Kommunikation ist auch ohne Sprechen oder Worte möglich. Sie findet ständig und überall statt, wenn Menschen aufeinandertreffen. Der Großteil davon findet jedoch unbewusst und nonverbal statt. Trotzdem sind viele Kommunikationssignale nicht eindeutig, weil bei der Wahrnehmung mehrere Faktoren ineinandergreifen.
Wie Patrick Byczkowski zeigt, deuten auch geschulte Personaler Kommunikationssignale falsch und werden von diesen beeinflusst. Das verzerrt ihre Ergebnisse. Byczkowski setzt sich deshalb eingehend mit dem Thema Kommunikation in der Personalauswahl auseinander.
Wie kommt es zu einer falschen Wahrnehmung im Vorstellungsgespräch und was bewirkt sie? Wie sollten Beobachter mit Kommunikation in einem Bewerbungsgespräch umgehen? Und wie verhindert man, dass falsche Wahrnehmungen die Entscheidung manipulieren? Patrick Byczkowski erklärt, wie Personaler zu einer angemessenen Bewertung von Bewerbern kommen.
Aus dem Inhalt:
- Personalmanagement;
- Interview;
- Recruiting;
- Auswahlgespräch;
- Einstellungsgespräch
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Fragestellung und Zielsetzung
1.3 Struktureller Aufbau
THEORIETEIL
2 Personalauswahl
2.1 Definition und Aufgaben
2.2 Anforderungsprofil
2.3 Prozesse der Personalauswahl
2.4 Zwischenfazit
3 Kommunikation und ihre Funktion in der Personalauswahl
3.1 Unterscheidung zwischen verbaler und nonverbaler Kommunikation sowie sozialer Interaktion
3.2 Bewusste und unbewusste Kommunikation
3.3 Wahrnehmung
3.4 Zwischenfazit
4 Kommunikationsmodelle
4.1 Sender-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver
4.2 Eisbergmodell
4.3 Kommunikationsquadrat
4.4 Fünf Axiome der Kommunikation
4.5 Störungen in der Kommunikation und wertschätzende Kommunikation
4.6 Zwischenfazit
5 Das Interview
5.1 Interviewtypen (unstrukturiert, semistrukturiert, strukturiert)
5.2 Wahrnehmungsverzerrungen und Beurteilungsfehler
5.3 Einfluss von Sympathie
5.4 Die Macht der inneren Bilder nach Gerald Hüther
5.5 Zwischenfazit
METHODISCHES VORGEHEN
6 Quantitative vs. qualitative Forschung
7 Expertenbefragung
7.1 Entwicklung des Leitfadens
7.2 Vorgehensweise bei der Datenerhebung
7.3 Durchführung der Befragungen
PRAXISTEIL
8 Ergebnisdarstellung
8.1 Analyse und Auswertung der Expertenbefragungen
8.2 Praxis-Theorie-Vergleich
8.3 Schlüsselkategorie: Selbstreflexion
8.4 Handlungsempfehlung
9 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Anhang I: Expertenbefragung
Anhang II: Einverständniserklärung
Anhang III: Experteninterview A
Anhang IV: Experteninterview B
Anhang V: Kategorienanalyse Experteninterview A
Anhang VI: Kategorienanalyse Experteninterview B
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Impressum:
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Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hinweis vorab: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung von männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beide Geschlechter
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ablaufprozesse der Personalauswahl
Abbildung 2: Kommunikation
Abbildung 3: Wahrnehmung von Reizen in Bits/s
Abbildung 4: Sender-Empfänger-Modell
Abbildung 5: Eisbergmodell
Abbildung 6: Kommunikationsquadrat
Abbildung 7: Die fünf Axiome der Kommunikation
Abbildung 8: Beispiel für einen Teufelskreis der Kommunikation
Abbildung 9: Optische Illusion: alte oder junge Frau oder alter oder junger Mann?
Abbildung 10: Lösungen: alte Frau; junge Frau; junger Mann; alter Mann
Abbildung 11: Ergebnisprozesse
Abbildung 12: Visuelle Darstellung der Handlungsempfehlung
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Kommunikation ist auch ohne Sprechen möglich. Sie erfolgt ständig und überall dort, wo Menschen sind. Dies ist den meisten jedoch nicht bewusst, denn es wird überwiegend unbewusst und nonverbal miteinander kommuniziert und interagiert (vgl. Watzlawick, Beavin & Jackson, 2016, S. 60).
Zudem ist das Deuten der Kommunikationssignale nicht einfach und im Regelfall nicht eindeutig, da bei der Wahrnehmung viele Faktoren relevant sind und das Gehirn jedem Menschen eine andere Realität zeigt. Auch geschulte Personaler deuten Kommunikationssignale falsch und werden von diesen beeinflusst. Die Ergebnisse bei ihrer Arbeit werden dadurch verzerrt und sind somit nicht optimal.
In der vorliegenden Arbeit wird das Thema ‚Kommunikation und ihre Bedeutung für Beobachter in der Personalauswahl‘ erörtert. Es soll Mitarbeitern im Personalmanagement aufgezeigt werden, wie es bei der Personalauswahl zu einer falschen Wahrnehmung der Realität durch Kommunikation kommen kann und welche Folgen daraus resultieren können. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf das Interview (alternativ: Vorstellungs-, Bewerbungs-, Einstellungs- oder Auswahlgespräch) gelegt. Des Weiteren wird eine Handlungsempfehlung erarbeitet, um dieses Problem zu lösen.
