Das Ziel dieser Facharbeit ist es, sich zunächst mit verschiedenen Familienmodellen im Laufe der Zeit auseinander zu setzen und zu analysieren, aus welchen Gründen und inwiefern ein Wandel stattgefunden hat und stattfindet. Gerne möchte ich auch Außenstehenden einen besseren Einblick in die Thematik geben.
Ein Fußballtrainer erzählte mir, dass seine Jungen in der Kabine darüber redeten, wer an welchem Wochenende bei Mama oder Papa lebe. Da stellten sie fest: "Bei Paul ist das komisch, da wohnen Mama und Papa zusammen." So stellt sich die Frage: Was ist eine "normale" Familie? Gibt es diese überhaupt? Im ersten Teil der Facharbeit gehe ich auf die Geschichte der Familie (Bäuerliche, Bürgerliche und Proletarische) ein, anschließend erläutere ich Familienmodelle (Kernfamilie, Alleinerziehende, Patchworkfamilie) sowie Wohnmodelle (Wechselmodell, Nestmodell) der Gegenwart und benenne Ursache für den Wandel der Familienformen. Letztlich gebe ich einen Ausblick in die Zukunft.
Inhalt
1 Vorbemerkungen
2 Definition des Begriffs Familie
3 Familie im 19. Jahrhundert
3.1 Die bäuerliche Familie
3.2 Die bürgerliche Familie
4 Familienformen der Gegenwart
4.1 Die Kernfamilie
4.2 Alleinerziehende
4.3 Die Patchwork- oder Stieffamilie
5 Wohnmodelle für Trennungskinder
5.1 Das Wechselmodell
5.2 Das Nestmodell
6 Ursachen des Wandels der Familienformen
7 Die Familie der Zukunft
8 Schlussbemerkungen
Anlagen
Literaturverzeichnis
1 Vorbemerkungen
Die Idee meine Facharbeit zum Thema „Familie im Wandel“ zu schreiben, kam mir als ein Fußballtrainer mir erzählte, dass seine Jungen in der Kabine darüber redeten, wer an welchem Wochenende bei Mama oder Papa lebe. Dabei stellten sie fest: „Bei Paul ist das komisch, da wohnen Mama und Papa zusammen.“ So stellt sich die Frage: Was ist eine „normale“ Familie? Gibt es diese überhaupt noch? Im Zuge dieses Gespräches war mein Interesse geweckt und ich entschloss mich, meine Facharbeit diesem Thema zu widmen.
Mein erster Ansatz war, mich in meiner eigenen Umgebung umzuschauen, wie meine Mitschüler leben. Ich stellte schnell fest, dass ich einige Freunde habe, die nicht wie ich, mit Mutter, Vater und Geschwistern, zusammenleben. Daraufhin kam mir die Idee, eine Umfrage zu machen. Zudem schrieb mein Großonkel kürzlich ein Buch über das Leben seiner Eltern und Großeltern, welches das Familienleben seit etwa 1890 beleuchtet. Im Gegensatz zu meiner Cousine, die mit ihrer Mutter allein lebt und ihren Vater nur am Wochenende aller zwei Wochen sieht, wohnten früher viele Familienmitglieder aus mehreren Generationen unter einem Dach.
Im ersten Teil der Facharbeit gehe ich auf die Geschichte der Familie ein, anschließend erläutere ich Familienmodelle sowie Wohnmodelle der Gegenwart und benenne Ursachen für den Wandel der Familienformen. Letztlich gebe ich einen Ausblick auf die Zukunft. Das Thema habe ich durch diese Schwerpunkte abgesteckt, weil man die historische Ausgangssituation, aber auch die momentane Lage kennen und analysieren muss, um von einem Wandel sprechen zu können. Da diese Informationen sehr vielfältig sind, könnte es schwierig werden, diese im vorgegebenen Rahmen umfassend wiederzugeben. Des Weiteren gibt es kaum Literatur, welche sowohl die Geschichte der Familie als auch die heutige Situation beschreibt.
Das Ziel dieser Facharbeit ist es, sich zunächst mit verschiedenen Familienmodellen im Laufe der Zeit auseinander zu setzen und zu analysieren, aus welchen Gründen und inwiefern ein Wandel stattgefunden hat und stattfindet. Gerne möchte ich auch Außenstehenden einen besseren Einblick in die Thematik geben.
