Zwei wichtige Aspekte, Rechtfertigung undϑεωσις,die man als zwei Betrachtungsweisen, evangelische und orthodoxe (bzw. westliche und östliche), der Erlösung des Menschen darstellen kann, sind in der Gegenwart ein wichtiges Thema für den ökumenischen Dialog. Gründe für Auseinandersetzungen in diesem Bereich hat das Gespräch zwischen lutherischen und orthodoxen Kirchen in Kiew 1977 gegeben. Es wurde in diesen Gesprächen deutlich, dass Rechtfertigung undϑεωσιςeine „feste neutestamentliche Grundlage haben und in Bezug auf beides eine breite Übereinstimmung der Ansichten Raum hat.“
Natürlich hat sich die Frage nach der Rechtfertigung und derϑεωσιςdurch die offiziellen Dialoge und Stellungnahmen auf verschiedenen Ebenen weiterentwickelt Andererseits aber, besteht die Notwendigkeit einer Klärung, denn diese Lehren sind immer noch dialogbedürftig und nicht deckungsgleich. Eine Verständigung zwischen beiden Kirchen in diesen Fragen ist m. E. notwendig und könnte u.a. eine Bereicherung beider Traditionen bedeuten.
In dieser Arbeit wird der Versuch gemacht, zuerst das theologische Gespräch zwischen Orthodoxen und Lutheranern geschichtlich kurz zu erläutern, um eine Grundinformation zu haben, wie sich die Gespräche beider Kirchen entwickelt haben. In einem zweiten Schritt will ich dann die Theosislehre in der orthodoxen Tradition am Beispiel des Hl. Gregorios Palamas zeigen. Gregorios Palamas und seine Lehre über göttliche Energien steht im Zentrum des finnischen Dialogs, deswegen für die weitere Entwicklung der Arbeit halte ich es für wichtig, die orthodoxe Position in diesem Teil klarzustellen. In einem dritten Teil will ich dann versuchen, denϑεωσις-Gedanken bei Luther zu erörtern, um die evangelische Position überϑεωσις,angesichts der Forschungen von solchen evangelischen Theologen, wie T. Mannermaa zu klären. Im vierten Teil der Arbeit werden wir dann die Lehren der evangelischen und der orthodoxen Kirchen über Rechtfertigung undϑεωσιςvergleichen, um dann am Ende Konsequenzen zu ziehen, ob und wie die beiden Kirchen sich in uns interessierenden Fragen einigen können. Ob weitere Dialoge notwendig sind, und wenn ja, in welche Richtung sie gestaltet werden sollen, sind Fragen, auf die diese Arbeit ein Antwort zu geben versuchen wird.
Gliederung
1. EINLEITUNG
2. DAS THEOLOGISCHE GESPRÄCH ZWISCHEN ORTHODOXEN UND LUTHERANERN
3. THEOSIS IN DER ORTHODOXEN TRADITION AM BEISPIEL DES HL. GREGORIOS PALAMAS
4. THEOSIS UND LUTHER
5. RECHTFERTIGUNG UND THEOSIS
ZUSAMMENFASSUNG
1. EINLEITUNG
Zwei wichtige Aspekte, Rechtfertigung und JewsiV, die man als zwei Betrachtungsweisen, evangelische und orthodoxe (bzw. westliche und östliche), der Erlösung des Menschen darstellen kann, sind in der Gegenwart ein wichtiges Thema für den ökumenischen Dialog. Gründe für Auseinandersetzungen in diesem Bereich hat das Gespräch zwischen lutherischen und orthodoxen Kirchen in Kiew 1977 gegeben. Es wurde in diesen Gesprächen deutlich, dass Rechtfertigung und JewsiV eine „feste neutestamentliche Grundlage haben und in Bezug auf beides eine breite Übereinstimmung der Ansichten Raum hat.“[1]
Natürlich hat sich die Frage nach der Rechtfertigung und der JewsiV durch die offiziellen Dialoge und Stellungnahmen auf verschiedenen Ebenen weiterentwickelt.[2] Andererseits aber, besteht die Notwendigkeit einer Klärung, denn diese Lehren sind immer noch dialogbedürftig und nicht deckungsgleich.[3] Eine Verständigung zwischen beiden Kirchen in diesen Fragen ist m. E. notwendig und könnte u.a. eine Bereicherung beider Traditionen bedeuten.
