Im barocken Trauerspiel Catharina von Georgien wird die Wechselbeziehung zwischen Macht und Ohnmacht sehr deutlich. So befindet sich die einstige Königin von Georgien in Gewalt des persischen Herrschers Chach Abas und hat somit ihre Macht im politischen und physischen Wirken verloren. Jedoch schafft sie es mit einer anderen Stärke diesem entgegenzutreten und in seinen Bestrebungen, diese für sich zu gewinnen, standhaft entgegenzuwirken. Zwar verliert Catharina am Ende ihr Leben, ist aber durch ihre standhafte Moral als Märtyrerin gestorben und treibt Chach Abas durch ihre Beständigkeit und deren Folgen in den Wahnsinn. Der Wechsel zwischen Macht und Ohnmacht der verschiedenen Wirkungskräfte wird in einigen Textstellen sehr deutlich.
Catharina von Georgien – zwischen Macht und Ohnmacht
Im barocken Trauerspiel Catharina von Georgien wird die Wechselbeziehung zwischen Macht und Ohnmacht sehr deutlich. So befindet sich die einstige Königin von Georgien in Gewalt des persischen Herrschers Chach Abas und hat somit ihre Macht im politischen und physischen Wirken verloren. Jedoch schafft sie es mit einer anderen Stärke diesem entgegenzutreten und in seinen Bestrebungen, diese für sich zu gewinnen, standhaft entgegenzuwirken. Zwar verliert Catharina am Ende ihr Leben, ist aber durch ihre standhafte Moral als Märtyrerin gestorben und treibt Chach Abas durch ihre Beständigkeit und deren Folgen in den Wahnsinn. Der Wechsel zwischen Macht und Ohnmacht der verschiedenen Wirkungskräfte wird in einigen Textstellen sehr deutlich.
In der ersten Abhandlung führt Catharina einen Monolog, der an Gott gerichtet ist. In diesem wird ihr eigener Fall von der mächtigen Herrscherin, zur Gefangenen deutlich. Sie fragt wie lange sie noch leiden solle. (Z. 229)1 Diese Ansprache an Gott zeigt ihre Unsicherheit und eigene Unfähigkeit des Handels. Denn als gläubige Christin bleibt ihr der Freitod verwehrt, sowie das Nachgeben der Avancen des persischen Königs. Zum einen stellt der Selbstmord eine Sünde dar, die sie nicht begehen möchte. Zum anderen kann und will sie ihren Glauben nicht verraten und ist ihrem verstorbenen Mann über dessen Tod hinaus treu. Um sich auf Chach Abas einzulassen, müsste sie also ihren Glauben verraten und zu dessen konvertieren. Des weiteren müsste sie auch eine weitere Frau an dessen Seite sein, was mit den christlichen Tugenden nicht vereinbar ist. Diese Wirkungsmächte treiben Catharina in ihrer Bestrebung an, lieber eine Gefangene in der vergänglichen Welt zu sein, als dafür ihre unsterbliche Seele und ihren Glauben aufzugeben. Allerdings hat sie auch noch eine Verbindung zum Leben und hat durchaus auch Angst dieses zu verlieren. „Doch schnaub ich in der Angst. Mein Blut ist nicht vergossen;“ (Z. 294)2 In ihrem Monolog wird somit der Wechsel der Mächte sehr deutlich. Sie als Gefangene erzählt über ihre einstige Macht und ist nun Chach Abas scheinbar ausgeliefert. Sie fragt sich wie lange sie dies noch ertragen muss und hat sich nicht von der Gleichgültigkeit des Todes übermannen lassen.
Im Dialog mit Chach Abas in der ersten Abhandlung zeigt sich das Catharina zwar keine politische Macht sowie der König hat, jedoch eine ganz andere über eben diesen. Schon in seiner Begrüßung schafft er es mit seiner Rhetorik die Machtverhältnisse zu drehen. So spricht er seine Gefangene mit Prinzessin an und bittet um Catharinas Gehör: „Sie stell´ jhr herbes Weinen Vnd langes klagen ein vnd gebe dem Gehoᵉr / Der so vil Jahre sucht die Hoheit jhrer Ehr.“ (Z. 732ff.)3 Natürlich müsste Chach Abas mit einer Gefangen so nicht sprechen, er begibt sich absichtlich in diese bittende Position. Er gibt sogar zu das Catharina die wahre Macht über ihn hätte. „Was vns ergetzen kann steht nur in jhrer Macht /“ (Z. 737)4 Jedoch antwortet Catharina ihm, dass ihre Macht nur in der Ohnmacht bestünde. (Z. 738)5 Danach wird deutlich das sie tatsächlich den persischen Herrscher, in ihrer Gewalt hat, so ist es zwar weder die physische noch politische Überlegenheit, so beherrscht sie ihn mit einer erotischen beziehungsweise amourösen Gewalt. Chach Abas möchte sie zur Frau und begibt sich somit in ihre Hände, er droht ihr zwar mit Gewalt und Unzucht, jedoch spricht er nur davon und tut dies nicht. „Sie weiß; wir koᵉnnen zwingen Doch nein! Wir wollen nicht /“ (Z. 800 ff.)6 Durch diese Androhung der Gewalt, wird die Stärke, die Catharina über ihn hat umso deutlicher, denn er will nicht nur ihren Körper, nicht nur seine Begierde befriedigen, sondern er möchte das sie ihren Glauben aufgibt, das sie ihm freiwillig nachgibt. Durch diese Bestrebungen zeigt sich, wie sehr Chach Abas von seinen eigenen Affekten beherrscht wird. Es stellt sich die Frage, ob diese Bestrebungen anhielten, würde die Königin von Georgien wirklich nachgeben.
