Das Interesse dieser Arbeit gilt den wichtigsten firmenspezifischen Theorien der Direktinvestition, die sich dem Investitionsverhalten des einzelnen Unternehmens und der jeweiligen Auslandsmarktsituation widmen, denn die Entscheidung zur Vornahme einer Direktinvestition wird letztlich auf Unternehmensebene getroffen.
Einen weiteren Beitrag zur Erklärung ausländischer Firmenansiedlungen soll eine Darstellung der hohen Anforderungen leisten, welche der komplexe Prozess der Standortwahl an die Informationsbeschaffung und -verarbeitung innerhalb eines Unternehmens stellt.
Um zu zeigen welche Bestimmungsfaktoren für die räumlich-geographische Standortwahl von Unternehmen eine Rolle spielen, sollen anschließend die in der Literatur bekannten Standortfaktoren diskutiert werden. Die traditionelle Standorttheorie, welche die Determinanten der intranationalen Standortwahl erklärt, wird dabei um Aspekte internationaler Standortentscheidungen ergänzt. Zur Analyse räumlich-geographischer Ansiedlungsschwerpunkte ausländischer Unternehmen in Deutschland soll es zunächst einen Überblick über den gegenwärtigen Stand der Forschung zur Erklärung subnationaler ausländischer Unternehmenscluster geben. Die Forschungsergebnisse der Studien lassen Rückschlüsse auf die Wirkung einzelner Standortfaktoren zu und decken somit auf, welche Variablen räumliche Konzentrationsmuster ausländischer Unternehmen determinieren.
Im Anschluss daran sollen im Rahmen einer eigenen empirischen Studie Einflussfaktoren bei der Bildung regionaler Ansiedlungsschwerpunkte ausländischer Unternehmen in Deutschland untersucht werden. Auf Basis von Direktinvestitionsbestandsmeldungen der Deutschen Bundesbank wird die räumlich-geographische Verteilung ausländischer Firmen in Deutschland ermittelt. Darauf aufbauend soll die Wirkung regionaler Standortfaktoren auf die Ansiedlung ausländischer Unternehmen unter Anwendung von geeigneten
Regressionsmodellen analysiert werden.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen zur internationalen Standortwahl
2.1 Ziele der Internationalisierung und Basisstrategien des internationalen Markteintritts
2.2 Ansätze zur Erklärung von Direktinvestitionen als Grundlage internationaler Standortentscheidungen
2.2.1 Monopolistische Theorie (Hymer / Kindleberger)
2.2.2 Theorie der Internalisierung (Buckley / Casson)
2.2.3 Eklektische Theorie (Dunning)
2.3 Die Standortentscheidung als organisationaler Prozess
2.3.1 Der unternehmerische Auswahlprozess zur Bestimmung des „optimalen“ Standorts
2.3.2 Standortbezogenes Informationsmanagement
2.3.2.1 Informationsbeschaffung
2.3.2.2 Standortbewertungsverfahren
2.3.3 Akteure der Standortwahl und verhaltenstheoretische Einflussfaktoren
3 Determinanten der räumlich-geographischen Standortwahl
3.1 Klassifizierung der Kriterien
3.2 Nationale Bestimmungsgründe zur Vorauswahl von Standortsuchräumen
3.2.1 Politische Rahmenbedingungen
3.2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen
3.2.3 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
3.2.4 Sozio-kulturelle Rahmenbedingungen
3.3 Regionale Bestimmungsgründe zur Standortwahl
3.3.1 Geographische Lage
3.3.2 Absatz- und Beschaffungsmarkt
3.3.3 Arbeitsmarkt
3.3.4 Infrastruktur
3.3.5 Öffentliche Anreize
3.3.6 Weiche Faktoren
4 Gegenwärtiger Stand der Forschung zur räumlichen Konzentration ausländischer Unternehmen
5 Empirische Studie zu den Einflussfaktoren bei der Bildung regionaler Ansiedlungsschwerpunkte ausländischer Unternehmen in Deutschland
5.1 Räumliche Konzentrationen ausländischer Unternehmen in Deutschland
5.1.1 Datenbasis und methodische Vorgehensweise der Selektion
5.1.2 Ergebnisse der Auswertung
5.2 Methodisches Konzept zur Bestimmung maßgeblicher Einflussfaktoren auf die Standortwahl ausländischer Unternehmen in Deutschland
5.3 Aufbau des Indikatorensystems zur Kalibrierung der Schätzungen
5.4 Durchführung und Ergebnisse der Regressionsanalyse
6 Schlussbetrachtung
Anhang
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Einflussfaktoren für die Vornahme von Direktinvestitionen, gruppiert nach den drei Vorteilsarten der eklektischen Theorie (nach Angaben von Dunning, Übersetzung nach Heiduk)
Abbildung 2: Typischer Ablauf eines Auswahlprozesses zur internationalen Standortwahl (eigene Darstellung)
Abbildung 3: Quellen der Informationsbeschaffung (eigene Darstellung)
Abbildung 4: Akteure der Standortwahl (eigene Darstellung)
Abbildung 5: Klassifizierung von nationalen und regionalen Determinanten der räumlich-geographischen Standortwahl (eigene Darstellung)
