Diese Hausarbeit befasst sich mit einer bildungspolitischen Auseinandersetzung, Thema ist eine vermeintliche Benachteiligung der Jungen im deutschen Bildungssystem. Im ersten Teil der Arbeit befindet sich eine Zusammenfassung des Textes "Schlaue Mädchen – Dumme Jungen? Gegen eine Verkürzung des aktuellen Geschlechterdiskurs" vom Bundesjugendkuratorium. Im zweiten Teil der Arbeit wird eine Beurteilung des Textes vorgenommen und am Ende der Ausarbeitung werden die wichtigsten Fakten zusammengefasst und ein Fazit gezogen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zusammenfassung „Schlaue Mädchen - Dumme Jungen?“
3. Beurteilung
4. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Seminarthema Bildung. Hier eine Beschreibung des Bildungsbegriffs von Jutta Allmendinger:
Bildung bestimmt maßgeblich über individuelle Lebenschancen. Sie wird heute als Bürger- und sogar als Menschenrecht verstanden. Gleichzeitig ist Bildung ein wesentlicher Faktor für wirtschaftliche Entwicklung und soziale Integration. Doch die individuellen und gesellschaftlichen Ansprüche und Erfordernisse sind manchmal schwer miteinander vereinbar – seit jeher Anlass für bildungspolitische Auseinandersetzungen.“ (Allmendinger 2013)
Auch diese Hausarbeit befasst sich mit einer bildungspolitischen Auseinandersetzung, Thema ist eine vermeintliche Benachteiligung der Jungen im deutschen Bildungssystem.
Im ersten Teil der Arbeit befindet sich eine Zusammenfassung des Textes „Schlaue Mädchen – Dumme Jungen? Gegen eine Verkürzung des aktuellen Geschlechterdiskurs“ vom Bundesjugendkuratorium. Im zweiten Teil der Arbeit wird eine Beurteilung des Textes vorgenommen und am Ende der Ausarbeitung werden die wichtigsten Fakten zusammengefasst und ein Fazit gezogen.
2. Zusammenfassung „Schlaue Mädchen - Dumme Jungen?“
„Schlaue Mädchen – Dumme Jungen? Gegen Verkürzung im aktuellen Geschlechterdiskurs“ ist eine Stellungnahme des Bundesjugendkuratoriums aus dem Jahr 2009. Das Bundesjugendkuratorium (BJK) ist ein von der Bundesregierung eingesetztes Gremium, dem 15 Sachverständige aus Politik, Verwaltung, Verbänden und Wissenschaft angehören. Diese werden mindestens für die Dauer der laufenden Legislaturperiode berufen und beraten die Bundesregierung in grundsätzlichen Fragen der Kinder- und Jugendhilfe sowie zu Querschnittsfragen der Kinder- und Jugendpolitik. In dem vorliegenden Bericht wird der medial propagierte Bildungsmisserfolg der Jungen thematisiert und der Frage nachgegangen, ob dies nicht eine zu verallgemeinerte Sichtweise auf den aktuellen Diskurs ist.
Zunächst wird die Ausgangslage der Situation näher beleuchtet und der mediale Diskurs und die darin enthaltenen Erklärungsversuche für eine Jungenbenachteiligung betrachtet. Im Anschluss daran werden Forschungsbefunde zu Ungleichheiten zwischen Mädchen und Jungen im System der Bildung, Betreuung und Erziehung formuliert und die Frage gestellt, ob diese eine Eindeutigkeit zulassen, die der mediale Diskurs suggeriert. Schließlich wird auf den strukturellen und kulturellen Kontext von Geschlechterrollen eingegangen und letztlich weitere Anregungen für die politische Debatte aufgezeigt.
