Das Ziel jedes Fremdsprachenlernens ist es, in der jeweiligen Sprache kommunizieren zu können. Um das Deutsche gut zu beherrschen, muss man also viele Einzelaspekte der Sprache kennen zu lernen. Zu den Einzelaspekten, die im Alltag des Fremdsprachenunterrichts immer präsent sind, gehört die Grammatik. Die Frage nach dem Wert bzw. Unwert grammatischer Erklärung für das Sprachenlernen wird in der Fremdsprachendidaktik sehr kontrovers diskutiert. Die Überlegungen reichen von der Feststellung, ohne Grammatik sei eine Fremdsprache überhaupt nicht zu erlernen (so Vertreter der traditionellen GÜM) -, bis zu der Ansicht, Grammatik habe im FU nichts zu suchen (so Anhänger der „direkten Methode“ auf behavioristischer Grundlage).
In dem kommunikativorientierten FU spricht man dagegen vom kommunikativen Grammatikunterricht. Das bedeutet, dass die grammatischen Strukturen nicht bloß eingeführt und geübt werden. Den Lernenden wird nicht nur gezeigt, wie eine Struktur gebildet wird, sondern vor allem in welcher kommunikativen Situation man sie oft verwendet und wozu man die gelernte Form besonders häufig braucht. So erhält die Grammatik eine andere Rolle beim Fremdsprachenerlernen: sie ist Mittel und nicht Zweck, ein „Werkzeug“ für sprachliches Handeln (vgl. Funk / Koenig 2003, 52; Götze in: Kast / Neuner 1998, 66-67).
In der vorliegenden Arbeit werde ich mich mit dem Aspekt der Trennbarkeit bzw. Untrennbarkeit von Verben auseinandersetzen. Zuerst wird die Darstellung des grammatischen Phänomens in ausgewählten Grammatiken (Kapitel 2) und Lehrwerken (Kapitel 3) analisiert. Im Kapitel 4 folgt die didaktische Aufarbeitung dieses Lernproblems. Dabei werden mögliche Lernschwierigkeiten beim Erlernen der (un)trennbaren Verben sowie Lehr- und Lernziele konkretisiert werden. Anschließend wird ein Vorschlag für einen Unterrichtsverlauf dargeboten, indem der analysierte grammatische Aspekt unter didaktischer Sicht aufarbeitet wird.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die trennbaren Verben – Darstellung in Grammatiken
2.1. Duden-Grammatik
2.2. Helbig /Buscha: Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den Ausländerunterricht
2.3. Hall / Scheiner: Übungsgrammatik für Fortgeschrittene. Deutsch als Fremdsprache
3. Didaktische Umsetzung der „trennbaren Verben“ in DaF – Lehrwerken
3.1. Deutsch aktiv Neu 1A, Ein Lehrwerk für Erwachsene, Lehrbuch & Arbeitsbuch
3.2. Deutsch konkret 1, Ein Lehrwerk für Jugendliche, Lehrbuch & Arbeitsbuch
3.3. Mit uns leben 1. Ein Kursbuch für Aussiedler
4. Konzeption zur didaktischen Aufarbeitung des Lernproblems „trennbare Verben“9
4.1. Linguistische Beschreibung der „trennbaren Verben“
4.2. Lernschwierigkeiten
4.3. Lehr- und Lernziele
4.4. Unterrichtsverlauf
4.4.1. Vorbereitungsphase – kommunikative Einbettung
4.4.2. Präsentation des Lehrstoffes
4.4.3. Systematisieren / Regelfindung / Regelformulierung
4.4.4. Üben
5. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das Ziel jedes Fremdsprachenlernens ist es, in der jeweiligen Sprache kommunizieren zu können. Um das Deutsche gut zu beherrschen, muss man also viele Einzelaspekte der Sprache kennen zu lernen. Zu den Einzelaspekten, die im Alltag des Fremdsprachenunterrichts[1] immer präsent sind, gehört die Grammatik. Die Frage nach dem Wert bzw. Unwert grammatischer Erklärung für das Sprachenlernen wird in der Fremdsprachendidaktik sehr kontrovers diskutiert. Die Überlegungen reichen von der Feststellung, ohne Grammatik sei eine Fremdsprache überhaupt nicht zu erlernen (so Vertreter der traditionellen GÜM) -, bis zu der Ansicht, Grammatik habe im FU nichts zu suchen (so Anhänger der „direkten Methode“ auf behavioristischer Grundlage).