Abbildung 6: Entwicklung des Unternehmensbestands mit ausländischer Kapitalbeteiligung in Deutschland von 1993 bis (eigene Darstellung)
Abbildung 7: Regionale Ansiedlungsschwerpunkte ausländischer
Unternehmen in Deutschland (Karte erstellt mit RegioGraph/Kartengrundlage: GfK MACON AG)
Abbildung 8: Räumliche Konzentrationsmuster niederländischer
Unternehmen in Deutschland (Karte erstellt mit RegioGraph/Kartengrundlage: GfK MACON AG)
Abbildung 9: Räumliche Konzentrationsmuster US-amerikanischer
Unternehmen in Deutschland (Karte erstellt mit RegioGraph/Kartengrundlage: GfK MACON AG)
Abbildung 10: Räumliche Konzentrationsmuster Schweizer
Unternehmen in Deutschland (Karte erstellt mit RegioGraph/Kartengrundlage: GfK MACON AG)
Abbildung 11: Räumliche Konzentrationsmuster französischer
Unternehmen in Deutschland (Karte erstellt mit RegioGraph/Kartengrundlage: GfK MACON AG)
Abbildung 12: Räumliche Konzentrationsmuster britischer
Unternehmen in Deutschland (Karte erstellt mit RegioGraph/Kartengrundlage: GfK MACON AG)
Abbildung 13: Aufbau des Indikatorensystems zur Untersuchung maßgeblicher Einflussfaktoren auf die Standortwahl ausländischer Unternehmen in Deutschland
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Einfluss von Vorteilsarten auf die Form der Auslandsmarktbearbeitung (nach Angaben von Dunning)
Tabelle 2: Methoden der Informationsbeschaffung bei der internationalen Standortwahl mit wesentlichen Vor- und Nachteilen
(eigene Darstellung)
Tabelle 3: Internationale Standortfaktoren nach Volkholz
Tabelle 4: Internationale Standortfaktoren nach Wellems
Tabelle 5: Internationale Standortfaktoren nach UNCTAD
(eigene Darstellung)
Tabelle 6: Studien der ersten Forschungsphase subnationaler
Standortmuster (1/2)
Tabelle 7: Studien der ersten Forschungsphase subnationaler
Standortmuster (2/2)
Tabelle 8: Übersicht grundlegender Forschungsergebnisse über die Determinanten räumlicher Konzentrationsmuster
ausländischer Unternehmen
Tabelle 9: Studien der zweiten Forschungsphase subnationaler
Standortmuster (1/2)
Tabelle 10: Studien der zweiten Forschungsphase subnationaler
Standortmuster (2/2)
Tabelle 11: Voraussetzungen für die Meldepflicht von inländischen Unternehmen über das Vermögen Gebietsfremder im Wirtschaftsgebiet
Tabelle 12: Abhängige Variablen der empirischen Schätzung
Tabelle 13: Einzelindikatoren zur Kalibrierung der geographischen Lage
Tabelle 14: Einzelindikatoren zur Kalibrierung des Absatz- und Beschaffungsmarktes
Tabelle 15: Einzelindikatoren zur Kalibrierung des Arbeitsmarktes
Tabelle 16: Einzelindikatoren zur Kalibrierung der Infrastruktur
Tabelle 17: Einzelindikator zur Kalibrierung der öffentlichen Anreize
Tabelle 18: Einzelindikatoren zur Kalibrierung der weichen Faktoren
Tabelle 19: Berücksichtigte Variablen im Modell 1 (Datensatz 1)
Tabelle 20: Berücksichtigte Variablen im Modell 2 (Datensatz 1)
Tabelle 21: Berücksichtigte Variablen im Modell 3 (Datensatz 1)
Tabelle 22: Regressionsergebnisse für ausländische Firmengründungen (Datenbasis: Datensatz 1, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 23: Überblick über Regressionsergebnisse
(Datenbasis: Datensatz 1, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 24: Überblick über Regressionsergebnisse
(Datenbasis: Datensatz 1, Tobit-Modell)
Tabelle 25: Korrelation zwischen ungewichteten und gewichteten Daten
Tabelle 26: Berücksichtigte Variablen im Modell 1 (Datensatz 2)
Tabelle 27: Berücksichtigte Variablen im Modell 2 (Datensatz 2)
Tabelle 28: Berücksichtigte Variablen im Modell 3 (Datensatz 2)
Tabelle 29: Berücksichtigte Variablen im Modell 4 (Datensatz 2)
Tabelle 30: Regressionsergebnisse für ausländische Firmengründungen (Datenbasis: Datensatz 2, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 31: Überblick über Regressionsergebnisse
(Datenbasis: Datensatz 2, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 32: Überblick über Regressionsergebnisse
(Datenbasis: Datensatz 2, Tobit-Modell)
Tabelle 33: Regressionsergebnisse für niederländische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 1, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 34: Regressionsergebnisse für US-amerikanische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 1, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 35: Regressionsergebnisse für französische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 1, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 36: Regressionsergebnisse für schweizer Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 1, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 37: Regressionsergebnisse für britische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 1, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 38: Regressionsergebnisse für ausländische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 1, Tobit-Modell)