2 Definition des Begriffs Familie
Der Begriff „Familie“ beschreibt eine Lebensgemeinschaft, die aus Eltern und Kindern besteht und aufgrund von Partnerschaft, Heirat, Adoption oder Abstammung entstanden ist1.
Traditionell besteht das Familienideal aus Mutter, Vater und Kindern. Allerdings verändert sich dieses mit der Zeit. „Eine allgemeingültige Definition von Familie ist fast unmöglich.“2 sagt der systemische Familientherapeut Dr. Matthias Ochs von der Universitätsklinik Heidelberg.
Max Wingen, welcher Ministerialbeamter im Bundesfamilienministerium war, stellt die Familie als „grundlegende Vermittlungsinstanz zwischen Individuum und Gesellschaft“3 dar. Diese Definition von Familie trifft auf alle traditionellen sowie modernen Familienformen zu.
Daraus ergeben sich unterschiedliche Merkmale. Zum einen sind mindestens zwei Generationen sowie Geschlechter vorhanden. Des Weiteren führt eine solche Lebensgemeinschaft meist einen gemeinsamen Haushalt. Außerdem sichert eine Familie die Generationenfolge, indem die Eltern das Leben an ihre Kinder weitergeben. Die Eltern ziehen ihre Kinder groß und bringen diesen bestimmte gesellschaftliche Regeln und Normen bei.
Ein soziales Strukturelement ist nur in der Gesellschaft des Menschen vorzufinden, denn im Tierreich werden die Nachkommen nur großgezogen, doch bei Menschen besteht eine lebenslange Beziehung zwischen der Elterngeneration und den Kindern4.
Der Begriff „familia“, welcher aus der lateinischen Sprache stammt, bedeutet „vielschichtig“. Dieses Wort ist ein Kollektivum aus dem Begriff „famulus“, welches „der Diener“ heißt. Allerdings gibt es, sowohl im Griechischen, als auch im Lateinischen, kein Wort für den heutigen Begriff „Familie“[1].
Der Stellenwert der Familie hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Während im Jahr 2006 nur 76% die Familie, neben Freunden, Beruf und Hobbys, an erste Stelle setzten, waren es zehn Jahre später bereits 79% (vgl. Anlage 1). Außerdem sagen circa 9 von 10 Eltern, dass die Familie für Zusammenhalt in schwierigen Zeiten sorgt5.
3 Familie im 19. Jahrhundert
3.1 Die bäuerliche Familie
Im 19. Jahrhundert bezeichnete man Bauernfamilien auch als Großfamilien, denn diese bestanden nicht nur aus Eltern und Kindern, sondern auch die Großeltern waren Teil der Hausgemeinschaft (vgl. Anlage 17). Teilweise nahmen auch ledige Geschwister der Eltern am Familienleben teil. Darüber hinaus lebten auf einem Bauernhof Knechte und Mägde, welche Hilfsarbeiten übernahmen, sowie die Tagelöhner, die aus allen Regionen des Landes kamen, um bei der Ernte zu helfen.
Zu dieser Zeit war das Zusammenleben in einer Ehe nahezu eine Lebensnotwendigkeit. Die Frau wurde für den Haushalt, die Milchwirtschaft und die Kleinviehhaltung benötigt und der Mann übernahm die Feldarbeit. Außerdem war es für die Entlastung im Alter von großer Bedeutung Kinder zu haben, da diese die Pflege im Alter übernehmen konnten. Oftmals wurden Jungen bevorzugt, da diese eine potentielle Arbeitskraft darstellten und somit die Altersversorgung der Eltern gesichert war. Des Weiteren trugen die männlichen Nachfahren den Namen der Familie weiter, wenn sie heirateten und erbten den Hof der Eltern, während die Mädchen wegzogen und eine Mitgift erhielten.
Die ökonomischen Gesichtspunkte waren für eine Ehe ausschlaggebend und bestimmten die Partnerwahl. Man richtete sich nach den territorialen Gegebenheiten des Partners beziehungsweise denen seiner Eltern. Damit die Felder, Wälder und Wiesen in der Familie blieben, betrieb man oft Verwandtschaftsheirat. In jedem Falle aber wurde zu dieser Zeit nur innerhalb der gleichen sozialen Schicht geheiratet.
