„Jeder gute Verkäufer baut auf das Wissen um die Vorlieben seiner Stammkunden und kann daraus Profit ziehen. Das Netz hat über die Technologie die Fähigkeit, nicht nur wie beim Verkäufer eine überschaubare Kundenzahl, sondern ein Millionenpublikum zu erreichen.
Die Herausforderung besteht nun darin, etwa mit dem Wissen um die Leserschaft einer Zeitschrift eine Erlebniswelt aufzubauen, die weitere Transaktionen ermöglicht.“
Prof. Dr. Hubert Burda, Vorstandsvorsitzender der Hubert Burda Medien Holding
Die Erfolgsgeschichte der Internet-Welle, auf der laut ARD/ZDF-Online-Studie inzwischen knapp 34 Mio. Deutsche surfen, begann im Jahr 1989 mit der Erfindung des World Wide Web (WWW). „Ich bin drin“ wurde die zentrale Zugangsformel zu einer neuen Netzwelt, und bald auch zu einer neuen Medienwelt. Hatten die anfänglichen Internet-Engagements klassischer Medienanbieter wie Zeitschriften¬verlage ab dem Jahr 1994 noch den Charakter von „Test-Ballons“ zum Ausprobieren des neuen Mediums, so traten in den folgenden Jahren finanzielle Motive in den Vordergrund. Doch das zu Zeiten des New-Economy-Hypes angestrebte Ziel der Verlage, „reichweitenstarke Generalportale aufzubauen und sie durch Werbeeinnahmen in Goldgruben zu verwandeln“ scheiterte weitestgehend.
In den letzten Jahren ist daraufhin ein erneuter Paradigmenwechsel eingetreten: Weder wird die Zukunft von printgetriebenen Online-Angeboten als börsennotierte Gewinnbringer gesehen, noch sind sie für die Verlage lediglich ein Nebenprodukt. Die heutige Anforderung an die Online-Pendants von Zeitschriften liegt darin, Synergien mit den erfolgreichen Print-Titeln zu nutzen, aber gleichzeitig eine eigene Identität aufzubauen und einen eigenen Markt zu finden. Wie das oben stehende Zitat des Verlegers Hubert Burda ausdrückt, haben Online-Auftritte klassischer Print-Anbieter das Potenzial, die Leser und damit die Kunden persönlicher und gleichzeitig in viel größerer Zahl zu erreichen als mit dem Zeitschriftenportfolio. Somit können andere Zielgruppen erschlossen und neue Geschäftsfelder aufgebaut werden.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung
2 Theoretischer Rahmen des Managements von Online-Zeitschriften
2.1 Begriffsklärung
2.2 Besonderheiten von Online-Medien
2.3 Leistungsmerkmale von Online-Zeitschriften
2.4 Der Markt für Online-Medien
2.4.1 Publikumsmarkt
2.4.2 Werbemarkt
2.4.3 Verflechtungen zwischen den Teilmärkten
2.5 Erlösquellen von Online-Medien
2.6 Ableitung von Zielen und Strategien
2.6.1 Ziele
2.6.2 Crossmedia-Strategien
3 Ausgestaltung des absatzpolitischen Instrumentariums
3.1 Das Konzept des Marketing-Mix
3.2 Markenpolitik als mix-übergreifender Komplex
3.2.1 Bedeutung und Aufgaben
3.2.2 Markenstrategien
3.2.3 Gestaltung der Medienmarke
3.3 Produktpolitik
3.3.1 Bedeutung und Aufgaben
3.3.2 Produktpolitik für das rezipientengerichtete Angebot
3.3.2.1 Produktgestaltung
3.3.2.2 Produktdifferenzierung durch Versioning
3.3.2.3 Kundenservice
3.3.3 Produktpolitik für Werberaumleistung
3.3.3.1 Produktgestaltung
3.3.3.2 Produktbündelung durch Crossmedia-Vermarktung
3.3.3.3 Kundenservice
3.4 Preispolitik
3.4.1 Bedeutung und Aufgaben
3.4.2 Preispolitik auf dem Publikumsmarkt
3.4.2.1 Preisbestimmung
3.4.2.2 Preisdifferenzierung
3.4.3 Preispolitik auf dem Werbemarkt
3.4.3.1 Preisbestimmung
3.4.3.2 Preisdifferenzierung
3.5 Kommunikationspolitik
3.5.1 Bedeutung und Aufgaben
3.5.2 Werbung
3.5.3 Verkaufsförderung
4 Fallstudien
4.1 Vorgehensweise und Untersuchungskriterien der Fallstudien
4.2 Fallstudie wiwo.de
4.2.1 Entstehung und Organisation
4.2.2 Ziele und Strategien
4.2.3 Das Angebot auf dem Publikumsmarkt
4.2.4 Das Angebot auf dem Werbemarkt
4.3 Fallstudie kicker.de
4.3.1 Entstehung und Organisation
4.3.2 Ziele und Strategien
4.3.3 Das Angebot auf dem Publikumsmarkt
4.3.4 Das Angebot auf dem Werbemarkt
4.4 Fallstudie spiegel.de
4.4.1 Entstehung und Organisation
4.4.2 Ziele und Strategien
4.4.3 Das Angebot auf dem Publikumsmarkt
4.4.4 Das Angebot auf dem Werbemarkt
4.5 Fallstudie heise.de
4.5.1 Entstehung und Organisation
4.5.2 Ziele und Strategien
4.5.3 Das Angebot auf dem Publikumsmarkt
4.5.4 Das Angebot auf dem Werbemarkt
4.6 Zusammenfassende Betrachtung der absatzpolitischen Aktivitäten
5 Schlussbetrachtung
Anhang
Anhang zu Kapitel 1
Anhang zu Kapitel 4
Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Abgrenzung zwischen Produkt und Programm am Beispiel der Zeitschrift „Der Spiegel“
Abbildung 2: Entwicklung der Online-Nutzung in Deutschland 1997 bis 2004
Abbildung 3: Reichweiten der Online-Medien 03/2005
Abbildung 4: Netto-Werbeeinnahmen erfassbarer Werbeträger in Deutschland
Abbildung 5: Das Gesamtsystem des Verlagsmarketing
Abbildung 6: Ziele des Managements im Spannungsfeld der Teilmärkte
Abbildung 7: Die Teilbereiche des Marketing-Mix für das Produkt Online-Zeitschrift
Abbildung 8: Kundenbindung und Kundenneugewinnung durch den Kreislauf des positiven Feedbacks
Abbildung 9: Umsatz durch Paid Content bei Online-Medien
Abbildung 10: Zahlungsbereitschaft der Nutzer für Paid Content
Abbildung 11: Zahlungspflichtige Angebote der Online-Medien
Abbildung 12: Abhängigkeit des TKP vom Targeting
Abbildung 13: Screenshot der Homepage von wiwo.de vom 08.05.2005, 18:10 Uhr
Abbildung 14: Erfolg der Rubriken von WiWo online im ersten Quartal 2005
Abbildung 15: Nutzung von kicker.de im Wochenverlauf (2. - 8. Mai 2005)
Abbildung 16: Screenshot kicker.de vom 23.05.2005, 14:25 Uhr
Abbildung 17: Screenshot des Live-Tickers von kicker.de (Ausschnitt) vom 31.05.2005, 22:58 Uhr
Abbildung 18: Screenshot spiegel.de vom 15.05.2005, 13:55 Uhr
Abbildung 19: Aufteilung der PIs im April 2005 auf die SpOn-Ressorts
Abbildung 20: Screenshot spiegel.de/auto vom 17.05.2005, 14:00 Uhr
Abbildung 21: Screenshot heise.de vom 18.05.2005, 13:20 Uhr: Ausschnitt der HP
Abbildung 22: Der Aufbau von heise.de
Abbildung 23: Entwicklung der Visits von Spiegel Online, heise online, kicker online und WirtschaftsWoche online
Abbildung 24: Standard-TKP-Werbepreise der untersuchten Fallbeispiele
Abbildung A. 1: Tagesverlauf der PIs und Visits auf heise.de
Abbildung A. 2: Entwicklung der PIs von spiegel.de
Abbildung A. 3: Entwicklung der Visits von heise.de
Abbildung A. 4: Entwicklung der Visits von kicker.de
Abbildung A. 5: Entwicklung der Visits von wiwo.de
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Potenziale von Online-Zeitschriften
Tabelle 2: Mögliche Kriterien für das Versioning von Online-Zeitschriften
Tabelle A. 1: Publikumszeitschriften mit nationaler Verbreitung nach Gattungen
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
„Jeder gute Verkäufer baut auf das Wissen um die Vorlieben seiner Stammkunden und kann daraus Profit ziehen. Das Netz hat über die Technologie die Fähigkeit, nicht nur wie beim Verkäufer eine überschaubare Kundenzahl, sondern ein Millionenpublikum zu erreichen.