Tabelle 39: Regressionsergebnisse für niederländische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 1, Tobit-Modell)
Tabelle 40: Regressionsergebnisse für US-amerikanische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 1, Tobit-Modell)
Tabelle 41: Regressionsergebnisse für französische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 1, Tobit-Modell)
Tabelle 42: Regressionsergebnisse für schweizer Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 1, Tobit-Modell)
Tabelle 43: Regressionsergebnisse für britische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 1, Tobit-Modell)
Tabelle 44: Regressionsergebnisse für niederländische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 2, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 45: Regressionsergebnisse für US-amerikanische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 2, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 46: Regressionsergebnisse für französische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 2, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 47: Regressionsergebnisse für schweizer Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 2, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 48: Regressionsergebnisse für britische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 2, Hürden-Zähldatenmodell)
Tabelle 49: Regressionsergebnisse für ausländische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 2, Tobit-Modell)
Tabelle 50: Regressionsergebnisse für niederländische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 2, Tobit-Modell)
Tabelle 51: Regressionsergebnisse für US-amerikanische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 2, Tobit-Modell)
Tabelle 52: Regressionsergebnisse für französische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 2, Tobit-Modell)
Tabelle 53: Regressionsergebnisse für schweizer Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 2, Tobit-Modell)
Tabelle 54: Regressionsergebnisse für britische Firmengründungen
(Datenbasis: Datensatz 2, Tobit-Modell)
1 Einleitung
Die Globalisierung der Wirtschaft hat die Welt verändert. Der weitgehend freie Fluss von Waren, Kapital und Informationen erhöht die Mobilität von Unternehmen und setzt Produktions- und Handelsstandorte im internationalen Standortwettbewerb einem wachsenden Konkurrenzdruck aus
Die Entscheidung eines Unternehmens, sich an einem ausländischen Standort niederzulassen, führt in der Regel zu langfristigen Investitionen und wird vom jeweils herrschenden wirtschaftspolitischen Umfeld beeinflusst. Sie prägt die ökonomische Entwicklung von Standorten auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene, denn zwischen den Standorten kann es sowohl „Globalisierungsgewinner“ als auch „-verlierer“ geben. Die Bundesrepublik Deutschland konkurriert in dieser Hinsicht mit ausländischen Standorten im Werben um international mobile Unternehmen, wobei die öffentliche Verwaltung direkt oder indirekt einen Einfluss auf Standortbedingungen und somit auch auf unternehmerische Standortentscheidungsprozesse ausüben kann.
Ziel dieser Arbeit ist es, Ansiedlungsentscheidungen ausländischer Firmen zu erklären und die räumlich-geographische Verteilung ausländischer Unternehmen in Deutschland zu analysieren.
Zur Erklärung ausländischer Unternehmensansiedlungen sollen zunächst theoretische Grundlagen zur internationalen Standortwahl erörtert werden. Die thematische Einführung soll zeigen aus welchen Überlegungen heraus Unternehmen nach einer Aufnahme von Geschäftstätigkeiten im Ausland streben und welche Strategien ihnen grundsätzlich für einen internationalen Markteintritt zur Verfügung stehen.
Da internationalen Standortentscheidungen immer auch Entscheidungen über Direktinvestitionen zugrunde liegen, sollen im Anschluss Ansätze zur Erklärung von Direktinvestitionen dargestellt werden. Grundsätzlich existiert eine Vielzahl von Erklärungsansätzen, die sich entweder auf länder- oder auf firmenspezifischer Ebene mit der Frage beschäftigen, warum Unternehmen Direktinvestitionen vornehmen. Das Interesse dieser Arbeit gilt den wichtigsten firmenspezifischen Theorien der Direktinvestition, die sich dem Investitionsverhalten des einzelnen Unternehmens und der jeweiligen Auslandsmarktsituation widmen, denn die Entscheidung zur Vornahme einer Direktinvestition wird letztlich auf Unternehmensebene getroffen.
