In der vorliegenden Arbeit soll das Phänomen Propaganda in den Jahren 1914 bis 1945 untersucht werden. „Propaganda“ meint nach dem heutigen Sprachgebrauch im weitesten Sinne die Beeinflussung der öffentlichen Meinung, mit dem Zweck menschliche Aktionen (v.a. im politischen Bereich) zu lenken bzw. zu manipulieren. Der Begriff ist äußerst problematisch, was auf seine Verwendung in der nationalsozialistischen Zeit zurückzuführen ist. Er wurde im heutigen Sprachgebrauch ersetzt durch andere Begriffe, die in ihrer Bedeutung entweder politisch, wirtschaftlich oder religiös verknüpft sind (z.B. „Public Relations“, „Öffentlichkeitsarbeit“, „Werbung“, „Marketing“ oder auch „Missionierung“). Das Begriffssurrogat „Erziehung“ oder „Aufklärung“ weist dagegen mehr in die Zeit des 19. Jahrhunderts. Heutzutage folgt auf die Identifizierung von „Propaganda“-Inhalten meist eine kritischere Rezeption und eventuell eine negative Beurteilung ebendieser Inhalte. Häufig wird der Propaganda-Vorwurf auch polemisch zur Diffamierung des (politischen) Gegners gebraucht. Im hier berücksichtigten Zeitraum war die gängige Meinung allerdings, dass Propaganda selbst ein wertneutraler Begriff ist. Sie war ein Instrument, und als solches weder gut oder schlecht an sich, höchstens methodisch-handwerklich gut oder schlecht gebraucht.
U. Daniel und W. Siemann haben darauf hingewiesen, dass die Gleichsetzung von Propaganda mit dem, was Staat und Partei (und insbesondere Goebbels und sein Apparat) im Dritten Reich betrieben haben, eine Verkürzung des historischen Phänomens Propaganda ist. Der Weg des Phänomens bis zum Ersten Weltkrieg soll unter Punkt 1 kurz skizziert werden.
Im Ersten Weltkrieg wurde die Propaganda zum wichtigen Teil der psychologischen Kriegsführung. Sie diente der Diffamierung des Gegners und der positiven Selbstbestimmung, wie unter Punkt 2 auszuführen ist.
Propaganda versucht die „öffentliche Meinung“ zu beeinflussen. Je mehr Menschen an der Öffentlichkeit teilhaben, desto größere und stärkere Leistung muss die Propaganda aufbringen. Gleichzeitig verschwindet der „umworbene“ Einzelne in einer Masse von Rezipienten. In diesem Sinne kann ein Brückenschlag hergestellt werden zum Begriff der „Masse“ und der „Massengesellschaft“, wie sie uns seit dem Beginn des 20. Jahrhundert entgegentritt. Die Auffassung von der Masse als lenkbarer und zu lenkender Block und die diskursive Auseinandersetzung mit ihr sind eine spezifische Erscheinung der Moderne.
Inhalt
Einleitung
1. Historische Wurzeln des Propagandabegriffs
2. Der Durchbruch der Moderne - Propaganda im Ersten Weltkrieg
3. Propaganda in der Weimarer Republik
4. Nationalsozialistische Propaganda
Fazit
Literatur
Einleitung
In der vorliegenden Arbeit soll das Phänomen Propaganda in den Jahren 1914 bis 1945 untersucht werden. „Propaganda“ meint nach dem heutigen Sprachgebrauch im weitesten Sinne die Beeinflussung der öffentlichen Meinung, mit dem Zweck menschliche Aktionen (v.a. im politischen Bereich) zu lenken bzw. zu manipulieren. Der Begriff ist äußerst problematisch, was auf seine Verwendung in der nationalsozialistischen Zeit zurückzuführen ist. Er wurde im heutigen Sprachgebrauch ersetzt durch andere Begriffe, die in ihrer Bedeutung entweder politisch, wirtschaftlich oder religiös verknüpft sind (z.B. „Public Relations“, „Öffentlichkeitsarbeit“, „Werbung“, „Marketing“ oder auch „Missionierung“). Das Begriffssurrogat „Erziehung“ oder „Aufklärung“ weist dagegen mehr in die Zeit des 19. Jahrhunderts. Heutzutage folgt auf die Identifizierung von „Propaganda“-Inhalten meist eine kritischere Rezeption und eventuell eine negative Beurteilung ebendieser Inhalte. Häufig wird der Propaganda-Vorwurf auch polemisch zur Diffamierung des (politischen) Gegners gebraucht. Im hier berücksichtigten Zeitraum war die gängige Meinung allerdings, dass Propaganda selbst ein wertneutraler Begriff ist. Sie war ein Instrument, und als solches weder gut oder schlecht an sich, höchstens methodisch-handwerklich gut oder schlecht gebraucht.