Die Herausforderung besteht nun darin, etwa mit dem Wissen um die Leserschaft einer Zeitschrift eine Erlebniswelt aufzubauen, die weitere Transaktionen ermöglicht.“[1]
Prof. Dr. Hubert Burda, Vorstandsvorsitzender der Hubert Burda Medien Holding
Die Erfolgsgeschichte der Internet-Welle, auf der laut ARD/ZDF-Online-Studie inzwischen knapp 34 Mio. Deutsche surfen,[2] begann im Jahr 1989 mit der Erfindung des World Wide Web (WWW).[3] „Ich bin drin“ wurde die zentrale Zugangsformel zu einer neuen Netzwelt, und bald auch zu einer neuen Medienwelt. Hatten die anfänglichen Internet-Engagements klassischer Medienanbieter wie Zeitschriftenverlage ab dem Jahr 1994 noch den Charakter von „Test-Ballons“ zum Ausprobieren des neuen Mediums, so traten in den folgenden Jahren finanzielle Motive in den Vordergrund. Doch das zu Zeiten des New-Economy-Hypes angestrebte Ziel der Verlage, „reichweitenstarke Generalportale aufzubauen und sie durch Werbeeinnahmen in Goldgruben zu verwandeln“ scheiterte weitestgehend.[4]
In den letzten Jahren ist daraufhin ein erneuter Paradigmenwechsel eingetreten: Weder wird die Zukunft von printgetriebenen Online-Angeboten als börsennotierte Gewinnbringer gesehen, noch sind sie für die Verlage lediglich ein Nebenprodukt. Die heutige Anforderung an die Online-Pendants von Zeitschriften liegt darin, Synergien mit den erfolgreichen Print-Titeln zu nutzen, aber gleichzeitig eine eigene Identität aufzubauen und einen eigenen Markt zu finden. Wie das oben stehende Zitat des Verlegers Hubert Burda ausdrückt, haben Online-Auftritte klassischer Print-Anbieter das Potenzial, die Leser und damit die Kunden persönlicher und gleichzeitig in viel größerer Zahl zu erreichen als mit dem Zeitschriftenportfolio. Somit können andere Zielgruppen erschlossen und neue Geschäftsfelder aufgebaut werden.
Dafür sind jedoch gezielte Marketingaktivitäten erforderlich. „Online sein“ bedeutet für Verlage in diesem Kontext mehr als nur elektronisches Publishing; es geht weit darüber hinaus. Durch die spezifischen Eigenschaften und Marktgegebenheiten des Internets erfahren die klassischen Themengebiete des Marketings völlig veränderte Rahmenbedingungen.[5] Aus diesem Grund ist die Anwendung der Marketing-Mix-Instrumente auf Online-Pendants von Print-Medien ein untersuchenswerter Themenbereich.
Während zu Online-Zeitungen bereits umfangreiche Literatur vorliegt, wird der Sektor der Online-Zeitschriften häufig nur am Rande betrachtet. Es zeigt sich jedoch, dass gerade Internet-Angebote, die aus Zeitschriftenverlagen stammen, zu den großen Playern am Online-Medienmarkt gehören. Daher soll in dieser Arbeit die Ausgestaltung des absatzpolitischen Instrumentariums für Online-Zeitschriften in Theorie und Praxis behandelt werden.
1.2 Gang der Untersuchung
Der Aufbau der Arbeit gestaltet sich wie folgt: Aufgabe des zweiten Kapitels ist es, die theoretischen Rahmenbedingungen des Managements von Online-Zeitschriften darzustellen. Dazu werden zunächst die Besonderheiten von Online-Medien im Allgemeinen und von Online-Zeitschriften im Besonderen diskutiert, um dann einen Überblick über die Märkte für Online-Medien zu geben. Als nächstes werden die potenziellen Erlösquellen aufgezeigt. Aufbauend auf den vorangegangenen Betrachtungen werden schließlich die möglichen Ziele und Strategien medialer Internet-Auftritte von Verlagen untersucht.
In Kapitel drei werden die Ausgestaltungsmöglichkeiten der Marketing-Mix-Instrumente für Online-Zeitschriften diskutiert, indem die jeweils relevanten Instrumente aus den Bereichen Markenpolitik, Produktpolitik, Preispolitik und Kommunikationspolitik betrachtet werden. Da eine Schwerpunktlegung auf die Instrumente der Angebots- und Preispolitik erfolgt, werden dort Publikums- und Werbemarkt in getrennten Abschnitten untersucht, während in den Bereichen Markenpolitik und Kommunikationspolitik die Teilmärkte gemeinsam behandelt werden. Da bei Online-Zeitschriften die Distribution notwendigerweise über das Internet stattfindet, ist der Bereich der Distributionspolitik wenig entscheidungsrelevant. Somit wird dieser Komplex in der vorliegenden Arbeit nicht näher betrachtet.
Kapitel vier beinhaltet den praktischen Teil: Hier wird die Umsetzung des absatzpolitischen Instrumentariums anhand von vier Fallstudien (WirtschaftsWoche online, Spiegel Online, kicker online und heise online) jeweils analysiert und kritisch miteinander verglichen. Ausgangsbasis hierfür sind Untersuchungen der Websites sowie Expertengespräche.
Kapitel fünf bildet schließlich den Abschluss der Arbeit: Die Ergebnisse werden zusammengefasst, um darauf aufbauend einen Ausblick in die Zukunft zu geben.
2 Theoretischer Rahmen des Managements von Online-Zeitschriften
2.1 Begriffsklärung
Um den Begriff „Online-Zeitschrift“ zu definieren, soll zunächst der Begriff „Zeitschrift“ geklärt werden. Aufgrund der vielfältigen Erscheinungsformen von Zeitschriften erfolgt dies in der Literatur anhand einer Negativdefinition als Hilfskonstruktion: Zeitschriften sind „alle periodischen Druckerzeugnisse (...), die nicht klar als Zeitung einzugrenzen sind.“[6]
Zeitschriften sind somit Druckwerke, die insbesondere gekennzeichnet sind durch die Merkmale:
- Periodizität (Erscheinungsweise mindestens viermal im Jahr),
- Publizität (an die Öffentlichkeit gerichtet),
- keine Tagesaktualität (Erscheinen weniger häufig als zweimal wöchentlich)
und
- Kontinuität (Einheitlichkeit der Inhalte).[7]
Wie in dem Abschnitt „Problemstellung“ schon deutlich wurde, beziehen sich die folgenden Betrachtungen auf Online-Auftritte von (Print-)Zeitschriften. Unter dem Begriff „Online-Zeitschriften“ sollen hier also nicht elektronische Magazine ohne Print-Pendant (so genannte „e-zines“) verstanden werden. Ebenso werden Websites[8], die lediglich einen Verweis auf das Print-Produkt bilden, ohne selbst redaktionelle Inhalte zu bieten, in der Betrachtung ausgeklammert. Reine digitale Eins-zu-eins-Kopien des Print-Produktes (E-Paper/E-Magazin) sollen ebenfalls nicht unter den Begriff „Online-Zeitschrift“ fallen, sondern in diesem Rahmen lediglich als ein mögliches funktionales Produktelement einer Online-Zeitschrift Beachtung finden.
Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass sich die Ausführungen dieser Arbeit auf Publikumszeitschriften beziehen, da andere Zeitschriftengattungen, wie bspw. Fachzeitschriften, in einigen Punkten anderen Erfordernissen genügen müssen. Der Begriff „Publikumszeitschrift“ ist etwas unscharf. Er umfasst aktuelle Zeitschriften und Magazine; Zeitschriften, die den Rezipienten Informationen für ihre Rolle als Konsumenten bieten, sowie Magazine, die rollenspezifische Unterhaltung offerieren.[9] Eine Aufstellung der verschiedenen inhaltlichen Schwerpunkte von Publikumszeitschriften nach der Klassifizierung der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) findet sich in Tabelle A.1 im Anhang.
2.2 Besonderheiten von Online-Medien
Betrachtet man Medienprodukte, insbesondere Online-Medien, im Vergleich zu anderen Produkten, lassen sich wesentliche Besonderheiten feststellen, aus denen sich spezifische Schwierigkeiten für das Management ergeben. Im Folgenden sollen jene Merkmale aufgeführt werden, die sich für das Marketing von Online-Medien als besonders relevant erweisen.