Einen weiteren Beitrag zur Erklärung ausländischer Firmenansiedlungen soll eine Darstellung der hohen Anforderungen leisten, welche der komplexe Prozess der Standortwahl an die Informationsbeschaffung und –verarbeitung innerhalb eines Unternehmens stellt.
Um zu zeigen welche Bestimmungsfaktoren für die räumlich-geographische Standortwahl von Unternehmen eine Rolle spielen, sollen anschließend die in der Literatur bekannten Standortfaktoren diskutiert werden. Die traditionelle Standorttheorie, welche die Determinanten der intranationalen Standortwahl erklärt, wird dabei um Aspekte internationaler Standortentscheidungen ergänzt.
Zur Analyse räumlich-geographischer Ansiedlungsschwerpunkte ausländischer Unternehmen in Deutschland soll es zunächst einen Überblick über den gegenwärtigen Stand der Forschung zur Erklärung subnationaler ausländischer Unternehmenscluster geben. Die Forschungsergebnisse der Studien lassen Rückschlüsse auf die Wirkung einzelner Standortfaktoren zu und decken somit auf, welche Variablen räumliche Konzentrationsmuster ausländischer Unternehmen determinieren.
Im Anschluss daran sollen im Rahmen einer eigenen empirischen Studie Einflussfaktoren bei der Bildung regionaler Ansiedlungsschwerpunkte ausländischer Unternehmen in Deutschland untersucht werden. Auf Basis von Direktinvestitionsbestandsmeldungen der Deutschen Bundesbank wird die räumlich-geographische Verteilung ausländischer Firmen in Deutschland ermittelt. Darauf aufbauend soll die Wirkung regionaler Standortfaktoren auf die Ansiedlung ausländischer Unternehmen unter Anwendung von geeigneten Regressionsmodellen analysiert werden.
2 Theoretische Grundlagen zur internationalen Standortwahl
2.1 Ziele der Internationalisierung und Basisstrategien des internationalen Markteintritts
Der Begriff der Internationalisierung wird in der wissenschaftlichen Literatur nicht einheitlich verwendet. Einigkeit besteht jedoch darin, dass unter der Internationalisierung eines Unternehmens dessen wirtschaftliche Betätigung über die Staatsgrenzen seines Heimatlandes hinaus verstanden wird.[1] Als Heimatland wird dabei im Allgemeinen das Land bezeichnet, in dem das Unternehmen seinen Ursprung oder sein Hauptquartier hat.
Unternehmen tätigen grenzüberschreitende Aktivitäten nicht zum Selbstzweck, sondern sie verfolgen damit bestimmte Ziele.[2] Ziele sind definiert als „…Zustände, die aufgrund von unternehmerischen Maßnahmen in der Zukunft erreicht werden sollen“[3]. Dem unternehmerischen Handeln liegt dabei nicht nur ein einziges Ziel, sondern ein Bündel von mehreren Zielen zugrunde, welches das Zielsystem des Unternehmens bildet.
Die Zielsysteme international tätiger Firmen unterscheiden sich nicht wesentlich von denen rein national agierender Unternehmen. Ausgelöst wird die Internationalisierung häufig allein durch die Tatsache, dass Unternehmen ihre Ziele in der bisherigen Umwelt nicht mehr verwirklichen können. Eine geographische Streuung von Unternehmensaktivitäten kann dabei zur Zielerreichung des Unternehmens beitragen - sie muss es aber nicht zwangsläufig. Unternehmen müssen sich deshalb in regelmäßigen Abständen die Frage stellen, ob bereits bestehende Internationalisierungsprozesse verstärkt oder neue begründet werden sollen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich Unternehmensziele im Zeitablauf ändern können.[4]
Die in der Literatur genannten Unternehmensziele können in drei Zielgruppen kategorisiert werden: Gewinn, Wachstum und Sicherheit.
Das Ziel der Gewinnmaximierung nimmt in Wirtschaftsunternehmen eine bedeutende Rolle ein und wird in der Literatur als langfristiges Hauptziel angesehen, da der Gewinn langfristig den Bestand des Unternehmens sichert und die Realisierung von Unternehmenswachstum erst möglich macht. Die dominante Rolle des monetären Ziels ist insbesondere auch durch die hohe Anzahl von Kapitalunternehmen geprägt, bei denen Kapitaleigentum und Unternehmensleitung auf unterschiedliche Personenkreise verteilt sind.[5] Gewinnrückgänge und vor allem Verluste führen zu keiner oder einer nur branchenunterdurchschnittlichen Dividendenausschüttung – die Situation wird vom Markt und von den Anteilseignern als tendenziell bestandsgefährdend wahrgenommen und die der Unternehmensleitung zugehörigen Mitarbeiter werden schnell als ungeeignet für die ihnen zugedachten Positionen und Aufgaben angesehen. Sie laufen folglich leichter in Gefahr, ihren Arbeitsplatz und damit ihre Existenzgrundlage zu verlieren und messen dem Gewinnziel des Unternehmens eine dementsprechend hohe Relevanz bei.