U. Daniel und W. Siemann haben darauf hingewiesen, dass die Gleichsetzung von Propaganda mit dem, was Staat und Partei (und insbesondere Goebbels und sein Apparat) im Dritten Reich betrieben haben, eine Verkürzung des historischen Phänomens Propaganda ist.[1] Der Weg des Phänomens bis zum Ersten Weltkrieg soll unter Punkt 1 kurz skizziert werden.
Im Ersten Weltkrieg wurde die Propaganda zum wichtigen Teil der psychologischen Kriegsführung. Sie diente der Diffamierung des Gegners und der positiven Selbstbestimmung, wie unter Punkt 2 auszuführen ist.
Propaganda versucht die „öffentliche Meinung“ zu beeinflussen. Je mehr Menschen an der Öffentlichkeit teilhaben, desto größere und stärkere Leistung muss die Propaganda aufbringen. Gleichzeitig verschwindet der „umworbene“ Einzelne in einer Masse von Rezipienten. In diesem Sinne kann ein Brückenschlag hergestellt werden zum Begriff der „Masse“ und der „Massengesellschaft“, wie sie uns seit dem Beginn des 20. Jahrhundert entgegentritt. Die Auffassung von der Masse als lenkbarer und zu lenkender Block und die diskursive Auseinandersetzung mit ihr sind eine spezifische Erscheinung der Moderne.[2] Vor allem Gustave Le Bons Standardwerk „Die Masse“ (1895) gab dem Phänomen einen Namen und eine Diskussionsgrundlage.
Mit Entstehen der Weimarer Republik öffnete sich in Deutschland ein breiter Markt für politische Propaganda mit durchaus unterschiedlichen Anbietern. Die Erringung von demokratischen Mehrheiten war nun die einzige Voraussetzung zur Bildung einer Regierung. Damit benötigte man nun auch im Deutschen Reich breit angelegte Strategien zur Meinungsbeeinflussung, was in den älteren Demokratien USA, Frankreich und England bereits seit längerer Zeit notwendig gewesen war.
Vor allem in der Weimarer Zeit gingen Propaganda und Agitation Hand in Hand. Im kommunistischen Sprachgebrauch wurden die Begriffe zu „Agitprop“ verschmolzen. Auch die nationalsozialistische Propaganda wirkte in erster Linie im aktivistischen Bereich der Tat und der Inszenierungen.
Besonderes Gewicht bei der Untersuchung des Phänomens soll die Zeit des Nationalsozialismus haben. Die Propaganda, ein Phänomen, das mit der Moderne erst seine volle Entfaltung erreichte, wurde wie andere Elemente der Moderne besonders von den Nationalsozialisten für ihre Zwecke zu Hilfe gezogen. Über eine angemessene Beurteilung der Wirkung der NS-Propaganda wird bis heute gerungen. Wenn man ihr eine „Allmacht“ unterstellt, so wäre dies ein Erklärungsmodell, dass letztendlich die These von den verführten Massen stützt, die in einer Art manipuliertem Trancezustand den dämonischen Führern (und Adolf Hitler an deren Spitze) zu Füßen lagen. Diese These ist allerdings für die historische Erforschung des Nationalsozialismus und des Dritten Reiches in keinem Bereich tauglich.
Das Phänomen Propaganda wurde vor allem auf Seiten der Kommunikationswissenschaften theoretisch reflektiert und untersucht.[3] Auf diese Studien kann aufgrund der Kürze der Arbeit und ihrer historischen Ausrichtung nicht weiter eingegangen werden. Die grundlegende Frage „Was ist Propaganda?“ kann aus den gleichen Gründen nicht behandelt werden, das Phänomen muss in seiner Erscheinungsweise als bekannt vorausgesetzt werden.
