Die Grabstatue des Aristodikos ist der letzte und in seiner Gestaltung entscheidend veränderte Kouros aus der Archaik der bisher aufgefunden wurde, so dass es interessant ist, die Entwicklung des archaischen Kouros zu beobachten, der die Jünglingsstatuen der Frühklassik vorbereitet.
In dieser Arbeit soll anhand von Beschreibungen eines typischen Kouros aus der Archaik und einer Statue aus dem strengen Stil die Grabstatue des Aristodikos eingegliedert werden, so dass man ihre besondere Stellung in der Entwicklung des archaischen Kouros erkennen kann. Zwecks einer Veranschaulichung der Entwicklung des Körperbildes wird zunächst der Kouros aus Tenea beschrieben, der durch seine den Gesetzten der Archaik folgenden Gestaltungsweise und seinem guten Erhaltungszustand dazu geeignet ist.
An ihm lässt sich das Gesetz der strengen Frontalität einer auf Vorderansicht konzipierten, achsialsymmetrischen Figur aufzeigen. Das Ziel der archaischen Kouroi liegt nach gängiger Meinung der Forschung in der Weiterentwicklung der anatomisch korrekten Darstellung der menschlichen Gestalt.
Die Kouroi, die den Mittelpunkt der archaischen Kunst darstellen, hatten entweder die Funktion einer Apollodarstellung, einer Grabstatue oder eines Weihgeschenkes an Apollo und sie erhielten Einflüsse aus Ägypten, Mesopotamien und dem Orient.
Anschließend dient in dieser Hausarbeit der Kritios-Knabe als Vergleich des Aristodikos mit einer Jünglingsgestalt aus dem strengen Stil, um zu sehen, wie sich die archaischen Vorgaben weiterentwickelt haben. Der Knabe ist zwar nicht so vollständig erhalten, wie der Kouros aus Tenea, aber er liegt der archaischen Epoche am nächsten, da er das bisher frühste gefundene Denkmal aus der Klassik ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Kouros aus Tenea
2.1. Allgemeine Daten
2.2. Beschreibung
3. Die Grabstatue des Aristodikos
3.1. Allgemeine Daten
3.2. Beschreibung
3.3. Asymmetrien
3.4. Wer war der abgebildete Aristodikos?
3.5. Welche Bedeutung hat die Grabstatue?
4. Der sogenannte Kritios-Knabe
4.1. Allgemeine Daten
4.2. Beschreibung
5. Zusammenfassung
6. Literaturverzeichnis
6.1. Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
Die Grabstatue des Aristodikos ist der letzte und in seiner Gestaltung entscheident veränderte Kouros aus der Archaik der bisher aufgefunden wurde, so dass es interessant ist, die Entwicklung des archaischen Kouros zu beobachten, der die Jünglingsstatuen der Frühklassik vorbereitet.
In dieser Hausarbeit soll anhand von Beschreibungen eines typischen Kouros aus der Archaik und einer Statue aus dem strengen Stil die Grabstatue des Aristodikos eingegliedert werden, so dass man ihre besondere Stellung in der Entwicklung des archaischen Kouros erkennen kann. Zwecks einer Veranschaulichung der Entwicklung des Körperbildes wird zunächst der Kouros aus Tenea beschrieben, der durch seine den Gesetzten der Archaik folgenden Gestaltungsweise und seinen guten Erhaltungszustand dazu geeignet ist.
An ihm lässt sich das Gesetz der strengen Frontalität einer auf Vorderansicht konzipierten, achsialsymmetrischen Figur aufzeigen. Der Kouros ist in der Archaik immer jung und nackt dargestellt, wobei die Betonung der „angespannten Muskeln“[1] nach Martini der Hervorhebung des athletischen Ideals gedient haben soll. Das linke Bein ist immer vorgestellt und die Sohlen der Füße liegen plan auf. Die Beinstellung variiert zwischen einem senkrecht aufstehenden rechten Bein, während das linke vorangestellt ist[2] und der ausgewogeneren Version von einem leicht zurückgestelltem rechten und leicht vorgestelltem linken Bein[3]. Des weiteren sind die Hände der am Körper entlanglaufenden Arme zu einer Faust geballt und mit dem Oberschenkel verbunden, oder sie liegen flach am Bein an. Diese Strenge in der Gestaltung des Kouros macht das typisch archaische aus, was sich im wie gezwungen wirkenden Lächeln wiederspiegelt.