Das Wachstumsziel von Unternehmen bezieht sich in erster Linie auf Markterweiterung, Gewinn und Rentabilität.[6] Ein offensives Wachstumsstreben auf Auslandsmärkten wird insbesondere dann ins Kalkül einbezogen, wenn Unternehmen wegen der weltweit zunehmenden Internationalisierung der Märkte und der damit verbundenen Verschärfung des Wettbewerbs verstärkt auf die Steigerung des bisherigen Absatzes und die Gewinnung neuer Märkte angewiesen sind.
Ein Gewinnzuwachs kann im Unternehmen über eine steigende Rentabilität oder durch eine Umsatzausweitung erzielt werden. Letzteres kann in Grenzen sogar eine sinkende Umsatzrentabilität überkompensieren. Das Gewinnwachstum ist demnach eng an ein entsprechendes Umsatzwachstum gebunden. Durch Internationalisierung ist es dem Unternehmen möglich, sein Wachstumsziel auf unterschiedliche Weise zu verfolgen.[7] So kann es durch die Ausnutzung komparativer Faktorkostenvorteile im Ausland beispielsweise einen Rentabilitätszuwachs erzielen und durch die Initiierung von Auslandsaktivitäten gegebenenfalls zusätzlichen Absatz verzeichnen.
Dauerhafte Gewinn- und Wachstumsziele können aber nur dann erreicht werden, wenn der langfristige Bestand des Unternehmens gesichert ist. Sicherheitsorientierte Ziele der Unternehmen entstehen durch den heimischen Marktkampf mit Wettbewerbern, der zu sinkenden Marktanteilen führen kann und als Ausgleich einen Eintritt in neue Auslandsmärkte erfordert. Darüber hinaus unterliegen Unternehmen, die ausschließlich auf dem Heimatmarkt tätig sind und ein eingeschränktes Produktprogramm anbieten, dem Risiko konjunktureller oder saisonaler Schwankungen. Diese können einen erheblichen Einfluss auf den Unternehmenserfolg ausüben. Durch die räumliche Diversifikation im Rahmen der Internationalisierung kann ein Unternehmen das Geschäftsrisiko senken und möglicherweise einen gleichmäßigeren Gewinnstrom erreichen, da sich Absatz- und Beschaffungsmärkte international oft unterschiedlich entwickeln und Variabilitäten länderübergreifend ausgeglichen werden.[8]
Dennoch ist eine grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit stets mit Risiken verbunden, die nicht nur aus unternehmensinternen Faktoren resultieren. Weitaus stärker als in einem rein nationalen Umfeld sind Unternehmen zahlreichen Umweltbedingungen ausgesetzt, die nur teilweise vorhersehbar sind und von den Unternehmen beeinflusst werden können. Die Unternehmen müssen jedoch in den von ihnen selbst und der Umwelt gesetzten Grenzen handeln. Die Möglichkeit der Zielerreichung hängt für die Unternehmen somit neben den firmeninternen Rahmenbedingungen auch von den exogenen Umweltgegebenheiten ab.
Im Allgemeinen unterscheidet die Literatur zur Auslandsmarktbearbeitung zwischen den drei Basisstrategien Export, Lizenzvergabe und Direktinvestition.[9]
Die Exportstrategie ist die älteste und traditionellste Markteintrittsstrategie überhaupt. Waren und Dienstleistungen werden im Heimatland produziert und in das Ausland ausgeführt. Das Unternehmen kann sich dabei inländischer Absatzmittler bedienen, welche die mit dem Auslandsgeschäft verbundenen Kosten und Risiken tragen. Dieser „indirekte Export“ weist formal betrachtet keinen Unterschied zum Inlandsgeschäft auf. Alternativ kann das Unternehmen in Eigenregie direkt mit ausländischen Endverbrauchern oder Händlern in Kontakt treten und alle Kosten und Risiken selbst tragen („direkter Export“).[10]
Für einige Unternehmen ist der Export eine reine Nebenaktivität, die aus Anfragen von Absatzmittlern oder ausländischen Kunden entstanden ist und keiner weiteren systematischen Steuerung unterworfen ist. Diese Einstellung ist heute jedoch eher die Ausnahme.[11] Durch weltweit steigende Kosten für Forschung und Entwicklung werden Unternehmen geradezu dazu gezwungen, ihre Produkte länderübergreifend zu vermarkten, um mit einem möglichst hohen Absatzvolumen über Fixkostendegression und Erfahrungskurveneffekte ihre Stückkosten senken zu können. Eine zeitversetzte Produkteinführung im Ausland führt in der Regel zu einer Verlängerung des Produktlebenszyklus. Die daraus resultierenden Erlössteigerungen machen Innovationen und den Einsatz moderner Technologien oft überhaupt erst lohnenswert. Für eine systematische Einbeziehung des Exports spricht auch, dass der Erfolg auf Auslandsmärkten als Image-Gewinn im lokalen Markt genutzt werden kann.[12]