Dualität:
Die hervorstechendste Eigenschaft von werbefinanzierten Medien ist, dass sie Verbundprodukte darstellen.[10] Ein Medium enthält zugleich zwei Produkt-Komponenten: Zum einen ist es ein Informations- Bildungs-, und/oder Unterhaltungsprodukt (Informationsleistung)[11], das auf dem Publikumsmarkt angeboten wird; zum anderen Werberaum bzw. der Zugang zu Rezipienten (Werberaumleistung), der auf dem Werbemarkt angeboten wird.[12]
Das Produkt für den Publikumsmarkt umfasst bei Online-Medien die komplette Website der Online-Zeitschrift mit all ihren Inhalten, Funktionalitäten und Services. Für den Werbemarkt besteht das Produkt in dem zur Verfügung gestellten Werberaum, ebenfalls mit allen Funktionalitäten und Services. Als Programm dagegen ist das Medien-Angebot des Verlages in Bezug auf die Produktfamilie der Zeitschrift anzusehen, also sowohl die (Print-)Zeitschrift als auch der Online-Auftritt und andere Medien. Dies wird in Abb. 1 beispielhaft für das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Abgrenzung zwischen Produkt und Programm am Beispiel der Zeitschrift „Der Spiegel“
Quelle: Eigene Darstellung
Kostenstruktur :
Betrachtet man die Produktionsseite der Informationsleistung von Online-Medien, so ist diese dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil der fixen Produktionskosten an den Gesamtkosten durch die Bereitstellung der personellen und technischen Ressourcen besonders hoch ist. Für die Medienunternehmen bedeuten diese „First-Copy-Costs“, d.h. die Kosten der erstmaligen Aufbereitung der Medieninhalte, ein finanzielles Risiko, da sie irreversible Kosten (sunk costs) darstellen.[13]
Die variablen Kosten hingegen sind bei Online-Medien extrem gering. Ist der Content[14] erst einmal erstellt, kann die Verbreitung zu Grenzkosten von nahezu null erfolgen. Daraus folgt, dass sich bereits mit geringer Absatzmenge hohe Skaleneffekte (economies of scale) realisieren lassen, da die Durchschnittskosten aufgrund der Fixkostendegression mit steigender Nutzerzahl deutlich sinken.[15] Dennoch muss man für die digitale Wirtschaft eine Einschränkung hinsichtlich der Fixkostendegression machen: Zwar sind die variablen Kosten gering, jedoch steigen die Kosten für die technische Infrastruktur mit zunehmenden Nutzerzugriffen deutlich an,[16] so dass sprungfixe Kosten entstehen.
Bei dem Produkt Werberaumleistung liegt dagegen eine andere Kostenstruktur vor. Hier ist von hohen variablen Kosten auszugehen, da für jeden Werbekunden Kosten für Akquisition, Auftragsabwicklung und Rechnungsstellung anfallen.[17]
Dienstleistungscharakter:
Ein weiteres Charakteristikum von Medienprodukten ist ihr partieller Dienstleistungscharakter. Für eine Klassifizierung von Online-Medien als Dienstleistung spricht, dass sie die Bedingung der Immaterialität erfüllen. Sie können nur „unter passiver oder aktiver Beteiligung des Dienstleistungsnehmers als externem Faktor entstehen.“[18] Gleichzeitig erfüllen sie aber eine definitionsgemäße Eigenschaft von Dienstleistungen nicht: Es liegt keine zeitliche und örtliche Identität zwischen der Produktion und der Nutzung vor.[19] Die Inhalte der Webseiten werden produziert, auf einem Server gespeichert, und können dann zu einem beliebigen Zeitpunkt von den Usern abgerufen werden (On-Demand-Nutzung). Die Leistung wird also nicht direkt am Dienstleistungsnachfrager, sondern zunächst an dem Speichermedium konkretisiert und dann zeitlich und örtlich versetzt konsumiert. Diese Asynchronität bei der Erbringung und Inanspruchnahme der Dienstleistung wird auch als „ veredelte Dienstleistung “ bezeichnet.[20] Der Dienstleistungsnutzer hat große Freiheiten hinsichtlich Zeitpunkt und Ort seiner Informationsaufnahme sowie hinsichtlich der Rezeptionsreihenfolge und –geschwindigkeit.
Somit sind Online-Zeitschriften zwar Produkte mit einem hohen Dienstleistungsanteil, können aber nicht bei allen unternehmerischen Entscheidungstatbeständen als Dienstleistungen behandelt werden. S. SIe . Sie sind gleichsam als „in Produktform geronnene Leistungen“[21] zu betrachten.
Auch für den Werbemarkt ist ein Dienstleistungscharakter festzustellen. Die Bereitstellung von Werberaum bzw. die Vermittlung von Zielgruppenkontakten ist ebenfalls immaterieller Natur. Auch hier erfolgen die Erbringung und die Inanspruchnahme der Dienstleistung asynchron: Das Unternehmen stellt den Werberaum bereit; der Zielgruppenkontakt erfolgt jedoch erst dann, wenn ein Rezipient das Internet-Angebot nutzt und das Werbeelement rezipiert.
Qualitätsbewertung:
Eine weitere Eigenschaft, die die Erforderlichkeit von gezielten Marketingaktivitäten besonders verdeutlicht, ist die Komplexität von Medienprodukten. Diese steht in engem Zusammenhang mit dem oben angeführten Dienstleistungscharakter. Dadurch, dass Medienprodukte stets neu und in anderer Qualität erstellt werden, hat jede Ausgabe, und entsprechend jede aktuelle Version einer Online-Zeitschrift, den Charakter eines Unikats.[22]
Für das Publikum bedeutet dies Unsicherheit über die Qualität des Mediums. Der Rezipient kann sich nicht ex ante über die Qualität versichern, sondern muss den ihm gegebenen Informationen über das Produkt vertrauen. Kann nach dem Rezipieren eine Einschätzung der Qualität vorgenommen werden, handelt es sich bei dem Medienprodukt um ein Erfahrungsgut.[23]
Bei informativen Inhalten kann die Qualität von den Medienkonsumenten jedoch häufig auch nach dem Rezipieren nicht eingeschätzt werden. Die Kriterien, an denen die publizistische Qualität von Medienprodukten gemessen werden können, sind unter anderem Aktualität, Relevanz und Richtigkeit.[24] Da der Nutzer sich über diese Merkmale bei komplexen Inhalten in der Regel kein objektives Urteil bilden kann, handelt es sich in diesem Falle um Vertrauensgüter, d.h. Güter, bei denen der Rezipient zu keinem Zeitpunkt die Produktqualität beurteilen kann.[25]
Bezüglich der Werberaumleistung sind andere Voraussetzungen gegeben. Regelmäßige Media-Analysen und Ergebnisse von qualitativer und quantitativer Marktforschung führen dazu, dass sich die Werbetreibenden vor dem Erwerb des Werberaumes über die Qualität versichern können. Somit sind Online-Medien auf dem Werbemarkt Inspektionsgüter.[26]
Marktfähigkeit:
Der Grad der Marktfähigkeit kann anhand der Merkmale Konsumrivalität, Ausschluss vom Konsum, dem Ausmaß der Meritorik und der Existenz externer Effekte beurteilt werden.[27]
Zunächst soll eine Analyse der Marktfähigkeit für die Informationsleistung durchgeführt werden. Medienprodukte haben tendenziell den Charakter öffentlicher Güter.[28] Die definitionsgemäßen Voraussetzungen hierfür sind Nicht-Rivalität und Nicht-Ausschließbarkeit des Konsums. Online-Medien erfüllen die Eigenschaft der Nicht-Rivalität des Konsums: Eine Internetseite kann von mehreren Rezipienten gelesen werden, ohne dass sie dadurch an Nutzen für andere Rezipienten verliert oder dass diese in der Rezeption eingeschränkt werden. Das zweite Merkmal von öffentlichen Gütern, der Nicht-Ausschluss vom Konsum, ist nur für den kostenfreien Teil eines Online-Angebotes gegeben. Von der Nutzung von bestimmten Inhalten können User jedoch durch technische Beschränkungen ausgeschlossen werden. Diese sind in der Regel nur gegen eine Gebühr zugänglich, so dass hier von Maut- oder Clubgütern gesprochen werden kann.[29]
Des Weiteren haben Online-Medien – wie die meisten Medien – meritorischen Charakter: Produktion und Konsum sind sozial erwünscht, da sie verglichen mit einem von staatlichen Entscheidungsträgern festgelegten Versorgungsgrad in „zu geringem Maße“ nachgefragt werden.[30] Dies gilt in erster Linie, wenn es sich um informative und bildende Angebote handelt.