In einer Ehe hatte der Hausvater das Sagen und die Frau war dem Mann immer untergeordnet. Beispielsweise war es eine Sitte, dass der Vater der Familie immer die größte Portion des Essens bekam und seine Frau ihn bediente. Erst im 19. Jahrhundert entwickelte sich eine gemeinsame Mahlzeit6.
Aufgrund des hohen Heiratsalters, welches durchschnittlich zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr lag, war die Fruchtbarkeitsperiode der Frauen während der Ehe kurz[6]. Aufgrund der mangelnden Hygiene sowie der unzureichenden medizinischen Versorgung war die Kindersterblichkeitsrate jedoch relativ hoch.
Die Kinder bekamen nur wenig Zuneigung und Aufmerksamkeit. Sie wurden mithilfe von körperlichen Strafen zur Gehorsamkeit erzogen.
Da im Sommer aufgrund der Ernte, bei der die Kinder als billige Arbeitskraft mithelfen mussten, kein Unterricht stattfand und nur wenige qualifizierte Lehrer vorhanden waren, stellte Andrea Henschel von der Friedrich-Schiller-Universität in Jena fest: „Die ländliche Schulbildung war auf einem sehr niedrigen Stand.“7.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Wertschätzung der Mitglieder der Familie abhängig von der Wichtigkeit der Arbeit auf dem Hof war und die Kinder lediglich versorgt wurden, sich ansonsten aber selbst überlassen blieben. Sobald sie alt genug waren, mussten sie bei den Arbeiten auf dem Hof mithelfen.
3.2 Die bürgerliche Familie
Die bürgerliche Familie entwickelte sich aus den städtischen Kaufleuten und dem Bürgertum, welches zunehmend mehr Bildung erlangte.
Typisch für die bürgerliche Familie ist, dass das Gesinde und die Dienstboten nicht mehr aus der eigenen sozialen Schicht stammen. Zudem sind sie räumlich von der Familie, welche nur noch aus Eltern und Kindern, nicht mehr den Großeltern besteht, getrennt (vgl. Anlage 18). Somit erfolgt eine intensivere Konzentration auf die Kernfamilie.
Um die Privatisierung des Familienlebens zu erreichen, wurden Arbeitsplatz und Wohnort getrennt. Allerdings ging nur der Mann, als Ernährer der Familie, außer Haus arbeiten. Aufgrund seines dadurch erfolgreichen Berufslebens sowie seines akademischen Werdeganges, stellt der Vater die Autoritätsperson der Familie dar. Die Frau hingegen ist für das Personal verantwortlich. Oftmals gibt es ein „Fräulein“, welches sich um die Erziehung der Kinder sorgt, und eine Haushaltskraft, die Unterstützung im Haushalt leistet. Zum anderen verkörpert die Frau einer bürgerlichen Familie im 19. Jahrhundert die Hausfrau und Mutter. Diese klare Verteilung der Aufgaben zwischen den Ehegatten beweist die zunehmende Polarisierung der Geschlechterrollen zu dieser Zeit.
Im Gegensatz zu den Jungen dürfen die Mädchen keine schulische Bildung genießen. Demzufolge haben sie auch nicht die Möglichkeit, sich ihre Zukunft selbstständig zu gestalten. Sie sind immer abhängig, in ihrer Kindheit von den Eltern und später von ihrem Mann. Erst 1893 wurden in Berlin und Karlsruhe Gymnasien eröffnet, an denen auch Mädchen lernen durften und somit die Aussichten auf ihr Leben verbesserten8. Bei den Jungen ist das Anstreben einer akademischen oder militärischen Karriere angesehen. Somit wird der Fokus vermehrt auf die Erziehung und Bildung der Kinder, insbesondere der Jungen, gelegt.
Im Bürgertum war die Partnerwahl innerhalb der eigenen gesellschaftlichen Schicht jedem selbst überlassen und aufgrund dessen ist die Ehe auch zunehmend durch persönliche Zuneigung und Liebe geprägt.
3.3 Die proletarische Familie
Lange Arbeitszeiten, geringer Lohn und miserable Wohnverhältnisse prägen die proletarische Familie im 19. Jahrhundert (vgl. Anlage 19).
Da für enge und feuchte Wohnräume, welche zu 90% Etagenwohnungen waren, hohe Mieten verlangt wurden, waren die Familien nicht nur auf den Verdienst des Mannes, sondern auch auf den der Frau angewiesen.