1. Historische Wurzeln des Propagandabegriffs
Die etymologische Wurzel des Begriffes Propaganda liegt im lateinischen propagare, was wörtlich mit „fortpflanzen, ausweiten, erweitern“ zu übersetzen ist. Ein Herrschaftsbereich konnte so z.B. propagiert werden. Die katholische Kirche übernahm den Begriff für ihre zentrale Missionsanstalt, die 1622 gegründete S. Congregatio de propaganda fide, für die Papst Urban VIII. 1627 auch eine Ausbildungsstätte, ein gleichnamiges Collegium Urbanum einrichtete. Unter dem Eindruck von Reformation und Aufklärung verknüpften sich mit der römisch-katholischen Propaganda auch negative Begriffsbedeutungen. Interessant zu sehen ist dabei, dass sich dem Begriff auch erste Theorien von Verschwörung beimischten. Die Institution der Congregatio wurde als geheime Angriffszentrale des Papsttums gesehen - erst gegen den Protestantismus und später gegen die Aufklärung. Wie es Verschwörungstheorien eigen ist, wurde dabei die reale Macht der Institution gerne überschätzt, dennoch konnte so der „aufgestaute antirömische Affekt auf den Begriff“ gebracht werden.[4]
Die französischen Revolutionäre wiederum brauchten eine Organisation, mit der sie ihre Ideen in den Rest der Welt exportieren konnten. Das neue Wertesystem der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, das zur politischen Grundlage des Staates gemacht wurde, trug v.a. zu Anfang der Revolution in gewissen Maßen auch religiöse Züge. Vielfach lässt sich beobachten, dass kirchlich-religiöse Begriffe in einem neuen Bedeutungszusammenhang gebraucht wurden, und so versucht wurde, in gewissem Sinne eine Gegen-Religion zu schaffen, die mehr von den aufklärerischen Ideen als von der christlichen Lehre beseelt war. So gab es „missionaires“ und „apôtres“ der neuen Ordnung, und eine Absicht der Revolutionäre war „de propager les principes de la vraie liberté“.[5] Auf gegenrevolutionärer Seite sah man in solchen Begrifflichkeiten die Gefahr bestätigt, dass die herrschende Ordnung in ganz Europa subversiv unterwandert werden sollte. Nun unterstellte man den Revolutionären in Paris eine zentral gesteuerte Propaganda, so etwa Metternich, der das Netz der Revolutionäre „unter einer festen, unsichtigen, zu Paris zentralisierten Oberleitung“ stehen sah.[6] Der Propagandabegriff blieb also trotz seiner nunmehr politischen statt religiösen Bedeutung äußerst negativ als Bezeichnung für eine politische Bedrohung besetzt und mit geheimbündlerischen, staatsfeindlichen Verschwörungen verknüpft. Im Vormärz war der Verdacht auf betriebene Propaganda gleichgesetzt mit dem Verdacht auf Landes- und Hochverrat, oppositionelle Bestrebungen konnten damit eingeschüchtert werden.
Im deutschen Sozialismus wurde der Propagandabegriff weitgehend durch den Begriff der „Agitation“ ersetzt, der zwar auch dem gegenrevolutionären Sprachgebrauch entstammte, aber nicht in solchen Maßen mit konspirativen Tätigkeiten verbunden war. Besonders nach Einführung des Sozialistengesetzes 1878[7] schien dies ratsam. Agitation meinte ausschließlich die öffentliche Aktivwerbung für politische Programme; Ferdinand Lassalle wurde z.B. auch „Arbeiter-Agitator“ genannt.[8] Bei den politischen Anarchisten dagegen avancierte die „Propaganda der Tat“ zum beliebten Begriff, so bei Sergej Netschajew und Michail Bakunin 1869 und später bei Kropotkin, Malatesta, Cafiero und Most.[9] Mit der Formulierung wurden terroristische Aktionen (z. B. Attentate) bezeichnet und als bestes Mittel zur Werbung für die sozialistisch-anarchistischen Ziele legitimiert. Der Leninismus schließlich hatte eine eigene Definition der beiden Begriffe: Die Vermittlung der komplexen Ideologie überträgt Lenin der Propaganda/dem Propagandisten, wohingegen die Agitation und der Agitator die Aufgabe hat, der Masse im Appell zu bestimmten konkreten Aktionen eine Idee zu vermitteln, um so revolutionäres Potential zu wecken.[10] Diese Unterscheidung einer eher nach innen wirkenden Propaganda, die die politische Schulung des Parteinachwuchses und der Parteimitglieder zur Aufgabe hat, und einer nach außen wirkenden Agitation, die das Bewusstsein der Bevölkerung systematisch beeinflussen sollte, kann man in der historischen Situation der bolschewistischen Partei begründet sehen, die sich nach der Jahrhundertwende zum Kampf gegen das zaristische Regime formierte.[11] Mit dem Begriff „Agitprop“ wurde danach der Gesamtbereich der ideologischen Werbung für den Kommunismus bezeichnet.[12]