Ein damit verbundener wichtiger Punkt hinsichtlich der Marktfähigkeit von Online-Medien ist, dass externe Effekte auftreten, bspw. die Veränderung der öffentlichen Meinung oder Auswirkungen auf die Aufgeklärtheit der Gesellschaft. Diese externen Effekte sind anders als bei „normalen“ Gütern, keine Nebenprodukte, sondern „ursächlich und unmittelbar an die Produkte gekoppelt.“[31]
Fasst man die betrachteten Merkmalsausprägungen zusammen, kann man Online-Medien auf dem Publikumsmarkt als eingeschränkt marktfähig einordnen.
Für die Werberaumleistung dagegen bestehen sowohl Konsumrivalität als auch eine eindeutige Ausschließbarkeit des Konsums. Somit ist dieses Produkt ein privates Gut. Da die Vermittlung von Zielgruppenkontakten ferner keinen meritorischen Charakter aufweist, und keine systematischen externen Effekte auftreten, lässt sich die Werberaumleistung als voll marktfähiges Gut klassifizieren.[32]
Entwertungsgeschwindigkeit:
Informationsgüter beinhalten noch eine weitere Problematik: Informationen, bzw. die Selektion und Aufbereitung von Informationen, lassen sich nicht im Voraus produzieren – gleichzeitig handelt es sich aber um ein leicht verderbliches Produkt.[33] Gerade im Internet ist eine hohe Entwertungsgeschwindigkeit von Informationen, d.h. eine Wertminderung innerhalb eines festgelegten Zeitraumes,[34] festzustellen. Auch wenn (Print-)Zeitschriften im allgemeinen weniger aktuell sind als Tageszeitungen, wird im Internet ein Aktualisierungszwang erzeugt, da die Online-Zeitschrift losgelöst vom Redaktionsschluss des Print-Titels aktualisiert werden kann und in Konkurrenz zu anderen aktuellen Sites steht. Unterhaltende Inhalte unterliegen einer geringeren Entwertungsgeschwindigkeit.
2.3 Leistungsmerkmale von Online-Zeitschriften
Neben den aufgeführten Merkmalen, die zu einem großen Teil für alle Mediengattungen gelten, gibt es spezielle Produkt-Eigenschaften von Online-Zeitschriften, die sich aus der Nutzung des Mediums Internet ableiten. Von diesen Potenzialen sollen hier die wichtigsten in Bezug auf das Marketing tabellarisch aufgeführt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Potenziale von Online-Zeitschriften
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an von Garnissen (2002), S. 98 und Neuberger (2003), S. 56 ff.
Diese technischen Leistungsmerkmale bieten als komparative Wettbewerbsvorteile gegenüber klassischen Medien einen wichtigen Ansatzpunkt für die späteren Betrachtungen der Produktpolitik.
2.4 Der Markt für Online-Medien
Medienmärkte sind durch eine hohe Strukturdynamik gekennzeichnet.[35] Technologische Innovationen durch Digitalisierungsprozesse und veränderte Wettbewerbsbedingungen durch Konvergenz und Deregulierung ziehen stetige Veränderungen der Medienlandschaft mit immer neuen Anforderungen an die Unternehmen nach sich. Somit ist es wichtig, sich fortwährend Kenntnisse über die Struktur des Marktes zu verschaffen, um Ziele, Strategien und Handlungsoptionen festzulegen. Daher wird in diesem Gliederungs-Abschnitt ein Überblick über die derzeitigen Marktgegebenheiten für Online-Medien gegeben. Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass es sich bei den agierenden Unternehmen um Zeitschriftenverlage handelt, die ihr Portfolio um Online-Zeitschriften erweitern, wird zudem der Vergleich zum Zeitschriftenmarkt hergestellt.
Publikums- und Werbemarkt werden zunächst anhand der Dimensionen Nachfrager, Anbieter, Markteintrittsbarrieren und Marktphase getrennt betrachtet; im daran anschließenden Abschnitt werden die Verflechtungen zwischen den Teilmärkten erläutert.
2.4.1 Publikumsmarkt
Der erste zu betrachtende Aspekt hinsichtlich des Publikums- oder Rezipientenmarktes ist die Nutzerschaft. Zur genauen Anzahl der Internet-Nutzer, die gleichzeitig die Zahl der potentiellen Rezipienten von Online-Medien ist, gibt es eine Vielzahl von Daten. In einem Überblick über verschiedene Umfragen zur Online-Nutzung kommt Schweiger jedoch zu dem Ergebnis, dass die verwendeten Definitionen des Ausdrucks „Online-Nutzer“ sehr unscharf sind.[36] Der Anteil der Online-Nutzer in den betrachteten Studien variiert dementsprechend für 2003 von 31,8% bis 53,5% der Bevölkerung über 14 Jahren. In jedem Falle kann man aber aufgrund der Daten davon sprechen, dass es sich beim Internet inzwischen um ein Massenmedium handelt.
In der Literatur wird häufig auf die ARD-ZDF-Online-Studie zurückgegriffen, die kontinuierlich die Zahl der Internet-Nutzer erfasst. In dieser wurde für 2004 ein Online-Nutzer-Anteil von 55,3% der Bevölkerung ermittelt.[37] Abb. 2 stellt die Entwicklung der letzten Jahre dar. Die Zahlen beziehen sich auf eine „gelegentliche Online-Nutzung“, die in Bezug auf die Nutzungshäufigkeit nicht näher definiert ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Entwicklung der Online-Nutzung in Deutschland 1997 bis 2004
Quelle: ARD/ZDF-Online-Studie 2004[38]
Es handelt sich also auf dem Publikumsmarkt eindeutig um eine polypolistische Nachfragerstruktur, wie man sie definitionsgemäß bei Massenmedien vorfindet. Auf dem klassischen Zeitschriftenmarkt liegt ebenfalls ein Nachfrage-Polypol vor.[39]
Auf der Angebotsseite ist eine oligopolistische Struktur zu beobachten; auf dem Online-Markt wie auf dem Print-Zeitschriften-Markt.[40] Für den Print-Markt ist festzustellen, dass die vier größten Verlage für Publikumszeitschriften zusammen über 60% Marktanteil halten.[41] Bezüglich des Online-Marktes ist eine Hilfs-Überlegung anzustellen, da keine Daten über Gesamtzahl und Gesamtverbreitung aller Websites vorliegen: Unter den 15 reichweitenstärksten[42] Online-Medien befinden sich fast nur Angebote großer Medienkonzerne. Addiert man die Reichweiten dieser 15 Angebote, so haben die größten drei Anbieter einen Anteil von über 60%. Wie man anhand von Abb. 3 erkennen kann, haben die Mitwettbewerber eine deutlich geringere Reichweite – und daraus abgeleitet auch einen deutlich niedrigeren Marktanteil – als die Top 3-Anbieter.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Reichweiten der Online-Medien 03/2005
Quelle: IVW (2005b)
Wenn auch die betrachteten 15 Online-Medien nicht den gesamten Markt abbilden, so lassen sich durch diese Überlegungen zumindest Konzentrationstendenzen konstatieren.
Zur Kennzeichnung der Anbieterstruktur für Online-Zeitschriften gehört ein weiterer wichtiger Aspekt: Es müssen die Anbieter direkter Substitutionsprodukte betrachtet werden. Als Content-Anbieter treten nicht nur klassische Medienunternehmen untereinander in Konkurrenz, sondern es sind auch Wettbewerber zu beachten, die aus anderen Bereichen stammen.[43] Diese üben ebenfalls eine Informations- und Unterhaltungsfunktion aus und sind somit potentielle Substitute für die Angebote von Online-Zeitschriften. Zum einen sind hier private Seiten, wie z. B. Weblogs,[44] zu nennen, zum anderen jedoch auch Suchmaschinen oder die breiten inhaltlichen Angebote der großen Online-Provider. Diese stellen aufgrund ihres direkten Zuganges zu den Nutzern und der hohen Zugriffszahlen eine erhebliche Konkurrenz dar.
Des Weiteren findet auch eine Konvergenz der Angebote der klassischen Medienunternehmen statt,[45] so dass ursprünglich nicht miteinander in Konkurrenz stehende Angebote, wie zum Beispiel die „Tagesschau“ als TV-Angebot und „Der Spiegel“ als Print-Magazin, mit ihren Internet-Auftritten „tagesschau.de“ und „spiegel.de“ als aktuelle Nachrichtensites im gleichen Marktsegment auftreten.
Problematisch für das Gewinnstreben von Verlagen im Internet ist darüber hinaus, dass durch das breite Spektrum an potentiellen Wettbewerbern (teil-)kostenpflichtige mit komplett kostenlosen Angeboten konkurrieren.