Das erweist soich als eine Umstellung für den Mann im Vergleich zur bäuerlichen Familie, da er ab nun nicht mehr allein die Familie ernährt und demzufolge auch nicht mehr die Autorität der Familie darstellt.
„Die Männer [sehen] die Frauen als Konkurrentinnen am Arbeitsmarkt [an und] fordern deshalb, die Frauenquote in der Industriearbeit einzugrenzen.“9 findet Ramona Munkenast heraus. Daraus kann man schlussfolgern, dass die Männer sich durch diese Methode ihre Arbeitsplätze sichern und erhalten wollen. Die Frauen arbeiten meistens im Bereich der Dienstleistungen. Als gelernte Fabrikarbeiter, wie beispielsweise Schlosser in der Maschinenindustrie, hatte man bessere Aussichten auf höhere Löhne.
Zur Zeit der Industralisierung waren billige Arbeitskräfte gesucht und somit wurde auch Kinderarbeit in Kauf genommen. Die Eltern hatten keinen Einwand, denn sie lebten in Abhängigkeit von der Lohnarbeit, um ihre Wohnungen zu finanzieren und waren somit auch auf das Geld, welches ihre Kinder verdienten, angewiesen. Außerdem erwirtschafteten sich insbesondere Witwen durch Schlaf- und Kostgänger einen Teil ihrer Miete. Schlafgänger mieteten sich nur ein Bett, welches sich in den meisten Fällen mit im Schlafzimmer der Familie befand, und Kostgänger bekamen darüber hinaus Mahlzeiten. Oft blieben diese Untermieter nur 10 bis 12 Wochen bei einer Familie. Im Jahr 1900 hatten diese einen 12 prozentigen Anteil an der Gesamtbevölkerung Münchens10.
In ihren Wohnungen, in denen es oftmals an Hygiene mangelte, war meist nur so wenig Platz, dass nicht für jedes Familienmitglied ein Bett vorhanden war und sie demzufolge geteilt werden mussten. Des Weiteren hatten die Kinder kaum Platz zum Spielen und vergnügten sich dadurch vielmals auf den Straßen. Bei Gelegenheit stahlen sie Lebensmittel, da sie vom Hunger geplagt waren. Vom Elternhaus bekamen die Kinder zu dieser Zeit nur wenig Schutz und Fürsorge, denn die Eltern hatten aufgrund der Armut mit vielen Sorgen und Problemen zu kämpfen.
Beispielsweise hatten die Arbeiter kein Mitspracherecht in Bezug auf die Arbeitszeiten, den Lohn oder die Bedingungen, unter denen sie arbeiteten. Zudem konnten Arbeitnehmer ohne finanzielle Unterstützung entlassen werden, wenn sie krank waren oder einen Unfall hatten. Tagelöhner hatten darüber hinaus auch keine soziale Absicherung, denn der Stundenlohn wurde in Fabriken jeden Tag neu verhandelt.
4 Familienformen der Gegenwart
4.1 Die Kernfamilie
Die Kernfamilie ist gekennzeichnet durch Vater und Mutter, welche verheiratet sind, sowie deren gemeinsamen leiblichen Kindern (vgl. Anlage 20). Im Jahr 2017 lebten in Deutschland insgesamt etwa 8 Millionen Ehepaare mit Kindern (vgl. Anlage 2). Circa 78% aller deutschen Kinder leben mit ihren leiblichen, verheirateten Eltern in einem Haushalt11. In der durchgeführten Umfrage leben ebenfalls 80% der Schüler des Jahrgangs 2002/2003 in einer Kernfamilie (vgl. Anlage 23). Somit stellt die Kernfamilie das am häufigsten vertretene Familienmodell dar.
Der Familienzyklus ist folgendermaßen aufgebaut: Zuerst findet die Gründung eines eigenen Haushalts statt. Im Anschluss wird oftmals vor der Geburt des ersten Kindes geheiratet. Die Familienerweiterung ist durch Geburten folgender Kinder geprägt. Dabei liegt der Durchschnittswert der Kinder, die eine deutsche Frau bekommt, bei 1,4612.
Die Politik schützt die Frauen mithilfe des Mutterschutzgesetzes in den Wochen vor und nach der Geburt. Das bedeutet, dass die Mütter bei einem vom Arzt oder Arbeitgeber angeordneten Beschäftigungsverbot (vgl. Anlage 13) sowie sechs Wochen vor dem Geburtstermin ihres Kindes und acht Wochen nach der Geburt nicht beschäftigt werden dürfen, jedoch das volle Entgelt bekommen (vgl. Anlage 14).