Die Renaissance des Propagandabegriffs in der politischen Sprache im Deutschland um die Jahrhundertwende wurde dadurch ermöglicht, dass ihr eine politisch unverfängliche Rezeption des Begriffs in der aufblühenden Wirtschaft und ihrer Sprache vorausging. Oft wurde der Begriff synonym mit „Reklame“ verwendet.[13] Die „allgemeine Begriffseuphorie“[14] der Zeit konnte zwar nicht die bisherige negative Konnotation völlig überdecken, doch das Modewort, das dem neuen Phänomen einen Namen gab, stand für eine „ausgefeilte, wissenschaftlich zu begreifende Methodik, mit deren Hilfe sich auf kalkulierte Weise kommerzielle oder politische Effekte erzielen ließen“.[15] Zudem wurde die expansive Macht, die dem Prinzip der Propaganda seit der Französischen Revolution zugeschrieben war, von Zeitgenossen als mögliche Form für das Werben für eine Nationalkultur im Ausland gesehen. Das führte besonders in Deutschland, der „verhinderten Weltmacht“, dazu, der Propaganda „eine Art imperialistische Ersatzfunktion“[16] zu geben. Paul Rohrbach benutze den Begriff „Kulturpropaganda“ erstmals 1912 in seinem Buch „Der deutsche Gedanke in der Welt“. Fremde Länder und Völker sollten nicht mit kriegerischen Mitteln, sondern durch die Vorzüge der deutschen Kultur, „mit dem geistigen Gehalt unseres Volksgedankens“[17], gewonnen werden. Reichskanzler Bethmann Hollweg definierte Kulturpropaganda als einen „Imperialismus der Idee“[18]. Praktisch umgesetzt wurde sie z.B. vom Schulreferat im Auswärtigen Amt (1906 eingerichtet), das seit 1907 den Aufbau von deutschen Schulen im Nahen Osten und China betrieb. Das Konzept der deutschen Kulturpropaganda kann man aufgrund der zeitlichen und inhaltlichen Übereinstimmung mit der Hochphase des europäischen Imperialismus vor dem Ersten Weltkrieg auch als „kalten Imperialismus“ verstehen. Die Methoden und Überzeugungen, die ihm eigen waren, wurden mit hinein getragen in den Ersten Weltkrieg, jedoch büßte der Propagandabegriff seine scheinbar kulturelle Bedeutung endgültig zugunsten einer politischen ein.
[...]
[1] Daniel/Siemann: Historische Dimensionen der Propaganda, in: Dies.: Propaganda.
[2] Vgl. G. Mai: Europa 1918-1939, S. 30-40.
[3] Es seien stellvertretend genannt: Jacques Ellul: Propaganda. The Formation of Men´s Attitudes, New York 1968; sowie die Arbeiten von Johann Plenge, Carl Hundhausen und L.W. Doob.
[4] Geschichtliche Grundbegriffe, S. 71.
[5] Zitat von Emmanuel Joseph Sieyès, in: Ebd., S. 77.
[6] Zitat in: Ebd., S. 84.
[7] Unterdrückung der Arbeiterpartei mit Aufhebung der Gewerkvereine, Ausweisung der Funktionäre und Presseverbot, aufgehoben 1890.
[8] Geschichtliche Grundbegriffe, S. 96.
[9] Ebd., S. 94ff.
[10] Lenin verdeutlicht dies am Beispiel der Behandlung der Frage der Arbeitslosigkeit: Während der Propagandist „die kapitalistische Natur der Krisen erklären, die Ursache ihrer Unvermeidlichkeit in der modernen Gesellschaft aufzeigen, die Notwendigkeit der Umwandlung der Gesellschaft in eine sozialistische darlegen muß“, soll der Agitator „das allen seinen Hörern bekannteste Beispiel herausgreifen – z.B. den Hungertod einer arbeitslosen Familie, die Zunahme der Bettelei usw.“ und zur Grundlage seiner Ideenvermittlung machen. (Zitat aus W.I. Lenin: Was tun?, bei Hundhausen: Propaganda, S. 116f.)
[11] so Richert/Stern/Dietrich: Agitation und Propaganda, S. 2.
[12] Geschichtliche Grundbegriffe, S. 99.
[13] Ebd., S. 100.
[14] Ebd.
[15] Longerich: Nationalsozialistische Propaganda, S. 292.
[16] Geschichtliche Grundbegriffe, S. 102.
[17] Zitat von Rohrbach, in: Ebd.
[18] Unter Berufung auf Edmond Rostand, Zitat aus Brief an Karl Lamprecht, in: Ebd., S. 103.
- Citar trabajo
- Lisa Wünschmann (Autor), 2005, Propaganda 1914 - 1945. Eine vergleichende Skizzierung unter besonderer Berücksichtigung des Nationalsozialismus, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47619
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