In dem kommunikativorientierten FU spricht man dagegen vom kommunikativen Grammatikunterricht. Das bedeutet, dass die grammatischen Strukturen nicht bloß eingeführt und geübt werden. Den Lernenden wird nicht nur gezeigt, wie eine Struktur gebildet wird, sondern vor allem in welcher kommunikativen Situation man sie oft verwendet und wozu man die gelernte Form besonders häufig braucht. So erhält die Grammatik eine andere Rolle beim Fremdsprachenerlernen: sie ist Mittel und nicht Zweck, ein „Werkzeug“ für sprachliches Handeln (vgl. Funk / Koenig 2003, 52; Götze in: Kast / Neuner 1998, 66-67).
In der vorliegenden Arbeit werde ich mich mit dem Aspekt der Trennbarkeit bzw. Untrennbarkeit von Verben auseinandersetzen. Zuerst wird die Darstellung des grammatischen Phänomens in ausgewählten Grammatiken (Kapitel 2) und Lehrwerken (Kapitel 3) analisiert. Im Kapitel 4 folgt die didaktische Aufarbeitung dieses Lernproblems. Dabei werden mögliche Lernschwierigkeiten beim Erlernen der (un)trennbaren Verben sowie Lehr- und Lernziele konkretisiert werden. Anschließend wird ein Vorschlag für einen Unterrichtsverlauf dargeboten, indem der analysierte grammatische Aspekt unter didaktischer Sicht aufarbeitet wird.
2. Die trennbaren Verben – Darstellung in Grammatiken
Bei diesem Punkt beschränke ich mich auf einige der bekanntesten Grammatiken für DaF- Unterricht: Duden-Grammatik bearbeitet von Eisenberg, Deutsche Grammatik von Helbig / Buscha und die Übungsgrammatik für Fortgeschrittenen der Autoren Hall / Scheiner. Bei der Auswahl habe ich mich nach den verschiedenen Arten und Typen von Grammatiken gerichtet, da davon abhängig, kann das grammatische Wissen unterschiedlich präsentiert werden.
2.1. Duden-Grammatik
Duden-Grammatik ist für Muttersprachler als Nachschlagewerk konzipiert, es handelt sich dabei um eine Problemgrammatik, d.h. sie gibt Verweis auf andere Autoren. Sie charakterisiert sich durch relativ hohes Sprachniveau, ist deduktiv und es werden keine Übungen dargebracht.
Die trennbaren Verben sind in Kürze und Abstraktheit angesprochen. Sie werden nicht als gesondertes grammatisches Phänomen dargestellt, sondern sind im Kapitel: „Der Laut und die Lautstruktur des Wortes. Wortbetonung. Abgeleitete Wörter“ und dann im Teil: „Die Wortbildung. Zusammensetzung – zwischen Ableitung (Pseudokompositum) und fester Wortverbindung“ zu finden. Mit Ausnahme von Betontheit (für Anfängerstufe sowieso nur schwer einzusetzen) sind es keine konkreten Regeln für den Gebrauch der (un)trennbaren Verben erwähnt worden. Der Begriff „(Un)Trennbarkeit“ ist nicht mal im Inhaltsverzeichnis enthalten. Ich halte die Duden-Grammatik von Eisenberg, in Hinsicht der Darstellung der trennbaren Verben, nicht als vorteilhaft zum nochmaligen Nachschlagen für die Lernenden.
2.2. Helbig /Buscha: Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den Ausländerunterricht
Diese Grammatik wurde speziell für den Unterricht „Deutsch als Fremdsprache“ entwickelt. Es handelt sich dabei um eine Resultatsgrammatik (Weg zur Regel wird nicht erklärt). Sie bietet leicht verständliche Regeln und trennt deutlich zwischen Wichtigem und Unwichtigem. Dies wird anschaulich bei der Darstellung der (un)trennbaren Verben, die in folgende Unterkapitel gliedert werden:
- Trennung bei den finiten und den infiniten Formen
- Bedingungen für Trennbarkeit
- Trennbarer Verbteil und selbständiges Wort
- Verben, Substantive und Adjektive als erste Teile zusammengesetzter Verben.
