Der Minderheitenkommissar der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa war eines der Instrumente, mit denen nach Ende des Kalten Krieges die mit neuer Virulenz auftretenden minderheitenpolitischen Konflikte bearbeitet werden sollten. Im Gegensatz zu anderen wurde ihm eine gute Effektivität attestiert. Dies ist auch Verdienst des ersten Mandatsträgers, des Niederländers van der Stoel. Die Arbeit erforscht die Spezifik seines Wirkens sowie die Charakteristika und Dynamik der Institution anhand eines Konfliktes, den van der Stoel über seine gesamte 8-jährige Mandatszeit begleitete: die rumänisch-ungarische Kontroverse in Siebenbürgen.
Zu Beginn steht eine umfassende Bestandsaufnahme des Konflikts und die Analyse seiner Kernsegmente. Im Anschluss wandert der Fokus auf die beteiligten Akteure. Landesintern waren dies der ungarische Minderheitenverband, die von Anneli Ute Gabanyi als "bürokratisch" klassifizierten Akteure der rumänischen Mehrheitsnation, die in einigen Phasen wirkungsmächtigen nationalistischen Kräfte sowie der in Minderheitenkonflikten häufig in unmittelbarer Nachbarschaft liegende "kin-state" – in diesem Fall die Republik Ungarn. Eine ausführliche Darstellung erfährt schließlich der HKNM als externer Mediator. Hierbei wird in einem ersten Schritt sein Mandat und dessen Positionierung innerhalb der OSZE expliziert. Weiterhin richtet sich der Blick auf Implikationen und Wirkungen der Institution hinsichtlich der Demokratisierung der Reformstaaten im Osten Europas. Ein zweiter Schritt beleuchtet das Konfliktverständnis van der Stoels und seine darauf aufbauende Methodik zu deren Bearbeitung.
Schließlich wird analysiert, wie der HKNM in Siebenbürgen agierte. Anhand dessen wird zugleich deutlich, wie sich die Arbeitsweise des Hochkommissars im Laufe der Zeit veränderte, hin von vielen Einzelaspekten zu einer immer fokussierteren Ausrichtung auf einen zentralen Kernkonflikt. Als diesen identifizierte van der Stoel den Streit um die Restitution einer ungarischsprachigen Universität in Cluj. Die dortige ungarische Hochschule war 1959 mit ihrem rumänischen Pendant zwangsvereinigt und de facto aufgelöst worden. Seit dem politischen Umbruch kämpften Vertreter der ungarischen Minderheit für deren Wiedereröffnung. Die Mediation des HKNM führte zm Kompromiss einer multikulturellen Umgestaltung.
Abschließend wird das Ergebnis der Konfliktbearbeitung evaluiert und die Institution HKNM in ihren Stärken und Schwächen bewertet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ausgangslage
- Entwicklung nach 1989
- Zentrale Konfliktlinien
- Autonomie
- Bildung
- Zur Entstehung der Konfliktlinien
- Zur Rolle der Identität
- Akteure
- Die ungarische Minderheit
- Der RMDSZ
- Die Republik Ungarn
- Die rumänische Seite
- Die Präsidentschaft Iliescu
- Die Koalitionsregierung nach 1996
- Die Nationalisten
- Der Hohe Kommissar für Nationale Minderheiten
- Das Mandat
- Der HKNM als Akteur der OSZE
- Demokratisierungstheoretische Implikationen
- Die ungarische Minderheit
- Konfliktbearbeitung durch den HKNM
- Arbeitsmethodik
- Kommunikation als Methode
- Die Annahme einer Vernetztheit der Konflikte
- Die Anwendung der Methodik van der Stoels in Rumänien
- Sondierung des Konflikts: der Antrittsbesuch
- Die Krise nach dem Bildungsgesetz
- Die Intervention Max van der Stoels
- Der Streit um die ungarische Universität als Zentralkonflikt
- Versuche der Restitution einer ungarischen Universität
- Identität im Wandel: Das Konzept der Multikulturalität
- Eine neue Charta für die Babe#-Bolyai Universität
- Arbeitsmethodik
- Aktueller Stand des Minderheitenkonflikts
- Die ungarische Minderheit
- Der Ungarnverband
- Ungarische Hochschulbildung
- Die rumänische Gesellschaft
- Parteienpolitische Ebene
- Die Ebene politisch-kultureller Öffentlichkeit
- Die ungarische Minderheit
- Zusammenfassende Bewertung des HKNM
- Literaturverzeichnis
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Minderheitenpolitik des Hohen Kommissars für Nationale Minderheiten (HKNM) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Rumänien am Beispiel des Konflikts zwischen der ungarischen und rumänischen Ethnie.