Bei der Personalauswahl ist die Aufgabe zu bewältigen, passendes und kompetentes Personal einzustellen. Die meisten Personaler sind davon überzeugt, dass sie diese Aufgabe objektiv und erfolgreich erfüllen. Dabei wird überwiegend eine subjektive Auswahl getroffen, ohne auftretende Wahrnehmungsverzerrungen bewusst zu realisieren. Der Großteil der nonverbalen Signale gelangt in das Unterbewusstsein und manipuliert somit die reale Selbst- und Fremdwahrnehmung (vgl. Watzlawick et al., 2016, S. 52). So kommt es beispielsweise zur Zusage eines Bewerbers und später stellt sich heraus, dass dieser sich doch nicht für die Stelle eignet oder nicht zum Team passt. Wie in mehreren Artikeln angeführt wird, ist dieses Szenario heute weit verbreitet und wird nicht oft und gut genug reflektiert (vgl. Bierwirth & Nagengast, 2005; Kontio, 2016; Hockling, 2012). Viele Menschen nehmen an populären Kursen teil, um das Deuten der Körpersprache zu erlernen. Es gleicht oft dem Auswendiglernen und Anwenden von Vokabeln, also festen Eigenschaften. In der Praxis wird die Körpersprache aber zu einem situativen und persönlichen Erleben. Die gelernten Signale werden somit häufig falsch gedeutet oder es werden Bewegungen übersehen, da sie zu schnell für das Auge sind (vgl. Sollmann, 2016, S. 7 ff.). Zusätzlich wird das unbewusst Wahrgenommene durch die eigenen Erfahrungen, Meinungen, Einstellungen, Gedanken, Wünsche, Absichten u. v. a. m. manipuliert und selektiert (vgl. Gerrig, 2018, S. 184 ff.; Krech & Crutchfield, 1972, S. 2 f.; Maderthaner, 2017, S. 101 ff.). Das Bewerten des Bewerbers im Interview wird aufgrund von subjektiven Interpretationen durchgeführt. Das Interview gleicht somit mehr einem alltäglichen Gespräch als einem professionellen Auswahlgespräch. Es entsteht eine mangelhafte Personalauswahl, die zu einer Kündigung führen kann. Infolgedessen fallen hohe Kosten für neue Stellenausschreibungen, die Bewerbersuche und den Recruiting-Prozess an. Weiterhin kommt es zum Imageverlust, einer steigenden Fluktuationsrate und der Verschlechterung des Arbeitsklimas, wenn Mitarbeiter Leistungen niedriger Qualität erbringen oder demotiviert sind (vgl. Achouri, 2007, S. 2).
Alternativ werden die neuen Mitarbeiter durch Fortbildungen geschult, was ebenfalls hohe Kosten verursacht. Zudem sind Weiterbildungen keine Garantie dafür, dass der Mitarbeiter danach die Anforderungen der Stelle erfüllt (vgl. Geoffroy & Geoffroy, 2017, S. 105).
In jedem Fall leidet die Profitabilität des Unternehmens bei einer Fehlbesetzung. Darüber hinaus können andere Abteilungen die Personalabteilung als inkompetent betrachten, wodurch das Vertrauen verloren geht und neue Mitarbeiter von Anfang an mit Vorurteilen belastet werden.
Es ist zwar nicht leicht, die sogenannten ‚Blender‘ im Auswahlverfahren zu identifizieren und von den zukünftigen Top-Mitarbeitern zu unterscheiden, aber auch nicht unmöglich. Mithilfe von Kommunikation und durch den richtigen Umgang mit den „inneren Bildern“ (Hüther, 2014) können Wahrnehmungsverzerrungen weitestgehend reduziert und angemessene Ergebnisse bei der Personalauswahl erzielt werden.
1.2 Fragestellung und Zielsetzung
Aus der beschriebenen Problematik ergibt sich die zentrale Fragestellung dieser Bachelorarbeit: Wie können Beobachter mit Kommunikation in einem Interview der Personalauswahl umgehen, um zu einer angemessenen erfolgreichen Bewertung der Bewerber zu gelangen, ohne dass Wahrnehmungsverzerrungen das Ergebnis zu stark manipulieren?
Das Ziel der Arbeit ist, Mitarbeitern im Personalmanagement neue Blickwinkel für die Personalauswahl, insbesondere im Interview, zu eröffnen. Die neuen Erkenntnisse unterstützen die Einstellung eines qualifizierten Mitarbeiters und helfen dabei, eine Fehlbesetzung zu vermeiden. Mithilfe der Handlungsempfehlung dieser Bachelorthesis können Prozesse im Personalmanagement in Bezug auf die Personalauswahl verbessert werden.
Im Verlauf dieser Arbeit wird auf verschiedene Kommunikationstheorien Bezug genommen: Dazu gehören das Sender-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver (1976), das Eisbergmodell von Ruch und Zimbardo (1974) nach Freud, das Kommunikationsquadrat nach Schulz von Thun (2011) sowie die Kommunikationstheorie nach Watzlawick et al. (2016, S. 51 ff.). Des Weiteren wird die Theorie von Hüther (2014) bezüglich der inneren Bilder der Menschen genutzt, um aufzuzeigen, dass Menschen Wahrnehmungsverzerrungen der Realität durchleben und wieso es dazu kommt.
Die empirische Untersuchung im methodischen Teil hat das Ziel, eine direkte Verknüpfung zwischen der Personalauswahl und der Kommunikationsforschung herzustellen. In der heutigen Literatur wird entweder auf die Personalauswahl eingegangen und der Zusammenhang mit der Bedeutung der Kommunikation nur oberflächlich thematisiert. Oder es wird über Kommunikation geschrieben, ohne den Einfluss auf die Personalauswahl zu erwähnen. Es gibt nur wenig Literatur, die diese Verknüpfung genügend abdeckt. Die Expertenbefragung hat das Ziel, diese Lücke zu schließen. Die Handlungsempfehlung ist eine Ableitung aus einem Vergleich der theoretischen und praktischen Erkenntnisse.
Da das Thema ‚Kommunikation und ihre Bedeutung für die Personalauswahl‘ umfangreich ist, ist eine Eingrenzung der Problematik notwendig. In dieser Arbeit wird nur von gesunden Menschen ausgegangen, dies bedeutet, dass psychische Erkrankungen, wie Schizophrenie o. Ä., keine Rolle bei den Ergebnissen spielen und nicht berücksichtigt werden. Als Hauptinstrument der Personalauswahl ist das Interview im Fokus der Untersuchung. Eine Überschneidung zu anderen Auswahlinstrumenten ist geringfügig gegeben.
1.3 Struktureller Aufbau
Diese Arbeit umfasst acht Kapitel und setzt sich aus einem theoretischen und einem methodischen Vorgehen sowie dem praktischen Teil zusammen. Nach jedem Kapitel des theoretischen Teils (Kapitel 2 bis 5) wird ein Zwischenfazit abgegeben, um die wesentlichen Aspekte themenbezogen zusammenzufassen und zu veranschaulichen.
