„Die Prototypentheorie an sich existiert gar nicht!“ (Hans-Jörg Schmidt, 2000:33) Der Begriff Prototypentheorie beschreibt nichts klar Begrenztes. Er ist lediglich eine Zusammenfassung mehrerer Ideen von Psychologen und Linguisten zu einem Begriff.
Es ist sehr wichtig, die drei zentralen Facetten dessen, was mit dem Begriff Prototypentheorie bezeichnet wird, zu differenzieren. Diese sind wie folgt 1) Prototypikalität: Kognitive Kategorien enthalten Mitglieder oder Gruppen von Mitgliedern, denen der Status des Prototypen zugeschrieben wird. Prototypen könnte man also als besonders typische und hervorstechenden Vertreter einer Kategorie bezeichnen.
2) Typikalität: Man kann die Mitglieder einer Kategorie im Hinblick darauf, wie typisch und repräsentativ sie für die jeweilige Kategorie sind graduell abstufen. Die Skala reicht hier vom Prototypen über gute/wenige gute Vertreter bis hin zu schlechten, peripheren oder sogar fraglichen Vertretern einer Kategorie.
3) Unschärfe: Die Grenzen von Kategorien sind nicht klar und eindeutig, sondern unscharf. Zwischen den Kategorien, die ähnlich sind, existieren fließende Übergänge. (vgl. Mangasser-Wahl 2000:33)
Die zweite Annahme ist hierbei die Grundlegendste, da sich Prototypikalität und Unschärfe als maximale bzw. minimale Grade der Typikalität auffassen lassen. Die Prototypentheorie besagt also, dass Kategorien einen Kern und unscharfe Ränder (fuzzy edges) haben.
Der Prototypentheorie liegt die empirisch getestet Hypothese zugrunde, dass die sprachlichen Verstehensprozessen im menschlichen Gehirn im entscheidenden Maße von unseren Erfahrungen und von unserer Kultur bestimmt werden. Das bedeutet, dass in jedem Land ein anderer Prototyp für dieselbe Kategorie festgelegt werden kann.
Ziel dieser Arbeit ist es einen Einblick in die Prototypensemantik zu geben und die oben genannten Facetten zu erfassen und zu erklären.
Gliederung
1) Einleitung: Der Begriff Prototypentheorie
2) Experimentelle Ansätze
3) Die Standardversion
3.1) Prototypikalität
3.2) Familienähnlichkeit und Cue Validity
3.3) Hedges
3.4) Basic Level Terms
4) Ein kurzer Einblick in die Erweiterte Version
5) Kritik an der Prototypensemantik
6)Schluss
7) Literaturverzeichnis
1) Einleitung: Der Begriff Prototypentheorie
„Die Prototypentheorie an sich existiert gar nicht!“ (Hans-Jörg Schmidt, 2000:33)
Der Begriff Prototypentheorie beschreibt nichts klar Begrenztes. Er ist lediglich eine Zusammenfassung mehrerer Ideen von Psychologen und Linguisten zu einem Begriff.
Es ist sehr wichtig, die drei zentralen Facetten dessen, was mit dem Begriff Prototypentheorie bezeichnet wird, zu differenzieren. Diese sind wie folgt
1) Prototypikalität: Kognitive Kategorien enthalten Mitglieder oder Gruppen von Mitgliedern, denen der Status des Prototypen zugeschrieben wird. Prototypen könnte man also als besonders typische und hervorstechenden Vertreter einer Kategorie bezeichnen.
2) Typikalität: Man kann die Mitglieder einer Kategorie im Hinblick darauf, wie typisch und repräsentativ sie für die jeweilige Kategorie sind graduell abstufen. Die Skala reicht hier vom Prototypen über gute/wenige gute Vertreter bis hin zu schlechten, peripheren oder sogar fraglichen Vertretern einer Kategorie.
3) Unschärfe: Die Grenzen von Kategorien sind nicht klar und eindeutig, sondern unscharf. Zwischen den Kategorien, die ähnlich sind, existieren fließende Übergänge. (vgl. Mangasser-Wahl 2000:33)
Die zweite Annahme ist hierbei die Grundlegendste, da sich Prototypikalität und Unschärfe als maximale bzw. minimale Grade der Typikalität auffassen lassen. Die Prototypentheorie besagt also, dass Kategorien einen Kern und unscharfe Ränder (fuzzy edges) haben.
Der Prototypentheorie liegt die empirisch getestet Hypothese zugrunde, dass die sprachlichen Verstehensprozessen im menschlichen Gehirn im entscheidenden Maße von unseren Erfahrungen und von unserer Kultur bestimmt werden. Das bedeutet, dass in jedem Land ein anderer Prototyp für dieselbe Kategorie festgelegt werden kann.
Ziel dieser Arbeit ist es einen Einblick in die Prototypensemantik zu geben und die oben genannten Facetten zu erfassen und zu erklären.
2) Experimentelle Ansätze
Der Beginn der Prototypenforschung ist mit der Studie von Berlin und Kay (1969) zur Extension von Farbadjektiven anzusetzen. Der Grund für die Untersuchung von Farbbezeichnungen war, dass sich die Anzahl für Farben in verschiedenen Sprachen sehr deutlich unterschied. Das Italienische hat z.B. zwei Arten von blau (azuro, blu), das Französische zwei Arten von braun (marron, brun) und das in Wales gesprochenen Kymrische hat zwar ein Wort für braun, unterscheidet aber nicht zwischen blau und grün.
