Alfred Marshall(1842-1924) war die dominierende Gestalt in der Ökonomie und seine im Jahre 1890 erstmals erschienenen „Principles of Economics“das allgemein anerkannte Lehrbuch bis zum Ende der 20er Jahre des 20. Jh. Bis in die heutige Zeit sind seine mikroökonomischen Erkenntnisse integraler Bestandteil der Lehrbuchökonomie. Weder ein großer Wurf, eine geniale Idee, ein vollkommen neues theoretisches Konstrukt noch ein revolutionärer Handstreich war es, die Alfred Marshalls heutige Stellung in der Wissenschaft rechtfertigen könnte, vielmehr begründete sich der Erfolg der „Principles of Economics“auf der Errichtung eines monumentalen Lehrgebäudes, durch welches ein Brückenschlag zwischen den zu jener Zeit vorherrschenden Theorien und Verfahren, zwischen Hergebrachtem und Neuem, gelang. Der Konnex der auf Produktionskosten basierenden Erklärungsmustern der klassischen Theorie und den neuen Einsichten der Grenznutzenlehre war somit der eigentliche Verdienst von Alfred Marshall.
Allerdings blieb er trotz dieses Werkes im Bewusstsein nachfolgender Ökonomen seltsamerweise relativ blass. Dies liegt primär an der Tatsache, dass die von ihm erstellten Analysen und Veröffentlichungen wie gesagt „nur“ eine Zusammenfassung und -führung existierender Theorien sind. Es ist aber anzumerken, dass Marshall„seine Lehre selber als bloße Ergänzung und Fortsetzung der klassischen, nicht als neue oder gar ihr entgegengerichtete Theorie“ verstand.
Schumpeter beschreibt, dass Marshall zwar ein Wirtschaftstheoretiker ersten Ranges gewesen sei, im Grunde aber das theoretische Gerüst schon bei Cournot, Thünen, Jevons und Walras vorhanden und weit vollständiger gefunden werden könne. Seine Vorstellungen vom Ablauf der Wirtschaft sowie seine Methoden und Ergebnisse entsprächen nicht mehr der Zeit.
Im Gegensatz dazu bezeichnete ihn sein Schüler Keynes als den „größten Ökonom der nächsten hundert Jahre“, da er die für einen guten Ökonomen unerlässliche Vielseitigkeit besaß.
Ein weiterer Beleg für seine Stellung in der Wissenschaft wird durch die Anzahl der Marshall-Zitate geliefert. In einer Studie aus dem Jahre 1979 gehört er zu den 50 Vielzitierten im Zeitraum von 1925 bis 1969. Er ist dabei der Einzige, dessen Hauptwerk vor 1900 erschien.
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einführung
2. Sein Leben und seine Werke – Eine Biographie
3. Dogmenhistorische Einordnung und Zeitgeschichtlicher Hintergrund
3.1 Großbritannien und Europa im 19.Jh. 7
3.2 Dogmenhistorische Kausalitäten und Entstehungsprozess der Neoklassik 7
4. Marshalls Lehre: Sein Hauptwerk „The Principles of Economics“
5. Kritische Betrachtung und abschließendes Fazit
LITERATURVERZEICHNIS
1. Einführung
Alfred Marshall (1842-1924) war die dominierende Gestalt in der Ökonomie und seine im Jahre 1890 erstmals erschienenen „Principles of Economics“ das allgemein anerkannte Lehrbuch bis zum Ende der 20er Jahre des 20. Jh. Bis in die heutige Zeit sind seine mikroökonomischen Erkenntnisse integraler Bestandteil der Lehrbuchökonomie. Weder ein großer Wurf, eine geniale Idee, ein vollkommen neues theoretisches Konstrukt noch ein revolutionärer Handstreich war es, die Alfred Marshalls heutige Stellung in der Wissenschaft rechtfertigen könnte, vielmehr begründete sich der Erfolg der „Principles of Economics“ auf der Errichtung eines monumentalen Lehrgebäudes, durch welches ein Brückenschlag zwischen den zu jener Zeit vorherrschenden Theorien und Verfahren, zwischen Hergebrachtem und Neuem, gelang.[1] Der Konnex der auf Produktionskosten basierenden Erklärungsmustern der klassischen Theorie und den neuen Einsichten der Grenznutzenlehre war somit der eigentliche Verdienst von Alfred Marshall.