Im ersten Teil wurde bereits die Problemstellung vorgestellt, worauf die Ziele sowie die zentrale Fragestellung folgten. Dieser Abschnitt schließt das erste Kapitel und zeigt den strukturellen Aufbau der Arbeit auf.
Im zweiten Kapitel wird die Personalauswahl definiert und deren Aufgaben werden beschrieben. Dadurch erhält der Leser ein besseres Verständnis der Problemstellung (vgl. Bröckermann, 2007; Geoffroy & Geoffroy, 2017; Jost, 2008; Olfert, 2006; Wöhe & Döring, 2010). Anschließend wird auf das Anforderungsprofil eingegangen. Für Personaler dient es als Bewertungsgrundlage, um die relevanten Einstellentscheidungen stellenbezogen zu treffen (vgl. Lorenz & Rohrschneider, 2009; Swan, 1996). Im nächsten Schritt werden die Prozesse der Personalauswahl beschrieben (vgl. Albert, 2007, S. 67 ff., S. 93 ff.; Bröckermann, 2007, S. 96 ff., S. 130 ff.; Hohlbaum & Olesch, 2008, S. 57 ff.; Olfert, 2006, S. 187 ff.).
Darauf aufbauend wird im dritten Kapitel untersucht, welche Rolle die Kommunikation in der Personalauswahl einnimmt. Dazu gilt es, zuerst die Unterscheidung zwischen verbaler und nonverbaler Kommunikation sowie soziale Interaktionen zu erklären und zu definieren (vgl. Argyle, 2013; Khabyuk, 2019; Sollmann, 2016; Watzlawick et al., 2016). Ferner wird der Unterschied zwischen bewusster und unbewusster Kommunikation aufgezeigt (vgl. Argyle, 2013; Sollmann, 2016). Dabei wird verstärkt Bezug zur nonverbalen Kommunikation hergestellt. Zum besseren Verständnis von bewusster und unbewusster Kommunikation wird weiterhin die Körpersprache unterteilt in länger sichtbare Makro- und Mikro-Ausdrücke, die nur für einen Bruchteil einer Sekunde sichtbar sind (vgl. Ekman, 2010). Um den letzten Aspekt der Kommunikation in diesem Kapitel genauer zu erläutern, wird zum Abschluss auf die Wahrnehmung eingegangen (vgl. Gazzaniga, Heatherton & Halpern, 2017; Gerrig, 2018).
Da Kommunikation an dieser Stelle eine große Bedeutung für den Leser gewonnen hat, werden im nächsten Kapitel unterschiedliche Kommunikationsmodelle genannt und definiert: beginnend mit dem Sender-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver (1976), gefolgt vom Eisbergmodell von Ruch und Zimbardo (1974) nach Freud. Danach wird das Kommunikationsquadrat nach Schulz von Thun (2011) beschrieben und auf die Kommunikationstheorie von Watzlawick et al. (2016) eingegangen. Das Kapitel schließt mit einem Blick auf Störungen in der Kommunikation und wertschätzender Kommunikation (vgl. Swan, 1996).
Im Mittelpunkt des fünften Kapitels steht das Interview, da die Bedeutung der Kommunikation für die Personalauswahl an diesem Verfahren untersucht wird. Dazu werden zuerst die unterschiedlichen Interviewtypen (strukturiert, semistrukturiert, unstrukturiert) aufgelistet und erläutert (vgl. Albert, 2007; Bröckermann, 2007; Hohlbaum & Olesch, 2008; Jetter, 2008; Paschen, Beenen, Turck & Stöwe, 2013; Weuster, 2004). Im Anschluss daran werden Wahrnehmungsverzerrungen und Beobachterfehler erläutert, die im ganzen Verfahren auftreten können (vgl. Gerrig, 2018; Krech & Crutchfield, 1972; Maderthaner, 2017; Michel & Novak, 2001). In dem Zusammengang wird zudem der Einfluss von Sympathie auf die Einstellentscheidung diskutiert (vgl. Mentzel, Grotzfeld & Haub, 2010; Lorenz & Rohrschneider, 2009). Abschließend werden mögliche Auswirkungen „der inneren Bilder“ (vgl. Hüther, 2014) auf die Wahrnehmungen aller Beteiligten im Auswahlprozess erörtert.
Im Fokus des sechsten Kapitels steht das methodische Vorgehen. Es wird erläutert, weshalb im Rahmen dieser Arbeit eine qualitative Forschungsmethode angewendet wurde.
Als qualitative Forschungsmethode wurden Expertenbefragungen durchgeführt. Die Entwicklung des Leitfadens sowie die Vorgehensweise bei der Datenerhebung und die Durchführung der Befragungen werden im siebten Kapitel beschrieben.
Ausgangspunkt des letzten Kapitels sind die erhobenen Daten aus dem vorherigen Kapitel. Daraus werden Ergebnisse ermittelt und ausgewertet. Die Handlungsempfehlung ist das Resultat aus einem Vergleich der empirischen Daten mit den theoretischen Erkenntnissen.
Ein Gesamtfazit und ein kurzer Ausblick auf zukünftig empfohlene Forschungsprojekte bilden den Abschluss der Arbeit.
THEORIETEIL
2 Personalauswahl
2.1 Definition und Aufgaben
Unter der Personalauswahl wird ein Prozess verstanden, der zur Ermittlung der geeignetsten Person für eine neueröffnete, freiwerdende bzw. unbesetzte Arbeitsstelle aus externen und internen Bewerbern dient (vgl. Bröckermann, 2007, S. 92). Zu den Aufgaben gehört zum einen die Auswahl von Verfahren zur Messung von Kompetenzen und Charaktereigenschaften der Bewerber und zum anderen die Beurteilung, ob diese die Anforderungen der Vakanz erfüllen. Dazu werden zuerst Erfolgskriterien entwickelt. Ab der Analyse der Bewerbungsunterlagen ist die Aufgabe zu bewältigen, die fachlichen, sozialen sowie persönlichen Leistungen und Eigenschaften der Bewerber zu beurteilen. Am Ende wird die Entscheidung getroffen, welchem Bewerber ein Vertragsangebot zukommt (vgl. Olfert, 2006, S. 187 ff.; Wöhe & Döring, 2010, S. 136).
Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass zwei Fehler bei der Personalauswahl begangen werden können: Ungeeignete Bewerber werden eingestellt (Alpha-Fehler) oder geeignete Bewerber werden abgelehnt (Beta-Fehler). Das Ziel ist, diese Fehler zu vermeiden, damit keine hohen Kosten oder andere Problematiken entstehen (vgl. Geoffroy & Geoffroy, 2017, S. 105).
Das Hauptziel der Personalauswahl ist die Organisationsentwicklung, die mit dem Bewältigen der oben genannten Aufgaben erreicht werden soll (vgl. Jost, 2008, S. 10 ff.). Die Organisationsentwicklung dient der Verbesserung der organisatorischen Leistungsfähigkeit und hilft somit bei der Erreichung strategischer Ziele eines Unternehmens. Auch die Qualität des Arbeitsalltages (faire Aufgabenaufteilung, Vertretung im Krankheitsfall usw.) der Mitarbeiter soll erhöht werden (vgl. ebd., S. 12 ff.).
2.2 Anforderungsprofil
Die Grundlage für das Auswahlverfahren bildet das Anforderungsprofil. Ohne festgelegte und gewichtete Kriterien werden Auswahlentscheidungen auf Basis von Sympathie und Antipathie beschlossen, was zu einer subjektiven Einstellentscheidung führt (vgl. Weuster, 2004, S. 37).
Welche fachlichen und sozialen Kompetenzen muss der Bewerber aufweisen, um die Stelle erfolgreich zu besetzen? Diese Frage soll das Anforderungsprofil beantworten, um die erforderlichen Erfolgskriterien möglichst messbar und beobachtbar zu gestalten.
Die gewünschten Qualifikationen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Erfahrungen, Kenntnisse und Verhaltensweisen des zukünftigen Mitarbeiters sollen möglichst detailliert beschrieben werden. Dadurch wird verhindert, dass die Entscheider der Personalauswahl unterschiedliche Vorstellungen vom zukünftigen Stelleninhaber haben. Zum Beispiel wird häufig das Schlagwort ‚leistungsfähig‘ genannt, was als Kompetenzbeschreibung in diesem Umfang nicht ausreicht (vgl. Corporate Coaching Institut, 2013). Um vage formulierte Beschreibungen zu vermeiden, werden die Aufgaben und Tätigkeiten der Stelle klar und ausführlich beschrieben. Dafür muss die zu besetzende Position genau analysiert werden. Da Personaler meistens Bewerber für andere Bereiche des Unternehmens suchen, ist es ratsam, sich mit den jeweiligen Bereichsleitern zusammenzusetzen und eine entsprechende Stellenanalyse durchzuführen. Bei neu geschaffenen Stellen können externe Personen in diesem Berufsfeld herangezogen werden.
Aus der Stellenanalyse leiten sich die fachlichen Qualifikationen, Fähigkeiten etc. ab, die ein Bewerber besitzen muss (vgl. Bröckermann, 2007, S. 92 f.; Swan, 1996, S. 33 ff.).
Eine weitere Dimension sind die notwendigen persönlichen Eigenschaften und sozialen Kompetenzen. Jeder Arbeitsplatz erfordert bestimmte Merkmale einer Person. Durch eine konkrete und verhaltensnahe Beschreibung werden auch diese Anforderungen möglichst beobachtbar gemacht. Demnach kann das Anforderungsprofil in zwei Kategorien unterteilt werden: das fachliche und soziale Anforderungsprofil (vgl. Lorenz & Rohrschneider, 2009, S. 17 ff.).
Es ist sinnvoll, in beiden Kategorien zwischen Muss- und Kann-Anforderungen zu differenzieren. Muss-Anforderungen sind unverzichtbar und dienen bereits bei der Vorauswahl als Kriterium, um Bewerber auszusortieren. Kann-Anforderungen hingegen sind optional und eher in der Endphase der Bewerberauswahl relevant (vgl. ebd., S. 24).
Als weitere Hilfe bei der erfolgreichen Erstellung des Anforderungsprofils bietet es sich an, drei aufeinander aufbauende Fragen im Vorfeld zu beantworten (vgl. ebd., S. 24 ff.):
1.) Welche Ziele verfolgt die angestrebte Position?
2.) Welche Aufgaben bzw. Tätigkeiten müssen erfüllt werden, um diese Ziele zu erreichen?
3.) Welche persönlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen benötigt ein Bewerber zum Bewältigen dieser Aufgaben?
Wichtig ist hierbei, zwischen den Fragen zu differenzieren und z. B. keine Aufgaben als Ziele zu nennen (vgl. ebd., S. 24 ff.).
2.3 Prozesse der Personalauswahl
Die Leistungsfähigkeit einer Organisation basiert auf der Personalauswahl, denn die Mitarbeiter erbringen die Leistung. Dies macht die Personalauswahl zu einer der bedeutendsten Aufgaben des Personalwesens (vgl. Jung, 2012, S. 1 f.; Kanning, 2015, S. V).
Ein Personalauswahlverfahren durchläuft in der Regel folgende Prozesse, die in Abbildung 1 zu sehen sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Ablaufprozesse der Personalauswahl
(Eigene Darstellung, angelehnt an: Albert, 2007; Bröckermann, 2007; Hohlbaum & Olesch, 2006; Jung, 2011; Lorenz & Rohrschneider, 2009; Olfert, 2006)
Vor der Personalauswahl wird zuerst der Personalbedarf ermittelt und die Personalsuche eingeleitet. Zu letzterer zählt die Genehmigung nächsthöherer Vorgesetzter, die Bestimmung der Kostenstelle und des Termins, wann die Stelle besetzt werden soll (vgl. Olfert, 2006, S. 187 ff.). Das Erstellen des Anforderungsprofils ist danach der erste Schritt im klassischen Personalauswahlprozess (siehe 2.2). Anschließend sind Modalitäten zu klären. Diese können z. B. die Ausgestaltung der Arbeit und Stelle, die persönliche Entwicklung sowie finanzielle Anreize sein. Als Nächstes wird die Stellenanzeige aus dem Anforderungsprofil abgeleitet und formuliert. Die Veröffentlichung kann intern und/oder extern geschehen (vgl. Albert, 2007, S. 67 ff.; Jung, 2012, S. 136 f.; Olfert, 2006, S. 187 ff.). Bei einer externen Stellenbesetzung ist die Auswahl der Medien und ggf. eine Zusammenarbeit mit einer Agentur oder dem Arbeitsamt notwendig.
