Was ist die Seele?
In Platons Phaidon wird sie bestimmt als ein Unsichtbares und Unkörperliches, das sich auf die immer selbe Art verhält, sich immer selbst gleicht. Da die Seele den Leib beherrscht, ähnelt sie außerdem dem Göttlichen und somit natürlich auch dem Schönen. Die Seele unterscheidet sich also grundlegend vom sterblichen Leib; es handelt sich bei Leib und Seele um „zwei Arten des Seienden“, um zwei voneinander verschiedene Substanzen. Die Seele ist dabei diejenige Substanz, der – aufgrund der Eigenschaften Unkörperlichkeit, Unsichtbarkeit, Schönheit und ein dem Göttlichen verwandtes Wesen – „Unzerstörbarkeit und Ewigkeit“ zukommen soll. Simmias jedoch hegt Zweifel an der Beweiskraft der Argumente, die für die Unsterblichkeit der Seele sprechen sollen.
1. Einleitung
Was ist die Seele?
In Platons Phaidon wird sie bestimmt als ein Unsichtbares und Unkörperliches, das sich auf die immer selbe Art verhält, sich immer selbst gleicht. Da die Seele den Leib beherrscht, ähnelt sie außerdem dem Göttlichen und somit natürlich auch dem Schönen.[1] Die Seele unterscheidet sich also grundlegend vom sterblichen Leib; es handelt sich bei Leib und Seele um „zwei Arten des Seienden“[2], um zwei voneinander verschiedene Substanzen. Die Seele ist dabei diejenige Substanz, der – aufgrund der Eigenschaften Unkörperlichkeit, Unsichtbarkeit, Schönheit und ein dem Göttlichen verwandtes Wesen – „Unzerstörbarkeit und Ewigkeit“[3] zukommen soll. Simmias jedoch hegt Zweifel an der Beweiskraft der Argumente, die für die Unsterblichkeit der Seele sprechen sollen.
2. Simmias Einwand: das Harmoniemodell der Seele (85e-86d)
Ausgehend von der Annahme einer Seele mit den oben genannten Eigenschaften und diese Eigenschaften übernehmend, entwirft Simmias ein Modell der Seele, das zunächst gegen ihre Unsterblichkeit zu sprechen scheint. In diesem Modell wird die Seele als eine Stimmung bzw. Harmonie verstanden. Die die Harmonie erzeugende Leier steht für den Leib. Der Harmonie können dabei dieselben Eigenschaften wie der Seele zugesprochen werden: sie ist nicht sichtbar, sie ist unkörperlich, schön und göttlich; für die Leier gilt, dass sie dieselben Eigenschaften wie der Leib hat.[4] Nach Sokrates Argumentation, so meint Simmias, müsse auch für die Harmonie gelten, dass sie noch weiter fortbestehe, lange nachdem die Leier bzw. deren Saiten zerstört worden sind.
Durch den Vergleich von Leib und Seele mit Leier und Harmonie, entblößt Simmias die sokratische Argumentation als etwas Unmögliches: eine Harmonie kann nicht noch existieren, wenn ihr Ursprung, die Leier, bereits vernichtet worden ist.
Wenn die Seele eine Harmonie des Körperlichen ist – und diese Möglichkeit besteht, denn es kann doch sein, so Simmias, „dass unsere Seele die Mischung und Stimmung eben dieser Dinge [nämlich der körperlichen, wie etwa Warmes und Kaltes, J.W.] sei, wenn sie schön und im rechten Verhältnis gegeneinander gemischt sind“[5], dann muss sie auch zusammen mit dem Körper untergehen und das, obwohl sie göttlich ist.[6] Kurz gesagt: Simmias begreift die Seele „als Funktion des intakten Körpers“[7].
[...]
[1] vgl. Platon, Phaidon, 79a-80b
[2] ebd., 79a
[3] Frede, Dorothea, Platons „Phaidon“, S.78
[4] Die Eigenschaften des Leibes sind: „körperlich, zusammengesetzt, erdartig und sterblich“ nach D. Frede, Platons „Phaidon“, S.78
[5] Platon, Phaidon, 86b-c
[6] Es ist hier gleichgültig, ob die Seele lediglich als die harmonische Gestimmtheit des Leibes oder ob sie als vom Leib erzeugte Stimmung verstanden wird. In beiden Fällen hängt sie vom Leib ab und ist an dessen Schicksal gekettet.
[7] Frede, Dorothea, Platons „Phaidon“, S.80
- Quote paper
- Joachim Waldmann (Author), 2005, Kritik am Harmoniemodell der menschlichen Seele - Platon, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49193
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