Die Schulsozialarbeit hatte ihren groben Anfang in den 1960er Jahren und entwickelte sich seither zu einem weit verbreiteten und anerkannten Bereich der Jugendhilfe an der Schule. Der Essay soll die wellenförmige Entwicklungsgeschichte der Schulsozialarbeit, welche anfänglich nur randständig etabliert und darüber hinaus nur unzureichend in die Organisation der Schule eingebunden war, hin zu ihrer aktuellen Bedeutungssteigerung und Positionierung, näher beleuchten.
Die Verwendung des Terminus der Schulsozialarbeit geht zurück auf einen Artikel zur Einzelfallhilfe, der von Maas (1966) in einem Handbuch über die Grundbegriffe und Methoden der Sozialarbeit veröffentlicht wurde und wiederum von Abels (1971) unter Bezugnahme auf die amerikanische "School Social Work", in einem Beitrag zur Schulsozialarbeit aufgegriffen wurde. Generell war der Diskurs um die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe im institutionellen Rahmen der Schule, von Beginn an geprägt von einer Diskussion über eine angemessene Bezeichnung, sodass sich vielfältige unterschiedliche Begrifflichkeiten entwickelten, die vereinzelt heute noch präsent sind.
Die Entwicklung der Schulsozialarbeit
Die Schulsozialarbeit hatte ihren groben Anfang in den 1960er Jahren und entwickelte sich seither zu einem weitverbreiteten und anerkannten Bereich der Jugendhilfe an der Schule (vgl. Mack 2008, S.20).
Die Verwendung des Terminus der Schulsozialarbeit geht zurück auf einen Artikel zur Einzelfallhilfe, der von Maas (1966) in einem Handbuch über die Grundbegriffe und Methoden der Sozialarbeit veröffentlicht wurde und wiederum von Abels (1971), unter Bezugnahme auf die amerikanische School Social Work, in einem Beitrag zur Schulsozialarbeit aufgegriffen wurde (vgl. Speck 2006, S.33 / Speck 2013, S.22). Generell war der Diskurs um die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe im institutionellen Rahmen der Schule, von Beginn an geprägt von einer Diskussion über eine angemessene Bezeichnung (vgl. dazu Speck 2006, S.13ff.), sodass sich vielfältige unterschiedliche Begrifflichkeiten entwickelten, die vereinzelt heute noch präsent sind. Einen intensiveren Einblick in die Begriffsgeschichte findet sich u.a. bei Speck (2006, S.9ff.) sowie bei Spies und Pötter (2011, S.13f.).
Die folgende Ausführung der Entwicklung der Sozialarbeit nutzt als Ausgangspunkt die 1960er Jahre, da erst ab dieser Zeit die Diskussion um die Schulsozialarbeit wirklich relevant wurde. Allerdings verweist Speck (2006), abseits dieses Diskurses, auf noch weiter zurückliegende erste Entwicklungslinien und Parallelen der Verbindung von Schule und Sozialpädagogik, ausgehend vom 18. Jahrhundert (vgl. Speck 2006, S.13f.).
Im Folgenden soll die wellenförmige Entwicklungsgeschichte der Schulsozialarbeit, welche anfänglich nur randständig etabliert und darüber hinaus nur unzureichend in die Organisation der Schule eingebunden war, hin zu ihrer aktuellen Bedeutungssteigerung und Positionierung (vgl. ebd., S.20), näher beleuchtet werden. Hierzu wird sich an der Gliederung von Speck (2006) orientiert, welcher die Entwicklungsgeschichte der Schulsozialarbeit in vier Phasen differenziert.
