Das Thema fluviale Erosions- und Akkumulationsformen umfaßt alle von fließendem Gewässer verursachten Formen. Die Prozesse, die zu diesen Formen führen, wurden im Referat „Hydraulische Grundlagen des fluvialen Prozesses“ bereits erörtert. Im Folgendem wird gezeigt, welche Formen Erosion und Akkumulation erzeugen, welche Prozesse zu ihnen führen und welche Faktoren diese beeinflussen.
Übersicht:
1. Einleitung
2. Talformen
2.1 Das Kerbtal
2.2 Das Sohlental
2.3 Die Ebene
3. Flußformen
3.1 Gerade Flüsse
3.2 Verzweigte Flüsse
3.2.1 Erosionsverzweigung
3.2.2 Breitenerosion
3.2.3 Dammflußverzweigung
3.3 Mäandrierende Flüsse
3.3.1 Freie Mäander
3.3.2 Talmäander
3.4 Asymmetrie an Flußmündungen
4. Wasserfälle
4.1 Niagaratyp
4.2 Kaskadentyp
4.3 Hängetaltyp
5. Flußterrassen
5.1 Felssohlenterrasse
5.2 Aufschüttungsterrassen
6. Schwemmfächer
7. Deltas
7.1 Spitzdelta
7.2 Flügeldelta
7.3 Fingerdelta
7.4 Bogendelta
7.5 Ästuardelta
8. Zusammenfassung
9. Referenzen
1. Einleitung:
Das Thema fluviale Erosions- und Akkumulationsformen umfaßt alle von fließendem Gewässer verursachten Formen. Die Prozesse, die zu diesen Formen führen, wurden im Referat „Hydraulische Grundlagen des fluvialen Prozesses“ bereits erörtert. Im Folgendem
wird gezeigt, welche Formen Erosion und Akkumulation erzeugen, welche Prozesse zu ihnen führen und welche Faktoren diese beeinflussen.
2. Talformen
Es lassen sich grundsätzlich zwei Haupttypen von Talformen unterscheiden. Das Kerbtal und das Sohlental. Dazwischen reihen sich jede Menge Variationen, deren individuelle Entstehung von verschiedenen exogenen und endogenen Faktoren abhängig ist (s. Abb. 1)
2.1 Das Kerbtal
Das Kerbtal ist hauptsächlich daran zu erkennen, daß die Seitenhänge des Tals an das Flußbett anschließen. Dem Fluß bleibt kaum eine andere Möglichkeit, als dem Talverlauf zu folgen. Seine Richtung entspricht somit der Talrichtung, sowie seine Länge der Tallänge entspricht. Diese weitgehende Übereinstimmung ändert sich auch dann nicht, wenn der Fluß sein Bett verlagert, da er dabei das Tal mit verlagern muß. Andere Formen wie der Canõn, oder das Sohlenkerbtal sind ähnlich aufgebaut.
2.2 Das Sohlental
Das Sohlental ist erkennbar daran, daß zwischen Fluß und dem Fuß des Talseitenhangs eine durch Akkumulation, Erosion oder einer Kombination beider entstandene Talsohle liegt, durch die der Fluß fließt. Die Breite der Talsohle erlaubt ihm, je nach ihrer Beschaffenheit, zu schwingen oder sich zu verzweigen. Daher ist die Flußlänge häufig größer als die Tallänge. Auch hier sind andere, ähnliche Formen zu finden.
2.3 Die Ebene
In Ebenen und Aufschüttungsebenen kann der Fluß sein Flußbett noch freier verlagern, da er nicht durch angrenzende Talhänge behindert wird.