Geleitet durch seine Affekte lässt er Catharina foltern und schließlich sogar töten, da sie ihm einfach nicht nachgibt. Durch diese Tat zeigt sich seine Übermacht, so kann er eine ehemalige Königin foltern und töten lassen, was allerdings im „Rahmen der Rechtssystematik“ zu dieser Zeit war.7 Allerdings ist er trotz seiner politischen Herrschaft, nicht in der Lage Catharina zu brechen und ihr seinen Willen aufzuzwingen. Sie verweigert sich bis zuletzt und stirbt. In ihrer christlichen Überzeugung behält sich damit die moralische Gewalt über Chach Abas.
In der fünften Abhandlung führt der König von Persien einen Monolog und überdenkt seine Tat. Er zeigt sich reumütig und verzweifelt. So stellt er sich die Frage ob er sich denn so vergriffen hätte und sich selbst zerstört hätte. „Vnd sein selbst eigen Hertz durch deine Qual zurissen?“ (Z. 349)8 Des weiteren bereut er seine Tat und würde sie gern ungeschehen machen. Er spricht Catharina auch immer wieder mit Prinzessin an, hier wird der Wahnsinn bei ihm sichtbar. Er fällt sogar auf die Knie und legt sein Zepter, die Insignie der Macht nieder. „Entzeptert auff dem Kny! Vnd mit gewundnen Haᵉnden /“ (Z. 411)9 Er verliert nicht nur den Verstand, da ihm die Königin sogar zu antworten scheint und er mit der Schuld an ihrem Tod nicht leben kann, er entmachtet sich sogar selbst, indem er auf die Knie fällt und sich „entzeptert“. Der Herrscher von Persien hat sich von seiner Machtposition nun in eine Position der Ohnmacht und des Wahnsinns begeben. Er zerbricht trotz seiner Stellung nun an seinen eigenen Affekten, die er nicht beherrschen konnte und an der Unnachgiebigkeit Catharinas, die ihm die göttliche Strafe für seine Taten androht. Diese wird allerdings im Stück selbst nicht erfüllt.
Das Stück beinhaltet mehrere verschiedene Mächte, die sich ständig gegenüberstehen und umkehren. So fällt Catharina von Georgien als Königin dem persischen Herrscher Chach Abas in die Hände. Diese muss dadurch ihre politische und physische Macht aufgeben. Chach Abas hingegen ist der König und lässt sich durch seine Gefühle und Begierden von Catharina beherrschen. Die erotische Macht hat somit lange Zeit die Oberhand. Dann wird die Königin von Georgien mit physischer Macht der Folter getötet. Doch trotzdem stirbt sie als Märtyrerin, sie hat nicht nachgegeben und war moralisch erhaben. Selbst nach ihrem Tod wird Chach Abas in den Wahnsinn getrieben und verliert seinen Verstand. Trotz seines Einflusses hat er nicht bekommen, was er so begehrte und scheiterte an seinen eigenen Mächten.
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1 Andreas Gryphius: Catharina von Georgien, S. 22
2 Ebd., S. 25
3 Ebd., S. 41
4 Ebd., S. 41
5 Ebd., S. 41
6 Ebd., S. 44
7 Peter J. Brenner: Der Tod des Märtyrers: ‚Macht‘ und ‚Moral‘ in den Trauerspielen von Andreas Gryphius., S. 251
8 Andreas Gryphius: Catharina von Georgien, S. 117
9 Ebd., S. 119
- Arbeit zitieren
- Denise Gedicke (Autor:in), 2018, Catharina von Georgien. Zwischen Macht und Ohnmacht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/491453