Infolgedessen gehen Bewerbungen ein und werden erfasst. Eine Vorauswahl entscheidet, welche Bewerber in die Endphase des Auswahlprozesses gelangen und welche nicht (vgl. Lorenz & Rohrschneider, 2009, S. 61 f.). Die Unterlagen (Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse) der Bewerber werden zunächst auf Form, Vollständigkeit, Stil und Inhalt analysiert, wonach erste Prognosen entwickelt werden (vgl. Albert, 2007, S. 89 f.; Bröckermann, 2007, S. 96 ff.; Hohlbaum & Olesch, 2008, S. 57 ff.; Kanning, 2015, S. 17 ff.).
Bereits an dieser Stelle spielt Kommunikation eine erhebliche Rolle und führt unbewusst zu Vorurteilen über die Bewerber. Geschlecht, Alter, Bewerberfoto, Herkunft, Religion und Namen der Bewerber führen durch die Vorurteile der Personaler vorzeitig zu einer verzerrten, subjektiven Beurteilung (vgl. Myers, 2005, S. 637 ff.). Eine Studie aus dem Jahr 2010 untermauert diese These, indem sie die Benachteiligung von Bewerbern mit türkischen Namen im deutschen Arbeitsmarkt belegt (vgl. Kaas, 2010). Nicht immer beeinflussen die gängigen Vorurteile die Personalauswahl. So kann ein Personaler einen Bewerber mit Migrationshintergrund fair beurteilen, aber eventuell eine unbewusste Ablehnung gegenüber einem reichen Erben haben. Anonymisierte Bewerbungsverfahren können bei der Minimierung dieser Problematik helfen. Eine Bewerbung ohne Foto, Namen, Geschlecht, Alter usw. kann die Chancengleichheit erhöhen. Dadurch wäre das Verfahren zudem standardisierter. Allerdings können Vorurteile trotzdem entstehen, sobald das Interview stattfindet (vgl. Warkentin, 2018).
An die Prüfung der Bewerbungsunterlagen im Auswahlprozess schließt sich die Auswahl und Vorbereitung eines Personalauswahlinstrumentes (Interview, Test, Assessment-Center, Probearbeit etc.) an. Darauf folgen Einladungen sowie Absagen der Bewerber zum weiteren Entscheidungsverfahren und der Durchführung dieser (vgl. Albert, 2007, S. 93 ff.). Im Nachhinein kommt es zur abschließenden Auswertung der Bewerber anhand des Auswahlinstrumentes und zur Einstellentscheidung. Zum Schluss werden die letzten Absagen versendet und bei einer positiven Einstellentscheidung wird dem Bewerber ein Arbeitsvertrag angeboten (vgl. Lorenz & Rohrschneider, 2009, S. 61 f.).
Für die Überprüfung von gewissen – meist theoretischen – Fachkompetenzen (Muss-Kriterien) ist das Testverfahren geeignet und sollte im Bewerbungsverfahren als Vorauswahlinstrument, zusätzlich zur Überprüfung des Lebenslaufes, genutzt werden (vgl. Albert, 2007, S. 96 ff.; Bröckermann, 2007, S. 130 ff.).
Welchen Einfluss und welche Auswirkungen Kommunikation bei der Erstellung, Durchführung und Auswertung des Auswahlverfahrens hat, wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit deutlich. Zudem wird dargestellt, weshalb das Interview ein geeignetes Auswahlinstrument sein kann, wenn bestimmte Faktoren berücksichtigt werden.
2.4 Zwischenfazit
Die Personalauswahl verfolgt das Ziel der Organisationsentwicklung. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten Alpha- und Beta-Fehler bei der Auswahl der Bewerber vermieden werden.
Die Grundlage, um den besten Bewerber auszuwählen, bildet das Anforderungsprofil. Damit dieses aussagekräftig wird, müssen die Kriterien konkret und detailliert beschrieben sowie gewichtet werden. Die Definition von Zielen, Aufgaben und Eigenschaften sowie Verhaltensweisen helfen bei der Erstellung des Anforderungsprofils. Ebenfalls ist eine Unterscheidung zwischen Muss- und Kann-Kriterien nützlich, um den Bewerberpool schon von Beginn an einzugrenzen. Eine Zusammenarbeit mit Fachabteilungen, für die die Vakanz ausgeschrieben wird, sollte stattfinden.
Aus dem Anforderungsprofil wird das Stellenprofil abgeleitet. Bereits bei der Überprüfung der Bewerberunterlagen kann es zu Vorurteilen kommen. Durch anonymisierte Bewerbungsverfahren kann dem entgegengewirkt werden. Als Vorauswahlinstrument eignet sich das Testverfahren, um einige Muss-Kriterien und theoretisches Fachwissen zu überprüfen. Kommunikation spielt bereits bei der Erstellung des Auswahlverfahrens eine Rolle. Im Verlauf dieser Arbeit wird dies erörtert und verdeutlicht.
3 Kommunikation und ihre Funktion in der Personalauswahl
Wie Watzlawick et al. (2016) schrieben, ist es unmöglich, nicht zu kommunizieren: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ (S. 58 f.)
In der Personalauswahl nimmt Kommunikation eine zentrale Funktion ein, denn Menschen werden anhand von Kommunikationsmerkmalen bewertet.
Wie ist es möglich, ständig zu kommunizieren, und was genau wird unter dem Begriff ‚Kommunikation‘ verstanden? Diese Frage wird im folgenden Abschnitt geklärt.
3.1 Unterscheidung zwischen verbaler und nonverbaler Kommunikation sowie sozialer Interaktion
Kommunikation ist die Vermittlung, die Aufnahme und der Austausch von Informationen jeglicher Art und kann in verbale und nonverbale Kommunikation unterteilt werden (vgl. Emrich, 2008, S. 18 f.; siehe Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Kommunikation
(Eigene Darstellung, angelehnt an: Argyle, 2013, S. 13; Emrich, 2008, S. 18 f.; Khabyuk, 2019, S. 18 ff.; Sollmann, 2016, S. 7 f.)
