Die Abnahme der Leistung des Auftragnehmers durch den Besteller stellt eine entscheidende Zäsur in der Abwicklung von Bauverträgen dar. Der Auftragnehmer erwartet die Abnahme als Bestätigung der von ihm erbrachten Leistungen als vertragsgerecht und frei von wesentlichen Mängeln. Für den Auftraggeber stellt die Abnahme die letzte Möglichkeit dar, die Leistungen des Auftragnehmers wegen bekannter Vertragswidrigkeit oder wegen bekannter Mängel zu rügen und entsprechend eine ordnungsgemäße Leistungserbringung zu fordern. Erklärt er bezüglich bekannter Mängel oder bezüglich seines Vertragsstrafenanspruches bei der Abnahme keinen Vorbehalt, so verliert er seinen Anspruch hierauf.
Als Bauabnahme wird der Übergang von der Bauphase in die Nutzungsphase bezeichnet.
Zu Unterscheiden sind dabei die öffentlichrechtliche und die privatrechtliche Bauabnahme.
Gliederung
Vertragsklauseln
- 1 Abnahme
- 2 Gewährleistung
- 3 Verjährung
Erläuterungen
Zu § 1 Abnahme
Zu §§ 2 und 3 Gewährleistung und Verjährung
Vertragsklauseln
- 1 Abnahme
1. Verlangt der Auftragnehmer nach der Fertigstellung- gegebenenfalls auch vor Ablauf der
vereinbarten Ausführungsfrist- die Abnahme der Leistung, so hat sie der Auftraggeber binnen 12 Werktagen durchzuführen; eine andere Frist kann vereinbart werden.
2. Auf Verlangen sind in sich abgeschlossene Teile der Leistung besonders abzunehmen.
3. Wegen wesentlicher Mängel kann die Abnahme bis zur Beseitigung verweigert werden.
4.
(1) Eine förmliche Abnahme hat stattzufinden, wenn eine Vertragspartei es verlangt. Jede Partei kann auf ihre Kosten einen Sachverständigen zuziehen. Der Befund ist in gemeinsamer Verhandlung schriftlich niederzulegen. In die Niederschrift sind etwaige Vorbehalte wegen bekannter Mängel und wegen Vertragsstrafe aufzunehmen, ebenso etwaige Einwendungen des Auftragnehmers. Jede Partei erhält eine Ausfertigung.
(2) Die förmliche Abnahme kann in Abwesenheit des Auftragnehmers stattfinden, wenn der Termin vereinbart war oder der Auftraggeber mit genügender Frist dazu eingeladen hatte. Das Ergebnis der Abnahme ist dem Auftragnehmer alsbald mitzuteilen.
5.
(1) Wird keine Abnahme verlangt, so gilt die Leistung als abgenommen mit Ablauf von 12 Tagen nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung.
(2) Wird keine Abnahme verlangt und hat der Auftraggeber die Leistung oder einen Teil der Leistung in Benutzung genommen, so gilt die Abnahme nach Ablauf von 6 Werktagen nach Beginn der Benutzung als erfolgt, wenn nichts anderes vereinbart ist.
Die Benutzung von Teilen einer baulichen Anlage zur Weiterführung der Arbeiten gilt nicht als Abnahme.
6.
Mit der Abnahme geht die Gefahr auf den Auftraggeber über, soweit er sie nicht schon
gemäß §… (Verteilung der Gefahr) trägt.
- 2 Gewährleistung
1.
Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber seine Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen. Die Leistung ist zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Ist die Beschaffenheit nicht vereinbart, so ist die Leistung zur Abnahme frei von Sachmängeln,
(1) wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
(2) für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten kann.
2. Nacherfüllung
Der Auftragnehmer ist verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervortretenden Mängel, die auf vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Frist schriftlich verlangt.
3. Zurückbehaltungsrecht
Kann der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, so kann er nach Abnahme die Zahlung eines angemessen Teil der Vergütung verweigern, mindestens in Höhe des Dreifachen der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten.
4. Selbstvornahme
(1) Kommt der Auftragnehmer der Aufforderung zur Mängelbeseitigung in einer vom Auftraggeber gesetzten angemessenen Frist nicht nach, so kann der Auftraggeber die Mängel auf Kosten des Auftragnehmers selbst beseitigen.
(2) Wahlweise kann der Auftraggeber auch eine Drittfirma mit der Mängelbeseitigung beauftragen. Der Auftragnehmer hat die anfallenden Kosten zu ersetzen.
5. Minderung
(1) Ist die Beseitigung des Mangels für den Auftragnehmer unzumutbar oder ist sie unmöglich oder würde sie einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern und wird sie deshalb vom Auftragnehmer verweigert, so kann der Auftraggeber durch Erklärung gegenüber dem Auftragnehmer die Vergütung mindern.