Exportaktivitäten sind allerdings auch Grenzen gesetzt. Nicht transportable und transportkosten- bzw. transportzeitempfindliche Güter schließen den Export als Markteintrittsstrategie gegebenenfalls ex ante aus. In diesen Fällen muss das Unternehmen entweder auf das Potential des Auslandsmarktes verzichten oder sich für eine alternativ umsetzbare Markteintrittsstrategie entscheiden. Auch tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse können grenzüberschreitende Transaktionen verhindern, einschränken oder mit zusätzlichen Kosten belasten. Die Exportaktivitäten sind darüber hinaus in hohem Maße von Wechselkursschwankungen abhängig und die räumliche Distanz zwischen dem heimischen und dem Exportmarkt erschwert die Identifikation von Nachfragepräferenzen und eine entsprechende Produktanpassung.[13]
Die Lizenzvergabe als internationale Markteintrittsstrategie umfasst vertragliche Abkommen, die einen Lizenznehmer gegen Zahlung einer Gebühr zur Verwertung von Vermögenswerten wie Patenten, Marken, Urheberrechten oder Know-How berechtigen.[14] Die mit der Marktbearbeitung verbundenen Risiken und Kosten sind dabei durch den Lizenznehmer zu tragen. Lizenzabkommen bieten Unternehmen die Möglichkeit der Auslandsmarkterschließung, wenn ein Export unmöglich oder nur unter erschwerten Bedingungen durchgeführt werden kann und die Vornahme einer Auslandsinvestition nicht zur Disposition steht. Investitionen in Forschung und Entwicklung können somit bei geringem Investitions- und Marktrisiko und bei Vorliegen eigener Kapazitätsengpässe ausgenutzt werden. Aus dem Lizenzvertrag fließen zudem sofortige Erträge an das Unternehmen zurück.
Nachteilig ist jedoch, dass die Entscheidung des Unternehmens zugunsten der Lizenzvergabe gleichzeitig den Verzicht auf eigene Renditemaximierung bedingt[15]: Das Unternehmen begibt sich in die Gefahr einen zukünftigen Wettbewerber aufzubauen, der im Rahmen des Lizenzabkommens die Gewinnmarge weitestgehend selbst abschöpft. Gleichzeitig fallen hohe Transaktionskosten für Vertragsabschluss, -überwachung und -anpassung an, die aus dem unvollkommenen Markt für immaterielle Vermögenswerte resultieren und die Vergabe von Lizenzen letztlich schwerpunktmäßig nur für eine konzerninterne Verwertung attraktiv machen.
Die nachhaltigste Internationalisierungsstrategie ist die Auslandsmarktbearbeitung unter Vornahme von Direktinvestitionen. Unter diesen Begriff fallen Kapitalanlagen im Ausland, die in der Absicht vorgenommen werden, einen erheblichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit des Investitionsobjektes auszuüben. Ab welchem Beteiligungsanteil dem investierenden Unternehmen eine Einflussnahme ermöglicht wird, ist theoretisch schwer zu bestimmen. Denkbar sind Minder- und Mehrheitsbeteiligungen sowie die Bildung von Joint Ventures oder rechtlich selbständiger Tochterunternehmen. Im Vordergrund steht hierbei der unternehmerische Gestaltungswille. Investitionen, die nach reinen Renditeüberlegungen getroffen werden (Portfolioinvestitionen), sind dementsprechend von den Direktinvestitionen abzugrenzen, da mit ihnen keine unmittelbare Einflussnahme oder Kontrolle auf die Geschäftspolitik im Auslandsmarkt verbunden ist.[16]
Direktinvestitionen sind dauerhafter Art und führen neben dem Kapitaltransfer oft auch zu einem Transfer von Technologie und Know-How. Sie können horizontal (auf gleicher Produktionsstufe), vertikal (über vorangehende oder nachfolgende Produktionsstufen) oder diagonal (zwischen verschiedenen, voneinander unabhängigen Produktionsstufen) vorgenommen werden[17].