- Die Arbeit analysiert die Arbeitsweise und Methodik des HKNM.
- Sie untersucht die Ziele, Erfolge und Misserfolge des Hohen Kommissars.
- Die Arbeit beleuchtet die Entstehung und Entwicklung des Konflikts zwischen der ungarischen und rumänischen Ethnie in Rumänien.
- Sie untersucht die Rolle der Identität in diesem Konflikt.
- Die Arbeit betrachtet die verschiedenen Akteure, die an diesem Konflikt beteiligt sind, und deren Positionen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Ausgangssituation in Rumänien nach 1989 dar, die durch eine interethnisch polarisierte Krisensituation gekennzeichnet war. Die beiden Hauptkonfliktlinien, die ungarischen Forderungen nach „Autonomie" und „Bildung", werden als die diskursbestimmenden Themen identifiziert.
Das erste Kapitel beleuchtet die Entwicklung der Konfliktlage in Rumänien nach 1989. Die ethnisch indifferente kooperative Grundstimmung nach dem Sturz Ceau\scus wurde bald von einer ethnischen Spaltung der Gesellschaft abgelöst. Die mangelnde Reformwilligkeit der neuen Regierung und die stärker werdenden Forderungen nach Reformen der ethnischen Ungarn verschärften das politische Klima hin zu einer krisenhaften Konstellation. Die beiden Hauptkonfliktlinien, die ungarischen Forderungen nach „Autonomie" und „Bildung", werden im Detail dargestellt.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den Akteuren, die an dem Konflikt beteiligt sind. Die politischen Parteien Rumäniens und Ungarns, die verschiedene Regierungen Ungarns und der Hohe Kommissar für Nationale Minderheiten werden näher beleuchtet.
Das dritte Kapitel analysiert die Arbeitsmethodik des HKNM. Die beiden zentralen Aspekte, die Konfliktregulierung durch Kommunikation und die Annahme einer Vernetztheit der Konflikte, werden erläutert. Die Anwendung dieser Methodik in Rumänien wird anhand von drei Phasen dargestellt: die anfängliche Konfliktsondierung, die Konzentration auf den zentralen Konfliktgegenstand und die Implementierung einer Lösung.
Das vierte Kapitel evaluiert die Arbeit des HKNM in Bezug auf den Minderheitenkonflikt in Rumänien. Die Konfliktlage nach Beendigung der Arbeit Max van der Stoels wird sowohl auf der parteienpolitischen Ebene als auch hinsichtlich einer umfänglicheren gesellschaftlichen Ebene der politischen Kultur und des interethnischen Zusammenlebens evaluiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Minderheitenpolitik, den Hohen Kommissar für Nationale Minderheiten, die OSZE, Rumänien, die ungarische Minderheit, den Konflikt zwischen Ungarn und Rumänien, Autonomie, Bildung, Identität, Multikulturalismus, Konfliktbearbeitung, Kommunikation, Demokratisierung.
- Quote paper
- Heiko Fürst (Author), 2001, Die Minderheitenpolitik des Hohen Kommissars für Nationale Minderheiten der OSZE in Rumänien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4795
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