Politik- oder Politikerberatung ist so alt wie die Politik selbst. Fast zu jeder Zeit bediente sich die herrschende politische Klasse externer Ratgeber - egal ob es nun Wahrsager oder Hofnarren, Journalisten, Juristen oder Geistliche waren.
Nun ist davon auszugehen, dass weder Wahrsager noch Hofnarren in den Machtzentren unserer heutigen Welt beratende Tätigkeiten einnehmen und auch Geistliche an Einfluss eingebüßt haben. Vielmehr haben Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler deren Stellung übernommen und bemühen sich – meist auf Anfrage der Politik selbst - ihr Wissen in den Politikbetrieb einzubringen.
Das Geburtsland der modernen Politikberatung ist die USA. Über die Entstehung, die Arbeitsweise und den Einfluss der amerikanischen Ideenagenturen oder Think Tanks, wie die Institute der Politikberatung genannt werden, soll auf den folgenden Seiten berichtet werden. Dabei kann diese Arbeit ihres begrenzten Umfangs wegen natürlich keine umfassende Analyse bieten, sie soll dem Leser vielmehr einen ersten Überblick über Think Tanks (TT) und ihre Bedeutung im Politikbetrieb der Vereinigten Staaten verschaffen.
Prolog :
Politik- oder Politikerberatung ist so alt wie die Politik selbst. Fast zu jeder Zeit bediente sich die herrschende politische Klasse externer Ratgeber - egal ob es nun Wahrsager oder Hofnarren, Journalisten, Juristen oder Geistliche waren.
Nun ist davon auszugehen, dass weder Wahrsager noch Hofnarren in den Machtzentren unserer heutigen Welt beratende Tätigkeiten einnehmen und auch Geistliche an Einfluss eingebüßt haben. Vielmehr haben Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler deren Stellung übernommen und bemühen sich – meist auf Anfrage der Politik selbst - ihr Wissen in den Politikbetrieb einzubringen.
Das Geburtsland der modernen Politikberatung ist die USA. Über die Entstehung, die Arbeitsweise und den Einfluss der amerikanischen Ideenagenturen oder Think Tanks, wie die Institute der Politikberatung genannt werden, soll auf den folgenden Seiten berichtet werden. Dabei kann diese Arbeit ihres begrenzten Umfangs wegen natürlich keine umfassende Analyse bieten, sie soll dem Leser vielmehr einen ersten Überblick über Think Tanks (TT) und ihre Bedeutung im Politikbetrieb der Vereinigten Staaten verschaffen
1. Think Tanks - der Versuch einer Definition
Der englische Begriff des TT lässt sich nicht einwandfrei ins Deutsche übersetzen. Oftmals wird er mit Begriffen wie „Ideenagentur“ oder „Denkfabrik“ widergegeben. Zumindest letzteres gehe laut Gellner aber an der Sache vorbei, „soweit damit die Fließbandproduktion von Gedanken unterstellt wird.“[1] TTs lassen sich generell wohl am ehesten als Orte definieren, an denen konzentriert und in Ruhe interdisziplinär geforscht wird. Damit ist jedoch nur der TT in seiner reinen Form definiert, nicht jedoch der spezifische TT der US-Amerikanischen Politik(er)beratung. Um die zu untersuchenden TTs weiter einzugrenzen, empfiehlt es sich, den Blick auf jene zu richten, die sich als Organisationen verstehen, die nicht gewinnorientiert arbeiten, von Steuern befreit sind (vgl. section 501(c)(3), Internal Revenue Service) und sich lediglich mit sozial- und/oder politikwissenschaftlichen Themen befassen. Die Einschränkung auf diese Themengebiete soll aber keineswegs unterstellen, dass naturwissenschaftlich oder militärisch forschende TTs keine Rolle in der US-Politik spielen, jedoch ist zumindest über militärische Beratung sehr wenig in der Öffentlichkeit bekannt.
Man kann weiter davon ausgehen, dass die Idee der unabhängig forschenden Wissenschaftler mehr Mythos denn Realität ist. Vielmehr sind die oben definierten TTs schon immer ein Teil des politischen Prozesses gewesen und werden es auch bleiben. Finanziert werden die TTs dabei über Spenden sowie anderweitige Zuwendungen Freilich hat sich dass Selbstverständnis gemäss der Zeit gewandelt. So befinden sich TTs in einem steten Wandel zwischen policy-advice und political consulting, zwischen dezisionistisch, technokratisch oder dialogisch geprägter Beratung.
An dieser Stelle lohnt es sich folglich, einen kurzen Überblick über die Geschichte der TTs zu geben.
2. Die drei Perioden der Politikberatung
Die Geschichte amerikanischer Politikberatung lässt sich grob in drei Perioden unterteilen.
Die sogenannte „Progressive Era“ kann man etwa zwischen 1910 und 1945 ansiedeln, als erste Institutionen der Politikforschung gegründet wurden.[2] Im ersten Drittel des vergangenen Jahrhunderts konnte die US-Administration nur auf ein geringes Angebot intellektueller Beratung zurückgreifen und war zudem als „schlanker Staat“ selbst in seinen Möglichkeiten beschränkt. In dieser Zeit – in die auch die Gründung der Brookings Institution fiel (siehe Punkt 3) – ging man davon aus, dass durch Datensammlungen und sozialwissenschaftliche Forschung mehr Rationalität in die Politik Einzug halten würde und es damit gelingen könnte, politische Meinungs- und Willensbildung vom Prozess des Regierens zu entkoppeln. Bezüglich dieses Axioms der „guten Regierung“ wurden jedoch bald kritische Stimmen laut. So befürchtete schon der spätere Präsident Woodrow Wilson, ironischerweise selbst ein Experte: „What I fear, is a government of experts. God forbid that in a democratic country we should resign the task and give the government over to experts.“[3] Diesem technokratischen Modell von Politikberatung wurde die These entgegengehalten, Experten würden die Politik unnötig verkomplizieren und die Fähigkeit des Volkes sich selbst zu regieren einschränken. Zudem sollte man nicht vergessen, dass gerade in diese Zeit zwei Weltkriege sowie die Große Depression fielen, was den Glauben in die Unfehlbarkeit wissenschaftlichen Fortschritts beeinträchtigte. Doch nicht zuletzt diese einschneidenden Weltereignisse schufen für die US-Regierung neue Aufgaben und Probleme, denen sie sich mit Hilfe externer Beratung näherte, was sich beispielsweise während des New Deal verfolgen lässt. Die in dieser Zeit gegründeten TTs lassen sich am ehesten mit dem Bergriff der „Universitäten ohne Studenten“ erfassen, die ein sehr breites Aufgabenfeld bearbeiteten und von der Struktur her einer Universität gleichen, nur dass die Studenten fehlen. Sie kommen verglichen mit später gegründeten TTs dem Modell der unabhängigen Ideenagentur wohl am nächsten, wobei auch diese Universitäten ohne Studenten nicht unabhängig vom politischen Prozess agierten.
[...]
[1] Gellner, W.: „Ideenagenturen für Politik und Öffentlichkeit“; Westdeutscher Verlag 1995, Seite 15
[2] Reinicke, W.: „Tugging at the Sleeves of Politicians“; Bertelsmann Foundation Publishers 1996, Seite 35
[3] Gellner, W.: „Ideenagenturen für Politik und Öffentlichkeit“; Westdeutscher Verlag 1995, Seite 68
- Arbeit zitieren
- Andreas Herz (Autor:in), 2005, Think Tanks in den USA, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47002
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