Die erste Phase in den 1970er Jahren war mit hohen Reformerwartungen an die Schulsozialarbeit im Kontext der Bildungsreform verknüpft. Diesbezüglich erhoffte man sich, durch die Konzeption der Schulsozialarbeit als ausgleichendes und schulunterstützendes Handlungsfeld, beispielsweise eine Verbesserung der Chancengleichheit, einen Abbau sozialer Ungleichheiten sowie eine Förderung sozialen Lernens und einer Ressourcenaktivierung der Schüler, insbesondere an den neugeschaffenen Gesamtschulen, zu befördern (vgl. Speck 2013, S.22). Durch dieses Vorhaben, professionelles sozialpädagogisches Handeln an den Schulen zu etablieren, entwickelte sich die Schulsozialarbeit als ein neues Arbeitsfeld der Sozialarbeit im Rahmen der Schule. Zu Beginn wurden erstmals einzelne Initiativen und Projekte installiert, die aber nicht umfassend genug in die Organisation Schule eingebunden waren und an vielen Stellen zu Konflikten mit den Lehrkräften führten. Aufgrund einer fehlenden klaren Positionierung der Schulsozialarbeit und der mangelnden Kooperation zwischen Sozialarbeit und Schule agierte die Schulsozialarbeit bis in die 1980er Jahre nur randständig (vgl. Vogel 2006, S.13f.). Die hohen Erwartungen, die in der damaligen Zeit an die Schulsozialarbeit gestellt wurden, zeigten sich demnach im weiteren Verlauf als zu optimistisch. Insbesondere aufgrund der unzureichenden Positionierung und Einbindung der Schulsozialarbeit an den Schulen, konnte sie den Erwartungen nicht gerecht werden (vgl. Speck 2013, S.23).
Die zweite Phase in den 1980er Jahren war einerseits geprägt durch die wenig positiven Erfahrungen der ersten Modellversuche und anderseits durch vielfältige sehr unterschiedliche Konzepte der Kooperation von Schule und Jugendhilfe. Dies zeigte sich auch in der fachlichen Auseinandersetzung, die unter anderem allgemein von einer kritischeren Sicht sowie von höheren sozialpädagogischen Ansprüchen und von einer Vielzahl differenter Zieldefinitionen der Schulsozialarbeit gekennzeichnet war, welche allerdings oftmals nur zurückhaltend und eher allgemein formuliert wurden (vgl. Speck 2013, S.23f.). Durch die Aufnahme wissenschaftlicher Begleitforschungen erhielt man erste relevante Erkenntnisse unter anderem zu wichtigen Bedingungen für eine erfolgreiche Schulsozialarbeit (vgl. ebd., S.23f.). Dennoch verbreiteten sich Zweifel, ob die Schulsozialarbeit wirklich fähig wäre, das Ziel von mehr Gerechtigkeit anzugehen (vgl. Spies, Pötter 2011, S.13). Salustowicz (1986) veröffentlichte diesbezüglich eine Publikation mit dem Titel „verlorene Sache“, Grossmann (1987) bezeichnete die Schulsozialarbeit in seiner Publikation als „Aschenputtel“. Ähnlich äußerte sich auch Wolfgang Klafki (1995), der in der Schulsozialarbeit ebenfalls keine Erfolgsaussichten sah (vgl. ebd., S.13). Olk und Speck (2015, S.13) sprechen in diesem Zusammenhang von „Ernüchterung und Stagnation“. Trotz der beschriebenen Entwicklungen in Richtung erster wissenschaftlicher unterstützender Forschungen, zeichneten sich die Ergebnisse der Bildungsreform der 1970er Jahre sowie die fehlende konkrete rechtliche und konzeptionelle Grundlage, insbesondere mit Blick auf die Kooperationsvorhaben von Schule und Jugendhilfe, als hinderlich für eine Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit aus (vgl. ebd., S.13). In der dritten Phase in den 1990er Jahren war besonders im Osten Deutschlands ein Auf- bzw. Ausbau der Schulsozialarbeit, durch die Landesprogramme, zu verzeichnen. Des Weiteren trugen auch einerseits die Verabschiedung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG / SGB VIII) im Jahr 1990 und andererseits der Prozess der deutschen Wiedervereinigung zum Aufschwung der Schulsozialarbeit bei (vgl. ebd., S.13). Die Landesprogramme zielten unter anderem darauf ab, der Schule eine höhere soziale bzw. sozialpädagogische Stellung beizumessen. Darüber hinaus erweiterte sich die Sicht von der vornehmlichen Konzentration auf benachteiligte SchülerInnen, hin zu einer erweiterten Zielgruppe, die grundsätzlich alle SchülerInnen als auch LehrerInnen und Eltern einbezog. Ebenfalls vergrößerte sich auch