Im ersten Teil der Arbeit werden die Begriffe "internal/external locus of control" sowie verwandte grundlegende Modelle erklärt. Im zweiten Teil folgt eine kritische Betrachtung der Methoden sogenannter "Motivationstrainings", die für höhere Mitarbeitermotivation in Unternehmen sorgen sollen. Im dritten Teil werden explizite und implizite Motive sowie deren Messung und Bedeutung für die Personal-/Eignungsdiagnostik besprochen.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Aufgabenteil B1
Aufgabenteil B2
Aufgabenteil A3
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aufgabenteil B1
Die Begriffe „Lokation der Kontrolle“ (englisch: locus of control) und „Kontrollüberzeugung“ sind Synonyme für dasselbe Konzept: Wie sehr kann der Mensch subjektiv über sein eigenes Schicksal bestimmen und wie sehr wird sein Schicksal von äußeren Faktoren bestimmt? Schon diese kurze Beschreibung zeigt, dass im Wesentlichen zwei Extreme der Kontrollüberzeugung existieren. Einerseits ist die internale Kontrollüberzeugung (internal locus of control) denkbar, also die Überzeugung, zukünftige Ereignisse oder das Erreichen von Zielen seien direkt abhängig vom eigenen Verhalten, man könne sie also kontrollieren und hat damit also sein „Schicksal selbst in der Hand“. Andererseits wird als externale Kontrollüberzeugung (external locus of control) die Überzeugung bezeichnet, dass man selbst keine/nur wenig Kontrolle hat, sondern Ereignisse von äußeren Umständen wie beispielsweise Glück, Zufall oder auch anderen Menschen kontrolliert werden (Weiner, 1994, S. 195; Ahle, 2002, S. 32-34).
Das Konzept der Kontrollüberzeugung entstammt der von Julian Rotter entwickelten sozialen Lerntheorie, die wiederum auf Albert Banduras sozial-kognitiver Lerntheorie aufbaut. Rotter versuchte, interund intraindividuelle Unterschiede im Entscheidungsverhalten als Teilaspekt der Persönlichkeit durch die Betrachtung erlernter Sozialverhaltensweisen zu erklären. Rotter betrachtete also die Persönlichkeit eines Menschen als ein seit der Geburt durch Lernprozesse in sozialen Kontexten entstandenes Konstrukt. Er postulierte, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Verhalten in einer bestimmten Situation gezeigt wird, nicht nur von dem Wert, den das erwünschte Ergebnis für die Person hat, abhängt, sondern auch von der Erwartung, wie wahrscheinlich die Verhaltensweise überhaupt zu dem gewünschten Ergebnis führt (Fuchs, 2019, S. 10-19; Jansen, 2018, S. 33).
Die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, mit der ein Verhalten (aus subjektiver Sicht des Menschen) zu dem gewünschten Ergebnis führt, ist nun der Ansatzpunkt der Kontrollüberzeugung: liegt in einer Situation eine internale Kontrollüberzeugung vor, hängt die Wahrscheinlichkeit von der Einschätzung der Selbstwirksamkeit (self-efficacy) ab. Liegt hingegen eine externale Kontrollüberzeugung vor, wird die Wahrscheinlichkeit (subjektiv eingeschätzt) durch externe Faktoren kontrolliert, das gewünschte Ergebnis kann also aus Sicht des Subjektes entweder für jedermann unmöglich zu erreichen sein, oder nur für andere Menschen/unter anderen Umständen. Diese beiden Extreme stellen dabei die gegensätzlichen Enden eines Spektrums dar, auf dem sich die spezifische Kontrollüberzeugung eines Menschen auf die Situation bezogen bewegt. Da die spezifischen Kontrollüberzeugungen in verschiedenen Situationen einzeln erlernt werden, können sich die spezifischen Kontrollüberzeugungen auch intraindividuell zwischen Situationen unterscheiden (Weiner, 1994, S. 195).
Im Laufe seines Lebens erlernt der Mensch also für verschiedene Situationen zugehörige spezifische Kontrollüberzeugungen. Was passiert aber, wenn eine neue, unbekannte Situation vorkommt, man also vor einer Entscheidung zum ersten Mal steht und noch keine spezifische erlernte Kontrollüberzeugung damit verbindet? Nach Rotter hat der Mensch durch den Lernprozess der anderen Situationen zugehörigen Kontrollüberzeugungen eine generalisierte, situationsunabhängige Kontrollüberzeugung entwickelt, die neben den situationsspezifischen Kontrollüberzeugungen existiert, und in unbekannten Situationen aktiviert wird. Diese generalisierte Kontrollüberzeugung beeinflusst die Wahrnehmung jeder unbekannten Situation, dementsprechend auch das Ausbilden der neuen situationsspezifischen Kontrollüberzeugung und weitergedacht damit zu einem gewissen Grad auch die spezifische Kontrollüberzeugung der neuen Situation an sich (Mearns, 2018).
