EINLEITUNG
Ein prunkvolles Schloß mit schönen Nebengebäuden, unter denen eine Orangerie und eine sogenannte Kindervilla als besonders gelungene Gebäude zusätzlich noch herausragen. An jedem Detail dieses Bauwerks bemerkt man die große Behutsamkeit und den unglaublichen Kunstverstand, mit dem jede Kleinigkeit angefertigt wurde, so daß man hier ohne zu übertreiben von einem steinernen Zeugen einer glanzvollen Epoche sprechen kann. Dies zeigt sich gleich beim Eintritt ins Hauptgebäude: hier müßte wohl auch ein weitgereister Besucher lange nachdenken, ob er wohl jemals ein schöneres Vorhaus zu Gesicht bekommen hat, daß trotz aller Kunstfertigkeit die absolute Strenge herrschaftlicher Größe ausstrahlt. Auch die sonstigen Gebäude wirken in ihrer vornehmen Pracht ehrfurchtgebie-tend auf den Betrachter. Zum Schloß gehören ferner noch ein riesiger Grundbesitz, Wälder, Ländereien und Jagden; zudem bietet es dem Besucher einen der schönsten Aussichtspunkte des Landes, und wird andererseits durch einen dichten Hochwald vor den neugierigen Blicken derer, die es nicht sehen sollen, geschützt.
Der Eigentümer dieser beschriebenen Anlage müßte sich doch eigentlich sehr glücklich schätzen. Daß dies nicht a priori gegeben sein muß, zeigt die Geschichte des Franz-Josef Murau, der durch einen tragischen Unglücksfall unvermutet zum Alleinerben dieser riesigen Besitzung wird. Er empfindet dieses Erbe aber weniger als Glücksfall, denn als Anlaß zu Angst und Sorge, ja sogar als Bedrohung. Denn Wolfsegg, so der Name dieses Schlosses steht nicht nur für die oben beschriebene Pracht, sondern auch für etwas, das Murau seinen "Herkunftskomplex" (AL 201) nennt. Gemeint ist damit seine leidvolle Kindheit und Jugend in eben diesem Prunkbau, geprägt einer geistfeindlichen familiären Umgebung, die im Nationalsozialismus ihr einziges Ideal neben dem Katholizismus sah, und kein Verständnis für ihren kunstsinnigen Nachkommen entwickelte. Murau wäre wohl daran zerbrochen, hätten nicht die - allzu seltenen - Besuche seines geliebten Onkels Georg, sowie der Rückzug in eine der fünf Wolfsegger Bibliotheken - eigentlich sind es ja sechs - zeitweilige Fluchten aus dem tristen Alltag ermöglicht.
Wenn Murau über Wolfsegg spricht, so geschieht dies fast ausnahmslos in anklagender Form, wobei das Verhalten seiner Familie während der NS-Zeit ein bevorzugtes Ziel seiner Angriffe sind.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- ERSTER TEIL: SCHULD - EIN HISTORISCH-SYSTEMATISCHER ÜBERBLICK
- Begriffskldrung
- Typologien von Schuld in ihrer historischen Entwicklung
- Der magische Schuldbegritt
- Der mythische Schuldbegritt
- Exkurs: Mythische Schuldbegründung in der griechischen Tragödie.
- Platon und Aristoteles.
- Der rationale Schuldbegritt
- Die Sicht des Menschen im Kontext der Typologien von Schuld.
- Systematische Konzeptionen von Schuld
- Augustinus.
- Kant .
- Existenzphilosophie
- Kierkegaard — —
- Heidegger
- ZWEITER TEIL: SCHULD IN "WOLFSEGG"
- Hinführung
- Vom "Ursprung alles Bösen" - "Wolfsegg" im Spiegel von historisch-systematischen Schuldtypologien.
- "Die Meinigen abschaffen" - Muraus Schuldgefühle.
- Schuldbefreiung
- Martin Buber - " Existentialscnuld" und " personnatT gewordenes
- Arthur Schopenhauer - " Verneinung des Willens zum Leben"
- Schuld und Erinnerung.
- Das vergessene Massengrab.
- Der "Italiener" - ein Gast als erfolgloser Therapeut
- Die "Selbstauslöschung"
- SCHLUSSWORT
- SIGLENVERZEICHNIS
- VERWENDETE LITERATUR
- Primärliteratur
- Sekundärliteratur
- Zeitungen und Zeitschriften.
- LEBENSLAUF.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert das Schuldverständnis des Protagonisten Franz-Josef Murau in Thomas Bernhards Roman "Auslöschung" und setzt es in den Kontext klassisch-philosophischer Schuldbegriffe. Sie untersucht, wie Muraus Ringen mit seinem "Herkunftskomplex" im Lichte historischer und systematischer Schuldkonzeptionen zu verstehen ist.