Allerdings blieb er trotz dieses Werkes im Bewusstsein nachfolgender Ökonomen seltsamerweise relativ blass. Dies liegt primär an der Tatsache, dass die von ihm erstellten Analysen und Veröffentlichungen wie gesagt „nur“ eine Zusammenfassung und -führung existierender Theorien sind. Es ist aber anzumerken, dass Marshall „seine Lehre selber als bloße Ergänzung und Fortsetzung der klassischen, nicht als neue oder gar ihr entgegengerichtete Theorie“[2] verstand.
Schumpeter beschreibt, dass Marshall zwar ein Wirtschaftstheoretiker ersten Ranges gewesen sei, im Grunde aber das theoretische Gerüst schon bei Cournot, Thünen, Jevons und Walras vorhanden und weit vollständiger gefunden werden könne. Seine Vorstellungen vom Ablauf der Wirtschaft sowie seine Methoden und Ergebnisse entsprächen nicht mehr der Zeit.[3]
Im Gegensatz dazu bezeichnete ihn sein Schüler Keynes als den „größten Ökonom der nächsten hundert Jahre“[4], da er die für einen guten Ökonomen unerlässliche Vielseitigkeit besaß.
Ein weiterer Beleg für seine Stellung in der Wissenschaft wird durch die Anzahl der Marshall - Zitate geliefert. In einer Studie aus dem Jahre 1979 gehört er zu den 50 Vielzitierten im Zeitraum von 1925 bis 1969. Er ist dabei der Einzige, dessen Hauptwerk vor 1900 erschien.[5]
2. Sein Leben und seine Werke – Eine Biographie
Alfred Marshall wird am 26. Juli 1842 im Zentrum der Londoner Lederindustrie inmitten der „beißenden Gerüche der Gerbereien“[6] geboren. Er wächst in bescheidenen, aber sicheren Verhältnissen auf. Sein Vater, William Marshall, war Kassenbeamter bei der Bank von England und wird als Tyrann und religiöser Eiferer beschrieben, welcher mit patriarchischer Strenge über die Familie herrscht. Der Titel des von William Marshall nach seiner Pensionierung veröffentlichen Lehrbuches „Die Rechte des Mannes und die Pflichten der Frau“ ist in diesem Kontext schon aussagekräftig genug.
Der Vater war es auch, der den jungen Alfred Marshall in eine geistliche Laufbahn zwingen wollte. So musste er nach der Schule bis spät in den Abend hinein Latein, Griechisch und Hebräisch lernen, die Beschäftigung mit der Mathematik blieb ihm unterdessen verwehrt.[7]
Mit 19 Jahren konnte er mit Hilfe eines Darlehens, welches er von einem australischen Onkel bekam, aus seiner patriarchischen Kinderstube entfliehen und in Cambridge beginnen, Mathematik zu studieren.[8] Nach Ansicht von Keynes, welcher durch Schmölders wiedergegeben wird, studierte Marshall zuerst Theologie. Hierbei soll er sogar gelegentlich die Absicht erkennen haben lassen, sich nach Empfang der Weihen der Heidenmission zu widmen.[9] Dies wird jedoch durch keine der weiteren mir vorliegenden Quellen bestätigt.
Im Jahre 1865, vier Jahre nach Studienbeginn, schloss er sein Mathematikstudium mit glänzenden Noten ab. Er erhielt daraufhin ein Stipendium und konnte mit Hilfe von Nebeneinnahmen durch Mathematikstunden seinen Horizont erweitern und sich anderen wissenschaftlichen Betätigungsfeldern hingeben. Er studierte Kant und Hegel, hegte Interesse an Psychologie ebenso wie der Metaphysik und Ethik.[10]
Seine Förderer erkannten das Talent und er wurde 1967 in den Grote Club, einem Debattierclub einflussreicher Persönlichkeiten, unter ihnen Henry Sigdwick, eingeführt.[11] Hier konnte er, beeinflusst durch seine metaphysischen und ethischen Studien und den gezielten Erkundungen der großstädtischen Elendsviertel während der Ferien über ökonomische Probleme und soziopolitische Fragestellungen der viktorianischen Zeit debattieren. Dies führte ihn letztendlich zur Nationalökonomie, er arbeitete sich in die Lehren von Smith und Ricardo ein und begann diese in formalmathematische Systeme umzuwandeln.
