisen t-Tests die bei einem Schwellenwert von p<0.001, die mit dem Programm MRIcron visualisiert werden. Zum anderen wird eine Region of Interest Analyse auf Grundlage einer anatomischen Definition des Precuneus durchgeführt. Der Precuneus wird über den Harvard-Oxford Atlas definiert (Abbildung 2). Im Verlauf der weiteren Analysen hat sich gezeigt, dass diese anatomische Definition die Daten der Versuchsperson gut repräsentiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 Anatomische Definition des Precuneus aus dem Harvard-Oxford Atlas, unterteilt in den linken Precuneus (oben) und rechten Precuneus (unten).
3. Ergebnisse
Um die erste Hypothese zu prüfen, werden die Aktivierungen der Ruhe- und Gesichterbedingung jeweils den Aktivierungen der Bedingungen Motorik, Sprache und Emotion gegenübergestellt (Abbildungen 3 & 4). Das Aktivierungsmuster zeigt Aktivität im Precuneus, Gyrus Cinguli, präfrontalen Cortex, und superiorem frontalen Gyrus.
Bei optischer Überprüfung der Aktivierungen fällt auf, dass Ruhe und Gesichter durch unterschiedliche Muster charakterisiert sind. Die Gesichter aktivieren den Precuneus im Vergleich eher inferior, Ruhe aktiviert ihn eher superior. Bei Ruhe zeigt sich darüber hinaus eine rechtsseitige Lateralisation.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3 Coronal- (oben links) Sagittal- (oben rechts) und Axialschnitt (unten) des Gehirns. Das Aktivierungsmuster der Bedingung Ruhe (rot) im Vergleich mit dem Aktivierungsmuster der Bedingung Gesichter (grün), jeweils gegen die Bedingungen Sprache, Motorik und Emotion (t=3.45; p=0.001). Der Precuneus ist mit dem Kreuz fokussiert. Aktivierung außerdem in Gyrus Cinguli, präfrontalem Cortex, und superiorem frontalen Gyrus.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4 Sagittalschnitte des Gehirns. Das Aktivierungsmuster der Bedingung Ruhe (rot) im Vergleich mit dem Aktivierungsmuster der Bedingung Gesichter (grün), jeweils gegen die Bedingungen Sprache, Motorik und Emotion (p=0.001). Aktivierung in Precuneus, Gyrus Cinguli, präfrontalem Cortex, und superiorem frontalen Gyrus.
Bei Betrachtung der Mittelwerte der Aktivierungen pro Bedingung (Tabelle 2) fällt auf, dass Ruhe im Vergleich mit allen anderen Bedingungen die stärkste mittlere Aktivierung abbildet. Jedoch ist die mittlere Aktivierung der Bedingung Sprache höher als die der Bedingung Gesichter; Sprache aktiviert den Precuneus überdurchschnittlich stark. Motorik und Emotion zeigen wie erwartet im Mittel niedrigere Aktivierungen als Ruhe und Gesichter. Bei Betrachtung der Standardabweichungen (Tabellen 2 und 3) und des Boxplot-Diagramms der Aktivierungen der Bedingungen (Abbildung 5) fällt auf, dass die Aktivierung der Bedingung Gesichter die stärkste Streuung aufweist. Diese Streuung kommt maßgeblich durch den Unterschied der Aktivierungsmuster der bekannten und berühmten Gesichter zustande: Während die Bedingung berühmte Gesichter den Precuneus durchschnittlich am geringsten aktiviert, aktivieren die bekannten Gesichter ihn nach der Ruhebedingung am stärksten (Tabelle 3 und Abbildung 6).
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- Arbeit zitieren
- S. H. (Autor:in), 2018, Die Rolle des Precuneus bei der Erkennung von Gesichtern und bei der Ruhebedingung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/492211
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