Für die Vornahme von Direktinvestitionen sind aus Sicht des investierenden Unternehmens unterschiedliche Motive bestimmend. Da in der Regel jedoch nicht ein einziges Motiv allein, sondern ein Bündel von Motiven zu einer Direktinvestition führt[18], können diese zu den vier folgenden Kategorien zusammengefasst werden:
- Markt- und absatzorientierte Motive beziehen sich auf die Erschließung oder Sicherung von Auslandsmärkten und haben dementsprechend offensiven oder defensiven Charakter. Sie erwachsen aus dem Wachstums- und Sicherheitsziel des Unternehmens und sind für eine Auslandsinvestition oftmals von dominanter Bedeutung.[19]
- Beschaffungsorientierte Motive zielen in erster Linie auf eine kostengünstige Sicherstellung der Rohstoffversorgung ab, um Engpässe in der Produktionsgüterversorgung zu vermeiden. Dieser Sicherungsgedanke findet beispielsweise Ausdruck in der Kapitalbeteiligung bei ausländischen Einkaufsstellen oder Organisationen zur Rohstoffförderung.[20] Auch die Verlagerung von Produktionsstufen in die Nähe von Rohstoffvorkommen dient der Ressourcenabsicherung, da dieser Schritt von vielen Ländern als Grundvoraussetzung für den Rohstoffexport verlangt wird.
- Kosten- und ertragsorientierte Motive umfassen die Ausnutzung von Investitionserleichterungen und komparativen Faktorkostenvorteilen. Investitionsanreize allein sind dabei eher als nebensächliches Motiv für Auslandsinvestitionen zu bewerten, aber die Wahrnehmung relativer Lohnkostenunterschiede kann insbesondere in arbeitsintensiven Branchen zu deutlich niedrigeren Kosten führen. Im Vergleich zu den anderen zwei Motivgruppen sind kosten- und ertragsorientierte Motive jedoch von untergeordneter Bedeutung.[21] Ein Grund hierfür liegt in der Tatsache, dass im Ausland über den Lohnkostenvorteil hinaus ein mit dem Heimatland identischer Produktivitätsgrad vorliegen muss. Anderenfalls werden die niedrigen Arbeitskosten durch eine niedrigere Arbeitsproduktivität kompensiert.[22] Direktinvestitionen aus Kosten- und Ertragsmotiven machen deshalb nur dann Sinn, wenn Vorteile in der Gesamtproduktivität erzielt werden können.
- Zu den umweltpolitischen Motiven zählen beispielsweise restriktive und kostspielige Umweltauflagen in den Heimatländern der Unternehmen, die insbesondere in „umweltintensiven“ Branchen (wie zum Beispiel Chemie, Pharmazeutik, Papier, Mineralöl und Stahl) dazu führen, dass Direktinvestitionen in Ländern mit weniger strengen Umweltschutzauflagen vorgenommen werden. Im Vergleich zu den anderen Motivgruppen ist das Bestreben zur Umgehung von Auflagen allerdings von untergeordneter Bedeutung.[23]
Im Vergleich zum Export haben Direktinvestitionen den Vorteil, dass Handelsbarrieren umgangen und relative Faktorkostenunterschiede genutzt werden können. Die Leistungserstellung vor Ort erlaubt so genannte „Fühlungsvorteile“: Kundenpräferenzen werden leichter wahrgenommen und führen zu einer schnelleren Produktanpassung. Durch den Wegfall von auftretenden Zusatzkosten (z.B. für Transport, Zölle und Exportmarketing) können teilweise Kostenersparnisse realisiert werden. Verglichen mit der Alternative der Lizenzvergabe gewährt die Vornahme von Direktinvestitionen in erster Linie eine Einhaltung von Qualitätsstandards und die unternehmensinterne Renditeabschöpfung.[24]
Direktinvestitionen eröffnen den Unternehmen jedoch nicht nur großartige Chancen, sondern sind auch mit großen Risiken verbunden. Zum einen erfordern sie im Vergleich zum Export und zur Lizenzvergabe einen relativ hohen Einsatz von Kapital- und Managementleistungen. Da Direktinvestitionen dauerhafter Natur sind, unterliegen sie einer langen Amortisationsdauer, die zudem einem politischen Risiko durch mögliche Eingriffe der ausländischen Regierung ausgesetzt ist. Durch die Errichtung dezentraler Produktionsstätten muss das Unternehmen auf Kostenvorteile durch die Realisierung von Größeneffekten verzichten und wird mit einem erhöhten Informations- und Koordinationsaufwand mit der Muttergesellschaft konfrontiert.[25]
In der amtlichen Statistik wird die Internationalisierung von Unternehmen in erster Linie an Direktinvestitionen gemessen. Die United Nations Conference on Trade and Development geht bei ihren globalen Betrachtungen im World Investment Report 2002 von folgenden Schätzungen aus:[26]
- Weltweit existieren ca. 65.000 internationale Unternehmen mit mehr als 850.000 ausländischen Beteiligungen und Tochterunternehmen.
- Internationale Unternehmen investierten im Jahr 2001 ca. 621 Mrd. Dollar.