Berlin und Kays Methode bestand aus zwei Stufen. Sie ermittelten zuerst durch Befragung die nativen und häufigsten Farbadjektive in 20 Sprachen. Die Farben, die aus diesen Befragungen hervorgingen, wurden als Basic Color Terms bezeichnet. Im Englischen sind das die Wörter white, grey, black, red, yellow, green, blue und purple. Alle anderen Farben waren aus den Grundfarben abgeleitet und konnten diesen mehr oder weniger zugeordnet werden. In der zweiten Stufe legten sie den Befragten eine Farbpalette vor. Sie sollte dann auf die besten und typischsten Beispiele des jeweiligen Farbtons deuten. Diese Stufe machte deutlich, dass es innerhalb der Farbkategorien wiederum prototypische Bereiche gibt.
Das Ergebnis ihrer Untersuchungen legte also zentrale und randständige Vertreter einer Farbe fest. Die zentralen Vertreter sind als universell zu betrachten, da fast alle Sprachen dieselben Farbtöne als zentral erkennen, auch wenn die Grenzen verschieden gesteckt sind.
Die Basic Color Terms sind keine Hyponyme eines Farbwortes, wie z.B. türkis oder morphologisch komplizierten Wörter, wie z.B. hellgrün. Sie sind nicht fachsprachlich (cyan) oder beschränkt auf bestimmte Kollokationen, wie z.B. blond, dass man sowohl für Haare als auch für Bier verwenden kann.
Eleanor Rosch griff in ihren Experimenten die Untersuchungen von Berlin und Kay wieder auf. Sie schaffte es, die Untersuchungen zu bestätigen und zu erweitern. Dafür führte sie verschiedene Experimente durch.
Eines davon zu den Basic Color Terms war z.B. folgendes:
Sie bildete 2 Gruppen, eine englischsprachige und eine Gruppe der Dani, einem Volk aus Papua-Neuguinea. Die Sprache der Dani kennt nur zwei Farbbezeichnungen, nämlich „mola“ für weiß und alle warmen Farben
(wie rot, orange, gelb, rosa, lila) und „mili“ für schwarz und alle kalten Farben (wie blau, grün).
Es wurde getestet, welche Farben von den Vertretern der Gruppen als Focal Colors bezeichnet wurden und es stellte sich heraus, dass die Kongruenz der beiden Gruppen trotz der verschiedenen Sprachen sehr hoch war.
Die für die Dani nicht genauer kategorisierten Farben wurden außerdem mit neuen Namen belegt, die von Ihnen gelernt werden sollten. Das Resultat ergab, dass zentrale Vertreter einer Farbe schneller gelernt wurden als randständige. Somit stand also fest: „Color is a prime example of the influence of underlying perceptual cognitive categories.” (Heider 1971:447) Die Untersuchungen zu den Farben setzten also den Grundstein für weitere Untersuchungen im Bereich der Prototypensemantik. Berlin und Kay können also sozusagen als Pioniere der Prototypentheorie angesehen werden.
Rosch führte in ihren Untersuchungen noch weitere Tests durch, die später als goodness-of-example rating, kurz GOE-Urteil bezeichnet wurden. Dabei ging sie von den Farbkategorien weg und widmete sich Kategorien konkreter Objekte und Lebewesen.
Diese Verknüpfung lässt sich am Besten durch den Beginn einer Testanweisung belegen, die Rosch ihren 209 Psychologiestudenten und –studentinnen vorlegte:
„This study has to do with what we have in mind when we use words which refer to categories. Let ´s take the word red as an example. Close your eyes and imagine a true red. Now imagine an orangish-red…imagine a purple red. Although you might still name the orange red or the purple red with the term red, they are not as good examples of red (as clear cases of what red refers to) as the clear “true” red. In short, some reds are redder than other reds. The same is true for other kinds of categories. Think of dogs. You all have some notion of what a “real dog”, a “doggy dog” is. To me a retriever or a German shepherd is a doggy dog while a Pekinese is a less doggy dog. (Rosch 1975a:198)
Seit diesen Tests stand dann z.B. auch das Rotkehlchen in der Kategorie Bird als Prototyp. Erst danach folgt der Spatz. Die Amsel nimmt erst den sechsten Rang ein. Adler, Möwen, Spechte und Tauben nehmen mittlere Positionen auf der Typikalitätsskala ein. Hühner, Truthähne Strauße und Pinguine nehmen untere Ränge ein.
Ganz am Ende folgt mit großem Abstand die Fledermaus, die zwar aus biologischer Sicht kein Vogel ist, aber doch das Merkmal [flugfähig] besitzt.
Dieses Beispiel machte uns neugierig und auch wir verwendeten es, um dieses Experiment zu belegen. Wir fragten im Seminar, was sich die Teilnehmer unter einem typischen Vogel vorstellen. Die Antworten waren sehr verschieden. Die meisten jedoch stellten sich als ersten Vogel eine Amsel oder einen Spatz vor. Ein Teilnehmer afrikanischer Abstammung nannte jedoch als erstes einen Papagei. Somit kann man sehen, dass die Prototypensemantik, wie bereits erwähnt, sehr von der Tradition und der Kultur des jeweiligen Landes bzw. der jeweiligen Person abhängt. Die Ergebnisse von Roschs Untersuchungen nannten das Rotkehlchen als Prototypen der Kategorie Vogel. Bei uns in Deutschland jedoch sind eine Amsel oder ein Spatz prototypischer als ein Rotkehlchen. Vermutlich war die Region in der die Tests von Rosch durchgeführt wurden einfach stark von Rotkehlchen besiedelt.
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- Quote paper
- Andishe Gottlieb (Author), 2004, Prototypensemantik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47248
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