In der Ausgangslage gehen die Autoren zunächst auf den Blickwechsel zwischen benachteiligten Mädchen zu benachteiligten Jungen ein. Dieser begann nach dem „PISA-Schock“ 2001 und die mediale Aufmerksamkeit konzentrierte sich hauptsächlich auf die Jungen als Bildungsverlierer. Diese Debatte wurde auch auf bundespolitischer Ebene weitergeführt, woraufhin sich das BJK mit der Thematik beschäftigte und folgende Leitfragen entwickelte:
- Welche Argumentationsfiguren bestimmen den medialen Diskurs über die Jungen als Verlierer im Bildungssystem?
- Auf welche Ergebnisse empirischer Studien stützt sich die Debatte über die bildungsbezogenen Probleme von Jungen und welche Schlüsse lassen die Befunde zu?
- Welche strukturellen Faktoren und Mechanismen und welche kulturellen Kontexte müssen bei der Reflexion über aktuelle und künftige Geschlechterrollen stärker als bislang berücksichtigt werden, um verkürzte oder einseitig geführte Schlussfolgerungen für politisches und pädagogisches Handeln zu vermeiden?
- Um welche Aspekte muss die politische Debatte zur Bildungsbenachteiligung von Jungen erweitert werden, um zu einer adäquateren Auseinandersetzung mit den damit verknüpften Fragen und zur Entwicklung weiterführender Lösungsstrategien zu kommen?
Zunächst geht es im 2. Kapitel um die Frage was den medialen Diskurs über Jungen bewegt und wie die darin enthaltene Benachteiligung zu erklären sind. Die mediale Berichterstattung über die Benachteiligung der Jungen ist Teil der allgemeinen Bildungsdebatte, die mit der Veröffentlichung der Schulleistungsstudien aufkam. Dieser Diskurs ist jedoch nicht nur auf Deutschland beschränkt, sondern wird mehr oder weniger in allen OECD Ländern geführt. Als Erklärung für das schlechte Abschneiden der Jungen wird in den Medien die These einer Feminisierung der Pädagogik hervorgebracht. Begründet wird diese These damit, dass den Jungen männliche Rollenvorbilder fehlen - dies gilt vor allem für die Grundschulzeit. Darüber hinaus ist der Diskurs oft von human- und naturwissenschaftlichen sowie antifeministischen Argumenten geprägt. Die Ungleichheiten zwischen Jungen und Mädchen werden dabei als eine für die Gesellschaft bedrohliche Entwicklung dargestellt und die Medien fordern die Politik zum Handeln auf. Dabei sind die eindimensionalen Aussagen über männliche bzw. weibliche Eigenschaften kritisch zu betrachten.
Im 3. Kapitel werden die Forschungsbefunde zu den Ungleichheiten zwischen Mädchen und Jungen sowie einer möglichen Benachteiligung der Jungen in Bezug auf das Bildungssystem näher betrachtet. Es stellt sich unteranderem die Frage, ob die Befunde empirischer Forschungen eine derartige Eindeutigkeit zulassen, welche der mediale Diskurs suggeriert. Die Daten vermitteln auf den ersten Blick ein klares Bild in Bezug auf die geschlechterspezifischen Unterschiede. Bei näherer Betrachtung sind die Unterschiede jedoch nicht mehr ganz so groß wie zunächst angenommen, da sich die Stärken und Schwächen der Geschlechter über den Zeitraum der Entwicklung hin zur Adoleszenz oftmals ausgleichen. Da zudem kaum fundierte Erklärungen für die erforschten Unterschiede vorhanden sind, kann als Fazit daraus gezogen werden, dass sich die Befunde als weniger eindeutig erweisen, als dies in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Die nächste Frage des Berichts thematisiert eine Benachteiligung von Jungen beim Übergang in das Berufsbildungssystem und den Beruf. Auch hier lassen sich geschlechterspezifische Unterschiede feststellen, diese deuten jedoch im Gegensatz zum Schulsystem auf einen Vorsprung der Jungen bzw. jungen Männer hin. Die jungen Männer sind häufiger in besser vergüteten dualen Ausbildungsgängen zu finden, während Frauen häufiger vollzeitschulische Ausbildungsgänge besuchen. Im Übergangssystem überwiegt der Anteil junger Frauen mit höheren Abschlüssen, wobei insgesamt betrachtet der Anteil der Männer überwiegt. Auch in Punkto Gehalt haben die männlichen einen Vorsprung gegenüber den weiblichen Auszubildenden. Die empirisch belegten Unterschiede der Bildungsbiographien zwischen Mädchen und Jungen sind