In dieser Hausarbeit wird die Situation der deutschen Jugendlichen in der Nachkriegszeit betrachtet um herauszufinden, in wie weit sich die Erlebnisse von Krieg und Nachkriegszeit in ihrer Haltung zu Politik und Gesellschaft sowie zum sozialen Leben bemerkbar gemacht haben.
Grundlagen für diese Erarbeitung stellen die Bücher „Die skeptische Generation“1 und „Wandlungen der deutschen Familie in der Gegenwart“2 des Soziologen Helmut Schelsky, sowie die Untersuchung des EMNID-Instituts für Meinungsforschung zur „Jugend zwischen 15 und 24“3, deren Daten auf einer Auswertung von 1493 Interviews mit Jugendlichen im Bundesgebiet im November 1954 beruhen. Aufgrund dieser Untersuchung wird in dieser Hausarbeit die Gruppe der Jugendlichen auf die jungen Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren definiert. Obwohl diese Festsetzung der Altersgrenzen für Jugendliche willkürlich ist und in vielen Erhebungen auch andere Altersgrenzen festgelegt wurden, erweist sich die oben genannte Definition aufgrund der genutzten Datenquelle als sinnvoll. Vorher wird jedoch ein Blick geworfen auf die Empfindungen der Jugendlichen, welche aus rückblickender Perspektive darstellen, was und welche Gefühle genau das Kriegsende und die Enttäuschung über den nationalsozialistischen Staat hervorgerufen haben. Einmal auch diese Gedanken zu betrachten, ist meiner persönlichen Einsicht nach wichtig, um die später dargestellten Aussagen und gedanklichen Tendenzen der Jugendlichen besser verstehen zu können.
Inhaltsverzeichnis:
0. Vorwort
1. Die Situation der Hitlerjugend in rückblickender Betrachtung
2. Auswirkungen auf die Jugendlichen im privaten Bereich / in der sozialen Umwelt
2.1 Die „erwachsene“ Jugend
2.2 Hinwendung zur Familie
2.3 Aufkommender Materialismus
3. Auswirkungen auf die Jugendlichen in Bezug auf das öffentliche Leben
3.1 Einstellung zur Politik
3.2 Verhalten gegenüber Organisationen
4. Fazit und Vergleich
Literaturverzeichnis
0. Vorwort
In dieser Hausarbeit wird die Situation der deutschen Jugendlichen in der Nachkriegszeit betrachtet um herauszufinden, in wie weit sich die Erlebnisse von Krieg und Nachkriegszeit in ihrer Haltung zu Politik und Gesellschaft sowie zum sozialen Leben bemerkbar gemacht haben.
Grundlagen für diese Erarbeitung stellen die Bücher „Die skeptische Generation“[1] und „Wandlungen der deutschen Familie in der Gegenwart“[2] des Soziologen Helmut Schelsky, sowie die Untersuchung des EMNID-Instituts für Meinungsforschung zur „Jugend zwischen 15 und 24“[3], deren Daten auf einer Auswertung von 1493 Interviews mit Jugendlichen im Bundesgebiet im November 1954 beruhen.
Aufgrund dieser Untersuchung wird in dieser Hausarbeit die Gruppe der Jugendlichen auf die jungen Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren definiert. Obwohl diese Festsetzung der Altersgrenzen für Jugendliche willkürlich ist und in vielen Erhebungen auch andere Altersgrenzen festgelegt wurden, erweist sich die oben genannte Definition aufgrund der genutzten Datenquelle als sinnvoll.
Vorher wird jedoch ein Blick geworfen auf die Empfindungen der Jugendlichen, welche aus rückblickender Perspektive darstellen, was und welche Gefühle genau das Kriegsende und die Enttäuschung über den nationalsozialistischen Staat hervorgerufen haben. Einmal auch diese Gedanken zu betrachten, ist meiner persönlichen Einsicht nach wichtig, um die später dargestellten Aussagen und gedanklichen Tendenzen der Jugendlichen besser verstehen zu können.
1. Die Situation der Hitlerjugend in rückblickender Betrachtung
Wie die Jugendlichen der Nachkriegszeit die Situation der Besatzung und des verlorenen Krieges persönlich empfunden haben, hängt immer damit zusammen, wie die Jugend im Nationalsozialismus erfahren wurde. Vor allem, in wie weit der jugendliche Idealismus und die große Einsatzbereitschaft (sofern diese vorhanden war) im Rahmen von Hitlerjugend und Jungmädchenbund nachträglich als entwertet betrachtet wurden.
