Bald nachdem Heinrich von Kleist (1777-1811) die Penthesilea abgeschlossen und das Guiskard-Fragment niedergeschrieben hatte, begann er im Herbst 1807 am Käthchen von Heilbronn zu arbeiten. Die Arbeit am Käthchen zog sich über Jahre hin. Zwei Fragmente von Kleists Käthchen von Heilbronn erschienen Juni 1808 und Anfang 1809 in der Zeitschrift „Phöbus“. 1808 bot Kleist das Stück dem Berliner Nationaltheater an, doch erst im Jahre 1810 brachte er es zum Druck. Die Uraufführung fand schließlich am 17. März 1810 in Wien statt. Im Dezember desselben Jahres erschien der Essay Ueber das Marionettentheater in vier Folgen in den „Berliner Abendblättern“.
Beide Werke scheinen auf den ersten Blick nichts gemeinsam zu haben, Form und Handlung könnten unterschiedlicher nicht sein. Doch bei genauer Betrachtung kann an der Figur Käthchens die Kleistsche Auffassung von Grazie erkannt werden, welche er in Ueber das Marionettentheater entwickelt hat.
In beiden Werken Kleists wird einem mechanischen Wesen Grazie zugesprochen, unter der Voraussetzung ihrer Geistlosigkeit. Doch negiert Kleist damit nicht einen wichtigen Aspekt des Menschen des menschlichen Daseins, die intellektuelle Einsicht und Selbstdetermination? Cogito, ergo sum?
Im Rahmen dieser Arbeit werden zunächst kurz die Bedeutung der Grazie und der Marionette erläutert. In einem zweiten Abschnitt werden die Kriterien der Grazie anhand der Marionette und der Grund für den Verlust desselben aufgezeigt. Zum Abschluß sollen die bereits aufgeführten Rahmenbedingung auf Käthchen sowie auf Graf vom Strahl bezogen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Die Gegensatzpaare Marionette und Grazie
- 1.1 Die Bedeutung der Grazie und der Marionette zu Kleists Zeit
- 1.2 Die Verschmelzung des Gegensatzpaars zu einem Symbol
- II. Bedingung und Verlust der Anmut
- 2.1 Die Marionette als Symbol der Grazie
- 2.2 Der Weg zum Paradies
- 2.3 Der Dornauszieher und sein Sündenfall
- III. „Ein Kind recht nach der Lust Gottes“
- 3.1 Käthchens Eigenschaften als Marionette
- 3.2 Die Gefährdung des Ichs
- Schluß
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Kleists Auffassung von Grazie, die er in seinem Essay "Ueber das Marionettentheater" entwickelt, und analysiert, wie sich diese auf die Figur des Käthchens in seinem Stück "Käthchen von Heilbronn" auswirkt. Sie befasst sich mit der Frage, ob Kleist durch die Zuschreibung von Grazie zu einem mechanischen Wesen einen wichtigen Aspekt des menschlichen Daseins negiert, nämlich die intellektuelle Einsicht und Selbstbestimmung.
- Die Bedeutung von Grazie und Marionette in Kleists Zeit
- Die Verschmelzung des Gegensatzpaars Marionette und Grazie zu einem Symbol
- Die Bedingungen und den Verlust von Anmut
- Die Anwendung der Theorie auf die Figur des Käthchens in "Käthchen von Heilbronn"
- Die Frage nach der Bedeutung von Geist und Selbstbestimmung in Bezug auf Grazie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und beleuchtet die Entstehung von Kleists "Käthchen von Heilbronn" und seinem Essay "Ueber das Marionettentheater". Sie stellt die Frage nach der Verbindung zwischen beiden Werken und dem Konzept von Grazie.
Das erste Kapitel befasst sich mit der Bedeutung von Grazie und Marionette in der Zeit Kleists. Es zeigt, wie die beiden Begriffe in der Ästhetik des 18. Jahrhunderts verstanden wurden und wie Kleist sie miteinander verbindet.
Das zweite Kapitel untersucht die Bedingungen für die Anmut und den Verlust derselben. Dabei wird die Marionette als Symbol für die Grazie vorgestellt und analysiert, warum ihr die Geistlosigkeit eine graziöse Bewegung ermöglicht.
Das dritte Kapitel setzt sich mit der Figur des Käthchens aus "Käthchen von Heilbronn" auseinander und untersucht ihre Eigenschaften als Marionette. Es stellt die Frage, inwiefern die Gefährdung des Ichs eine Rolle spielt.
Schlüsselwörter
Grazie, Marionette, Kleist, "Käthchen von Heilbronn", "Ueber das Marionettentheater", Geist, Selbstbestimmung, Anmut, mechanisches Wesen, Kunst, Schönheit, Schönes, Ästhetik, 18. Jahrhundert.
- Quote paper
- M.A. Maria Glotzbach (Author), 2004, "Strahlend und herrschend" - Kleists Ansprüche an die Grazie und ihre Verkörperung im mechanischen Wesen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47836