(2) Die herabgesetzte Vergütung ist wie folgt zu berechnen:
Herabgesetzte Vergütung = vereinbarte Vergütung x wirklicher Wert der Leistung
Wert der mängelfreien Leistung
6. Schadensersatz
(1) Der Auftragnehmer haftet bei schuldhaft verursachten Mängeln für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit.
(2) Bei vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten Mängeln haftet er für alle Schäden.
(3) Im Übrigen ist dem Auftraggeber der Schaden an der baulichen Anlage zu ersetzen, zu deren Herstellung, Instandhaltung oder Änderung die Leistung dient, wenn ein wesentlicher Mangel vorliegt, der die Gebrauchsfähigkeit erheblich beeinträchtigt und auf ein Verschulden des Auftragnehmers zurückzuführen ist.
(4) Einen darüber hinausgehenden Schaden hat der Auftragnehmer nur zu ersetzen, wenn der Mangel
a) auf einem Verstoß der anerkannten Regeln der Technik beruht,
b) im Fehlen der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit liegt oder
c) durch eine Versicherung mit nicht außergewöhnlichen Prämien hätte
versichert werden können.
7. Aufwendungsersatz
(1) An Stelle des Schadenersatzes statt der Leistung ist der Auftraggeber berechtigt, vom Auftragnehmer Ersatz seiner vergeblichen Aufwendungen zu verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und machen durfte.
(2) Der Aufwendungsersatzanspruch ist ausgeschlossen, wenn der Zweck der gemachten Aufwendungen auch ohne die Pflichtverletzung des Auftragnehmers nicht erreicht worden wäre.
- 3 Verjährung
(1) Die Gewährleistungsfrist beträgt für Planungs- und Überwachungsleistungen zu Bauwerken sowie Bauleistungen fünf Jahre und beginnt mit deren Abnahme.
(2) a) Der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel nach § 2 Nr. 2 dieses
Vertrages, verjährt in 2 Jahren, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an, jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach § 13 Nr. 5 VOB/B oder an ihrer Stelle vereinbarten Frist.
b) Nach Abnahme der Mängelbeseitigung beginnt für diese Leistung eine Verjährungsfrist von 2 Jahren neu, die jedoch nicht vor Ablauf der Regelfristen nach § 13 Nr. 4 VOB/B oder an ihrer Stelle vereinbarten Frist endet.
(3) Der Schadensersatzanspruch nach § 2 Nr. 6 dieses Vertrages, verjährt nach den gesetzlichen Verjährungsfristen der VOB/B, soweit sich der Auftragnehmer durch Versicherung geschützt hat oder hätte schützen können.
(4) Im Übrigen gelten die gesetzlichen Verjährungsfristen der VOB/B.
(5) Die Frist beginnt mit der Abnahme der gesamten Leistung; nur für in sich abgeschlossenen Teile der Leistung beginnt sie mit der Teilabnahme (§ 12 Nr. 2a VOB/B).
Erläuterungen zu § 1
1. Begriff und Bedeutung der Abnahme
Die Abnahme der Leistung des Auftragnehmers durch den Besteller stellt eine entscheidende Zäsur in der Abwicklung von Bauverträgen dar. Der Auftragnehmer erwartet die Abnahme als Bestätigung der von ihm erbrachten Leistungen als vertragsgerecht und frei von wesentlichen Mängeln.[1] Für den Auftraggeber stellt die Abnahme die letzte Möglichkeit dar, die Leistungen des Auftragnehmers wegen bekannter Vertragswidrigkeit oder wegen bekannter Mängel zu rügen und entsprechend eine ordnungsgemäße Leistungserbringung zu fordern. Erklärt er bezüglich bekannter Mängel oder bezüglich seines Vertragsstrafenanspruches bei der Abnahme keinen Vorbehalt, so verliert er seinen Anspruch hierauf.
Als Bauabnahme wird der Übergang von der Bauphase in die Nutzungsphase bezeichnet.
Zu Unterscheiden sind dabei die öffentlichrechtliche und die privatrechtliche Bauabnahme.
1.1. Öffentlichrechtliche Bauabnahme
Bei der öffentlichrechtlichen Bauabnahme wird, nach einem durch den Bauherrn eingereichten Antrag, nach Fertigstellung des Rohbaus, eine Prüfung durch die Baugenehmigungsbehörde vorgenommen. Das Bauordnungsamt nimmt den Rohbau ab. Der Rohbau gilt als fertig gestellt, wenn alle statisch notwendigen Bauteile, Kamine und Dachkonstruktion ausgeführt sind, also die Standsicherheit, der Schall- und Wärmeschutz, sowie die Feuersicherheit beurteilt werden können. Ebenso findet eine Schlussabnahme statt. Diese erfolgt nach Fertigstellung aller für die Errichtung des Bauwerks erforderlichen Bauarbeiten und einer Bescheinigung über die Funktion der Heizungs- und Kaminanlagen und dokumentiert somit die Möglichkeit des Nutzungsgebrauchs (Wohnbewilligung - Gewerbenutzung).
