- “How can you read that again?“
- “It’s good.”
- “Yeah, but you read it like a thousand times.” - “I enjoy it.”
- “I always thought the pleasure of a book is in wanting to know what happens next.”
Ein anscheinend unbedeutendes Gespräch zwischen dem Protagonisten Leonard und seiner Frau, und doch könnte es bezeichnender nicht sein für MEMENTO einen Film, den man nicht sieht, um zu wissen, was als nächstes passiert; einen Film, den man mehr als einmal sehen kann und der trotzdem nicht langweilig wird, einen Film, den man sogar mehr als einmal sehen muss, um ihn gänzlich zu verstehen; mit einem Protagonisten, der sich weder daran erinnern kann, was er gerade getan hat noch was er im nächsten Augenblick vorhatte zu tun. Das Vergnügen an MEMENTO - der faszinierenden Geschichte eines Mannes, der sein Kurzzeitgedächtnis verloren hat und trotzdem versucht den Mord an seiner Frau zu rächen - besteht im Gegensatz zu einer konventionellen Erzählung gerade darin, wissen zu wollen, was zuvor passiert ist, und das verworrene Puzzle Stück für Stück von hinten nach vorne zusammenzusetzen. Denn diese Geschichte wird - was wohl jedem Zuschauer als Hauptmerkmal des Films in Erinnerung bleibt - rückwärts erzählt.
Ziel dieser Arbeit soll es sein, diese unkonventionelle Erzählstrategie zu analysieren, sie mit der klassischen Hollywood-Narration zu vergleichen und hierbei entscheidende Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Besonderheiten herauszuarbeiten.
Für die Analyse wird die kognitivistische Theorie und Analysemethode Bordwells bzw. Branigans angewandt. Besonderes Augenmerk soll außerdem auf Phänomene wie Subjektivierung, unzuverlässiges Erzählen und den implizierten Autor (impliedauthor),dessen Präsenz durch den Zuschauer konstruiert wird und der häufig als der „große Bildermacher“ bezeichnet wird, allerdings keine reale Person darstellt, gelegt werden. (Vgl. Branigan 1992, S.94).
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Memento: Plot und Story
2.1. Organisation und Struktur des Plots
2.2. Aufbau und Struktur der einzelnen Szenen
2.3. Rekonstruktion der Story
3. Analyse
3.1. Cues und Hypothesen
3.1.1. Die Anfangsszene
3.1.2. Erste Schwarz-Weiß-Szene
3.1.3. Erste reguläre Szene in Farbe (Szene V )
3.1.4. Die letzte Szene (22A )
3.2. Kausalität
3.3. Allgemeine Eigenschaften und Strategien der Narration
3.4. Fokalisierung
3.4.1. Szene 1 (Erste s/w-Szene)
3.4.2. Szene V
3.4.3. Analyse des Flashbacks in Szene
4. Die Unzuverlässigkeit Leonards und der implied author
4.1. Der Fehler im Autokennzeichen
4.2. Das Insert
4.3. Leonards Frau
4.4. Die „I’ve done it“-Tätowierung
5. Fazit
6. Quellenverzeichnis
7. Anhang
1. Einleitung
- “How can you read that again?“
- “It’s good.”
- “Yeah, but you read it like a thousand times.”
- “I enjoy it.”
- “I always thought the pleasure of a book is in wanting to know what happens next.”
Ein anscheinend unbedeutendes Gespräch zwischen dem Protagonisten Leonard und seiner Frau, und doch könnte es bezeichnender nicht sein für Memento – einen Film, den man nicht sieht, um zu wissen, was als nächstes passiert; einen Film, den man mehr als einmal sehen kann und der trotzdem nicht langweilig wird, einen Film, den man sogar mehr als einmal sehen muss, um ihn gänzlich zu verstehen; mit einem Protagonisten, der sich weder daran erinnern kann, was er gerade getan hat noch was er im nächsten Augenblick vorhatte zu tun. Das Vergnügen an Memento – der faszinierenden Geschichte eines Mannes, der sein Kurzzeitgedächtnis verloren hat und trotzdem versucht den Mord an seiner Frau zu rächen – besteht im Gegensatz zu einer konventionellen Erzählung gerade darin, wissen zu wollen, was zuvor passiert ist, und das verworrene Puzzle Stück für Stück von hinten nach vorne zusammenzusetzen. Denn diese Geschichte wird – was wohl jedem Zuschauer als Hauptmerkmal des Films in Erinnerung bleibt –rückwärts erzählt.