Daraus läßt sich schließen, daß der Fluß maßgeblich vom Tal beeinflußt wird, dieses aber auch so verändert, daß seine Form wiederum Änderung unterworfen sein kann. Beide stehen in einer Art Wechselbeziehung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Die verschiedenen Talformen mit den maßgeblichen Faktoren der Entstehung
(aus Hendl & Liedtke, 1997³)
3. Flußformen
Bei den Flußformen unterscheidet man drei Grundformen, die geraden, die verzweigten und die mäandrierenden Flüsse. Die einfachste Form, die geraden Flüsse, charakterisiert ein annähernd linearer Flußverlauf. Bei den verzweigten Flüssen handelt es sich um ein Geflecht kleiner Flüssen, in die sich ein großer Fluß teilt; auch „braided rivers“ (engl.: geflochten). Der Begriff verwilderter Fluß, aus der früheren deutschen Terminologie, ist in sofern irreführend, daß solche Flüsse in keinem Fall wilder oder naturbelassener sind als andere. Der Begriff der mäandrierenden Flüsse hat seinen Ursprung aus dem Vorderen Orient, genauer aus der Türkei. Der dort fließende ´Menderes´ ist ein seit dem Altertum für seine Windungen bekannter Fluß und Vorbild für die „Mäander“-Ornamente der antiken Keramik und Architektur (aus Ahnert).
3.1 Gerade Flüsse
Diese findet man meist nur in Kerbtälern. Wegen der Enge ist es dem Fluß nicht möglich zu schwingen. Da die Tiefenerosion stärker ist als die Seitenerosion, gräbt sich der Fluß immer tiefer in den Untergrund hinein. Die tektonischen Strukturen im Untergrund sind dafür maßgeblich. Verwerfungen und parallele Klüfte sind leichter zerütt- und erodierbar; der Fluß erodiert demnach in die Tiefe. Diese Schwächezonen nennt man auch „Leitlinien der Tiefenerosion“ (Ahnert). Die tektonischen Linien (Lineation) bestimmen somit Tal- und Flußverlauf. So kann es vorkommen, das beide, an einer Stelle wo zwei Linien sich kreuzen, ihren ursprünglichen Verlauf verlassen und mit einem scharfen Knick einer anderen Lineation folgen. Diese Knicke sind jedoch nicht mit Mäandern zu vergleichen bzw. verwechseln.
In Sohlentälern und Ebenen sind gerade Flüsse eher eine Seltenheit. Meist wurden sie von Menschen begradigt und in ein Flußbett eingemauert.
3.2 Verzweigte Flüsse
Diesen Typ unterscheidet man in drei verschiedene Untertypen, die sich je nach Beschaffenheit des Flußbettes in dem sie fließen, aber auch des Ufers, das sie begrenzt, bilden. Auch spielt die zur Verfügung stehende Wassermenge und ihre erodierende Kraft eine entscheidende Rolle.
3.2.1 Erosionsverzweigung
Am Grund des Flusses wird die sogenannte Geröllfracht transportiert. Diese besteht aus Schottern und Blockschutt und wird gerollt oder geschoben, weshalb man sie auch Flußgeschiebe nennt. Diese Fracht erodiert dadurch den Grund des Flusses, wie Schürfwerkzeug und unterstützen die Tiefenerosion. Da das Gestein unterschiedlich widerständig ist, kommt es zu Unterschieden in den Eintiefungen des Flußbetts. Es entstehen lokale Felsrinnen entlang den Zonen widerstandsschwächeren Materials. In ihnen fließt das Wasser mit größerer Tiefe, was laut Manning-Gleichung auch ein schnelleres Fließen zur Folge hat und somit die Tiefenerosion weiter fördert (positive Rückkopplung). Diese Selbstverstärkung ist jedoch begrenzt, da sie in den Rinnen zu Gefällsverminderung führt. In breiteren Flüssen kann es zu der Ausbildung mehrerer solcher Rinnen kommen, durch die, wenn sie tief genug sind, das gesamte Wasser fließt, während die Gesteinsrücken, die weniger erodiert werden/wurden aus dem Wasser herausragen und den Fluß verzweigen. Für diesen Vorgang ist eine hohe Strömungsenergie nötig, deshalb ist die Erosionsverzweigung meist nur in den oberen Flußläufen, sowie an Wasserfällen und Stromschnellen zu finden.