Zur verbalen Kommunikation zählen sämtliche Aspekte, die eine Sprache charakterisieren. Dies sind Wörter und Buchstaben. Darin beinhaltet sind das Sprechen, das Schreiben und manche Gesten, wie die Gebärdensprache (vgl. Argyle, 2013, S. 13).
Nonverbale Kommunikation umfasst die Körpersprache, paraverbale Sprache und kulturelle Artefakte (vgl. Khabyuk, 2019, S. 18 f.; Sollmann, 2016, S. 7 f.). Die Körpersprache beinhaltet Gestik und sonstige Körperbewegungen, Mimik, Körperhaltung, Blickverhalten, Berührungen und Gerüche. Stimmlage, Lautstärke, Sprechtempo, Betonung, Pausen, Akzente und Sprachmelodie zählen zur paraverbalen Sprache. Der Habitus einer Person ist den kulturellen Artefakten zuzuordnen. Dazu gehören Aussehen, Frisur, Tätowierungen, Parfüm, Kleidung, Schmuck u. v. a. m. Habitus bezieht sich auf das allgemeine Erscheinungsbild einer Person, das sich aus ihrem Aussehen und Verhalten ergibt (vgl. Khabyuk, 2019, S. 20).
Kommunikation ist in der Regel eine Synchronisation aus mehreren Signalen. Wenn z. B. jemand lacht, werden Sprachmelodie und Stimmlage von Mimik und Gestik begleitet. In einem aktiven Gespräch werden verbale Signale von nonverbalen Signalen begleitet (vgl. Argyle, 2013, S. 13).
Verhalten (inkl. Handlung) ist auch stets Kommunikation und umgekehrt, denn ein Verhalten hat immer einen Mitteilungscharakter (z. B. Nichtbeachtung oder Schweigen). Somit werden zumindest nonverbale Signale vermittelt. Denn ein Mensch kann sich nicht nicht verhalten. Er kann lediglich aufhören zu sprechen, was aber nicht die nonverbalen Signale verhindert (vgl. Watzlawick et al., 2016, S. 58 f.).
In einer sozialen Interaktion ist Kommunikation der wichtigste Aspekt. Der Duden definiert Interaktion wie folgt: „aufeinander bezogenes Handeln zweier oder mehrerer Personen; Wechselbeziehung zwischen Handlungspartnern“ (Duden, o. D.b). Daraus kann ein Kriterium für die Interaktion geschlussfolgert werden: Alle Seiten müssen miteinander kommunizieren, damit ein beidseitiges aufeinander bezogenes Handeln stattfindet und eine Beziehung entsteht. In einem Interview erfolgt eine Interaktion, denn es wird beidseitig miteinander kommuniziert – es entwickelt sich eine Beziehung zwischen Bewerber und Personaler und ihr Handeln bezieht sich aufeinander.
Soziale Interaktion ist somit die wechselseitige Beeinflussung und Steuerung von mindestens zwei Menschen. Sie besteht aus einer Selbstdarstellung und Interpretation einer anderen Person. Wer interagiert, der kommuniziert gleichzeitig und umgekehrt (Watzlawick et al., 2016, S. 59 ff.).
3.2 Bewusste und unbewusste Kommunikation
Jede Kultur hat festgelegte Kommunikationsmerkmale, die sich ähneln oder auch komplett unterschiedlich sein können (vgl. Sollmann, 2016, S. 24 f.). So bedeutet beispielsweise das Kopfnicken in Deutschland Zustimmung, in Griechenland hingegen meint es Ablehnung. Die Körpergestaltung (Kleidung, Frisur, Schmuck etc.) und Umgebungsgestaltung (Wohnung, Auto, Garten etc.) kann von Kultur zu Kultur, aber auch von Menschen zu Menschen, unterschiedliche Bedeutungen haben. Zum Beispiel kann der Anzug einer Geschäftsführung als Zeichen seines sozialen Status von einem Mitarbeiter interpretiert werden. Die Geschäftsführung selbst findet den Anzug lediglich ‚angebracht‘ und beabsichtigt nicht, ein anderes Signal zu äußern. In diesem Beispiel ist eine Unterscheidung zwischen bewusster und unbewusster Kommunikation nur schwer zu treffen. Argyle (2013, S. 15) beschreibt diesen undefinierten Zustand der Kommunikation als Zwischenstufe von Bewusstheit. Signale können auch je nach Kontext, Situation oder Anlass unterschiedlich geäußert oder wahrgenommen werden (vgl. Sollmann, 2016, S. 24 ff.).
Ekman (2017) hat sogenannte ‚Mikroausdrücke‘ erforscht. Laut seinen Ergebnissen gibt es mimische Ausdrücke, die angeboren und universal sind. Mikromimische Ausdrücke im Gesicht sind nicht steuerbar und immer und überall gleich, auch in unterschiedlichen Kulturen (vgl. Ekman, 2017, S. 17 ff.). Sie zeigen die aktuelle, echte Gefühlslage einer Person (vgl. ebd., S. 20, S. 54 ff.). Eine Erkenntnis aus Ekmans Forschung ist, dass es im Gegensatz zu den Mikroausdrücken auch sogenannte ‚Makroausdrücke‘ gibt. Damit ist die Körpersprache gemeint, über die in den meisten Forschungen oder Studien geschrieben wird bzw. über die in alltäglichen Situationen gesprochen wird. Diese Makroausdrücke sind erlernbar und kontrollierbar, können also bewusst kommuniziert werden (vgl. ebd., S. 5 ff.). Außerdem sind sie mit einem durchschnittlichen menschlichen Auge zu erkennen, Mikroausdrücke dagegen halten nur bis zu einer Fünftelsekunde an (vgl. ebd., S. 20). Sie sind somit zu schnell für das ungeschulte Auge. Aus seiner Forschung lässt sich demnach schließen, dass Mikroausdrücke bei jedem Menschen gleich sind und unbewusst kommuniziert werden, Makroausdrücke aber von Menschen zu Menschen bzw. von Kultur zu Kultur unterschiedlich sein können. So ist beispielsweise anhand von Mikromimik erkennbar, ob ein Lachen wahrhaftig positiv gemeint oder vorgetäuscht ist (vgl. ebd., S. 278 f.).