die Methodenauswahl, von der Einzelfallhilfe mit einer lediglich präventiven und vorwiegend kompensatorischen Orientierung hin zu einem erweiterten Verständnis, welches auch Gruppenarbeit und Gemeinwesenarbeit zu ihrem Selbstverständnis zählte. Die wissenschaftliche Begleitung der Landesprogramme führte zu einem Fortschritt in der Entwicklung von Verfahren und Instrumenten zur Qualitätsentwicklung und Selbstevaluation der Schulsozialarbeit. Insgesamt war die Schulsozialarbeit in dieser Phase sehr von sozial- und gesellschaftspolitischen Absichten geprägt (vgl. Speck 2013, S.24f.). Der Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe galt weiterhin eine besondere Aufmerksamkeit, welche bis heute prägend für die Ausgestaltung der Schulsozialarbeit ist (vgl. Vogel 2006, S.23). Die vierte und letzte Phase in den 2000er Jahren, die Speck (2006) herausstellt, ist von einem wesentlichen quantitativen Ausbau sowie einer Fortentwicklung der Konzepte der Schulsozialarbeit in Ost- und Westdeutschland gekennzeichnet. Hintergrund dieser Entwicklung waren einerseits die wachsenden Herausforderungen sowohl im Bereich der Schule wie auch in der Jugendhilfe und andererseits die Ergebnisse der internationalen Vergleichsstudien an Schulen (insbesondere PISA). Diese waren Anstoß für einen kritischen Diskurs über das deutsche Schulsystem und führten zu diversen Überlegungen zu möglichen Optimierungen. So gab es unter anderem Forderungen nach einer stärkeren individuellen Förderung der SchülerInnen, dem Ausbau von Schulsozialarbeit und einem flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen. Bestärkt wurde die Ausweitung der Ganztagsschulen auch von der gesteigerten Erwerbstätigkeit von Frauen und der damit einhergehenden Benachteiligung, aufgrund von Schwierigkeiten hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (vgl. Rademacker 2009, S.30). Insbesondere die Ansätze zur Ganztagsbildung, zu Kommunalen Bildungslandschaften sowie zu einem gemeinsamen System von Erziehung, Betreuung und Bildung begünstigten den Ausbau der Schulsozialarbeit (vgl. Olk, Speck 2004 / BMFSFJ 2005 / Spies, Pötter 2011). Allen Ansätzen gemein ist hierbei das Ziel einer Förderung gelingender Bildungsbiografien, eine institutionenübergreifende und interdisziplinäre Kooperation, die Bedeutungszuschreibung von formaler, nonformaler und informeller Bildung und eine ausgeprägtere Kommunalverantwortung für den Bereich der Bildung (vgl. Speck 2013, S.25f.). Speck (2013) beschreibt konkret drei Gründe, die mitverantwortlich für den Ausbau der Schulsozialarbeit gewesen sind: erstens den Um- sowie Ausbau von Ganztagsschulen im Rahmen des bundesweiten Investitionsprogramms, zweitens diverse Förderprogramme im Zuge des Europäischen Sozialfonds (ESF) und drittens das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung. Die unterschiedlichen Programme, welche vielfach zeitlich befristet waren, sprechen zwar einerseits für eine Bedeutungssteigerung der Schulsozialarbeit, aber lassen andererseits auch auf ihre Instrumentalisierung für bildungs- wie sozialpolitische Absichten und eine fehlende finanzielle Absicherung schließen (vgl. ebd., S.25f.). Zusammenfassend kann an dieser Stelle übereinstimmend mit Olk und Speck (2015, S.35) festgehalten werden, dass sich die „Schulsozialarbeit […] in Deutschland im Verlaufe der über 40-jährigen Entwicklungsgeschichte als ein fachlich fundiertes und von den beteiligten Akteursgruppen zunehmend wertgeschätztes sozialpädagogisches Angebot am Ort der Schule entwickelt [hat]“. Allerdings weisen die beiden Autoren auch darauf hin, dass es bislang nicht gelungen ist, die Schulsozialarbeit flächendeckend an den Schulen zu etablieren, was insbesondere im Zusammenhang mit der unzureichenden gesetzlichen Verankerung und den hiermit verbundenen undurchsichtigen Finanzierungsverantwortlichkeiten zu sehen ist (vgl. ebd., S.35).
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- Citation du texte
- Kim Liss (Auteur), 2019, Schulsozialarbeit. Ihre Entwicklungsgeschichte und aktuelle Bedeutungssteigerung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/491402