- Die Entwicklung des Schuldbegriffs von archaischen bis hin zu rationalen Schuldvorstellungen
- Die Auswirkungen der verschiedenen Schuldtypologien auf das menschliche Selbstverständnis
- Die Rolle von Schuld und Erinnerung im Kontext der "Auslöschung"
- Die Suche nach einer Möglichkeit, Wolfsegg ertragen zu können, im Lichte der Philosophie Schopenhauers und Bubers
- Die Bedeutung von Schuldgefühlen und der Verdrängung traumatischer Erlebnisse für Muraus Leben und Werk
Zusammenfassung der Kapitel
- EINLEITUNG
Die Einleitung stellt Franz-Josef Murau als Protagonisten von Thomas Bernhards Roman "Auslöschung" vor und beschreibt seine schwierige Beziehung zu seinem Elternhaus, dem Schloss Wolfsegg. Murau sieht Wolfsegg als Ort seiner leidvollen Kindheit und Jugend und als Symbol für die Schuld seiner Familie, insbesondere seiner Mutter, die in der NS-Zeit eine begeisterte Anhängerin des Regimes war. Die Arbeit untersucht, wie Muraus Bemühungen, sich von seinem "Herkunftskomplex" zu lösen, im Kontext eines klassisch-philosophischen Schuldbegriffs zu sehen sind.
- ERSTER TEIL: SCHULD - EIN HISTORISCH-SYSTEMATISCHER ÜBERBLICK
- Begriffskldrung
Der Begriff "Schuld" wird im herkömmlichen Sprachgebrauch in verschiedenen Bedeutungsformen verwendet. Die Arbeit konzentriert sich auf Schuld im Sinne von Verschuldung und Verfehlung. Sie stellt die enge Verbindung von Pflicht und Schuld heraus, die schon frühe Gesellschaftsformen prägte.
- Typologien von Schuld in ihrer historischen Entwicklung
Die Arbeit unterscheidet drei Arten der philosophischen Schuldbegründung: den magischen, den mythischen und den rationalen Schuldbegriff. Sie zeigt die Bedeutung der jeweiligen Schuldbegründung für die Gesellschaft auf und analysiert deren inhärente Grenzen.
- Die Sicht des Menschen im Kontext der Typologien von Schuld.
Die Arbeit analysiert die Auswirkungen der Entwicklung des Schuldgedankens auf das individuelle Selbstverständnis des Menschen. Sie zeigt die Verlagerung der Einschätzung eines Fehlverhaltens von der äußeren Tat hin zur inneren Sphäre des Menschen, sowie die Verschiebung von der kollektiven Ebene zur Individuell-Subjektivem. Schuldbewußtsein und Verantwortungserfahrung werden als kontingente geschichtliche Entwicklungen dargestellt.
- Systematische Konzeptionen von Schuld
- Augustinus.
Augustinus' Erbsündenlehre wird als ein bedeutendes Konzept zur Erklärung menschlicher Schuld vorgestellt. Die Arbeit analysiert die Kritik Augustins am Manichäismus und seine Interpretation des Adammythos. Sie beleuchtet die Problematik der Augustinus'schen Erbsündenlehre, die im Widerspruch zu seiner Annahme eines freien menschlichen Willens steht.
- Kant .
Kants Moralphilosophie wird im Kontext der Augustinus'schen Erbsündenlehre vorgestellt. Die Arbeit zeigt die Unterschiede zwischen beiden Denkern hinsichtlich der Vererbung von Schuld und der Annahme eines radikalen Bösen in der menschlichen Natur. Sie analysiert Kants Konzept des radikalen Bösen und seine Vorstellung einer "Revolution" in der Gesinnung als Voraussetzung für Moralität.
- Existenzphilosophie
- Kierkegaard — —
Die Arbeit stellt Kierkegaards drei Grundstellungen der menschlichen Existenz (das Ästhetische, das Ethische und das Religiöse Stadium) vor. Sie analysiert seine Kritik an der traditionellen Moralphilosophie und seine Entwicklung einer "Zweiten Ethik", die im christlichen Glauben verwurzelt ist. Die Arbeit beleuchtet Kierkegaards Konzept der Schuld als Ausdruck der Existenz und die Möglichkeit der Erlösung im Glauben an Gottes Allmacht.
-
Die Arbeit beschreibt Jaspers' Konzept der Existenz als aktives Selbstsein und seine Unterscheidung von vier Arten von Schuld: kriminelle Schuld, politische Schuld, moralische Schuld und metaphysische Schuld. Sie zeigt die Bedeutung der Selbstdurchhellung für die Überwindung der Schuld und die Wiederherstellung der Freiheit.
- Heidegger
Heideggers "Sein und Zeit" wird im Kontext der Existenzphilosophie vorgestellt. Die Arbeit analysiert seine Konzeption des Daseins als "Geworfensein" und seine Vorstellung von Schuld als wesenhaftes Merkmal des Menschen. Sie zeigt die Bedeutung des Gewissensrufs für die Verwirklichung der "eigentlichen Existenz" und die Anerkennung der Schuld.
-
Sartres Existentialismus wird als Endpunkt der Entwicklung des Schuldbegriffs dargestellt. Die Arbeit analysiert seine Kritik an den Begriffen Gewissen, Schuld und Reue und seine Betonung der Freiheit als das Gute. Sie zeigt die Ambivalenz von Sartres Freiheitsgedanken und die Bedeutung von Verantwortung für die Existenzverwirklichung des Individuums.
