In unserer Gesellschaft wird der Tod - im Gegensatz zu anderen Kulturkreisentabuisiert. Diese Tatsache verstärkt die Frage, ob sich gerade das Medium Kinderbuch dazu eignet die Thematik Tod zu behandeln.
Seit Beginn der siebziger Jahre wurde gefordert, dass Kinderbücher Hilfestellung bei der Realitätsbewältigung des Kindes leisten sollen. Mit dieser Forderung wurden ehemals tabuisierte Bereiche in das Kinderbuch aufgenommen, wie z.B. alte Menschen, Behinderte, die Dritte Welt, Sexualität und Sterben und Tod. Mit der Auszeichnung des Deutschen Jugenbuchpreises für Elfie Donnellys „Servus Opa, sagte ich leise“ im Jahre 1978 und für Guus Kuijers „Erzähl mir von Oma“ 1982, die beide die Todesthematik aufgreifen, setzte sich das Thema in der Kinder- und Jugendliteratur durch und bewies seinen pädagogischen Hintergrund/Sinn. Um die Notwendigkeit solcher Bücher aufzuzeigen, sollte man aber zunächst die Aufmerksamkeit auf die Haltung des Kindes gegenüber dem Tod aus entwicklungspsychologischer Perspektive lenken. In diesem Zusammenhang muss untersucht werden welches Todesverständnis Kinder haben und ob und wie es sich in den unterschiedlichen Entwicklungsstadien ändert. Weiterhin ist es wichtig zu wissen wie Kinder den Tod eines nahestehenden Menschen oder auch Haustieres verarbeiten, wie sie trauern und wie ihnen bei der Trauerarbeit geholfen werden kann.
Erst wenn man dieses Hintergrundwissen hat, kann man Kinder- und Jugendliteratur zum Themenfeld „Sterben, Tod, Trauer“ analysieren und beurteilen. Unter anderem soll untersucht werden, wie die Thematik behandelt wird und welche Vorstellungen die Bücher über den Tod vermitteln.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das kindliche Todesverständnis
2.1 Phasen kindlicher Todesvorstellungen
3. Trauer
3.1 Definition
3.2 Trauer bei Kindern
3.3 Trauerphasen nach E. Kübler-Ross
4. Die Entwicklung der Todesthematik in der Kinder- und Jugendliteratur
5. Kriterien zur Untersuchung von Kinderbüchern (zum Thema Sterben und Tod)
6. Buchbesprechung „Servus Opa, sagte ich leise“
7. Vorstellung weiterer Bücher
7.1 Astrid Lindgren: Die Brüder Löwenherz
7.2 Pernilla Stalfelt: Und was kommt dann?
8. Fazit
9. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In unserer Gesellschaft wird der Tod – im Gegensatz zu anderen Kulturkreisen - tabuisiert. Diese Tatsache verstärkt die Frage, ob sich gerade das Medium Kinderbuch dazu eignet die Thematik Tod zu behandeln.
Seit Beginn der siebziger Jahre wurde gefordert, dass Kinderbücher Hilfestellung bei der Realitätsbewältigung des Kindes leisten sollen. Mit dieser Forderung wurden ehemals tabuisierte Bereiche in das Kinderbuch aufgenommen, wie z.B. alte Menschen, Behinderte, die Dritte Welt, Sexualität und Sterben und Tod. Mit der Auszeichnung des Deutschen Jugenbuchpreises für Elfie Donnellys „Servus Opa, sagte ich leise“ im Jahre 1978 und für Guus Kuijers „Erzähl mir von Oma“ 1982, die beide die Todesthematik aufgreifen, setzte sich das Thema in der Kinder- und Jugendliteratur durch und bewies seinen pädagogischen Hintergrund/Sinn.
Um die Notwendigkeit solcher Bücher aufzuzeigen, sollte man aber zunächst die Aufmerksamkeit auf die Haltung des Kindes gegenüber dem Tod aus entwicklungspsychologischer Perspektive lenken. In diesem Zusammenhang muss untersucht werden welches Todesverständnis Kinder haben und ob und wie es sich in den unterschiedlichen Entwicklungsstadien ändert. Weiterhin ist es wichtig zu wissen wie Kinder den Tod eines nahestehenden Menschen oder auch Haustieres verarbeiten, wie sie trauern und wie ihnen bei der Trauerarbeit geholfen werden kann.
Erst wenn man dieses Hintergrundwissen hat, kann man Kinder- und Jugendliteratur zum Themenfeld „Sterben, Tod, Trauer“ analysieren und beurteilen. Unter anderem soll untersucht werden, wie die Thematik behandelt wird und welche Vorstellungen die Bücher über den Tod vermitteln.
2. Das kindliche Todesverständnis
Erwachsene versuchen stets Kinder von der Todesthematik fernzuhalten, da sie denken, dass sie nicht in die kindliche Lebenswelt passt und Kindern Negatives ersparen möchten. Ein weiterer Grund ist aber auch ihre eigene Unsicherheit. Trotz der elterlichen Schweigsamkeit werden Kinder jedoch in ihrer Umwelt oft mit dem Tod konfrontiert, z.B. in den Medien, in der Natur oder in der Familie selbst. Aus der Tatsache, dass Erwachsene nicht gerne über den Tod sprechen, schließen Kinder, dass das Sterben und der Tod etwas Schlimmes an sich haben. Kinder lernen keine Fragen zu stellen, machen sich aber ihre eigenen Gedanken darüber. Sie beschäftigen sich viel mehr mit dem Thema, als gemeinhin angenommen wird und entwickeln ihre eigenen Theorien, wenn sie keine oder wenige und inhaltslose Informationen von Erwachsenen darüber erhalten.[1]
Distanzierte Erfahrungen mit dem Tod, wie Tote im Film oder der Anblick einer fremden Beerdigung, lösen beim Kind Neugier aus. Das Miterleben eines Todesfalles im Verwandten- oder Bekanntenkreis ruft einen stärkeren kognitiven Prozess hervor. Das Kind möchte nicht nur erfahren was mit dem Toten geschieht, sondern ist auch emotional berührt und bekommt Angst vor dem Tod.