3.2.2 Die Breitenerosion
Dies ist der gängigste Untertyp. Er entsteht an Flußläufen, deren Ufer aus Sand und Schotter ohne großen Anteil von Ton und Schluff bestehen. Diese sind aufgrund ihrer Kohäsionslosigkeit instabil und leicht erodierbar. Bei Hochwasser werden die Ufer beidseits zurückverlegt, was zu einer Verbreiterung des Flußbetts führt. Der Wasserstand ist demnach niedriger und die Fließgeschwindigkeit nach der Manning-Gleichung geringer. Daraus folgt, daß die Transportfähigkeit abnimmt und vermehrt Sande und Schotter abgelagert werden zu Sand- bzw. Schotterbänke. Diese wiederum tragen als „Transporthindernisse“ zur weiteren Akkumulation bei, da sie Material abfangen und sich weiter erhöhen. Nach einiger Zeit ist soviel angelagert worden, daß bei normalen Abfluß, die Bänke nicht mehr überspült werden, sondern der Fluß drumherum fließt. Die Schotterbänke bewirken ihrerseits, daß die Flußrinnen zum Rand hin abgedrängt werden, wobei das Ufer weiter erodiert wird. Schotterbänke und Verzweigungen nehmen zu, jedoch die Wassermenge bleibt gleich, da die Schotterbänke die Verbreiterung des Flusses kompensieren. Wichtig hierbei ist, daß es keinerlei Materialzufuhr von weit oberhalb des Flußlaufs bedarf, sondern daß das gesamte Material aus der Erosion der Ufer stammen kann und nur lokal umgelagert wird. In vergletscherten Gebieten findet man oft solche verzweigten Flüsse, bei denen sich auch Material aus der Flußfracht anlagert (Moränenschutt). Diese Flüsse bedecken oft die gesamte Talsohle. Die Verzweigung ist jedoch nicht unbegrenzt. Bei jeder weiteren Verzweigung verringert sich die Wassermenge, die in den einzelnen Verzweigung abfließt und somit auch die Transportkraft. So kommt es dann zu einer Verstopfung kleiner Arme, wenn „schwereres“ Material aus größeren Armen - mit mehr Wasser und Transportkraft - in kleine Arme fließt und aufgrund der geringeren Transportkraft nicht weitertransportiert wird. Eine Ansammlung dieser Materialien bewirkt eine Verstopfung und das Trockenfallen des Arms. Die Wasser-menge, die Anzahl der Verzweigungen und die der Schotterpropfen stehen in einem dyna-mischen Gleichgewicht zueinander (s Abb. 2). Bei Trockenheit sind meist nur die großen Arme aktiv, die anderen liegen in der Zeit trocken. Bei Hochwasser werden dann alle Schotterbänke überspült und der Fluß bildet einen großen Strom, der die Nebenarme verlagern oder erodieren kann, je nach Intensität.
Die meisten verzweigten Flüsse - oder solche, die sich verzweigen würden - sind heute begradigt und bilden nur wenige Verzweigungen aus.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Gleichgewicht zwischen Verzweigungen, Wassermenge und Schotterpropfen
3.2.3 Die Dammflußverzweigung
Die Dammflußverzweigung ist auf Hochwasser angewiesen. Dieses baut nämlich beidseitig Dämme auf, die durch das Überspülen der Talauen entstehen. Da die Fließgeschwindigkeit auf den flacheren, überfluteten Auen niedriger ist, wird dort das Material abgelagert. Bei mehrfacher Wiederholung bildet sich dann ein Damm, der bei Hochwasser nicht mehr überspült wird. Da der Fluß nur eine bestimmte Tiefe haben kann - Abhängigkeit von Breite zu Tiefe - wird auf der Flußbettsohle soviel Material (Geröllfracht) angelagert bis das Verhältnis wieder stimmt. Die Erhöhung von Flußdamm und Flußbettsohle führt zu einem erhöhtem Wasserspiegel, bezogen zum Umland. Die Talaue wird zum Talbodensumpf neben dem Fluß, während der Damm trocken bleibt. Die Höhe des Flußdamms ist nun jedoch nicht überall gleich hoch, so daß bei Hochwasser der Damm an seiner niedrigsten Stelle überspült werden kann. Die starke lokale Strömung erodiert den Damm und bildet eine Überschwem-mungsrinne, die ungefähr parallel zum Fluß verläuft (talabwärts). Weiter flußabwärts, wo der Fluß direkt am Talseitenhang verläuft, staut sich das Wasser der Überschwemmungsrinne am Flußdamm. Wieder überfließt Wasser den Damm, erodiert ihn und bildet eine Rinne, die das Wasser wieder in den Fluß zurückleitet. Diese Überschwemmungsrinnen fallen nach den ersten Hochwassern immer wieder „trocken“ (sumpfig). Erst nach mehrfacher Wiederholung bildet sich ein dauerhafter Nebenarm. Die Überflutungsfließbahnen neben den Originalflüssen folgen meist dem Talgefälle und sind wegen ihrer Geradlinigkeit kürzer. Sie haben ein stärkeres Gefälle und die dabei entstehende Erosion vertieft die Fließbahn, bis sie auch bei Normalwasser gefüllt ist. Der neue Flußarm bildet nun seinerseits bei Hochwasser Dämme und der Vorgang wiederholt sich.