Ziel dieser Arbeit soll es sein, diese unkonventionelle Erzählstrategie zu analysieren, sie mit der klassischen Hollywood-Narration zu vergleichen und hierbei entscheidende Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Besonderheiten herauszuarbeiten.
Für die Analyse wird die kognitivistische Theorie und Analysemethode Bordwells bzw. Branigans angewandt. Besonderes Augenmerk soll außerdem auf Phänomene wie Subjektivierung, unzuverlässiges Erzählen und den implizierten Autor (implied author), dessen Präsenz durch den Zuschauer konstruiert wird und der häufig als der „große Bildermacher“ bezeichnet wird, allerdings keine reale Person darstellt, gelegt werden. (Vgl. Branigan 1992, S.94).
2. Memento: Plot und Story
2.1. Organisation und Struktur des Plots
Memento besteht aus zwei verschiedenen Erzählsträngen, die durch ihre stilistische Gestaltung leicht voneinander zu unterscheiden sind. Der eine Strang ist in Farbe gedreht und erzählt Szene für Szene die Geschichte vom Ende bis zum Anfang, läuft sozusagen rückwärts, aber trotzdem linear ab. Der andere Strang wird ausschließlich in Schwarz-Weiß-Bildern erzählt und läuft chronologisch vorwärts ab. Die beiden Stränge sind in einem konsequenten Wechsel – eine Szene in Farbe, eine in schwarz-weiß – miteinander verstrickt. Um dem Zuschauer das Zusammensetzen der Reihenfolge der rückwärts angeordneten Szenen zu erleichtern, überlappen diese leicht. Das heißt, einige Sekunden des Anfangs einer Szene werden am Ende der darauf folgenden Szene wiederholt.
Am Ende des Films treffen sich der schwarz-weiße Strang und der in Farbe an einem Zeitpunkt und verschmelzen ineinander. Der Erzählstrang in schwarz-weiß beschreibt also, was bis zu diesem Zeitpunkt geschehen ist, wohingegen der in Farbe gedrehte Strang Stück für Stück „rückwärts“ all das erzählt, was nach diesem Zeitpunkt geschehen ist. Innerhalb dieser zwei Erzählstränge tauchen zusätzlich Rückblenden auf, die je nachdem ebenfalls entweder in schwarz-weiß oder in Farbe gezeigt werden. Die Rückblenden innerhalb des schwarz-weißen Erzählstrangs beziehen sich auf die Geschichte eines gewissen Sammy Jankis’, während die in Farbe sich auf die Erinnerungen an die Frau des Protagonisten sowie die Tatnacht beziehen.[1]
Der Strang in Farbe beginnt mit dem Mord an Teddy, der sich als ein vermeintlicher Freund Leonards herausstellt. Wir erfahren, dass Leonard glaubt, Teddy sei der Mörder seiner Frau und derjenige, der ihm die Kopfverletzung zugefügt hat, und ihm somit die Fähigkeit neue Erinnerungen zu speichern genommen hat. Im weiteren Verlauf der Geschichte stellt sich heraus, dass eine gewisse Natalie Leonard dabei geholfen hat, Teddy als den Täter zu entlarven. Teddy hingegen versucht während des ganzen Films Leonard davon zu überzeugen, dass Natalie keine vertrauenswürdige Person sei.
Der Strang in Schwarz-Weiß spielt sich fast ausschließlich (mit Ausnahme der Rückblenden) im Hotelzimmer Leonards ab. Leonard erklärt über Voice-Over in einer Art Selbstgespräch, wie er sein Leben trotz seines Zustandes organisiert. Wir sehen, wie er sich selbst Fakten auf die Haut tätowiert und erfahren aus einem Telefongespräch mit einer uns unbekannten Person, dass Leonard in seiner ehemaligen Tätigkeit als Versicherungsangestellter den Auftrag erhielt, in der Sache Sammy Jankis’ zu ermitteln. Sammy hatte nach einem Verkehrsunfall mit seiner Frau ebenfalls das Kurzzeitgedächtnis verloren. Da sich durch verschiedene Untersuchungen herausstellte, dass Sammys Zustand psychischer und nicht physischer Natur ist, brauchte die Versicherung aufgrund einer Vertragsklausel nicht für den Schaden aufzukommen. Sammys Frau glaubte, sie könnte ihren Ehemann aus diesem Zustand befreien, indem sie ihn auf eine letzte harte Probe stellt. Die Zuckerkranke bittet ihren Mann mehrmals hintereinander darum, ihr Insulin zu spritzen. Der Test hat jedoch keine Wirkung auf Sammy, der nach dem Tod seiner Frau ins Heim kommt.