Das Ziel der archaischen Kouroi liegt nach gängiger Meinung der Forschung in der Weiterentwicklung der anatomisch korrekten Darstellung der menschlichen Gestalt.
Die Kouroi, die den Mittelpunkt der archaischen Kunst darstellen, hatten entweder die Funktion einer Apollodarstellung, einer Grabstatue oder eines Weihgeschenkes an Apollo[4] und sie erhielten Einflüsse aus Ägypten, Mesopotamien und dem Orient[5].
Anschließend dient in dieser Hausarbeit der Kritios-Knabe als Vergleich des Aristodikos mit einer Jünglingsgestalt aus dem strengen Stil, um zu sehen, wie sich die archaischen Vorgaben weiterentwickelt haben. Der Knabe ist zwar nicht so vollständig erhalten, wie der Kouros aus Tenea, aber er liegt der archaischen Epoche am nächsten, da er das bisher frühste gefundene Denkmal aus der Klassik ist.
2. Der Kouros aus Tenea
2.1. Allgemeine Daten
Der um 560 v.Chr. entstandene Kouros wurde 1946 auf einem[6] ehemaligen Friedhof über einem Grab im Dorf Athiki, dem alten Tenea auf einer Platte liegend aufgefunden, wobei Lullies festhält, dass die Statue vermutlich mit ihrer Plinthe in diese Platte eingelassen war[7]. Der Kopf befand sich in einem Tongefäß, das ihn vor Beschädigungen schützte. Lullies vermutet, dass die Statue aufgrund des Perserkrieges so sorgfältig gelagert gewesen ist[8], so dass lediglich einige Bestoßungen an der Oberflächenstruktur zu erkennen sind, der rechte Unterarm und das Ende des Gliedes verlorengegangen sind. Des weiteren existieren Bruchstellen am oberen und unteren Ellbogen des linken Unterarmes, sowie oberhalb und unterhalb beider Schienbeine, die jeweils bald nahtlos wieder aneinandergefügt sind. Somit befindet sich der Kouros in einem sehr guten Erhaltungszustand. Da keine Inschriften auf der Statue sind und sonstige Hinweise fehlen, ist der Dargestellte nicht näher zu bestimmen. Die 1,53 m hohe und aus parischem Marmor bestehende Skulptur gelangte 1853 aus dem Besitz des Grafen Anton von Prokesch in die Münchner Glyptothek[9].
Aufgrunddessen, dass der Kouros nahe Korinth aufgefunden wurde und die Gestaltung des Gesichts der Ausarbeitung von plastischen Köpfen auf korinthischen Vasen und Bronzen aus der Mitte des 6. Jahrhunderts stilistisch gesehen sehr nahe kommt, handelt es sich bei dem Kouros aus Tenea wahrscheinlich um ein Werk eines korinthischen Bildhauers[10]. Richter stützt diese Vermutung indem sie festhält, dass „ [we] may note a certain degree of resemblance between late Corinthian heads [...] and the kouros from Tenea [...]. They have the same wide-awake, rather intense look, accentuated features, and hair arranged in small scallops round the forehead“[11].
In der Literatur wird der Kouros aus Tenea bisweilen auch Apoll von Tenea genannt. Eine Begründung für diese Auffassung liefert Brunn in seiner Beschreibung der Glyptothek, indem er festhält, dass der „Typus eines mit enganliegenden Armen ohne Attribute dastehenden Jünglings [...] in der altgriechischen Kunst sowohl für jugendliche Athletengestalten, als für Darstellungen des Apollo verwendet worden [ist]. Für die letztere Benennung lässt sich anführen, dass in Tenea nach Pausanias (II, 5, 4) Apollo als Halbgott verehrt wurde.“[12] Jedoch verweist Brunn auf den Auffindungsort der Statue, so dass es logischer erscheint, in ihr eine Grabstatue zu erkennen.