1.2. Privatrechtliche Abnahme
Die privatrechtliche Abnahme ist in § 640 BGB und in § 12 VOB/B geregelt. Die Einzelheiten hängen dabei von den Vereinbarungen der Vertragsparteien ab u. a. ob die VOB vereinbart ist oder alleine das BGB gilt.
1.2.1. Abnahme beim BGB-Vertrag
Jede Bauleistung muss vom Bauherrn abgenommen werden. Die Abnahmepflicht ist eine Besonderheit des Werkvertragsrechts und stellt eine Hauptpflicht des Bauherrn dar. Die Abnahme setzt voraus, dass die Bauleistung (bis auf geringfügige Mängel oder restliche Arbeiten) erbracht ist.[2] Solange das Bauwerk noch Mängel aufweist kann der Auftraggeber die Abnahme verweigern. Beim BGB-Bauvertrag kann die Abnahme auch bei unwesentlichen Mängeln verweigert werden, es sein denn, dies ist im Einzelfall rechtsmissbräuchlich.[3] Lehnt der Auftraggeber die Abnahme grundlos ab, dann kann der Auftragnehmer auf Abnahme und/ oder Zahlung der Vergütung klagen.[4]
Die Abnahme betrifft immer nur das vertragsmäßig hergestellte Werk. Demzufolge ist unter Abnahme, die körperliche Annahme der vollendeten geschuldeten Leistung und deren Billigung als vertragsgemäß zu verstehen.[5] Die körperliche Entgegennahme von Bauleistungen kommt meistens nicht in Betracht, da der Bauherr als Besitzer und Eigentümer des Baugrundstücks bereits die tatsächliche Gewalt über die Bauleistung mit deren Erbringung erlangt hat. In diesen Fällen kann die Abnahme daher auch nur in der Anerkennung (Billigung) der Bauleistung als vertragsgemäß bestehen.[6]
1.2.2. Abnahme beim VOB-Bauvertrag
Für die Abnahme beim VOB-Bauvertrag bestimmt § 12 VOB/B einige Sonderregelungen, die über die allgemeinen Abnahmebestimmungen des BGB hinausgehen.
Dessen ungeachtet gelten für den VOB-Bauvertrag auch die allgemeinen Grundsätze der Abnahme. Diese kann ausdrücklich und auch konkludent durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Jedoch stellt auch hier die Abnahme einer Leistung nur die Anerkennung des Werkes, als eine Hauptsache nach vertragsgemäßer Leistung, dar.[7] Der Auftragnehmer muss dem Auftraggeber die Bauleistung als im Wesentlichen fertig gestellt überlassen und der Auftraggeber muss sie als im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung akzeptieren. Das bedeutet einerseits, dass die Leistung nicht zwingend vollständig fertig gestellt sein muss, jedoch im Wesentlichen.[8] Andererseits muss die Leistung im Wesentlichen mangelfrei sein, d.h. das ihr bestimmungsgemäßer Gebrauch nicht erheblich eingeschränkt sein darf.[9] Das Vorhandensein und die Rüge von Mängeln schließt die Abnahme daher grundsätzlich noch nicht aus.
Da die Abnahme für den Auftragnehmer von grundlegender Bedeutung ist, muss die Abnahme sorgfältig vorbereitet werden.
So ist grundsätzlich der Auftraggeber zur Erklärung der rechtgeschäftlichen Abnahme berechtigt. Weiterhin hat der Auftragnehmer darauf zu achten, dass die von ihm beizufügenden Unterlagen im Abnahmezeitpunkt vorliegen, wie z.B. Prüfzeugnisse für Materialien.
[...]
[1] Franke/ Zahner/ Kemper, S. 175
[2] BGH in BauR 1970,S. 48 und 1972, S. 252; Werner/ Pastor/ Müller, S. 11
[3] BGH in BauR 1996, S. 390; BGH in NJW 1996, S. 1280
[4] BGH in BauR 1996, S. 386
[5] Franke/ Zanner/ Kemper, Der sichere Bauvertrag S.176
[6] BGH in NJW 1968, S. 1524
[7] Werner/ Pastor/ Müller, S. 21
[8] Ingenstau/ Korbion/ Oppler, VOB/B § 12, Rn. 48
[9] Ingenstau/ Korbion/ Oppler, VOB/B § 12, Rn. 105
- Arbeit zitieren
- Lars Jäckel (Autor:in), 2005, Der Architektenvertrag unter besonderer Berücksichtigung der Preisvorschriften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47986
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