Man erkennt schon nach dem klaren Aufbau, dass dieser grammatische Stoff sehr konkret, anschaulich (mit verschiedenen Beispielen) und ausführlich bearbeitet wurde. Die Autoren gehen von der Frage aus: Wann kommt überhaupt die Trennung des trennbaren Verbteils zustande? Danach erläutern sie die Regeln der Trennbarkeit, und gehen zu dem Aspekt über: trennbarer Verbteil kann als selbständiges Wort eintreten. Diese Reihenfolge finde ich als sehr gelungen, weil man hier eine klare Progression spürt, anschließend wird das Wissen, dass andere Wortarten als erste Teile zusammengesetzter Verben vorkommen, vermittelt.
Es handelt sich hier um eine Lernergrammatik, bei der die lernpsychologischen Kategorien, wie z. B. Verstehbarkeit und Anwendbarkeit berücksichtigt werden. Man soll auch betonen, dass sich bei Helbig / Buscha nicht um eine totalitäre Darstellung handelt, also es wurde eine Auswahl betroffen, die man meiner Ansicht an als geglückt betrachten kann.
2.3. Hall / Scheiner: Übungsgrammatik für Fortgeschrittene. Deutsch als Fremdsprache
Diese Übungsgrammatik ist für anspruchsvollere fortgeschrittene Deutschlerner im Mittel- und Oberstufenbereich gedacht. Sie kann als studienvorbereitendes und studienbegleitendes Lehrwerk für ausländische Deutschlerner, aber auch zur gezielten Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfungen an deutschen Universitäten und Hochschulen eingesetzt werden. Das Lehrwerk eignet sich sowohl für den Unterricht in Gruppen als auch für Selbststudium. Besonders Selbstlernern bietet der Lösungsschlüssel die notwendige Kontrolle.
Das grammatische Phänomen „untrennbare und trennbare Verben“ wird in dieser Grammatik als ein gesondertes Kapitel dargestellt und in folgende Unterkapitel eingeteilt:
- Verben mit untrennbaren, unbetonten Vorsilben
- Verben mit trennbaren, betonten Vorsilben
- Verben mit mehreren Vorsilben
- Verben mit trennbaren und /oder untrennbaren Vorsilben
- Gesamtübungen
Zusammenfassend ist es zu sagen, dass die (un)trennbaren Verben hier sehr detailliert und mit vielen Beispielen erklärt sind. Der theoretische Teil wird von den Beispielen farblich vorgehoben. Die Übungen werden zuerst in Einzelschritten zu den o.g. Unterkapiteln eingeführt und danach folgen Gesamtübungen auf der Basis von zusammenhängenden und authentischen Texten.
3. Didaktische Umsetzung der „trennbaren Verben“ in DaF - Lehrwerken
Die analisierten Lehrwerke werden je im Anfängerunterricht eingesetzt, bei der Auswahl habe ich mich nach der jeweils unterschiedlichen Zielgruppe gerichtet. So sind hierbei die Lehrbücher für Erwachsene, Jugendliche und Aussiedler in die Analyse bezogen.
3.1. Deutsch aktiv Neu 1A, Ein Lehrwerk für Erwachsene, Lehrbuch & Arbeitsbuch
Dieses Lehrwerk ist sehr kommunikativ angelegt, und die Autoren erheben den Anspruch, kommunikative und kognitive Unterrichtsmethoden zu verbinden. Im Band 1A liegt der Schwerpunkt auf dem kommunikativen Ansatz, von den Autoren „dialogisch-interaktiv“ genannt, und weniger auf der Einführung in die Textarbeit. So enthält der Band und die dazugehörige Kassette mit den Hörtexten viele Gespräche in Alltagssituationen, die nachgespielt, variiert und erweitert werden können. Die Lehrbücher haben eine gute graphische Gestaltung, die Kapitel sind übersichtlich aufgebaut und mit klaren graphischen Arbeitsanweisungen versehen.
Wenn man sich diese Grundstufenteile dieses DaF- Lehrwerks in Bezug auf die Darstellung der Grammatik ansieht, wird man feststellen, dass innerhalb der Kapitel eine deutliche Progression erkennbar ist und die Grammatikteile im Lehrbuch ausgezeichnet visualisiert sind.