2.2. Beschreibung
Anhand der „Anatomical Analysis“[13] von Richter, soll an dieser Stelle kurz aufgezeigt werden, wie sich der Kouros von Tenea mit seiner allgemeinen Gestaltung in die Darstellungsweisen des archaischen Kouros eingliedert.
Die Wiedergabe der menschlichen Anatomie erfolgte bisher relativ abstrakt und geometrisch. So betonten die Bildhauer der Sunion-Gruppe die Details durch Rillen und Grate, die wiederum zeigen, dass der menschliche Körper nur teilweise verstanden war. Die Darstellungsweise ist noch nicht realistisch, „but a simplified conception of the human figure, a solid, harmonious structure in which essentials were emphasized and generalized into expressive patterns“[14]. Schließlich gibt die auf scharfe und doch naive Beobachtung der Natur basierende Konzeption diesen frühen Statuen ihren unverwechselbaren Charakter.
Die Kouroi der Tenea bis Volomdara-Gruppe zeugen hingegen von einer Weiterentwicklung in der Wiedergabe menschlicher Anatomie. Mehr Rundungen und bessere Beobachtung der Muskeln und Knochen beweisen dies. „But the feeling for design, inherited from the past, is still strong. The kouros from Tenea is [...] a masterpiece of correlation; but instead of linear patterns, volumes are co-ordinated“[15].
Der Kouros aus Tenea wirkt in seiner Gestalt aufgrund der stark hervorgehobenen Muskelpartien und dem breiten Schulter-Brust-Bereich kraftvoll. Sein sehr ovaler Kopf mit dem langen Hals und die langen Beine lassen ihn gleichzeitig zierlich erscheinen. Schneider hält dies für eine gedrungene und trotzdem aufstrebende Darstellungweise[16], wobei die gesenkten Schultern dem Emporstreben des Kouros entgegenwirken.
Die schlichte Wiedergabe der Einzelheiten des Körpers und der scharfe Umriss verhelfen der Statue zu einer klaren Gliederung, was sich anhand der folgenden detaillierten Betrachtung unter anderem zeigt.
Die Vorderseite des Schädels ist im Gegensatz zum relativ flachen Hinterkopf gut entwickelt und die Ohren sitzen ungefähr korrekt. Der angespannte Ausdruck des Gesichtes wird besonders durch das typisch archaische Lächeln und der fast wölbungslosen Augenpartie hervorgerufen. Die flach nach aussen vortretenden Augen werden durch tiefe Ritzen von der Gesichtshaut getrennt, wobei die Augen kein Oberlied, aber stark ausgeprägte Tränenkarunkeln besitzen. Besonders im Profil erkennt man, wie scharfkantig und spitz die Nase gestaltet ist, unter der sich der Mund zum Lächeln emporzieht, so dass an den Winkeln Grübchen entstehen. Ausserdem bewirkt das Lächeln, dass sich die untere Gesichtshälfte in verschiedenen Ebenen darstellt, so dass die hochliegenden Wangenknochen betont werden. Auch das gespaltene Kinn weist eine gute Modellierung auf.
Das Haar umkränzt das Gesicht an der Stirn mit zehn vertikal verlaufenden, „konventionellen“[17] Bögen, die so hoch platziert sind, dass das Gesicht nicht eingeengt wirkt. Das über die Schulter zurückfallende Haar ist als eine Masse dargestellt, die durch horizontale Linien unterteilt wird. Ein Band hält es an Stirn und Hinterkopf fest.