Das kindliche Todesverständnis wird von vielen Faktoren bedingt, nämlich von
- dem Entwicklungsstand des Kindes
und vielen verschiedenen
- äußeren Faktoren/Sozialisationsfaktoren, z.B. Verhalten der Eltern, erste Begegnung mit dem Tod, kulturelle Einflüsse.
2.1 Phasen kindlicher Todesvorstellungen
(vgl. Spiecker-Verscharen, Ingun, Kindheit und Tod, 1982 bzw. Gesell, Arnold, Das Kind von Fünf bis Zehn, 1960)
Drei bis fünf Jahre
Erst im Alter von drei bis vier Jahren entsteht ein bewusstes Interesse an dem Thema. Kinder treten dem Tod zunächst neutral entgegen. Sie benutzen in diesem Alter das entsprechende Vokabular, ohne aber die konkrete Bedeutung zu kennen. Dass der Tod Trauer mit sich zieht, können Kinder in diesem Alter nur ahnen. Wenn sie den Tod eines Angehörigen miterleben erschrecken sie allenfalls. Anzeichen von Trauer sind meist auf das Verhalten der Erwachsenen zurückzuführen, das Kinder imitieren.
Auch die Endgültigkeit des Todes wird von Kindern dieses Alters noch nicht verstanden und ebenso können sie sich nicht vorstellen, dass sie selbst irgendwann sterben werden. Sterben wird gleichgesetzt mit „weg sein“ und wird als „Weiterleben unter veränderten Bedingungen“[2] gedeutet. Tot sein bedeutet räumlich getrennt zu sein und sich nicht zu sehen und umgekehrt kann auch eine längere räumliche Trennung als „tot sein“ betrachtet werden. Es wird vermutet, dass der Tod eines Tieres eher als Ende des Lebens erfasst wird, als der Tod eines Menschen.
Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren haben also keine stabile, einheitliche Vorstellung vom Tod. Die Sterblichkeit und das Ausmaß des Todes wird noch nicht verstanden und somit ruft der Tod keine („typischen“) Emotionen hervor.
Sechs bis sieben Jahre
Während dieses Altersabschnittes ändert sich die Todesvorstellung zu einer eindeutig negativen. Die Kinder können nachvollziehen, dass der Tod endgültig ist und setzen ihn zwar immer noch mit „Bewegungslosigkeit“ gleich, verstehen aber, dass Tote nicht atmen, nichts fühlen usw. Als Ursachen werden Alter, Krankheit, aber auch Gewalteinwirkung angesehen. Im Alter von sechs bis sieben Jahren entwickeln Kinder eine Todesfurcht, da sie zum ersten Mal ahnen, dass auch sie sterben können. Manchmal wird der eigene Tod geleugnet, um diese Furcht zu verdrängen.[3] Es tritt außerdem ein Interesse an Friedhöfen und auch der Frage, was nach dem Tod geschieht, auf. Dabei akzeptieren sie nur Erklärungen, die logisch und realistisch klingen. Abstrakte Gedanken über das Leben nach dem Tod können Kinder in diesem Alter noch nicht fassen.
Acht bis neun Jahre
In diesem Alter wird endgültig verstanden, dass der Tod das Ende des Lebens ist und dass jeder Mensch sterblich ist. Der eigene Tod wird gefürchtet, da er das Auslöschen der Existenz und Identität bedeutet.
Das Todeskonzept der Kinder ist ziemlich realistisch, d.h. sie verstehen die biologischen Aspekte, wie den Zerfall des Körpers. Die Frage was nach dem Tod geschieht steht in diesem Entwicklungsstadium der Kinder eindeutig im Vordergrund. Die Kinder beginnen in komplexeren Vorstellungen nach einer Antwort zu suchen.
Zehn bis elf Jahre
Kinder im Alter von zehn bis elf Jahren reagieren wie Erwachsene auf einen Todesfall. Das Ausmaß des Todes ist ihnen völlig bewusst und dementsprechend trauern sie wie Erwachsene. Wenn andere trauern, treten Emotionen, wie Empathie und Mitleid, auf. Die Angst vor dem eigenen Tod wird durch den Tod anderer verstärkt, dies wird aber meistens verdrängt. „Nach eigenen Aussagen beschäftigen sie sich nur selten mit dem Tod“[4] und zeigen sich eher gleichgültig, wenn sie im Zusammenhang mit der Todesthematik befragt werden.
Zwölf bis dreizehn Jahre
Die Todesfurcht wird jetzt nicht mehr verdrängt. Im Gegensatz: Jugendliche beginnen sich über den Sinn des Lebens Gedanken zu machen. Dabei spielt der Tod natürlich eine große Rolle. Es werden verschiedene Jenseitstheorien entwickelt, die sich aber meist stark von religiösen Ansichten unterscheiden.
[...]
[1] Vgl. Spiecker-Verscharen, Ingun, Kindheit und Tod, 1982, S. 6
[2] Spiecker-Verscharen, S. 10
[3] Vgl. Spiecker-Verscharen, S.12
[4] Spiecker-Verscharen, S. 18
- Citation du texte
- Eleni Theodoridou (Auteur), 2005, Die Todesthematik in der Kinder- und Jugendliteratur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46728
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.