Auch die generalisierte Kontrollüberzeugung ist nicht nur auf die beiden Extreme „internal“ und „external“ beschränkt. Vielmehr ist sie ebenso auf einem Spektrum zwischen diesen beiden Extremen zu finden. Da die generalisierte Kontrollüberzeugung ein Produkt aus den schon erlernten spezifischen Kontrollüberzeugungen ist, lässt sie sich deshalb umso schwerer beeinflussen, je mehr situationsspezifische Kontrollüberzeugungen schon gemacht wurden.
Dementsprechend sollte sie über Zeit und verschiedene Situationen weitgehend stabil bleiben bzw. sich nur langsam verändern. In jeder Situation hat der Mensch also eine generalisierte Kontrollüberzeugung sowie eine spezifische, auf die Situation bezogene Kontrollüberzeugung, deren Kombination dann die letztendlich wirklich vorliegende Kontrollüberzeugung ergibt (Hußtege, 1995, S. 14-19).
Der Unterschied zwischen „self-efficacy“/Selbstwirksamkeit und „locus of control“/Kontrollüberzeugung wird bei der Betrachtung eines Beispiels schnell deutlich: Die Kontrollüberzeugung bezieht sich auf den Grad der Beeinflussbarkeit des Ereignisses generell (aus subjektiver Sicht der Person), während die Selbstwirksamkeit die konkrete Möglichkeit des Beeinflussens durch die Person selbst meint (Rockstraw, 2007, S. 44-46).
Zur Verdeutlichung sei hier die folgende Situation genannt: Ein Schüler hat am nächsten Tag eine Schulaufgabe. Er hat noch nicht genug dafür gelernt, und denkt darüber nach, den Stoff am Abend nochmal zu wiederholen. Hat der Schüler in dieser Situation nun eine internale Kontrollüberzeugung, wird er das Gefühl haben, die Note der Schulaufgabe sei direkt durch seinen Lernaufwand und seine Lernfähigkeit beeinflussbar. Wenn der Schüler dann in dieser Situation zusätzlich zur internalen Kontrollüberzeugung auch noch eine hohe Selbstwirksamkeit hat, hat er das Gefühl, dass seine Lernfähigkeiten ausreichen, um eine gute Note zu erreichen, wenn er an diesem Abend den Stoff noch einmal durchgeht. Läge neben der internalen Kontrollüberzeugung hingegen eine niedrige Selbstwirksamkeit vor, hätte der Schüler zwar das Gefühl, sein Lernaufwand und seine Lernfähigkeiten könnten die Note der Schulaufgabe beeinflussen, jedoch würde er seine Lernfähigkeiten als ungenügend einschätzen, um durch die Wiederholung des Stoffes an dem Abend zu einer guten Note zu gelangen. Er wäre jedoch davon überzeugt, dass beispielsweise jemand mit besserer Lernfähigkeit in seiner Situation noch eine gute Note erreichen könnte.
Hätte der Schüler in der gleichen Situation eine externale Kontrollüberzeugung, wäre die Note seiner Meinung nach unabhängig vom Lernaufwand oder der Lernfähigkeit. Vielmehr könnte der Schüler denken, dass der Lehrer ihn nicht mag, und ihm deswegen doch sowieso eine schlechte Note geben werde.
Andererseits wäre es möglich, dass der Lehrer bekannt ist für seine schwierigen Schulaufgaben mit hohen Durchfallquoten, und aus Sicht des Schülers das Erreichen einer guten Note für jedermann unmöglich. In solchen Situationen mit externaler Kontrollüberzeugung erübrigt sich die Betrachtung der Selbstwirksamkeit weitgehend. Eine externale Kontrollüberzeugung ist nicht in Kombination mit hoher Selbstwirksamkeit möglich: wenn der Schüler das Gefühl hat, die Note wird durch Umstände außerhalb seiner Kontrolle bestimmt, ist es völlig unwichtig, wie lernfähig er ist. Man könnte die Selbstwirksamkeit also als ein der internalen Kontrollüberzeugung untergeordnetes Konzept beschreiben, da sie ohne diese nicht möglich ist.
Da Rotters soziale Lerntheorie (wie andere kognitive Theorien auch) auf der Betrachtung des Produktes der Erwartung (Wahrscheinlichkeit für Eintritt des gewünschten Ergebnisses) und des Wertes des gewünschten Ergebnisses basiert, kann man es auch als Erwartungswert-Modell bezeichnen. Der Begriff „Erwartungswert“ entstammt der Spieltheorie bzw. Stochastik, und bezeichnet den erwarteten durchschnittlichen Wert einer Zufallsvariable bei unendlich vielen Wiederholungen eines Zufallsexperimentes (König, 2009, S. 28).
Die Verbindung zwischen diesem spieltheoretischen Konzept und der Lerntheorie Rotters lässt sich herstellen, da die kognitiven Theorien auf der Tatsache aufbauen, dass Menschen beim Treffen von Entscheidungen sowohl den Wert der möglichen Ergebnisse als auch die Wahrscheinlichkeit des Eintretens berücksichtigen. Verbindet man die stochastische Definition des Erwartungswertes, und verbindet sie mit den kognitiven Theorien, berechnet der Mensch also sozusagen einen Erwartungswert für seine verschiedenen Handlungsoptionen, und entscheidet sich basierend auf diesem Erwartungswert für eine der Optionen.