Der breite Oberkörper wird nur durch die Begrenzung der Rippen ein wenig vertieft, ansonsten zeigt sich der Brustkorb als ein hartes und starres Gerüstteil mit relativ weich ausgearbeiteten Übergängen der Brustmuskulatur. Im Gegensatz dazu steht die schmale Taille, an der man die Beckenknochen erkennen kann.
Am Rücken zeigt sich die Wirbelsäule leicht S-gekrümmt und die Schulterblätter sowie die darunter liegende Muskelpartie werden angedeutet.
Die Arme hängen zwar muskulös und in den Ellbogen leicht angewinkelt herab, jedoch wirkt ihre Haltung passiv, da sie mit den langen Oberschenkeln verbunden sind. Die Linie, die den Oberschenkelmuskel andeuted, verläuft entgegen der bemüht korrekten Anordnung der anatomischen Details vom Kouros aus Tenea bis zum oberen Ansatz des Gesäßes. Die Knie sind zusammen mit den Waden im Vergleich zum restlichen Körper durch besonders tiefe Furchen am stärksten ausgebildet. Die Füsse sind sehr detailliert wiedergegeben, was sich an der Ausarbeitung der Knöchel, Zehen und Archillessehne zeigt.
Dadurch, dass die Leistenfurchen, Kniescheiben, Schienbeine und Knöchel deutlich herausgearbeitet sind und die Taille eingezogen ist, kann der Betrachter das Knochengefüge erfassen, so dass alle „diese Grübchen und Furchen [...] die Durchgliederung der Gestalt und ihre Gelenkigkeit trotz der starren Haltung“[18] erzeugen. Betrachtet man die Kouroi vor 560, so erkennt man, dass dem Bildhauer des Kouros aus Tenea als erstem gelungen ist, „innerhalb der Konventionen und Schematisierung der Kouros-Haltung“[19] eine lebensnahere Figur zu schaffen. Denn dadurch, dass die Formen des Kouros aus Tenea beginnen, in ihrer Darstellung voluminöser und weicher in den Übergängen zu sein, werden sie den Formen des Menschen ähnlicher.
[...]
[1] nachzulesen bei: Schneider: Untersuchungen zum Körperbild. 1999, S. 259.
[2] z. B. am Münchner Kouros zu erkennen
Schneider: Untersuchungen zum Körperbild. 1999, Taf. 11.
[3] z. B. am Kleobis zu erkennen
Schneider: Untersuchungen zum Körperbild. 1999, Taf. 8.
[4] Richter: Kouroi. 1960, S. 1, 2.
[5] ebda., S. 2, 3.
[6] Schneider: Untersuchungen zum Körperbild. 1999, Abb. 4, 10, 16, 26, 29, 56, 57, 40, 41.
[7] Lullies: Griechische Plastik. 1979, S. 53.
[8] ebda.
Da die Perser 480 v. Chr. Athen zerstört hatten, wurde die Statue wahrscheinlich zum Schutz vor den
Feinden begraben, so wie es damals mit vielen Denkmälern geschehen ist.
Richter hält bezüglich der Datierung fest:
„If the dating of Periander about 625-585 is correct [...], the statue may date comparatively soon after his
death, when an oligarchy had seized the power.“ (Richter 1960, S. 75)
[9] Inventarnummer 168.
[10] Lullies: Griechische Plastik. 1979, S. 53.
[11] Richter: Kouroi. 1960, S. 77.
[12] Brunn: Beschreibung der Glyptothek. 1887, S. 49.
[13] Richter: Kouroi. 1960, S. 39, 79.
[14] ebda.
[15] ebda., S. 79.
[16] Schneider: Untersuchungen zum Körperbild. 1999, S. 65.
[17] Brunn: Beschreibung der Glyptothek. 1887, S. 50.
[18] Hamann: Geschichte der Kunst. 1952, S. 479.
[19] Boardman: Griechische Plastik. 1981, S. 94.
- Citar trabajo
- Katharina Krings (Autor), 2000, Die Statue des Aristodikos und ihre Stellung in der Entwicklung des griechischen Kouros, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47496
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.