Die Sterilisation von Einwilligungsunfähigen, geistig behinderten Menschen ist ein Thema, welches sowohl aktuell als auch im 20. Jahrhundert eine Bandbreite an Forschungsdebatten aufweist. In Deutschland ist die Sterilisation von Minderjährigen laut § 1631 im BGB nicht erlaubt. Bei den Erwachsenen wird es nach dem Betreuungsgesetz, das 1992 in Kraft getreten ist, gehandhabt, wobei nur unter gewissen Bedingungen und strenger Kontrolle eine Sterilisation durchgeführt werden darf. Dieser Ansatz muss vor dem Hintergrund der NS Vergangenheit Deutschlands betrachtet werden, um die Anzahl von Sterilisationsfällen so niedrig wie möglich zu halten. Bereits im 19. Jahrhundert wurde unter dem Begriff der „Eugenik“ nach dem Anthropologen Francis Galton die Vermehrung der „guten Erbanlagen“ verstanden, wobei kurz darauf in Indiana (USA) das erste eugenisch motivierte Gesetz verabschiedet wurde. Mehrere Bundesstaaten folgten in kürzester Zeit diesem Vorbild der „guten Zucht“. Doch nicht nur in den USA, auch im deutschsprachigen Raum war die Kontroverse um den Begriff der „Rassenhygiene“ stark angestiegen, bei der Befürworter des Sozialdarwinismus und der Eugenik wie Paul Naecke, Alfred Ploetz, Ernst Rüdin, Fritz Lenz und weitere ihre Sympathie gegenüber Sterilisationen äußerten, um den Kostenfaktor auf Grund der wirtschaftlichen Belastung durch
„Erbkranke“ zu senken und ein „gesundes Volk“ herzustellen. Ökonomische Interessen spielen, abgesehen von dem Wunsch nach einem „neuen, reinem Volk“,
eine große Rolle bei der Rassenpolitik der Nationalsozialisten und somit auch bei der juristischen Umsetzung von eugenischen Handlungen. Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler 1933, wurde schon relativ früh im selben Jahr mit dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ der radikale Einstieg in die
Gesundheitspolitik der NS-Ideologie gewagt. Das letztendlich am 1. Januar 1934 in Kraft getretene Gesetz ließ in der Praxis keine Zeit vergehen, ehe die Sterilisation von „lebensunwerten“ Lebens in die Wege geleitet wurde.
In dieser Seminararbeit soll der Frage nachgegangen werden inwiefern die Sterilisationspolitik des Nationalsozialismus als soziales Erfordernis mit ideologischem Gehalt anstatt wissenschaftlicher Diagnostik von Erbkrankheiten dargelegt wird.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Ideologischer Hintergrund des Gesetzes
III. Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses
III.1. Die Diagnose nach § 1
III.1.1. „Erbkrankheiten“
II.2. Antragsberechtigte
II.3. Das Erbgesundheitsgericht und ihr Verfahren
II.4. Der Eingriff
II.5. Der Zwang
IV. Die Veränderungen des GzVeN vom 14. Juli 1933
V. Die „soziale Erfordernis“ hinter der Justiz
VI. Die Auswirkung des Gesetzes auf betroffene Opfer
VI.1. Die psychischen Folgen der Zwangssterilisationen
VI.2. Die physischen Folgen der Zwangssterilisationen
VII. Fazit
VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis
VIII.1. Quellen
VIII.2. Literatur
IX. Tabellenanhang
Abb 1
Abb 2
Abb 3
Abb 4
- Quote paper
- Büsra Ünlü (Author), 2018, Das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" und die Folgen der NS-Zwangssterilisation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/491965
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