Eine Unterscheidung zwischen bewussten und unbewussten Signalen in der Kommunikation ist somit nicht immer eindeutig und schwer zu unterscheiden. In Unterkapitel 3.1 wurde bereits aufgezeigt, dass Menschen sich ständig verhalten. Demnach werden immer zumindest nonverbale Signale ausgesendet, was die meiste Zeit unbewusst geschieht (vgl. Argyle, 2013, S. 14 f.).
3.3 Wahrnehmung
Informationen werden nicht nur permanent vermittelt, sondern auch aufgenommen und verarbeitet (siehe Abbildung 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Wahrnehmung von Reizen in Bits/s
(Eigene Darstellung, angelehnt an: Gerrig, 2018, S. 154 ff.; Mentale Intuition, 2018)
Es wird davon ausgegangen, dass Menschen pro Sekunde bis zu 15 000 000 Bits wahrnehmen können (vgl. Mentale Intuition, 2018). Dazu zählen die visuelle (Sehen), kinästhetische (Bewegungsempfindung), auditive (Hören), haptische (Tasten), olfaktorische (Riechen), gustatorische (Schmecken) und vestibuläre (Gleichgewichtsempfindung) Wahrnehmung (vgl. Gazzaniga et al., 2017, S. 263–309; Gerrig, 2018, S. 135–155). In die bewusste Wahrnehmung gelangen aber nur bis zu 60 Bits. Das bedeutet, der größte Teil der menschlichen Wahrnehmung geschieht unbewusst (vgl. Gerrig, 2018, S. 154 ff.).
Unbewusst ist nicht gleichzusetzen mit unzugänglich (vgl. Mentale Intuition, 2018). Die meisten wahrgenommenen Sinneseindrücke hinterlassen Spuren in Form von Erfahrungen und Erinnerungen. Darauf kann das Gehirn zurückgreifen und mit bestehenden Informationen abgleichen und entsprechend reagieren. Diese Reaktion kann bewusst oder unbewusst geschehen. Unbewusste Reaktionen auf die Wahrnehmung erfolgen intuitiv, z. B. wenn Gefahr wahrgenommen und unbewusst ein Schutzmechanismus ausgelöst wird (vgl. Gazzaniga et al., 2017, S. 255 ff.). Eine solche Reaktion ist beispielsweise das automatische Zucken einer Person, wenn diese erschrocken ist.
3.4 Zwischenfazit
Kommunikation wird in verbale und nonverbale Kommunikation unterschieden. Verbal ist die Kommunikation, die sprachlich erfolgt. Das beinhaltet mündliche und schriftliche Kommunikation sowie Gebärdensprache. Als nonverbal hingegen werden die Körpersprache und die paraverbale Sprache (Stimme) bezeichnet. Weiterhin kann Kommunikation in bewusste und unbewusste Kommunikation gegliedert werden. Eine Unterscheidung ist schwer zu treffen, allerdings zählt zumindest unkontrollierbares Verhalten zur unbewussten Kommunikation und absichtliches kontrolliertes Verhalten zur bewussten Kommunikation.
Menschen geben ständig mindestens unbewusste, nonverbale Signale von sich und nehmen auch immer unbewusst welche auf. Es findet demnach ein stetiger Informationsaustausch statt. Es ist unmöglich, keine Informationen (Signale) zu vermitteln sowie keine Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. Wer Signale von sich gibt und aufnimmt, interagiert gleichzeitig, denn durch den Informationsaustausch kommt es zur Beeinflussung anderer Menschen und zum Interpretieren von Signalen. Es lässt sich somit festhalten, dass Menschen immer miteinander kommunizieren und interagieren.
4 Kommunikationsmodelle
Kommunikation ist ein umfangreiches und komplexes Thema, weshalb sich eine eigenständige Wissenschaft damit befasst. Zahlreiche Versuche wurden bereits durchgeführt, Kommunikation zu analysieren und zu beschreiben. Daraus wurden Kommunikationsmodelle entwickelt, die jeweils verschiedene Aspekte in den Fokus stellen. Ein Modell ist ein schematisches und vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit. Es wird genutzt, um reale Situationen zu analysieren und zu beschreiben (Horn, 2018). Kommunikationsmodelle dienen insofern dazu, die komplexe Wirklichkeit der Kommunikation vereinfacht darzustellen.
4.1 Sender-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver
Das Sender-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver (1976) gehört zu den Basismodellen der Kommunikationswissenschaft. Es beeinflusste die Entwicklung anderer Modelle sowie Theorien in der Kommunikation und wird in dieser Arbeit als Einstiegsmodell verwendet. Es besagt, dass zu jeder Kommunikation immer zwei Seiten gehören: der Sender und der Empfänger. Der Sender möchte dem Empfänger etwas mitteilen. Das können z. B. seine Gefühle, Wünsche, Erwartungen oder Sachinformationen sein. Der Sender muss seine Nachricht in einen ‚Code‘ umwandeln, z. B. durch das Sprechen, Schreiben oder seine Körpersprache, und ihn absenden. Dieser Code trifft auf den Empfänger, der ihn ‚decodieren‘, d. h. entschlüsseln, muss. Erst wenn der Empfänger den Code übersetzt hat, kann er die Botschaft interpretieren (vgl. Shannon & Weaver, 1976, S. 16 f.).
Das Sender-Empfänger-Modell kann in sieben Schritte aufgeteilt werden, die in Abbildung 4 präsentiert sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Sender-Empfänger-Modell
(Eigene Darstellung in Anlehnung an: Shannon & Weaver, 1976, S. 16)
1. Der Sender A hat eine Absicht.
2. Der Sender A codiert seine Absicht.
3. Der Sender A sendet den Code.
4. Der Code wird übermittelt.
5. Der Empfänger B empfängt den Code.
6. Der Empfänger B decodiert den Code.
7. Der Empfänger B interpretiert den Code.
Nach der Interpretation antwortet der Empfänger B dem Sender A. Der Prozess beginnt erneut, jedoch werden dieses Mal die Rollen von Sender und Empfänger getauscht. Mit dieser Reaktion wird überprüft, ob die Botschaft richtig verstanden wurde. Es wird ein Feedback gegeben. Entscheidend ist die Wirkung des gesamten Prozesses. Wenn Person A und B nicht dieselbe Codierung/Decodierung verwenden, kann es zu einem Missverständnis kommen. In jedem der sieben Schritte kann eine Störung auftreten (vgl. ebd., S. 30 ff.). Zum Beispiel verschränkt ein Bewerber (Sender) seine Arme während eines Interviews, was der Personaler (Empfänger) als ablehnend interpretiert. Der Bewerber hatte lediglich die Absicht, seine Körperhaltung zu variieren, nachdem er längere Zeit in einer Position saß, um nicht als verkrampft empfunden zu werden (vgl. Sollmann, 2016, S. 8). Ein weiteres Beispiel ist, dass der Empfänger die Sprache des Senders nicht versteht.