Das Lernproblem „trennbare Verben“ wird im 4. Kapitel behandelt und am Basis eines Textes dargestellt. Zu dem Text wird eine witzige Bildgeschichte als Vorentlastung eingeführt und danach folgen Übungen, die sich zuerst auf den Text beziehen. Als Mangel dieser Darstellung könnte man ansehen, dass der Text „Die Operation“ viele unbekannte Wörter enthält. Die Behandlung der trennbaren Verben, die nach Erschließung der Bedeutung der unbekannten Verben folgt, kann für die Lernenden überflüssig überanstrengend sein. Die Einführung und Aneignung des neuen grammatischen Stoffes erfolgt besser, wenn im Text keine bzw. nicht so viele unbekannte Wörter auftreten. Die Erläuterung der trennbaren Verben könnte mit Verben, deren Grundmorpheme den Lernenden bekannt sind, folgen, wie z. B. kaufen, verkaufen, einkaufen, etc. Als Positive bei der Darstellung dieses Lernproblems würde ich ansehen, dass es eine variierende Übungstypologie angeboten wird (analytische Aufgaben, Knobelaufgaben, freie Gestaltungsaufgaben) und dass bei der Übungsgestaltung im Arbeitsbuch der phonetische Aspekt der trennbaren bzw. untrennbaren Verben berücksichtigt wird. Den Text „Die Operation“ und das dazu gehörende Bild empfinde ich als interessant und witzig, meiner Ansicht nach kann es auch zur Redelust der Lernenden beitragen, jedoch, wie ich schon oben angedeutet habe, finde ich dieses Material nicht ganz geeignet für die Einführung des neuen grammatischen Phänomens.
3.2. Deutsch konkret 1, Ein Lehrwerk für Jugendliche, Lehrbuch & Arbeitsbuch
Deutsch konkret ist ein Lehrwerk für Jugendliche, die im Ausland ohne Vorkenntnisse Deutsch lernen. Thematisch ist er den Bedürfnissen, Interessen und Lernerfahrungen der Schüler angepasst. Das Konzept des Lehrwerkes ist auf Sprachverwendung ausgerichtet, auch Grammatikunterricht ist kommunikativ orientiert. Es wird vielfältige Textsortenauswahl und attraktives Bildmaterial, teilweise in Farbe, angeboten. Die Kapitel sind jeweils in drei Teilen untergliedert, und zwar in Verständigungsbereiche / Themen, Lese- und Hörtexte und Grammatik.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die trennbaren Verben werden gezielt in der 4. Lektion behandelt. Sie tauchen zuerst im Verständigungsbereich: Lehrer und Klasse: Unterricht auf, wo sie an eine Bildgeschichte geknüpft werden. Dann werden sie übersichtlich (farbig unterlegt) systematisiert und könnten in Form eines Dialogs angewendet werden, der sich inhaltlich an die Bildgeschichte bezieht. Im grammatischen Teil des Lehrbuches werden durch farbige Unterlegung die Satzklammer und die Zusammengehörigkeit der einzelnen Verbteile unterstrichen (vgl. 1991, S. 42):
Danach werden Konjugationsregel sowie Imperativbildung aufgeführt. Die Anwendung der Verben wird danach systematisch durch halboffene Aufgaben geprägt. Das Arbeitsbuch führt nach 4. Kapitel Kontrollaufgaben ein, bei denen auch eine Übung zur Trennbarkeit der Verben zu finden ist. Bei den Übungen im Lehr- und Arbeitsbuch wird jeweils die Konjugation der trennbaren Verben in den Aussage- und Aufforderungssätzen kontrastiv geübt. Für die Lernende könnte en dieser Stelle eine Lernschwierigkeit auftreten, da sie aufgefordert werden, sich mit zwei neuen Lernproblemen zugleich auseinander zusetzten (Imperativbildung wurde in früheren Kapiteln noch nicht behandelt). Außerdem bieten weder das Lehrbuch noch das Arbeitsbuch einen Hinweis auf den Zusammenhang zwischen betonter Vorsilbe und ihrer Abtrennbarkeit dar.
[...]
[1] Weiter abgekürzt: FU
- Citation du texte
- Magister Justyna Wieczorek-Hecker (Auteur), 2004, Darstellung des Lernproblems 'Trennbare Verben' für den DaF-Unterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48825
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