In dieser Arbeit wird der Versuch gemacht, zuerst das theologische Gespräch zwischen Orthodoxen und Lutheranern geschichtlich kurz zu erläutern, um eine Grundinformation zu haben, wie sich die Gespräche beider Kirchen entwickelt haben. In einem zweiten Schritt will ich dann die Theosislehre in der orthodoxen Tradition am Beispiel des Hl. Gregorios Palamas zeigen. Gregorios Palamas und seine Lehre über göttliche Energien steht im Zentrum des finnischen Dialogs, deswegen für die weitere Entwicklung der Arbeit halte ich es für wichtig, die orthodoxe Position in diesem Teil klarzustellen. In einem dritten Teil will ich dann versuchen, den JewsiV- Gedanken bei Luther zu erörtern, um die evangelische Position über JewsiV, angesichts der Forschungen von solchen evangelischen Theologen, wie T. Mannermaa zu klären. Im vierten Teil der Arbeit werden wir dann die Lehren der evangelischen und der orthodoxen Kirchen über Rechtfertigung und JewsiV vergleichen, um dann am Ende Konsequenzen zu ziehen, ob und wie die beiden Kirchen sich in uns interessierenden Fragen einigen können. Ob weitere Dialoge notwendig sind, und wenn ja, in welche Richtung sie gestaltet werden sollen, sind Fragen, auf die diese Arbeit ein Antwort zu geben versuchen wird.
2. DAS THEOLOGISCHE GESPRÄCH ZWISCHEN ORTHODOXEN UND LUTHERANERN
Das Gespräch zwischen Orthodoxen und Lutheranern gewinnt immer mehr an Aktualität. Eine besondere Rolle in dieser Entwicklung der Beziehungen spielt die Frage nach der JewsiV. Die Ergebnisse, die man in diesem Bereich erzielt hat, sind natürlich Frucht des ökumenischen Gesprächs beider Kirchen, deren Auseinandersetzungen geschichtlich weit entfernt sind.[4] Wir werde in diesem Teil einen kurzen Blick auf die Geschichte werfen, um uns klar zu machen, wie sich das Gespräch zwischen Orthodoxen und Lutheranern entwickelt hat.
Philip Melanchton war derjenige, der 1559 durch einen serbischen Diakon dem Patriarchen Joasaph II. von Konstantinopel eine Übersetzung der Confessio Augustana zukommen ließ[5] und so die Gespräche eröffnete. Als Folge der Übersendung der Confessio Augustana beginnt von 1573-1581 eine ausführliche theologische Gesprächswelle. Im Briefwechsel zwischen beiden Kirchen haben eine besondere Rolle seitens der Lutheraner Jacob Andreae (1528-1590), Lukas Osiander (1528-1604), Jakob Heerbrand (1521-1600) und Marthin Crusius (1526-1607) gespielt, die durch Briefe an Patriarch Jeremias II. von Konstantinopel die Grundzüge der lutherischen Konfession darzulegen versuchten.[6] Trotz der Mühe und trotz des guten Willens der Theologen beider Kirchen, konnte es zu keiner Verständigung kommen. Nach dem Abbruch der Korrespondenz im Jahre 1581, gab es Jahrhunderte lang kein Gespräch zwischen Konstantinopel und Lutheranern.
Ein weiteres lutherisch-orthodoxes Gespräch entwickelte sich im russischen Zarenreich. Die gesellschaftspolitische Lage Russlands im 16. Jahrhundert, trug dazu bei, dass die theologische Gespräche zwischen Lutheranern und Orthodoxen notwendig schienen. Zar Ivan IV. (1533 - 1584) wollte mit großem Interesse die evangelische Lehre kennen lernen. Nach den im Jahre 1570 geführten Religionsgesprächen mit evangelischen Theologen, wie Jan Rokyta und Christian Bockhorn, wurden aber die Lutheraner als Ketzer betrachtet.[7] Trotzdem nahm die Zahl der evangelischen Christen in Russland stark zu. So wurde noch unter der Regierung des Zaren Ivan IV. in Moskau die erste lutherische Kirche errichtet.