erklärungsbedürftig und benötigen eine nähere Erforschung. Weiterhin wäre zu untersuchen, ob Frauen ihren Vorsprung innerhalb des Schulsystems auch in späteren Lebensphasen einlösen können. Bei der Bewertung ist unteranderem der Übergang in die Elternschaft zu berücksichtigen. Durch die damit verbundene Unterbrechung müssen Frauen auch bei einer höheren Qualifizierung mit verminderten Aufstiegschancen rechnen. Im nächsten Abschnitt wird sich der Frage zugewandt, ob zwischen der schulischen Bildung und dem Geschlecht ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die Kategorie Geschlecht ist nicht unabhängig von ihrer Wechselwirkung mit anderen Faktoren wie soziale Herkunft und Ethnizität zu betrachten. Aus Sicht des BJK wird der Blick zu sehr auf das Schulsystem und das Merkmal Geschlecht gerichtet und dadurch andere bedeutsame Kategorien vernachlässigt. Daher wäre es laut BJK wichtig, auch andere Benachteiligungsfaktoren einzubeziehen, die in der politischen und pädagogischen Debatte nicht länger vernachlässigt werden sollten.
Im 4. Kapitel geht es um die Geschlechterrollen in strukturellen und kulturellen Kontexten. Aus den empirischen Befunden und den medialen Aufhängern zu geschlechterspezifischen Ungleichheiten werden häufig unmittelbar politische und pädagogische Lösungen abgeleitet. Das BJK kritisiert jedoch diese eindimensionalen und empirisch nicht belegbaren Lösungsansätze. Es geht laut BJK nämlich vielmehr darum herauszufinden, an welchen Stellen und in Verbindung mit welchen Mechanismen beim Aufwachsen von Kindern geschlechterspezifische Differenzierungen stattfinden. Hierzu muss die Debatte um die Benachteiligung von Jungen in einem breiteren strukturellen und kulturellen Kontext eingebettet werden. Der strukturelle Kontext von Geschlechterrollen wird im nächsten Abschnitt behandelt. Das BJK vertritt dabei ein handlungsorientiertes Geschlechterkonzept, in welchem die Geschlechterrolle in interaktiven Prozessen („doing gender“) hervorgebracht wird. Die Geschlechterrolle wird demnach durch alltägliches Handeln gestaltet und ist nicht von der Natur vorgegeben. Daher sollte laut BJK der Diskurs über die Benachteiligung von Jungen als Teil einer (gesamt-)gesellschaftlichen Debatte über Rollen, Aufgaben, Risiken und Chancen von Frauen und Männern gesehen werden. Die Rolle des Mannes hat sich von einer kulturell-gesellschaftlichen Vorgabe zu einer individuell zu bewältigenden Aufgabe gewandelt, da Männer einerseits in der Arbeitswelt flexibel und belastbar sein müssen und auf der anderen Seite gleichberechtigt im Haushalt und der Kindererziehung helfen sollen. Die Vereinbarung von Familie und Beruf wird laut Umfragen den Männern hierbei immer wichtiger. Auf der anderen Seite gibt es zunehmend Frauen, welche die Rolle der Familienernährerin inne haben. Eine Auseinandersetzung mit diesen neuen Rollenbildern ist erforderlich, um den Jungen und Mädchen eine Identifikation zu bieten. Aber nicht nur strukturelle auch kulturelle Kontexte haben eine Bedeutung für das schlechtere Abschneiden von Jungen im Bildungssystem. So wird zum Beispiel über Medien und Peer-Groups ein bestimmtes Bild von Jungen vermittelt. In diesem Zusammenhang wurde auch die Problematik einer Ethnisierung von Männlichkeitsbildern betrachtet. Der Diskurs über Jugendliche mit Migrationshintergrund ist von Bildern geprägt, die in ihren Konsequenzen meist nicht hinreichend reflektiert werden. Durch Benachteiligungen und Marginalisierung gewinnt die „Männlichkeit“ bei sozial benachteiligten Männern an Wert, dieser Körperkult wird gewissermaßen als letzte verbliebene Ressource eingesetzt. Eine Stigmatisierung und Geschlechterrollenzuschreibung findet laut BJK auch in der Schule durch die Lehrkräfte statt, indem diese männliche Schüler ethnischer Minderheiten tendenziell abwertender behandeln. Als Fazit wird festgehalten, dass der mediale Diskurs und zum Teil auch die wissenschaftliche Debatte zu verkürzt bleibt, da andere Faktoren nicht berücksichtigt werden. Ziel sollte es laut BJK sein, die Schüler mit ihren individuellen Bildungsbiographien wahrzunehmen.