Als nächste Dimension ist die Höhe der Markteintrittsbarrieren zu betrachten. Im Internet wie auf dem Print-Markt liegen strukturelle Markteintrittsschranken vor, die eine Ursache für die vorliegende Marktkonzentration liefern.[46] Diese ergeben sich vor allem aus den schon in Abschnitt 2.2 beschriebenen economies of scale durch den hohen Fixkostenanteil an der Produktion: Die Herstellung des ersten Exemplars (der Webseite bzw. der Zeitschrift) ist am teuersten, danach sinken die Stückkosten mit steigender Reichweite. Somit ist es für die etablierten Unternehmen leicht, Skaleneffekte zu nutzen, während für neue Unternehmen die First-Copy-Costs in Verbindung mit dem Anfangsrisiko ein Hemmnis für den Markteintritt bedeuten. Durch die viel geringeren Vervielfältigungs- und Distributionskosten ist diese Markteintrittsbarriere im Online-Bereich jedoch deutlich niedriger, als es im Zeitschriftensektor der Fall ist:[47] In der Internet-Ökonomie lassen sich schon bei relativ geringer Reichweite Skaleneffekte realisieren.
Weitere Markteintrittsschranken sind Verbundeffekte der etablierten Medienunternehmen (economies of scope), die zum Beispiel in einem Korrespondentennetz, einem umfangreichen Archiv oder bereits vorliegenden Rechercheleistungen bestehen, auf die zu geringen Kosten zurückgegriffen werden kann.[48]
Des Weiteren treten Netzwerkeffekte auf: Der Wert der Nutzung des Mediums steigt mit zunehmender Zahl der Nutzer. Je mehr Teilnehmer ein Netzwerk hat, desto mehr Kommunikationspartner hält es bereit. Damit erhöht sich wiederum die Attraktivität des Netzwerkes für neue potentielle Nutzer, so dass ein „Kreislauf des positiven Feedbacks“ entsteht,[49] der für Wettbewerber ohne vorhandenes Netzwerk zu einer Markteintrittsbarriere wird.[50]
Schließlich soll noch die Marktphase bzw. die Position im Produktlebenszyklus[51] betrachtet werden. Bei Online-Medien lässt sich aufgrund der steigenden Nutzer- und Angebotszahlen noch von einer Wachstumsphase sprechen. Abschwächungen der Zuwachsraten sind schon zu beobachten: Laut ARD/ZDF-Online-Studie[52] lag die Steigerung der Nutzerzahlen des Internet in 2004 gegenüber dem Vorjahr unter 5%; 2003 waren es noch 22%. Allerdings wird immer noch ein erhebliches Steigerungspotenzial in bestimmten soziodemographischen Gruppen, wie z.B. den über 50-Jährigen, gesehen.
Auf den klassischen Print-Märkten dagegen sehen sich die Zeitschriftenverlage schwierigeren Bedingungen gegenüber: Zwar wächst die Gesamtauflage im Zeitschriftensektor kontinuierlich, doch die durchschnittlichen Auflagenzahlen der einzelnen Titel sinken. Hier ist bereits die Reifephase erreicht.[53]
Fasst man die vorangegangenen Feststellungen zusammen, lässt sich erkennen, dass auf dem Markt für Online-Zeitschriften durch sinkende Nutzerzuwächse und eine wachsende Zahl an Wettbewerbern ein moderater Konkurrenzdruck herrscht. Dennoch beinhaltet der Markt für die Verlage ein großes Potenzial: Verglichen mit dem Print-Markt herrschen deutlich günstigere Marktbedingungen und eine geringere Wettbewerbsintensität. Durch die genannten Markteintrittsbarrieren und die immer noch vorhandenen Markt-Zuwächse ist das Internet gerade für etablierte Zeitschriftenverlage ein chancenreiches Aktionsfeld, um die zunehmend scharfe Wettbewerbssituation auf dem (Print-)Zeitschriftenmarkt durch das neue Geschäftsfeld ausgleichen zu können.
2.4.2 Werbemarkt
Auch für den Werbemarkt wird zunächst auf die Nachfrager seite eingegangen; d.h. in diesem Falle die Werbetreibenden bzw. ihre Agenturen. Im Gegensatz zum Publikumsmarkt ist die Zahl der Nachfrager hier wesentlich geringer; es ist von einer oligopolistischen Nachfragerstruktur auszugehen, genauso wie bei den Print-Zeitschriften.[54] Während die Gesamt-Netto-Werbeeinnahmen aller vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) erfassten Werbeträger in den letzten Jahren abnahmen bzw. 2004 nur leicht anstiegen, entwickelte sich die Nachfrage nach Online-Werbung positiv. Mit etwa 1,4% macht sie jedoch nach wie nur einen sehr geringen Anteil am Gesamtwerbemarkt aus.[55] Abb. 4 stellt die Entwicklung der Werbeeinnahmen für Publikumszeitschriften und Online-Angebote im Vergleich dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Netto-Werbeeinnahmen erfassbarer Werbeträger in Deutschland
Quelle: ZAW (2005) und ZAW (2004)
Wie aus der Grafik deutlich wird, haben sich die Werbeeinnahmen von Publikumszeitschriften und Online-Angeboten gegenläufig entwickelt.
Hinsichtlich der Anbieterstruktur sind die gleichen Aussagen zu treffen wie für den Publikumsmarkt: Auch im Wettbewerb um die Anzeigenkunden liegt zwar ein Angebots-Oligopol vor, jedoch sehen sich die Verlage auf dem Markt für Online-Medien zunehmend neuen Wettbewerbern ausgesetzt, die häufig mit kostengünstiger produzierten Inhalten um die begrenzten Budgets der Werbekunden kämpfen.[56]
Auch auf den Werbemarkt lassen sich gewisse Markteintrittsbarrieren beobachten. Große etablierte Anbieter haben gegenüber Newcomern den Vorteil, dass sie durch ihre hohe Reichweite attraktiv für Werbekunden sind. Mit steigenden Reichweiten sinkt zudem der Tausender-Kontakt-Preis, d.h. der Preis, den Werbekunden für 1000 Zielgruppenkontakte zahlen müssen. Neue Anbieter haben somit kaum eine Chance, ihr Angebot durch Werbeeinnahmen zu refinanzieren.[57]
Bezüglich der Marktphase lassen sich für den Online-Anzeigenmarkt tendenziell positive Feststellungen machen, allerdings müssen die anfangs euphorischen Erwartungen korrigiert werden. Wurden vor einigen Jahren für Online-Werbung noch jährliche Wachstumsraten von über 30% prognostiziert,[58] werden derzeit vergleichsweise moderate Steigerungsraten erwartet. Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) rechnet für 2005 mit einem Wachstum des Online-Werbemarktes um 15%.[59] Generell lässt sich festhalten, dass die Entwicklung durch ein kontinuierliches Wachstum gekennzeichnet ist. Der Anzeigenmarkt für Print-Zeitschriften befindet sich hingegen in einer Stagnationsphase.[60]
Zusammenfassend kann auch für den Werbemarkt von einer moderaten Wettbewerbsintensität gesprochen werden. Im Vergleich zum Publikumsmarkt scheint jedoch die Konkurrenz stärker zu sein, da sich das Angebot an Werberaum, der lediglich eine hohe Reichweite bei den Nutzern bietet, leichter substituieren lässt als das Angebot an qualifiziertem redaktionellem Content.
2.4.3 Verflechtungen zwischen den Teilmärkten
Zunächst wurden Publikums- und Werbemarkt getrennt betrachtet, um den unterschiedlichen Gegebenheiten auf den Teilmärkten gerecht zu werden. Zwischen diesen beiden Märkten sowie zwischen dem Gesamtmarkt für Zeitschriften und jenem für Online-Zeitschriften gibt es jedoch vielschichtige Interdependenzen, die bei den absatzpolitischen Entscheidungen zu berücksichtigen sind.
Die besonders starke Beziehung zwischen Werbe- und Publikumsmarkt lässt sich anhand der „Werbebanner-Reichweiten-Spirale“ aufzeigen, die der „Anzeigen-Auflagen-Spirale“ im Print-Bereich entspricht: Der Erfolg bei den Rezipienten – gemessen in der Reichweite – steht in direktem Zusammenhang mit dem Erfolg bei der Werbewirtschaft, d.h. hohe Reichweiten auf dem Publikumsmarkt führen zu hohen Einnahmen auf dem Werbemarkt. Durch diese hohen Einnahmen kann das inhaltliche Angebot weiter verbessert werden, so dass durch den dann wiederum wachsenden Erfolg auf dem Rezipienten- und Werbemarkt eine Aufwärtsspirale entsteht.[61] Dieser Spiraleffekt stellt eine Markteintrittsbarriere auf Publikums- wie auf Werbemärkten dar, da etablierte Medienunternehmen mit bestehenden reichweitenstarken Angeboten deutlich von diesem Effekt profitieren können, während neuen Unternehmen die nötigen Werbeeinnahmen für ein finanziell abgesichertes, inhaltlich reichhaltiges Angebot fehlen.