Die letzte Szene des Films beginnt zunächst in Schwarz-Weiß. Leonard erhält von Teddy, der sich als Officer Gammel ausgibt, einen Tipp, der ihn zu dem vermeintlichen Mörder führt. In einer verlassenen Baracke bringt Leonard diesen um. Teddy kommt ebenfalls zum Tatort. Als Leonard in Panik gerät, klärt Teddy ihn darüber auf, dass in Wirklichkeit er selbst seine Frau durch eine Insulinüberdosis umgebracht hat.[2]
Die außergewöhnliche Plotstruktur erfüllt bei der Vermittlung der Story verschiedene Funktionen. Zunächst einmal macht gerade diese Erzählstrategie die Geschichte interessant, indem sie immer wieder für neue Überraschungen und Auflösungen sorgt, die in chronologischer Reihenfolge gar nicht entstünden. Zudem spiegelt der Plot den psychischen Zustand des Protagonisten Leonard wider. Der Zuschauer wird in eine ähnliche Lage versetzt wie er. Beide wissen nicht (bzw. erinnern sich nicht), was Leonard noch vor fünf Minuten getan hat. So wie Leonard versucht auch der Zuschauer ein Puzzle aus Indizien zu einem großen Ganzen zusammenzusetzen. Mit dem einzigen Unterschied, dass der Zuschauer zumindest im Laufe des Films eine Art Gedächtnis aufbauen kann, während Leonard komplett für den Moment leben muss. Um dem Film folgen zu können, muss der Zuschauer eine sehr aktive Rezeptionshaltung einnehmen.
2.2. Aufbau und Struktur der einzelnen Szenen
Die narrative Struktur des klassischen Hollywoodfilms wird nicht nur auf der Makroebene des ganzen Films auf den Kopf gestellt, sondern auch auf der Mikroebene der einzelnen Szene. Bordwell beschreibt den Aufbau einer klassischen Szene wie folgt: Die erste Einstellung ist häufig eine Totale oder Halbtotale (establishing shot), in der die Figuren, der Ort und die Zeit präsentiert werden. Diese Einstellung dient dem Zuschauer zur Orientierung. In den nächsten Einstellungen wird die Szene in nähere Einstellungen der agierenden Figuren aufgebrochen. Am Ende der Szene findet man häufig eine Detailaufnahme oder Nahaufnahme zum Beispiel von der Reaktion auf dem Gesicht einer der Figuren oder von einem bedeutenden Objekt, um eine Brücke zur nächsten Szene zu bauen. (Vgl. Bordwell 1985, S.162).
In Memento wird schon in der ersten s/w-Szene sowie der darauf folgenden farbigen Szene diese Struktur umgekehrt. Die Einstellungen fangen bei Detailaufnahmen an, gehen über Groß- und Nahaufnahmen zu Halbnahen und Halbtotalen.[3] Bis auf wenige Ausnahmen sind fast alle Szenen so strukturiert; allerdings wird das Muster nicht immer so stringent eingehalten wie in den ersten Szenen (Szene P fängt z.B. mit einer Totalen von Natalies Haus an). Generell ist aber die Tendenz zu beobachten, vom Kleinen zum Großen zu gehen und nicht umgekehrt. Der Film beinhaltet aber auch insgesamt auffällig viele Nah- und Detailaufnahmen und nur wenige (Halb-)Totalen. Diese Wahl der Einstellungsgrößen betont den fragmentarischen, puzzleartigen Charakter der Erzählung.