Im 5. Kapitel werden Anregungen für die weitere politische Debatte gegeben.
Als ersten Punkt wird vom BJK vorgeschlagen, die Ansprüche des Gender Mainstreamings umzusetzen und zu einem Managing Diversity weiter zu entwickeln. Gender-Mainstreaming bedeutet, die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern bei allen Entscheidungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu berücksichtigen, um so die Gleichstellung der Geschlechter durchzusetzen. Die Sensibilisierung im schulischen sowie außerschulischen Bereich ist eine Voraussetzung für die Förderung von Chancengleichheit. Das Gender Mainstreaming muss dabei um den Ansatz eines Managing Diversity ergänzt werden, um die individuelle Verschiedenheit zu nutzen und nicht nur die Unterscheidung des Geschlechts.
Als nächster Punkt wird genannt, dass man die Mädchenförderung als Erfolg betrachten soll.
Der Erfolg der Mädchen im Bildungssystem zeigt, dass sich geschlechterspezifische Ungleichheiten abbauen lassen und durch pädagogische Konzepte Mädchen wie Jungen individuell zu fördern sind.
Ein weiterer Denkanstoß ist, dass die Vergrößerung des Männeranteils des pädagogischen Personals zwar wichtig ist, aber nicht als einzige Lösung für das Problem in Bezug auf die Ungleichheiten dienen kann.
Die Sensibilisierung in Bezug auf die Veränderung von Geschlechterrollen ist ein Punkt, bei dem das BJK der Überzeugung ist, dass dieser Schritt von einem breiten gesellschaftlichen Diskurs über Veränderungen der Geschlechterrollen ergänzt werden muss. Dabei sollte auch die Teilung von männlichen und weiblichen Aufgaben auf dem Arbeitsmarkt überwunden werden.
Eine individuelle Förderung ohne Bezug zum Geschlecht sollte laut BJK auch in der Schule im Vordergrund stehen. Daneben ist die Kooperation zwischen Kinder- und Jugendhilfe weiter auszubauen. Auch die geschlechterspezifische Selektion sollte mithilfe der beteiligten Akteure überwunden werden.
Zu guter Letzt rät das BJK die Bildungs-, Kinder- und Jungendforschung weiter auszubauen, die sich differenziert mit dem Thema beschäftigt. Hierbei muss unteranderem untersucht werden, inwiefern das Geschlecht der pädagogischen Fachkräfte den Schulerfolg der Mädchen und Jungen beeinflusst. Die Reflexion über Entstehungsprozesse und Lösungsmöglichkeiten muss mehrdimensional, vielschichtig und bereichsspezifisch sein. (Bundesjugendkuratorium 2009)
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- Citation du texte
- Nadine Weber (Auteur), 2015, Bildung in Bezug auf den Geschlechterdiskurs. Bildung in Kindheit und Jugend, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/474768
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