- Kierkegaard — —
- Augustinus.
- ZWEITER TEIL: SCHULD IN "WOLFSEGG"
- Hinführung
Der zweite Teil der Arbeit untersucht, inwieweit die im ersten Teil dargestellten Schuldkonzeptionen auf das Verhalten von Murau und seiner Familie im Roman "Auslöschung" anwendbar sind. Die Arbeit stellt die Frage nach einem spezifischen "Wolfsegger" Schuldtypus.
- Vom "Ursprung alles Bösen" - "Wolfsegg" im Spiegel von historisch-systematischen Schuldtypologien.
Die Arbeit analysiert Muraus Verhalten im Lichte der magischen, mythischen und rationalen Schuldbegriffe. Sie zeigt, dass Muraus Einstellung zu seiner Familie und zu Wolfsegg durch archaische Vorstellungen von Schuld geprägt ist. Sie untersucht die Rolle der Familienzugehörigkeit und der NS-Vergangenheit in Muraus Selbstverständnis.
- "Die Meinigen abschaffen" - Muraus Schuldgefühle.
Die Arbeit untersucht Muraus Schuldgefühle und deren Bedeutung für seine Beziehung zu seiner Familie. Sie analysiert verschiedene Interpretationen des Romans, die Muraus Schuldgefühle als Ausdruck eines latenten Tötungswunsches gegenüber seinen Eltern deuten. Sie stellt die Verbindung zu psychoanalytischen Konzepten wie Verdrängung und Melancholie her.
- Schuldbefreiung
- Martin Buber - " Existentialscnuld" und " personnatT gewordenes
Die Arbeit stellt Bubers Konzept der "Existentialschuld" vor und analysiert seine Vorstellung einer dreifachen Reinigung des Gewissens durch Selbsterhellung, Beharrung und Sühnung. Sie untersucht, inwieweit Muraus Verhalten im Lichte der Buberschen Lehre zu verstehen ist.
- Arthur Schopenhauer - " Verneinung des Willens zum Leben"
Die Arbeit analysiert Muraus Verhalten im Lichte von Schopenhauers Philosophie. Sie zeigt, dass Muraus Ringen mit seinem "Herkunftskomplex" als Versuch einer Befreiung durch die Verneinung des Willens zum Leben interpretiert werden kann. Sie untersucht die Bedeutung von Mitleid und Erlösung in Schopenhauers Philosophie für Muraus Selbstverständnis.
- Martin Buber - " Existentialscnuld" und " personnatT gewordenes
- Schuld und Erinnerung.
- Das vergessene Massengrab.
Die Arbeit untersucht die Bedeutung der Erinnerung für Muraus Schuldproblematik. Sie stellt die These auf, dass Murau ein traumatisches Erlebnis aus seiner Kindheit verdrängt hat, das ihn bis heute belastet. Sie analysiert die fragmentarische Erzählung "Der Italiener" als mögliche Quelle für dieses verdrängte Erlebnis.
- Der "Italiener" - ein Gast als erfolgloser Therapeut
Die Arbeit analysiert die Figur des Italieners in "Der Italiener" als möglichen Helfer Muraus bei der Aufarbeitung seines Traumas. Sie zeigt, dass der Italiener Muraus Verdrängungsmechanismen durchschaut und versucht, ihn zur Erinnerung an das verdrängte Erlebnis zu bewegen. Sie untersucht die Bedeutung der metaphorischen Sprache und der Verhüllungsmetapher im Text.
- Die "Selbstauslöschung"
Die Arbeit analysiert Muraus Bemühungen, sich durch die Abfassung einer Schrift von Wolfsegg und seiner Vergangenheit zu befreien. Sie zeigt, dass Muraus "Auslöschungsprojekt" zwar gelingt, aber auch seine Selbstauslöschung zur Folge hat. Sie untersucht die Bedeutung der Verdrängung und der Selbstauslöschung für Muraus Leben und Werk.
- Das vergessene Massengrab.
- SCHLUSSWORT
Das Schlusswort fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und stellt fest, dass Muraus Suche nach einer Möglichkeit, Wolfsegg ertragen zu können, erfolglos bleibt. Die Arbeit zeigt, dass Muraus Schuldproblematik nicht in bestimmten Handlungen, sondern in einer Unterlassung liegt. Sie kritisiert Muraus Vermeidungshaltung und seine Verdrängung traumatischer Erlebnisse.
- Hinführung
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Schuldbegriff, die historische Entwicklung von Schuldvorstellungen, die Auswirkungen von Schuld auf das menschliche Selbstverständnis, die "Auslöschung" von Thomas Bernhard, Franz-Josef Murau, Wolfsegg, Erinnerung, Verdrängung, Trauma, Schuldbefreiung, Arthur Schopenhauer, Martin Buber, Psychoanalyse.
- Begriffskldrung
- Arbeit zitieren
- Josef Pfeifer (Autor:in), 2001, Die Suche nach einer Möglichkeit, Wolfsegg ertragen zu können - Thomas Bernhards Auslöschung - Ein Zerfall im Horizont klassisch-philosophischer Schuldvorstellungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4913
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