Die vereinfachte Formel: ‚Attraktiver Inhalt = Attraktives Werbeumfeld’ funktioniert indes nicht ohne weiteres. Zum einen sind verschiedene Rezipientengruppen aufgrund bestimmter Kriterien wie Alter, Einkommen oder Beruf unterschiedlich attraktiv für die Werbewirtschaft, zum anderen bedeutet ein qualitativ hochwertiges Angebot nicht immer, dass auch die Reichweite maximal ist.
Abb. 5 verdeutlicht die Einbindung der Marketingaufgaben auf dem Publikums- und auf dem Werbemarkt in das Gesamtsystem des Verlagsmarketing. Für das Marketing-Management in dieser dualen Marktsituation gilt: „Die beiden Absatzmärkte Publikumsmarkt und Werbemarkt sind so stark miteinander vernetzt, dass sie in der Marketingpraxis ‚zusammengedacht’ werden müssen.“[62]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Das Gesamtsystem des Verlagsmarketing[63]
Quelle: Hensmann (1980), S. 240
Doch nicht nur Publikums- und Werbemarkt sind vernetzt, auch die Interdependenzen zwischen dem Absatz des Print-Produktes und dem Absatz des Online-Mediums – auf dem Publikums- wie auf dem Werbemarkt – sind nicht außer Acht zu lassen. Eine isolierte Betrachtung des Online-Segmentes würde zu kurz greifen. Management einer Online-Zeitschrift ist vielmehr als „Crossmedia-Management“ zu verstehen, definiert als „die integrierte Planung, Implementierung und Steuerung medienübergreifender Vermarktungskonzepte mit dem Ziel, vorhandene Marken, Inhalte und Kundenbeziehungen wertsteigernd crossmedial zu nutzen.“[64] Es besteht insbesondere die Gefahr der Verdrängung oder „Kannibalisierung“[65] der Zeitschrift durch das Online-Pendant. Wie stark die Verdrängungsgefahr ausgeprägt ist, hängt von der Substituierbarkeit der beiden Medienprodukte ab. Je ähnlicher Print- und Online-Zeitschrift sind, desto eher ist zu vermuten, dass Leser in das neue Medium abwandern,[66] zumal das Online-Produkt für den Rezipienten zu einem geringeren Preis oder kostenlos erhältlich ist.
Neben den negativen treten in der Regel auch positive Effekte für das Print-Produkt und den Verlag auf, die jedoch schwer messbar und quantifizierbar sind. Dies können intermediale Nutzeffekte, wie z.B. die Erhöhung der Kundenbindung oder die Gewinnung neuer Abonnenten, oder unternehmensbezogene Nutzeffekte, wie z.B. ein Imagegewinn des Verlages oder die Stärkung der Marke, sein. Werden diese indirekten Auswirkungen bei Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen des Online-Angebotes vernachlässigt, kann es, z.B. bei Investitionsvorhaben, zu Fehlentscheidungen kommen.[67] Der Verlag als Anbieter muss also alle bekannten Beziehungen berücksichtigen, um seine Gesamt-Marktsituation zu optimieren.
2.5 Erlösquellen von Online-Medien
Um das Absatzmanagement umfassend betrachten zu können, muss auch auf die möglichen Erlösquellen von Online-Medien eingegangen werden.
Die Formen Werbung, d.h. der Verkauf von Werberaumleistung, und Paid Content, d.h. der Verkauf von redaktionellen Inhalten an Rezipienten, stehen im Mittelpunkt dieser Arbeit und werden daher später ausführlich behandelt. Daneben gibt es für Medien-Angebote im Internet die alternativen Erlösquellen E-Commerce, Content Syndication und Data Mining, die im Folgenden kurz erläutert werden:
(1) E-Commerce: E-Commerce ist in diesem Kontext der Oberbegriff für Geschäftsmodelle, bei denen der Verlag durch Transaktionen dritter Anbieter (Kommission) oder durch Transaktionen für eigene Zwecke (Shop) Einnahmen erhält.
Kommission: Bei dieser Erlösform erhält der Betreiber des Online-Mediums eine Vergütung, wenn bei einem Dritt-Anbieter eine Transaktion, d.h. Kauf, Bestellung oder Buchung, ausgelöst wird.[68] Das Modell „Kommission“ ist in dieser Form nur im Internet zu realisieren, da hier ohne Medienbruch eine Transaktion unmittelbar auszulösen und somit der Vermittlungs-Erfolg direkt zurechenbar ist.[69]
Die Ausgestaltung der vertraglichen Bindung variiert hierbei: Es gibt Kooperationen, bei denen lediglich Banner bzw. ein Link zu dem entsprechenden Leistungsanbieter platziert wird, so dass der Anbieter der Ursprungsseite eine Provision für die Transaktionen erhält, die unmittelbar bei dem durch den Link erzeugten Besuch getätigt wurden. Eine engere Verbindung liegt vor, wenn die Kooperationspartner eine eigene Rubrik für ihre jeweiligen E-Commerce-Angebote auf der Website haben. Hierbei erfolgt der Auftritt des E-Commerce-Partners meist im Design des Medienanbieters, um ein einheitlicheres Bild zu erzeugen. Fragwürdig ist hier allerdings die Gewährleistung der redaktionellen Unabhängigkeit. Das Ausmaß der Nutzbarkeit dieser Erlösquelle „hängt sehr stark vom Selbstverständnis des Inhalte-Anbieters ab.“[70] Besonders wenn das E-Commerce-Angebot eines fremden Anbieters erst kurz vor Abschluss der Transaktion als solches gekennzeichnet wird oder sich damit eine implizite Empfehlung verbindet, ist der publizistische Anspruch gefährdet.
Shop: Mit dieser Kurzbezeichnung ist gemeint, dass der Verlag auf seiner Internet-Plattform eigene Produkte an den Kunden verkauft. So bietet bspw. die Zeitschrift „Fit for Fun“ auf ihrer Website Fit-for-Fun Bücher an oder „Die Zeit“ vertreibt im Internet ZEIT-Regenschirme und -Notizbücher.
(2) Content Syndication: Unter Content Syndication ist der Verkauf eines Medi-en-/Informationsproduktes an verschiedene Abnehmer zur Weiterverwertung zu verstehen.[71] Da die digitale Distribution der bereits für eigene Zwecke produzierten Inhalte nahezu keine Grenzkosten verursacht, können durch Syndication beträchtliche Skaleneffekte realisiert werden. Gerade im Business-to-Business-Bereich steigt die Nachfrage nach produktbegleitenden Inhalten an,[72] des Weiteren werden auch für Firmen-Intranets oder Internet-Portale Medieninhalte nachgefragt.
In der Umsetzung bietet sich eine Zentralisierung der Inhalte aus verschiedenen Print- und Online-Titeln auf Verlagsebene an. Eine solche Positionierung als Informationsdienstleister weist bspw. die Tomorrow Focus AG auf, die die Inhalte ihrer Titel mittels eines Content Management Systems bündelt und an die spezifischen Kundenbedürfnisse anpasst. Es ist davon auszugehen, dass sich Content Syndication für viele Zeitungs- und Zeitschriftenverlage zu einem wichtigen finanziellen Standbein entwickeln wird.[73]
(3) Data Mining: Die Aufbereitung von Daten, die Nutzer angeben oder durch ihr Nutzungsverhalten hinterlassen, wird als “Data Mining” bezeichnet. Mit dem Weiterverkauf dieser Daten an Dritte können – sofern dem nicht durch die Nutzer widersprochen wurde – Erlöse erzielt werden, da sie die Voraussetzung für Direktmarketingaktivitäten sind.[74] Allerdings besteht bei dieser Form der Einnahmen die Gefahr, einen Vertrauensverlust bei den Rezipienten zu erleiden.
2.6 Ableitung von Zielen und Strategien
2.6.1 Ziele
Da sich die Marketing-Subziele für die Gestaltung des absatzpolitischen Instrumentariums aus den Unternehmenszielen ableiten,[75] ist ein Überblick über die möglichen Ziele und Strategien, die Zeitschriftenverlage mit ihren Internet-Auftritten verfolgen, sinnvoll.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kennzeichnend für die Dualität von Medienprodukten ist die Gefahr von Zielkonflikten zwischen den Präferenzen der Rezipienten und den Ansprüchen der werbetreibenden Wirtschaft.[76] Das Zielsystem von Online-Zeitschriften muss des Weiteren die Belange des Print-Mediums berücksichtigen und steht somit in einem Spannungsfeld der verschiedenen Teilmärkte, wie Abb. 6 verdeutlicht.