4.2 Eisbergmodell
Der Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud, gilt als ‚Entdecker des Unbewussten‘. Das Eisbergmodell wird 35 Jahre nach seinem Tod von Ruch und Zimbardo (1974, S. 366) erwähnt und ist an Freuds allgemeine Theorie der Persönlichkeit angelehnt. Es legt den Fokus auf den unbewussten Teil der Kommunikation und stellt somit ein zweites Einstiegsmodell für diese Arbeit, mit einem anderen Schwerpunkt, dar.
Das Modell stellt Kommunikation in Form eines Eisberges (siehe Abbildung 5) dar: Die Spitze macht nur einen kleinen Teil aus und ist direkt wahrnehmbar, denn sie liegt über der Wasseroberfläche. Der beträchtlich größere Teil des Eisberges ist jedoch versteckt unter der Wasseroberfläche (vgl. Ruch & Zimbardo, 1974, S. 366 ff.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Eisbergmodell
(Eigene Darstellung in Anlehnung an: Ruch & Zimbardo, 1974, S. 366)
Der sichtbare Eisberg über der Wasseroberfläche ist die Sachebene. Sie repräsentiert den Teil der Kommunikation, der bewusst wahrgenommen wird. Die zentrale Frage dieser Ebene lautet: Was wird kommuniziert? Dazu gehören z. B. Worte, Taten und auch die Körpersprache (vgl. ebd., S. 366 f.).
Unter der Wasseroberfläche wird der unbewusste Teil der Kommunikation dargestellt. Wie wird kommuniziert? Um diese Frage geht es auf der Beziehungsebene, zu der z. B. die Gefühle (Emotionen, Stimmungen, Einstellungen, Bedürfnisse), die Wahrnehmung (Vorstellungen, Gedanken, Interpretationen, Ziele) sowie der Wille (Absichten, Antriebe, Motive) zählen (vgl. ebd., S. 366 f.).
Ruch und Zimbardo (1974, S. 367) haben außerdem eine weitere Bewusstseinsebene eingebaut: das Vorbewusste. Es steht zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein, gehört aber in die Beziehungsebene. Das Vorbewusste ist alles, was augenblicklich nicht bewusst ist, aber vom Unbewussten in das Bewusstsein gebracht werden kann. Das können z. B. Erinnerungen, Wahrnehmungen, Ereignisse usw. sein, die erst später realisiert werden bzw. erst in das Bewusstsein gerufen werden müssen. So spricht man beispielsweise mit einem neuen Arbeitskollegen, der einem zunächst unbekannt erscheint. Nach Feierabend erinnert man sich erst, dass man vor zehn Jahren mit dieser Person auf derselben Schule war und sie bereits kennt. Der Unterschied zum Unbewussten ist, dass kein großer Widerstand zu überwinden ist, wenn das Vorbewusste in das Bewusste eindringt. Zum Unbewussten zählen verdrängte Inhalte wie traumatische Erlebnisse, innere Antriebe oder Instinkte. Auch Organfunktionen, die vererbt werden, gehören dazu (vgl. ebd., S. 367 f.).
Störungen im Eisbergmodell finden zuerst in der Beziehungsebene statt. Diese wirken sich auf die Sachebene aus. Somit besteht ein hohes Risiko für Konflikte und Missverständnisse. Es genügt bereits, einen Satz nicht so zu betonen, wie er ursprünglich gemeint war. Die Sachinformationen werden im Gespräch zweitrangig und es kommt möglicherweise zu einem Konflikt (vgl. ebd., S. 367 ff.). Selbst bei einem Kompliment kann dies als sarkastisch wahrgenommen werden und zu einem Missverständnis führen.
4.3 Kommunikationsquadrat
Schulz von Thun (2011) entwickelte das Kommunikationsquadrat als einen Ausbau des Eisbergmodells und des Sender-Empfänger-Modells. Zusätzlich zur Sach- und Beziehungsebene fügte er die Selbstkundgabe und die Appellseite hinzu. Zusammen bilden diese vier Aspekte das Kommunikationsquadrat, das der Abbildung 6 zu entnehmen ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Kommunikationsquadrat
(Schulz von Thun Institut, o. D.)
Die Äußerung des Senders hat vier Seiten, auch ‚vier Schnäbel‘ genannt, und wird vom Empfänger auf vierfache Weise durch vier Ohren wahrgenommen (vgl. Schulz von Thun, 2011, S. 15, S. 27 ff., S. 48 ff.).
Jede Ebene hat zudem eine zugewiesene Farbe.
Blau – Bei der Sachinformation geht es um Daten, Fakten und Sachverhalte. Der Sender hat die Aufgabe, die Sachinhalte klar und verständlich auszudrücken. Der Empfänger prüft die Nachricht mit seinem ‚Sach-Ohr‘ auf Wahrheit (wahr oder unwahr?), Relevanz (Sind die Inhalte von Belang oder nicht von Belang?) und Hinlänglichkeit (Genügen die Informationen oder sind sie ergänzungsbedürftig?). Der Empfänger kann dann entsprechend der Kriterien reagieren (vgl. ebd., S. 28, S. 48ff.).
Grün – Die Selbstkundgabe gibt Hinweise darauf, was im Inneren des Senders vorgeht. Der Sender gibt mit jeder Äußerung Gedanken, Gefühle etc. preis. Der Empfänger kann dies zum Deuten der Persönlichkeit seines Kommunikationspartners verwenden. Dies geschieht bewusst, teilbewusst und/oder unbewusst (vgl. ebd., S. 29 f., S. 48 ff., S. 59 ff.).
[...]
- Arbeit zitieren
- Patrick Byczkowski (Autor:in), 2019, Wie eine falsche Wahrnehmung Personaler beeinflusst. Kommunikation und ihre Bedeutung in der Personalauswahl, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/491209
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