Während der Regierung Peter dem Großen (1672 - 1725) gab es eine neue Welle der Gesprächen. Da er sein Reich stärker an den Westen anzubinden wünschte, erfolgten „Bemühungen um Verständigung der Konfessionen“[8] Eine Hauptrolle orthodoxerseits hat damals der spätere Erzbischof von Novgorod Feofan Prokopovic (1681 -1716) gespielt. Auf protestantischer Seite haben sich Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 - 1716), Johann Franz Buddes (1667 - 1729) und einige andere an den Gesprächen beteiligt. Die Gespräche haben auch hier keinen Erfolg gehabt und nach dem Tod Peter I. wurden die Dialoge auch in Russland unterbrochen. In den nächsten Jahrhunderten konnte man auch keinen Erfolg erzielen. G. Hering macht eine richtige Bemerkung, wenn er sagt:
„In den Auseinandersetzungen zwischen beiden Zweigen der Christenheit trat letztlich immer wieder hervor, dass der apophatische Charakter des orthodoxen Glaubens und eine auch Riten und Liturgie einschließende JewsiV nicht mit den auf anderen Denktraditionen aufruhenden und aus anderen Aporien entstandenen reformatorischen Lehren und ihren stark juristischen Zügen vereinbart waren.“[9]
Nach dem II. Weltkrieg verändert sich die Situation. Es kommt eine bessere Zeit für die Ökumene. Zahlreiche bilaterale Gespräche finden auf verschiedenen Ebenen statt. Die Emigration einiger orthodoxer Theologen nach Westlichen Staaten trug zu einem besseren gegenseitigen kennen lernen bei. 1967 begannen zwischen dem Ökumenischen Patriarchat und dem Lutherischen Weltbund Beratungen und Gespräche. „Die Vierte Pan-Orthodoxe Konferenz ermutigte schon 1968 offiziell zu einem weltweiten ökumenischen Dialog mit dem LWB. Im selben Jahr erörterte und beschloss das Exekutivkomitee des LWB Pläne für die Teilnahme an einem solchen Dialog. Nach einem sorgfältigen Vorbereitungsprozess wurde 1976 auf orthodoxer und 1977 auf lutherischer Seite beschlossen, durch separate orthodoxe und lutherische Tagungen die Pläne für einen Dialog weiterzuentwickeln und umzusetzen. Diese Tagungen fanden 1978, 1979 und 1980 statt. Die Gemeinsame lutherisch-orthodoxe Kommission (Lutheran - Orthodox Joint Commission) kam erstmals 1981 in Espoo (Finnland) zusammen.“[10]
Zwischen den Jahren 1985 und 2002 hat die offizielle Lutherisch - Orthodoxe Kommission zu Themen Stellung genommen wie: Die Göttliche Offenbarung (1985); Schrift und Tradition (1987); Kanon und Inspiration der Heiligen Schrift (1989); Die Ökumenischen Konzilien und die Autorität der Kirche (1993); Die Autorität der Kirche: Das Heilsverständnis im Lichte der Ökumenischen Konzilien (1995); Die Autorität der Kirche im Lichte der Ökumenischen Konzilien – Heil: Gnade, Rechtfertigung und Synergismus (1998); Das Mysterium der Kirche: Wort und Sakramente (Mysteria) im Leben der Kirche (2000); Das Mysterium der Kirche: Mysteria / Sakramente als Heilsmittel (2002).[11]
[...]
[1] Vgl. K.C. Felmy, Die orthodox-lutherischen Gespräche in Europa, In: Ökumenische Rundschau (Oe.Ru.), 1980, S. 504 -518, hier S. 513.
[2] Vgl. z. B. Die Stellungnahme der Gemeinsamen lutherisch-orthodoxen Kommission bei der Plenarsitzung von 31. Juli - 8. August 1998, Sigtuna, Schweden.
[3] Vgl. G. Larenzakis, Rechtfertigung aus der Sicht der orthodoxen Kirche, In: Ökumenisches Forum (Oe. Fo.), 23 / 24 (2000 / 2001), S. 263 - 284, hier S. 263.
[4] Ein überblick über die Auseinandersetzungen der Orthodoxen mit den reformatorischen Kirchen gibt G. Podskalsky, Grichische Theologie in der Zeit der Türkenherrschaft (1453 - 1821). Die Orthodoxie im Spannungsfeld der nachreformatorischen Konfessionen des Westens, München, 1988, S. 21 - 30.
[5] Vgl. dazu W. Delius, Der Protestantismus und die russisch-orthodoxe Kirche, Berlin, 1950, S. 5 - 12; E. Benz, Wittenberg und Bysanz. Zur Begegnung und Auseinandersetzung der Reformation und der östlich-orthodoxen Kirche, Marburg, 1949.
[6] D. Wendebourg, Reformation und Orthodoxie. Der Ökumenische Briefwechsel zwischen der Leitung der Württembergischen Kirche und Patriarch Jeremias II. von Konstantinopel in den Jahren 1573-1581, Göttingen, 1986; I. Karmiris, Ta Dogmatika kai Sumbolika Mnheia thV Orqodoxou Kaqolikhs EkklhsiaV, Graz, 1968, Bd. I, S. 443-503, u. Bd. II, S. 435-489.
[7] Vgl. R. Stupperich, Protestantismus und Orthodoxie im Gespräch, In: The Ecumanical World of Orthodox Zivilisation [FS G. Florovsky], hg. v. A. Blane, Paris - Den Haag, 1974, S. 139-153; R. Flogaus, Theosis bei Palamas und Luther, Ein Beitrag zum ökumenischen Gespräch, Göttingen, 1997, S. 28.
[8] R. Flogaus, Theosis bei Palamas und Luther, Ein Beitrag zum ökumenischen Gespräch, Göttingen, 1997, S. 28.
[9] G. Hering, Orthodoxie und Protestantismus, In: JÖB 31 (1981), S. 823 - 874, hier S. 873.
[10] Vgl. Information von der Web Seite des LWB, http://www.lutheranworld.org/arbeitsfelder/boea/bilateral_relations/boea-luth-orth.html
[11] Die ausführlichen Dokumente sind unter http://www.helsinki.fi/~risaarin/lutortger.html, abrufbar.
- Arbeit zitieren
- Levon Sardaryan (Autor:in), 2005, Rechtfertigung und Theosis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48888
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