Abbildung 6: Ziele des Managements im Spannungsfeld der Teilmärkte
Quelle: Eigene Darstellung
Um den publizistischen und ökonomischen Erfolg des Medienunternehmens durch das Online-Angebot zu steigern, lassen sich zwei mögliche Kernziele identifizieren: Kundenbindung und Kundengewinnung. Aus diesen Hauptzielen erwachsen wiederum verschiedene Subziele.
(1) Kundenbindung: Bei dieser Zielsetzung wird auf die Gruppe der bestehenden Zeitschriftenleser und/oder der bestehenden Online-Nutzer abgezielt. Sie sollen durch die Kombination des Print-Angebotes mit dem ergänzenden Online-Angebot zu einer stärkeren Leser-Blatt-Bindung respektive User-Site-Bindung gebracht werden. Das Ziel der Kundenbindung in der Internet-Ökonomie lässt sich in die drei Dimensionen konkretisieren:[77]
- Ziel der dauerhaften Bindung (analog der Dauerhaftigkeit der Geschäftsbeziehung in der traditionellen Ökonomie)
- Ziel der hohen Nutzungshäufigkeit (vergleichbar der Wiederkaufrate) und
- Ziel der Maximierung der Nutzungsdauer.
Durch die Doppelnutzung sollen sie des Weiteren vor einer Kannibalisierung durch andere Wettbewerber abgeschirmt werden.
Auch hinsichtlich des Werbemarktes kann eine Zielsetzung darin bestehen, durch ein komfortables Online-Angebot das Image zu verbessern und damit bestehende Werbekunden an den Verlag zu binden.
(2) Kundengewinnung: Das Ziel der Kundengewinnung kann sich auf verschiedene Zielgruppen beziehen und lässt sich daher in die Subziele Kundengewinnung Print, Kundengewinnung Online und Kundengewinnung Doppelnutzer unterscheiden.
(a) Kundengewinnung Print: Hier werden die Online-Aktivitäten auf die Zielgruppe der Print-Probeleser fokussiert. Die Website der Zeitschrift dient dazu, die Rezipienten auf die Zeitschrift aufmerksam zu machen und ihr Interesse, bspw. durch ausgewählte Print-Artikel, in dem Maße zu wecken, dass sie als Abonnenten oder Käufer des Print-Produktes gewonnen werden. Somit wird eine Erhöhung der Erlöse im Print-Bereich durch eine Steigerung der Leserzahlen angestrebt.
(b) Kundengewinnung Online: Diese Zielsetzung intendiert eine möglichst große Reichweite des Online-Angebotes. Als Zielgruppe sollen reine Online-Nutzer erreicht werden. Die Online-Zeitschrift wird somit als Angebot verstanden, das durch die selbständig generierten Erlöse das Gesamtergebnis des Medienbetriebes steigern soll: ein reichweitenstarkes Portal als neues eigenständiges Kerngeschäft.[78]
(c) Kundengewinnung Doppelnutzer: Das dritte mögliche Subziel ist schließlich, über die Website neue User zu gewinnen, um diese dann auch für das Print-Produkt zu interessieren. Somit wird durch diese Zielgruppe der Doppelnutzer der Print- und Online-Bereich gleichermaßen gestärkt.
Auch das Ziel der Kundengewinnung lässt sich auf den Werbemarkt übertragen: Durch das Online-Angebot können sowohl reine Print- oder Online-Werbekunden als auch neue Kunden eines Crossmedia-Verbundpaketes aus Print und Online gewonnen werden.
Diese unterschiedlichen Optionen sind nicht als sich einander ausschließend zu verstehen – es ist auch möglich, verschiedene Zielgruppen gleichzeitig anzusprechen bzw. die entsprechenden Zielsetzungen parallel zu verfolgen. Weiterführende absatzpolitischen Ziele, wie bspw. Umsatz- oder Marktanteilsmaximierung als quantitative Ziele[79] und Imageverbesserung oder Erhöhung des Leserservices als qualitative Ziele, lassen sich jeweils auf die oben angeführten Kernziele zurückführen.
2.6.2 Crossmedia-Strategien
Als Basis-Strategien crossmedialer Verwertung führt Neuberger[80] „Transfer“, „Kombination“ und „crossmediale Werbung“ an.[81] Sie unterscheiden sich in dem Grad der Integration bzw. Differenzierung des Online-Produktes von dem Print-Medium:
(1) Bei der Strategie „Transfer“ wird der Inhalt von Medientyp A (der Zeitschrift) nach Medientyp B (der Online-Zeitschrift) übertragen. Es handelt sich hierbei lediglich um eine Verbreitung der Inhalte über verschiedene Kanäle, also um eine inhaltlich weitgehend unveränderte Übertragung von Print zu Online. Formal wird der Print-Inhalt jedoch an das Medium Internet angepasst.
Durch diese Mehrfachverwertungsstrategie können neue, aber zugleich interessenverwandte Zielgruppen erreicht werden. Bspw. wendet die New York Times diese Strategie erfolgreich an: Das Online-Angebot wird zu 80% von Lesern außerhalb New Yorks genutzt, während in der Stadt selbst die Print-Zeitung gelesen wird.[82]
Als ökonomischer Vorteil lässt sich die kostenminimale Umsetzung eines derartigen Angebotes aufführen, da keine eigenständige Online-Redaktion erforderlich ist.
(2) Die Strategie „Kombination“ nutzt die Potenziale beider Medien aus: Print und Online bieten hierbei sich inhaltlich ergänzende Angebote an („Cross Publishing“). Es handelt sich also um einen Produktverbund, bei dem sich die Angebote aufeinander beziehen und mit gegenseitigen Verweisen bestückt sind. Bei dieser Komplementär-Strategie wird die Zielgruppe, „die surft und Zeitung liest, rundum mit Informationen versorgt“.[83]
Ökonomische Vorteile, die bei dieser Strategie zum Tragen kommen, sind die Nutzung von Synergien bei Produktion, Verwaltung und Marketing bei gleichzeitiger Angebotsdiversifizierung und damit der Abschwächung der Kannibalisierungsgefahr durch Konkurrenzangebote.
(3) Die Strategie, bei der Print- und Online-Angebot einander am unähnlichsten sind und das Online-Angebot die größte Eigenständigkeit aufweist, ist die Form der „crossmedialen Werbung“. Ein Medium wird lediglich als Werbeträger für das andere Medium verwandt, bzw. es finden sich wechselseitig redaktionelle Verweise auf das andere Medium. Darunter fallen also sowohl die Nutzung der verlagseigenen Medien als Werbeträger, so genannte „Cross Promotion“, als auch verdeckte Werbung für das jeweils andere Medium im redaktionellen Teil. Ansonsten werden Print- und Web-Ausgabe autonom erarbeitet.
Crossmediale Werbung bietet den ökonomischen Vorteil, dass die eigenen Medienprodukte kostenfrei als Webeträger genutzt werden können, und im Idealfall durch die Vielseitigkeit des Angebotes zugleich die Marke gestärkt wird.
Ähnlich wie bei den Zielen muss auch bei den Strategien nicht unbedingt eine der drei vorgestellten Typen konsequent verfolgt werden; es kann auch Hybrid-Modelle geben. Allerdings wird jede Strategie eines Zeitschriftenverlages immer vorrangig einer der drei vorgestellten Kategorien zuzuordnen sein.
3 Ausgestaltung des absatzpolitischen Instrumentariums
3.1 Das Konzept des Marketing-Mix
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Marketing-Mix-Modell ist ein bestimmendes, in der Literatur verbreitetes Konzept des modernen Marketings zur Operationalisierung der Marketingstrategie auf eine umsetzbare Ebene.[84] Marketing-Mix kann definiert werden als „die Gesamtheit steuerbarer taktischer Werkzeuge, die das Unternehmen kombiniert und einsetzt, um auf dem Zielmarkt bestimmte erwünschte Maßnahmen hervorzurufen.“[85] Diese Werkzeuge, die als Marketing- oder absatzpolitische Instrumente bezeichnet werden, werden von den meisten Autoren unter die vier Komplexe Angebots- oder Produktpolitik, Kontrahierungs- oder Preispolitik, Distributionspolitik und Kommunikationspolitik subsumiert. Markenpolitik wird zum Teil unter den Bereich der Produktpolitik gefasst. Hier soll jedoch der Sichtweise von Siegert, Meffert und anderen Autoren gefolgt werden,[86] die Markenpolitik als mix-übergreifenden Entscheidungskomplex verstehen. Abb. 7 soll die Zusammensetzung des Marketing-Mixes für das Produkt Online-Zeitschrift verdeutlichen.[87]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Die Teilbereiche des Marketing-Mix für das Produkt Online-Zeitschrift
Quelle: Eigene Darstellung
Der Marketing-Mix wird aus den Marketing-Subzielen abgeleitet, die wiederum aus den strategischen Gesamtzielen des Unternehmens erwachsen. Bei der Auswahl der absatzpolitischen Instrumente und der Gestaltung eines situationsgerechten Marketing-Mixes sind die einzelnen Maßnahmen nicht isoliert voneinander zu betrachten, es handelt sich vielmehr um ein komplexes, interdependentes Maßnahmenpaket, das unter der Berücksichtigung aller Wirkungsbeziehungen sowie des zur Verfügung stehenden Budgets zusammengestellt werden muss.[88]
[...]