Besonders hervorzuheben ist zudem der Kündigungsschutz während der Schwangerschaft und der Elternzeit (vgl. Anlage 15). Außerdem können Mutter und Vater seit dem Jahr 2007 Elterngeld beantragen, um Einkommensausfälle, während sie ihre Arbeit unterbrechen, um ihre Säuglinge aufzuziehen, auszugleichen. Ein Elternteil kann bis zu 12 Monate beantragen, das andere 2 Monate. Die Verteilung der 14 Elterngeldmonate ist dem Ehepaar selbst überlassen. Berechnet wird die Transferleistung des Staates mit dem durchschnittlichen Erwerbseinkommen des Antragsstellers. Man erhält mindestens 300€ und maximal 1.800€ pro Monat (vgl. Anlage 16).
Heutzutage nutzt jeder dritte Vater das Elterngeld, woran deutlich wird, dass Männer sich verstärkt an der Erziehung der Kinder beteiligen. Etwa 50% der Männer würden gern weniger arbeiten, um mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen zu können13.
In der Kernfamilie stehen die Kinder im Mittelpunkt und strukturprägend sind erzieherische Handlungen der Eltern14. Demzufolge sind beide Elternteile für die Erziehung der Kinder zuständig und die Erwerbsfähigkeit sowohl des Mannes als auch der Frau ist gewährleistet. Der Mann stellt nicht mehr den Haupternährer der Familie dar. Zudem ist die Frau eigenständig und emanzipiert.
4.2 Alleinerziehende
Als Alleinerziehende bezeichnet man Mütter oder Väter, die allein mit ihren Kindern in einem gemeinsamen Haushalt leben, aber keinen Ehe- oder Lebenspartner an ihrer Seite haben (vgl. Anlage 21). Sie organisieren sowohl den Alltag und den Haushalt als auch die Kindererziehung und das Einkommen allein.
Erst seit dem Jahr 2002 spricht man in den offiziellen Statistiken der Bundesrepublik Deutschland von „alleinerziehenden Müttern und Vätern“. Vorher war die Rede von „alleinstehenden Elternteilen“15.
Im Jahr 2017 leben in Deutschland circa 2,6 Millionen Alleinerziehende, welche 22,6% aller Familien ausmachen. Dieser Prozentsatz erreichte im Jahr 2015 mit 24% seinen Höchstwert. 1997 waren nur 17,1% der Familien Alleinerziehende (vgl. Anlage 3). Mit 84,1% stellten die Frauen die eindeutige Mehrheit der Alleinerziehenden dar (vgl. Anlage 4).
Seit der Kindschaftsreform, welche im Jahr 1998 stattfand, gibt es neben dem Sorgerecht eine Sorgerechtalternative für getrennte Eltern. Diese beinhaltet, dass sowohl Vater als auch Mutter das gemeinsame Sorgerecht für ihre Kinder haben. So hat das alleinerziehende Elternteil zwar einen größeren Anteil an der Erziehung, der andere Part hat trotzdem auch die Möglichkeit, Zeit mit seinen Kindern zu verbringen, da er das Besuchsrecht besitzt. Rechtlich gesehen ist ein Elternteil nur dann Alleinerziehend, wenn es das alleinige Sorgerecht besitzt.
Etwa ein Drittel der Alleinerziehenden führt ein gut organisiertes Leben, hat eine optimistische Einstellung zum Leben und erlangt ausreichend Einkommen16. Demzufolge kann man nicht sagen, dass man Alleinerziehende prinzipiell als eine finanziell benachteiligte Gruppe ansehen kann. Allerdings sind nur 68% der Alleinerziehenden Mütter und Väter Teil des Arbeitsmarktes17. Um diesen Anteil zu erhöhen, werden mehr Betreuungsplätze für die Kinder benötigt. „Vom Ausbau der Kinderbetreuung durch das Kinderförderungsgesetz und den seit 2013 bestehenden Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr profitieren insbesondere auch Alleinerziehende.“, berichtet das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend18.
4.3 Die Patchwork- oder Stieffamilie
Die Familienform der Patchworkfamilie existiert schon lang doch früher wurde sie als Stieffamilie bezeichnet.