2.3. Rekonstruktion der Story
Zunächst kann man die Story der Übersichtlichkeit halber in zwei Teile teilen, nämlich in eine Vorgeschichte und in die „eigentliche“ Geschichte. Erstere besteht sozusagen aus einer Vergangenheit, die sich nur durch Flashbacks und vor allem durch die Berichte der Figuren erschließen lässt. Letztere hingegen wird uns sozusagen direkt und nicht durch den Bericht oder die Erinnerungen einer Figur in filmischen Bildern vermittelt. Während dieser Teil nahezu lückenlos und logisch rekonstruiert werden kann, lässt der Plot bezüglich der Vorgeschichte Raum für unterschiedliche Interpretationen und Spekulationen. Genauso verhält es sich mit der erzählten Zeit. Während wir die Zeit, die seit dem Mord an Leonards Frau vergangen ist, schwer einschätzen können (sind es Monate oder Jahre?), handelt es sich bei der „eigentlichen“ Geschichte um einen relativ gut einzugrenzenden Zeitraum von wenigen Tagen.
[Die Vorgeschichte:] Die Ehefrau Leonard Shelbys wird nachts von Einbrechern im eigenen Haus vergewaltigt. Bei dem Versuch seiner Frau zu helfen, erschießt Leonard einen der Gangster, wird von einem zweiten niedergeschlagen und so schwer am Kopf verletzt, dass sein Gehirn einen schweren Schaden davonträgt: Er kann auf Dauer keine neuen Erinnerungen speichern, weiß also nur noch Dinge, die vor dem Überfall geschahen. Seine Frau überlebt den Überfall und muss von nun an mit dem behinderten Leonard leben. Da sich seine Frau mit Leonards Zustand nicht abfinden kann, unterzieht sie ihn eines Testes. Die Zuckerkranke lässt sich innerhalb eines kurzen Abstandes mehrmals Insulin von ihm spritzen, um herauszufinden, ob Leonard sich wirklich an nichts erinnern kann. Seine Frau stirbt daraufhin an der Überdosis Insulin. Leonard sieht in seinem Leben nur noch den Sinn der Rache an dem entkommenen Vergewaltiger und - wie er jetzt glaubt - Mörder seiner Frau, den er mit Hilfe eines Polizisten findet und umbringt. Leonard wird in eine psychiatrische Anstalt gesteckt, aus der er flüchten kann. Tief im Unterbewusstsein, weiß er, dass er seine Frau selbst umgebracht hat. Durch Konditionierung gelingt es ihm neue Erinnerungen zu erschaffen bzw. alte zu manipulieren und projiziert bestimmte Teile seines Lebens wie z.B. die Zuckerkrankheit seiner Frau auf Sammy Jankis’ Leben. (Sammy war ein Mann der vortäuschte sein Kurzzeitgedächtnis verloren zu haben und dessen Fall Leonard prüfen musste, als er noch für eine Versicherung als Ermittler arbeitete.) Er ist der festen Überzeugung, dass seine Frau bei dem Überfall ums Leben gekommen ist und versucht erneut den Vergewaltiger und Mörder zu finden und Rache zu üben. Schließlich ist dies der einzige Sinn im Leben Leonards. Mithilfe von Polaroidphotos und kurzen Beschriftungen sowie Tattoos auf seinem Körper für die wichtigsten Informationen organisiert er sein Leben und seinen Rachefeldzug.[4]
[Hier beginnt die „eigentliche“ Geschichte:] Sein Zustand wird jedoch von dem korrupten Ex-Polizisten Teddy ausgenutzt. Leonard bringt so einen weiteren vermeintlichen Verdächtigen um, wodurch Teddy sich einer großen Summe Drogengelder bereichern will. Nach dem Mord gesteht Teddy dem misstrauisch gewordenen Leonard, dass der Verdächtige nicht der Mörder seiner Frau war und klärt ihn über die wahre Geschichte auf. Zum einen darüber, dass in Wahrheit Leonard seine Frau mit dem Insulin getötet hat und zum anderen darüber, dass er Leonard benutzt hat, um an das Geld des Drogendealers Jimmy zu kommen, mit dem er ein Treffen zu einer angeblichen Drogenübergabe arrangiert hatte. Leonard ist schockiert, will sich jedoch an all das nicht mehr erinnern. Er manipuliert sich selbst erneut und schreibt das Kennzeichen Teddys als Hinweis auf den Mörder auf.