[1] Aus: Zimmer/Ickstadt (2002), S. 6.
[2] Vgl. van Eimeren/Gerhard/Frees (2004), S. 351.
[3] Vgl. Holloway (1997).
[4] Aus: Vogel (2001), S. 591.
[5] Vgl. Conrady (2002), S. 62.
[6] Vgl. Wolf (1983), S. 24.
[7] Vgl. Heinrich (2001), S. 304, in Anlehnung an die Pressestatistik.
[8] In dieser Arbeit wird bewusst zwischen einer „Website“, also dem Internetauftritt als Ganzes, und „Webseiten“, also einzeln aufrufbaren Seiten, unterschieden.
[9] Vgl. Heinrich (2001), S. 308 ff.
[10] Vgl. Wirtz (2000), S. 22.
[11] Da Unterhaltung im weitesten Sinne auch eine Information darstellt, werden im Folgenden unter dem Begriff „Informationsleistung“ auch unterhaltende Inhalte gefasst.
[12] Vgl. Maier (2000), S. 62.
[13] Vgl. Wirtz (2000), S. 22 f.
[14] Der Anglizismus „Content“ wird synonym für „Medieninhalt“ verwendet.
[15] Vgl. Zerdick et al. (2001), S. 166.
[16] Vgl. Vogel (2001), S. 590.
[17] Vgl. Stahmer (1995), S. 147.
[18] Aus: Weigand (2003), S. 272.
[19] Vgl. Kiefer (2001), S. 142 f.
[20] Vgl. Weigand (2003), S. 273 ff.
[21] Aus: Siegert (2004), S. 189.
[22] Vgl. Altmeppen (1996), S. 265.
[23] Vgl. Wirtz (2000), S. 30.
[24] Vgl. Heinrich (2001), S. 83.
[25] Vgl. Beyer (2002), S. 201.
[26] Vgl. Sjurts (2002), S. 11.
[27] Vgl. Sjurts (2002), S. 9.
[28] Vgl. Heinrich (2001), S. 94 f.
[29] Vgl. Kiefer (2001), S. 146.
[30] Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2001), S. 352.
[31] Aus: Altmeppen (1996), S. 265.
[32] Vgl. Sjurts (2002), S. 10.
[33] Vgl. Kiefer (2001), S. 177.
[34] Vgl. Hess/Schulze (2004), S. 46.
[35] Vgl. Maier (2000), S. 66.
[36] Vgl. Schweiger (2004), S. 94 f.
[37] Vgl. van Eimeren/Gerhard/Frees (2004), S. 351.
[38] Vgl. van Eimeren/Gerhard/Frees (2004).
[39] Vgl. Sjurts (2002), S. 315 und S. 97.
[40] Vgl. Sjurts (2002), S. 315 und S. 97.
[41] Vgl. Vogel (2002), S. 434
[42] Die Reichweite von Online-Medien wird in Visits und Page Impressions (PIs) gemessen.Visits sind zusammenhängende Besuche einer Website. Hat 15 Minuten lang kein Zugriff stattgefunden, gilt ein Visit als beendet. Als PIs wird dagegen die Anzahl von Zugriffen beliebiger Nutzer auf eine HTML-Seite bezeichnet (vgl. BVDW (2005)).
[43] Vgl. Neuberger (2003), S. 70.
[44] Weblogs oder kurz „Blogs“ sind von privaten Nutzern erstellte Websites mit der Funktion von virtuellen Tagebüchern.
[45] Vgl. Neuberger (2003), S. 74.
[46] Vgl. Heinrich (2001), S. 128 ff.
[47] Vgl. Wirtz (2003), S. 562.
[48] Vgl. Wirtz (2003), S. 125.
[49] Vgl. Zerdick et al. (2001), S. 153 ff.
[50] Vgl. dazu Abschnitt 3.3.2.1 und Abb. 8.
[51] Das Konzept des Produktlebenszyklus unterscheidet nach den Wachstumsraten des Umsatzes zwischen der Einführungs-, Wachstums-, Reife- und Sättigungs- und Degenerationsphase eines Produktes. Einen Überblick über das Modell geben bspw. Meffert (2000), S. 338 ff. oder Hansmann (2001), S. 61 ff.
[52] Vgl. van Eimeren/Gerhard/Frees (2004).
[53] Vgl. Sjurts (2002), S. 101.
[54] Vgl. Sjurts (2002), S. 315 und S. 98.
[55] Vgl. ZAW (2005).
[56] Vgl. Meyer-Lucht (2004a), S. 37.
[57] Vgl. dazu auch die Ausführungen zur Werbebanner-Reichweiten-Spirale in Abschnitt 2.4.3.
[58] Vgl. Breunig (2004), S. 397.
[59] Vgl. VDZ (2004b).
[60] Vgl. Sjurts (2002), S. 102.
[61] Vgl. Sjurts (2002), S. 318.
[62] Aus: Siegert (2001), S. 119.
[63] Um das Gesamtsystem des Verlagsmarketing darzustellen, wurde die Zeichnung so übernommen, dass sie sowohl für Print- als auch für Online-Zeitschriften gültig ist. Es ist evident, dass für Online-Zeitschriften der Bereich „Druckerei“ wegfällt.
[64] Vgl. Müller-Kalthoff (2002), S. 25.
[65] Als „Kannibalisierung“ wird das Sinken von Erträgen bei Produkten aufgrund der Einführung eines neuen Produktes bezeichnet (vgl. Kotler/Bliemel (2001), S. 544).
[66] Vgl. Dierks (2002), S. 124.
[67] Vgl. Böning-Spohr/Hess (2002).
[68] Vgl. Zerdick et al. (2001), S. 169.
[69] Vgl. Dührkoop (1999), S. 115 f.
[70] Aus: Dührkoop (1999), S. 117.
[71] Vgl. Hess/Anding, (2002), S. 165 f.
[72] Vgl. Keuper/Hans (2003), S. 262.
[73] Vgl. Keuper/Hans (2003), S. 263.
[74] Vgl. Zerdick et al. (2001), S. 169 ff.
[75] Vgl. Meffert (2000), S. 972.
[76] Vgl. Beyer (2002), S. 201.
[77] Vgl. Wirtz/Lihotzky (2001), S. 291.
[78] Vgl. Vogel (2001), S. 591.
[79] Vgl. Böcker/Helms (2003), S. 51 ff.
[80] Vgl. im Folgenden – soweit nicht anders angegeben - Neuberger (2003), S. 38 ff.
[81] Die einfachste Form der Inhalte-Verwertung wäre die „Imitation“, also die formale und inhaltliche 1:1-Übertragung des Print-Angebotes ins Netz als reines E-Paper. Da dies aber nach der vorgenommenen Abgrenzung nicht als Online-Zeitschrift verstanden werden kann, wird dieser Fall nicht weiter betrachtet.
[82] Vgl. Brüggemann (2003), S. 18.
[83] Aus: Brüggemann (2003), S. 18.
[84] Vgl. z.B. Meffert (2000), Kotler/Bliemel (2001), Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (2002), Weis (2001),Wirtz (2003).
[85] Aus: Kotler et al. (2003), S. 191.
[86] Vgl. z.B. Siegert (2001) und Meffert (2000).
[87] Wie im Abschnitt „Gang der Untersuchung“ bereits angedeutet (vgl. Abschnitt 1.2.), wird der Bereich der Distributionspolitik im Rahmen dieser Arbeit nicht näher betrachtet.
[88] Vgl. Meffert (2000), S. 969 f.
- Arbeit zitieren
- Sonja Pölig (Autor:in), 2005, Die Anwendung des absatzpolitischen Instrumentariums auf Online-Zeitschriften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48555
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