Beide Begriffe beinhalten, dass die Kinder mit einem leiblichen Elternteil und dessen neuen Partner gemeinsam in einem Haushalt leben. Der neue Partner kann ebenfalls seine leiblichen Kinder in die Lebensgemeinschaft einbringen (vgl. Anlage 22).
Die Vorsilbe „Stief“ heißt auf Althochdeutsch „hinterblieben“. Das bedeutet, dass eine Stieffamilie nur zu Stande kam, wenn ein leibliches Elternteil des Kindes starb. Früher fielen viele Männer im Krieg oder die Frauen starben im Wochenbett, doch aus finanziellen und sozialen Gründen haben die Hinterbliebenen meist erneut geheiratet. Somit ersetzt das Stiefelternteil das verstorbene leibliche Elternteil.
Da in den Märchen immer das Bild der „bösen Stiefmutter“ aufkam und der Begriff daher negativ belegt ist, verwendet man heute den Begriff „Patchworkfamilie“. Außerdem ist der Tod eines leiblichen Elternteils heute in den seltensten Fällen der Grund für die Gründung einer Patchworkfamilie, da in Deutschland die dritte Generation nach dem Krieg lebt und die Medizin große Vorschritte macht. Die Ursache dessen liegt vielmehr in den hohen Scheidungsraten. Im Jahr 2003 wurden knapp 214.000 Ehen geschieden, allerdings ist diese Zahl bis zum Jahr 2017 bereits auf rund 153.000 Scheidungen gesunken (vgl. Anlage 5)
Der Begriff Patchwork stammt aus dem Englischen und bedeutet „Stückwerk“.
Man unterscheidet vier Typen der Patchwork- und Stieffamilien (vgl. Anlage 5). Zum einen gibt es die Stiefmutterfamilie, in der der biologische Vater des Kindes eine neue Partnerin hat und diese zur Stiefmutter des Kindes wird. Das Gegenteil davon bezeichnet man als Stiefvaterfamilie. Hier wird der neue Partner der biologischen Mutter eines Kindes zum Stiefvater ernannt. Außerdem existiert die zusammengesetzte Stieffamilie, in welche beide Erwachsenen ihre leiblichen Kinder aus der vorherigen Partnerschaft einbringen. Somit werden beide Partner zu Stiefeltern der Kinder des jeweils anderen. Der vierte Typ stellt die klassische Patchworkfamilie dar, die komplexe Stieffamilie. Diese gleicht dem Aufbau der zusammengesetzten Stieffamilie. Hinzu kommt, dass die Erwachsenen gemeinsam ein leibliches Kind haben.
In Deutschland sind in etwa 7 bis 13% aller Familien Patchwork- oder Stieffamilien19. Davon wiederrum sind circa 50% Stiefvaterfamilien, etwa ein Drittel dieser Familien beinhaltet eine Stiefmutter und knapp ein Viertel bilden die komplexen Stieffamilien (vgl. Anlage 7).
In vielen Fällen werden Patchworkfamilien zu Großfamilien, da 45% drei oder mehr Kinder haben[12]. Dies erfordert viel Organisationstalent sowie Geschick. Zum einen ist es wichtig, dass Eltern sich auf Erziehungsregeln einigen, denn oft sind die Konkurrenzgefühle gegenüber neuen Geschwistern da. Des Weiteren ist es für Kinder eine schwere emotionale Phase, wenn die Eltern auseinander gehen. Eine zusätzliche Belastung ist dann die neue Familie. Laut einiger Studien brauchen Patchworkfamilien circa fünf Jahre zum Zusammenwachsen20.
Vorteilhaft ist, dass Kinder aus Stieffamilien oftmals sozialer, konfliktfähiger aber auch toleranter sind als andere Gleichaltrige, da sie gelernt bekommen mit verschiedenen Bezugspersonen umzugehen, Fürsorge und Solidarität zu zeigen sowie Verantwortung für andere zu übernehmen.
Rechtlich gesehen, kann das Stiefelternteil das „kleine Sorgerecht“ erlangen, wenn es mit dem leiblichen Elternteil verheiratet ist. Somit kann es Mitentscheidungen im täglichen Leben treffen. Die Verheiratung ist in 75% dieser Familienform der Fall (vgl. Anlage 8). Das biologische Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, zahlt den Unterhalt weiterhin, auch wenn der ehemalige Partner bereits erneut verheiratet ist.