Nach längerem Studienaufenthalt und Beschäftigung mit der Historischen Schule in Deutschland kehrte er 1868 zurück und nahm seine Lehrtätigkeit am St. John`s als Dozent für „Moral Science“ in Cambridge auf. In der Folgezeit konzipierte er schon große Teile seines bemerkenswertesten Werkes, den „Principles of Economics“, welches erst gut zwanzig Jahre später veröffentlich werden sollte. In den neun Jahren seiner Professur dozierte er über Logik, Ethik und Politische Ökonomie mit einer beachtlich guten Resonanz, so dass er daraufhin auch als Dozent für gesonderte Lehrveranstaltungen für Frauen gewonnen werden konnte. 1874 legten die ersten Studentinnen ihr Examen ab, drei Jahre später sollte Marshall eine von ihnen, Mary Paley, heiraten. Aufgrund der Vorschrift des Zölibates für das Lehrpersonal musste Marshall seine Professur aufgeben. Er konnte aber im gleichen Jahr am neu gegründeten University College in Bristol wieder beginnen und wurde direkt zum Principal ernannt.[12]
Im Jahre 1879 veröffentlichen die Marshalls ihr erstes Lehrbuch, welches unter dem Namen „Economics of Industry“ in Cambridge erscheint und für das sie viel Lob bekommen. Mittelpunkt war die „Theorie der Preise, die konsequent aus dem Prinzip von Angebot und Nachfrage hergeleitet war.“[13] Marshall selber kann sich mit diesem Werk aber nie wirklich identifizieren und lässt nach einiger Zeit die gesamte Auflage vernichten.
Nach gesundheitlicher Zwangspause von zwei Jahren, welche er in Italien verbrachte und derweil das Manuskript des „Principles“ entwickelte, folgte er 1883 dem Ruf an die Universität Oxford, verließ diese weitere zwei Jahre später aber wieder um nach Cambridge zurückzukehren, wo die Einschränkungen betreffend der Heirat von Professoren aufgehoben worden waren. Neben dem Hausbau nahm er sich für seine zweite Cambridger Zeit zwei maßgebliche Dinge vor. Zum einen wollte er sein Hauptwerk, die „Principles of Economics“, fertig stellen und veröffentlichen, zum anderen lag der Schwerpunkt seiner Bemühungen darauf, der Wirtschaftslehre zur wissenschaftlichen Autarkie zu verhelfen und einen eigenständigen Studiengang Economics mit zugehörigem Abschluss aufzubauen.
[...]
[1] Vgl. Oltmanns: Ökonomie gegen Armut, 1993, S.31.
[2] Schmölders: Geschichte der Volkswirtschaftslehre, 1961, S.93.
[3] Vgl. Schumpeter: Dogmengeschichte, 1941/54, S.285ff.
[4] Keynes: Alfred Marshall, 1924a, S.15.
[5] Vgl. Rieter: Alfred Marshall, 1989, S.135-137.
[6] Coase: Alfred Marshall`s Mother and Father, 1984, S. 520f.
[7] Vgl. Oltmanns: Ökonomie gegen Armut, 1993, S.31.
[8] Vgl. Oltmanns: Ökonomie gegen Armut, 1993, S.31.
[9] Vgl. Schmölders: Geschichte der Volkswirtschaftslehre, 1961, S.93.
[10] Vgl. Rieter: Alfred Marshall, 1989, S.139.
[11] Vgl. Oltmanns: Ökonomie gegen Armut, 1993, S.31.
[12] Vgl. Rieter: Alfred Marshall, 1989, S.140f.
[13] Oltmanns: Ökonomie gegen Armut, 1993, S.32.
- Citar trabajo
- Christoph Holtkötter (Autor), 2003, Alfred Marshall - Biographie, dogmenhistorische Einordnung und wissenschaftlicher Beitrag, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47572
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