Die Dammflußverzweigung unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von der Breitenver-zweigung. Zum einen bildet die Breitenverzweigung viele Arme aus, während die Dammflußverzweigung meist zwei, selten drei Arme ausbildet. Zudem benötigt die Breitenverzweigung kein Hochwasser, was zur Bildung von Dammflußverzweigungen essentiell notwendig ist. Zuletzt hängt die Entstehung der beiden Formen von der Uferstabilität ab. Während die Ufer der Breitenverzweigung instabil sind, bestehen die Ufer der Dammflußverzweigung aus Feinmaterial, wie Ton und Schluff, und sind somit stabil.
3.3 Mäandrierende Flüsse
Bei den mäandrierenden Flüssen unterscheidet man zwei Arten, freie Mäander und Talmäander, die abhängig von der Talform entstehen. Wichtig hierbei ist die Standfestigkeit des Ufers, die ihm durch einen hohen Gehalt von Ton und Schluff verliehen wird.
3.3.1 Freie Mäander
Sie bilden sich in Talsohlen oder Ebenen. Der Fluß verlagert seinen Lauf dabei innerhalb der Talsohle durch Seitenerosion und zwar in Wellen, die sich in Serie hintereinander fortsetzen. Sie unterscheiden sich von verzweigten Flüssen durch ihre wellenartigen Krümmungen und dem Fehlen von Verzweigungen. Ausnahmen bilden vorübergehende Dammflußverzwei-gungen. Die Intensität (Sinuosität) dieser Krümmungen, Mäander genannt, läßt sich mathematisch ermitteln. Und zwar berechnet man ihre Sinuosität (P) in der Weise, daß man die Länge der Krümmungen (L) durch die geradlinige Distanz (D) teilt.
Für geradlinige Flüsse beträgt dieser Wert verständlicher Weise P = 1. Bei mäandrierenden Flüssen kann P > 2 sein. Zugleich entspricht diese Sinuosität auch dem Verhältnis Gefälle Talsohle zu Gefälle Fluß. S. A. Schumm fand heraus, daß es einen Zusammenhang zwischen Sinuosität und Bettmaterial gibt (s. Abb. 3). Bei Flüssen niedriger Sinuosität (P<1,5) war der Anteil an Schluff und Ton so gering (< 8%), daß die instabilen Ufer erodiert wurden, der Fluß sich dabei verbreiterte und verzweigte. Flüsse höherer Sinuosität weisen einen höheren Schluff-/Tonanteil vor. Es handelt sich meist um ehemalige Auen, deren Lehm den Ufern eine hohe Standfestigkeit verleiht. Das Verhältnis von Breite zu Tiefe bleibt im Fluß erhalten, die helikale Sekundärzirkulation bleibt ein- oder zweizellig.
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- Christopher Alting (Author), 2000, Fluviale Erosions- und Akkumulationsformen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47159
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