5 Wohnmodelle für Trennungskinder
5.1 Das Wechselmodell
Immer mehr Eltern entscheiden sich nach ihrer Trennung oder Scheidung für das Wechselmodell. In diesem Wohnmodell werden die Kinder, deren Eltern getrennt leben, sowohl im Haushalt der Mutter als auch in dem des Vaters versorgt.
Geschieht das in einer Zeitverteilung von 50:50 spricht man von einem paritätischen Wechselmodell, da der Begriff „paritätisch“ soviel wie „gleichgestellt“ bedeutet. Somit findet der Wechsel zwischen den Wohnorten der Eltern in regelmäßigen Abständen statt.
Etwa 4,3% der getrenntlebenden Familien in Deutschland praktizieren das Wechselmodell (vgl. Anlage 9). Die meisten Kinder sind zwischen sechs und zwölf Jahren alt, da kleinere Kinder eher einen festen Bezugsort brauchen (vgl. Anlage 10). Laut der erhobenen Statistik des Jahrgangs 2002/2003 an dem Test-Gymnasium leben fünf von zwölf getrenntlebenden Familien nach dem Wechselmodell (vgl. Anlage 24).
[...]
1 vgl. Munkenast, Ramona (Hrsg.), GRIN Verlag: Norderstedt (2017): Familie im Wandel. Die Sozialgeschichte der Familie; Seite 2
2 https://www.urbia.de/magazin/familienleben/politik-und-gesellschaft/wer-und-was-ist-eigentlich-familie (27.12.2018)
3 Schroedel (Hrsg.): Braunschweig (2014): Mensch & Politik; Sekundarstufe II; Gemeinschaftskunde, Rechtserziehung, Wirtschaft; Seite 123
4 vgl. Karl-Heinz Otto (Hrsg.), Westermann Verlag: Braunschweig (2017): Welt im Wandel; Seite 119
5 http://docreader.readspeaker.com/docreader/?cid=cbeki&lang=de_de&url=http://www.bmfsfj.de/blob
6 vgl. https://www.grin.com/document/59001 (29.12.2018)
7 https://www.grin.com/document/59001 (29.12.2018)
8 vgl. Munkenast, Ramona (Hrsg.), GRIN Verlag: Norderstedt (2017): Familie im Wandel. Die Sozialgeschichte der Familie; Seite 6
9 Munkenast, Ramona (Hrsg.), GRIN Verlag: Norderstedt (2017): Familie im Wandel. Die Sozialgeschichte der Familie; Seite 6 f.
10 https://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/hist_sem_swg/studium/ss08/s09proletarischeiso88591qverhe4ltnissefolien2epdf (02.01.2019)
11 https://www.beratung-caritasnet.de/eltern-kinder-und-jugendliche/erziehungs-und-familienberatung/informationen/themen/allgemeine-erziehungs-und-familienfragen/zusammenleben-in-verschiedenen-familienformen/ (04.02.2019)
12 https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-03/geburtenrate-deutschland-anstieg-statistisches-bundesamt (19.02.2019)
13 Karl-Heinz Otto (Hrsg.), Westermann Verlag: Braunschweig (2017): Welt im Wandel, Ein Informations- und Arbeitsheft für die Sekundarstufe II; Seite 121
14 vgl. http://mediationswerkstatt-muenster.de/fileadmin/daten/mediationswerkstatt/literatur/Familien_Formen.pdf (09.02.2019)
15 vgl. https://masgf.brandenburg.de/sixcms/media.php/4055/alleinerziehend.pdf (13.02.2019)
16 https://masgf.brandenburg.de/sixcms/media.php/4055/alleinerziehend.pdf (13.02.2019)
17 https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/familie/chancen-und-teilhabe-fuer-familien/alleinerziehende (12.02.2019)
18 https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/familie/chancen-und-teilhabe-fuer-familien/alleinerziehende (12.02.2019)
19 https://www.bmfsfj.de/blob/76242/1ab4cc12c386789b943fc7e12fdef6a1/monitor-familienforschung-ausgabe-31-data.pdf (19.02.2019)
20 vgl. https://www.kindaktuell.at/schule-co/patchworkfamilien-was-ist-das-genau.html (19.02.2019)
- Citar trabajo
- Tina Kornetzke (Autor), 2019, Mutter, Vater, Kind war gestern. Familie im Wandel, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/490943
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