Rotter verwendet in seiner sozialen Lerntheorie den Begriff „Erwartung“ für die (subjektiv eingeschätzte) Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Ergebnisses, und den Begriff „Verstärkungswert“ für den subjektiven Wert des Ergebnisses. Weiterhin bezeichnet Rotter das Produkt dieser beiden Variablen (also den stochastischen Erwartungswert) als das „Verhaltenspotential“, die Wahrscheinlichkeit, dass dieses spezifische Verhalten auftritt.
Dementsprechend geht Rotter grundsätzlich davon aus, dass der Mensch die Entscheidung mit dem größten Erwartungswert trifft (Fuchs, 2019, S. 10-13).
Jedoch erkannte Rotter selbst, dass kein Mensch in der Realität immer perfekt rational handelt, und führte zur Lösung dieses Problems in seiner Theorie noch weitere Begriffe ein, die „irrationales“ Verhalten beispielsweise durch eingeschränkten Verhaltensspielraum erklären sollten. Jedoch sollen diese hier mit Verweis auf die Literatur nicht weiter behandelt werden.
Wie Rotters Klassifikation der Kontrollüberzeugungen als „Persönlichkeitsmerkmale“ schon vermuten lässt, können diese alle Lebensbereiche maßgeblich beeinflussen. Beispielsweise konnten konkrete Gesundheitsverhaltensweisen durch Kontrollüberzeugungen und Selbstwirksamkeit der Probanden in vielen Studien gut vorhergesagt werden (Lippke & Renneberg, 2006, S. 35-59).
Der Zusammenhang zwischen Gesundheitsverhalten und der Kontrollüberzeugung ist auch der Grund für den Entwurf des „health locus of control“ von Wallston & Wallston (1982) und der zugehörigen MHLC („multidimensional health locus of control“) Skalen, um die Kontrollüberzeugung im Gesundheitszusammenhang zu operationalisieren (S. 160).
Es konnte mit Hilfe solcher MHLC-Tests gezeigt werden, dass Menschen mit internaler Kontrollüberzeugung bessere Ergebnisse bei Fitness-Tests erzielten und sich öfters körperlich betätigten als Menschen mit externaler Kontrollüberzeugung. Gleichzeitig hatten die external kontrollüberzeugten Menschen insgesamt eine negativere Einstellung gegenüber sportlicher Betätigung, und in ähnlichen Studien konnten bei internal kontrollüberzeugten Menschen höhere Erfolgsraten beim Abschluss von Programmen zum Abnehmen gezeigt werden (CarliseFrank, 1991, S. 381; Sonstroem & Walker, 1973, S. 1031).
Menschen mit internaler Kontrollüberzeugung unterscheiden sich auch in den Essensgewohnheiten von Externalen (Cobb-Clark, Kassenboehmer & Schurer, 2014, S. 1).
Raucher mit internaler Kontrollüberzeugung hören mit höherer Wahrscheinlichkeit selbst mit dem Rauchen auf, als solche mit externaler Kontrollüberzeugung (James, Woodruff & Werner, 1965, S. 186).
Auch sogenannte „stop smoking“ Programme für Menschen, die mit dem Rauchen aufhören wollen, weisen in einer Untersuchung höhere Erfolgsraten bei internal kontrollüberzeugten Menschen auf (Best & Steffy, 1975, S. 155).
Auch bei Menschen mit diagnostizierter Krankheit scheint eine internale Kontrollüberzeugung das Ändern von ungewünschten Verhaltensweisen (oder die Aufnahme von gewünschten Verhaltensweisen wie Sport oder gesunde Ernährung) nach der Diagnose zu erleichtern (Park & Gaffey, 2007, S. 115).
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigen also, dass die „Internalen“ von sich aus gesundheitsbewusster leben, und für das Fallenlassen ungesunder Verhaltensweisen weniger externe Motivatoren benötigen als „Externale“. Dies ist für die Gesundheit von Bedeutung: die Gesundheitsrelevanz von körperlicher Betätigung und Übergewicht, Rauchen und Essgewohnheiten ist wissenschaftlich wie gesellschaftlich anerkannt. Es lässt sich diesen Erkenntnissen entsprechend also vermuten, dass eine internale Kontrollüberzeugung allgemein mit besserem Gesundheitsverhalten verbunden ist.
Eine Untersuchung eines daraus resultierenden möglichen Zusammenhangs des erreichten Lebensalters und der Kontrollüberzeugung liegt dem Autor zum Zeitpunkt der Fertigstellung nicht vor, jedoch wären signifikante Ergebnisse durchaus denkbar.
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- Quote paper
- Felix Winter (Author), 2019, Kontrollüberzeugung. Kritische Betrachtung von Motivationstrainings, explizite und implizite Motive, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/476757
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