Es berichtet z.B. Eva Sternheim-Peters in ihren autobiographischen Erinnerungen, dass sie durchaus ein stolzes Mitglied der Hitlerjugend gewesen sei, vor allem stolz darauf, „in einer Zeit leben zu dürfen, die der jungen Generation so große Aufgaben zu stellen schien.“[4] Dieser Einsatzbereitschaft und Freude über die Inanspruchnahme der jungen Generation folgt später die Enttäuschung, aus welcher den Erinnerungen an diese Zeit der Kindheit dann Sätze wie z.B. der folgende angehängt werden: „’Wenn ich so darüber nachdenke, wie viel Idealismus wir damals gehabt haben. Und für eine so schlechte Sache!’“[5]
Rückblickend betrachtet kommt dabei in vielen autobiographischen Schriften heraus, dass bereits während ihrer Kindheit bzw. der Mitgliedschaft in der Hitlerjugend Misstrauen sich in die Gedanken von „Hitlers Jugend“ schlich, selbst, wenn vorherige Erinnerungen durchaus positiv waren. So berichtet ein ehemaliges Mitglied der Hitlerjugend, für welches der Sinn dieses Jugendbundes mehr in der Gesellschaft anderer und möglichst vieler Kameraden als in der politischen Schulung bestand:
„Es war ein HJ-Kamerad, der mir schon wenige Wochen nach meinen Eintritt durch die sarkastische Bemerkung, was wir zu denken hätten, stünde ja sowieso in der Zeitung, einen deutlich distanzierenden Schock versetzte. Das war ein Aha-Erlebnis, das der damals Vierzehnjährige nicht vergessen hat.“[6] (S. 72)
So verschieden und individuell auch die Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus gewesen ist, eines spürte praktisch jeder:
„[...] die Gleichzeitigkeit von ‚Normalität’ und unnormaler ‚Zweiteilung’ des Lebens von Kindern und Jugendlichen [...]. – Ich war damals alt genug, um diese Zweiteilung meines Lebens in ein offizielles, kontrolliertes und ein privates, zum Teil heimliches schon bewusst wahrnehmen zu können.“[7]
Die Problematik und Hinterfragung, inwiefern Jugend und Politik zusammenarbeiten, inwieweit der Staat in dieser Hinsicht vertrauenswürdig sein kann und wie sinnvoll der idealistische Einsatz für politische Ziele ist, ergab sich demnach nicht erst mit Kriegsende, sondern entwickelte sich in den Gedanken vieler Jugendlicher bereits in den letzten Jahren des Hitler-Regimes schleichend.
2. Auswirkungen auf die Jugendlichen im privaten Bereich / in der sozialen Umwelt
2.1 Die „erwachsene“ Jugend
Problematisch im Hinblick auf die Situation der Jugendlichen in der Bundesrepublik Deutschland der Nachkriegszeit ist die Tatsache, dass diese Jugendlichen in der Regel eine eher unübliche, d.h. durch den Krieg eben nicht wohl behütete Kindheit hatten. Im Gegenteil: Der teilweise Verlust von Familienmitgliedern sowie Freunden und Bekannten durch die Kriegsgeschehen, der Verlust des persönlichen Eigentums und der Wohnung, zum Teil gar aufgrund von Vertreibung der Verlust der eigentlichen Heimat haben diese Kinder und Jugendlichen sehr früh gefordert Verantwortung zu übernehmen.
Zum einen die Verantwortung für sich selbst, wenn z.B. der Vater im Krieg gefallen ist und die Mutter arbeiten musste. Diese Jugendlichen waren von da an zum großen Teil auf sich alleine gestellt, haben teilweise selbst Geld für die Familie hinzuverdienen müssen. Wie die Empfindungen der jungen Erwachsenen in dieser Situation genauer waren, zeigt ein Beispiel der Aussage eines Jugendlichen im Rahmen der Gemeindestudie des Instituts für sozialwissenschaftliche Forschung in Darmstadt, der die neue Situation wie folgt beschreibt:
„’Meine Mutter hatte es nicht nötig, arbeiten zu gehen, und jetzt, wo mein Vater gefallen ist, muß meine Mutter als Putzfrau arbeiten und arbeitet manchmal drei Tage hintereinander 15 bis 17 Stunden am Tag. [...] Ich kann’s manchmal nicht abwarten, bis ich aus der Schule komme und meiner Mutter endlich auch einmal einwenig helfen kann.“[8]
Zum anderen Teil mussten diese Jugendlichen genauso Verantwortung für den notwendigen Wiederaufbau des eigenen Zuhauses übernehmen. V.a. handwerkliche Arbeiten, die der Vater nun nicht mehr übernehmen konnte, weil er z.B. im Krieg verwundet oder getötet wurde, fallen nun auf die älteren männlichen Jugendlichen zurück.
[...]
[1] Schelsky, Helmut : „Die skeptischen Generation“, Eugen-Diederichs Verlag, Düsseldorf – Köln, 1963
[2] Schelsky, Helmut: „Wandlungen der deutsche Familie in der Gegenwart – Darstellung und Deutung einer empirisch-soziologischen Tatbestandsaufnahme“, Ferdinand Enke verlag Stuttgart, 1967
[3] EMNID-Institut für Meinungsforschung : „Jugend zwischen 15 und 24 – Zweite Untersuchung zur Situation der deutschen Jugendlichen im Bundesgebiet“, Bielefeld 1955
[4] siehe Eva Sternheim-Peters: „Die Zeit der großen Enttäuschungen – Eine Jugend im Nationalsozialismus“, Verlag Wissenschaft und Politik, Bielefeld 1992, S. 177
[5] siehe Eva Sternheim-Peters: „Die Zeit der großen Enttäuschungen – Eine Jugend im Nationalsozialismus“, S. 181
[6] siehe „Verführung, Distanzierung, Ernüchterung – Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus aus erziehungswissenschaftlicher Sicht.“ Wolfgang Klafki (Hrsg.), Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1988, S. 72
[7] siehe „Verführung, Distanzierung, Ernüchterung – Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus aus erziehungswissenschaftlicher Sicht.“, S. 31
[8] siehe „Jugend der Nachkriegszeit, Lebensverhältnisse und Reaktionsweisen“ – Gemeindestudie des Instituts für sozialwissenschaftliche Forschung, Darmstadt, Gerhard Baumert, Eduard Roether Verlag 1952, Darmstadt, S. 125
- Arbeit zitieren
- Conny Meyer (Autor:in), 2005, Die Nachkriegsjugend und ihre Einstellungen zu Politik und sozialem Leben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46676
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