Leonard erlaubt sich die Wahrheit zu vergessen und geht erneut auf die Suche nach dem Täter, wobei ihm Natalie, die Freundin seines vorherigen Opfers, dem Drogendealer Jimmy, hilft. Sie will sich ebenfalls an Teddy rächen und benutzt Leonard für ihre Zwecke. Teddy hingegen versucht weiterhin Leonard zu kontrollieren, da er ahnt, dass Natalie versucht diesen gegen ihn auszuspielen. Schließlich hat Leonard alle nötigen Hinweise gesammelt, um Teddy als vermeintlichen Mörder zu entlarven und bringt ihn um.
3. Analyse
3.1. Cues und Hypothesen
Bei einer Analyse nach der Methode Bordwells wird zuerst untersucht, inwiefern der Plot (Syuzhet) in Bezug auf logische, zeitliche und räumliche Aspekte mit der Story (Fabula), die wir konstruieren, korrespondiert. Dabei sucht man nach den Hinweisen (cues), die der Plot bietet, wie zum Beispiel Lücken (gaps) oder Muster. (Vgl. Bordwell 1985, S.54ff). Besonders die Lücken, die beim Zuschauer Fragen zur Story aufwerfen und ihn zur Bildung von Hypothesen animieren, sind für die Narrationsanalyse von großer Bedeutung. Die Narration besteht gemäß Bordwell aus der Interaktion von Syuzhet und Stil, die den Zuschauer bei der Storykonstruktion lenken. (Vgl. Bordwell 1985, S.53). Daher werden in dieser Arbeit auch stilistische Mittel, die entscheidend zur Konstruktion der Story beitragen, untersucht.
Wie durch Kapitel 2.1. und 2.3. deutlich geworden ist, herrscht in Memento zwischen Story und Plot extrem geringe Korrespondenz. Anhand der Analyse der cues soll hier untersucht werden, inwiefern die „Rückwärts“-Narration anders als oder eben doch ähnlich wie eine konventionelle Erzählung funktioniert.
3.1.1. Die Anfangsszene
Bordwell erachtet den Anfang eines Films als exemplarisch für den ganzen Film, da hier die Grundsteine für die Hypothesenbildung und die Rezeptionshaltung des Zuschauers gelegt werden. (Vgl. Bordwell 1985, S.38). Daher sollen besonders die ersten Szenen unter die Lupe genommen werden.
Schon der Einstieg in Memento verlangt vom Zuschauer ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit. Völlig unvorbereitet wird er mit einer rückwärts ablaufenden Szene konfrontiert. Während die Titel noch über das Bild laufen, sehen wir eine Hand, die ein Polaroidphoto wedelt, das sich jedoch nicht entwickelt, sondern verblasst. Dann wird das Photo zurück in die Kamera geschoben und wir sehen das Gesicht eines jungen Mannes. Darauf folgen Detailaufnahmen von Blut, das an einer Wand hochfließt, von einer Patronenhülse und einer Brille und letztendlich das männliche Opfer, das mit dem Gesicht zum Boden in einer Blutlache liegt. Dann fliegt der Revolver in die Hand des jungen Mannes, die Hülse fliegt zurück in den Revolver und der am Boden liegende Mann wird rückwärts erschossen – sozusagen wieder zum Leben erweckt.
[...]
[1] Mit einer Ausnahme: in der letzten Szene (22A) mischen sich kurze Flashbacks in Farbe in die noch schwarz-weißen Aufnahmen.
[2] Für eine genauere Erklärung der letzten Szene s. Kapitel 3.1.4.
[3] s. Anhang Bildtafel 1
[4] Wie gesagt ist dies eine Version des Geschehens vor dem Überfall. Man könnte indes z.B. darüber spekulieren, ob Leonard und seine Frau wirklich eine gute Ehe führten (wie z.B. Rob Content es in seiner Review in Film Quarterly tut)* oder darüber wie viele „John G.s“ Leonard schon getötet hat etc. Dies soll jedoch nicht Ziel dieser Arbeit sein. Die inhaltliche Zusammenfassung der Story soll lediglich eine mögliche, logische und wahrscheinliche Version liefern.
*(Vgl. Content, Rob (2003): Memento. In: Film Quarterly, Vol. 56, Nr.4, S. 36-41)
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- Claudia Schnurbus (Autor), 2004, Memento - Eine Narrationsanalyse, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/48127
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