- Die ausländischen Tochtergesellschaften erzielten im gleichen Jahr einen Umsatz von ca. 18.517 Mrd. Dollar. Dies ist ein bedeutendes Umsatzvolumen, zumal sich der Gesamtumsatz aller Exporte weltweit auf „nur“ 7.430 Mrd. Dollar beläuft.
Der Weg zur Internationalisierung ist jedoch vielfältiger[27]: Zur Erschließung des Auslandsmarktes bieten sich den Unternehmen neben den drei Basisstrategien Export, Lizenzvergabe und Direktinvestition noch weitere Internationalisierungsformen an. So kann ein Unternehmen beispielsweise im Rahmen der Vertragsfertigung einzelne oder mehrere Produktionsstufen an ausländische Hersteller auslagern, um Faktorkostenvorteile auszunutzen und gleichzeitig Vermarktung und Vertrieb der Produkte unter eigener Verantwortung weiterzuführen. Die Bildung so genannter strategischer Allianzen fördert hingegen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von zwei oder mehr Partnerunternehmen in genau abgegrenzten Bereichen. Eine grundsätzlich „ideale“ Internationalisierungsstrategie existiert dabei nicht: Die konkrete Ausgestaltung ist nicht nur branchenbezogen, sondern variiert auch zwischen den einzelnen Unternehmen und muss deshalb unter Abwägung der individuellen Unternehmensziele, -ressourcen und -fähigkeiten getroffen werden.[28]
2.2 Ansätze zur Erklärung von Direktinvestitionen als Grundlage internationaler Standortentscheidungen
2.2.1 Monopolistische Theorie (Hymer / Kindleberger)
Die Theorie des monopolistischen Vorteils, im Jahr 1960 von Hymer entwickelt und später insbesondere von ihm und seinem akademischen Lehrer Kindleberger fortgeführt, bildet von ihrem Entstehungszeitpunkt her gesehen den ältesten Erklärungsansatz für Direktinvestitionen auf firmenspezifischer Ebene.[29]
Ausgangslage der Theorie ist die Annahme, dass Unternehmen beim Eintritt in fremde Auslandsmärkte den einheimischen Firmen gegenüber prinzipiell in dreierlei Hinsicht benachteiligt sind: Erstens müssen ausländische Unternehmen (speziell in der Anfangsphase) höhere Kosten für die Informationsbeschaffung veranschlagen, da sie nicht gleichermaßen mit den rechtlichen, politischen, kulturellen und vor allem wirtschaftlichen Gegebenheiten des Investitionslandes vertraut sind.[30] Zweitens werden ausländische Unternehmen in der Phase des Markteintritts mit zusätzlichen Koordinations- und Kommunikationskosten belastet, die aus der großen räumlichen Distanz zwischen Muttergesellschaft und Auslandsengagement, dem geringen Bekanntheitsgrad der Produkte und der geringen Anzahl von bestehenden Geschäftskontakten im Auslandsmarkt erwachsen. Drittens sind ausländische Unternehmen der Gefahr der Diskriminierung ausgesetzt. Gezielte Diskriminierungsmöglichkeiten von staatlicher Seite erstrecken sich u.a. auf direkte Verbote, Einschränkungen der Geschäftsaktivität und Enteignungen. Darüber hinaus können das ausländische Unternehmen aber auch Vorurteile von Seiten der Lieferanten, Arbeitskräfte und Konsumenten im Auslandsmarkt belasten (z.B. Kampagnen zum Kauf einheimischer Produkte, wie „Buy american“).[31]
Die im Vergleich zu einheimischen Unternehmen skizzierten Nachteile stellen Markteintrittsbarrieren dar[32], die dazu führen, dass ausländische Unternehmen ihren Markteintritt nur mit höheren Kosten und einem höheren Risiko realisieren können. Hymers Überlegungen zufolge müssen ausländische Investoren deshalb über unternehmensspezifische Wettbewerbsvorteile verfügen, welche ihre Nachteile bzw. die Vorteile der einheimischen Unternehmen ausgleichen oder überkompensieren können. Nach Auffassung von Hymer können firmenspezifische Wettbewerbsvorteile vielfältiger Art sein: „There are as many kinds of advantages as there are functions in making and selling a product.“[33] Entscheidend ist dabei, dass der Wettbewerbsvorteil monopolistischer Art und damit an das entsprechende Unternehmen gebunden ist. Er hat somit den Charakter von Markteintrittsschranken, da die aus dem Wettbewerbsvorteil entstehenden Gewinnchancen nicht von den im Investitionszielland heimischen Unternehmen genutzt werden können.[34]
Monopolistische Wettbewerbsvorteile haben ihren Ursprung in der Unvollkommenheit der Märkte, die es den Unternehmen erst ermöglichen einen Vorteil zu nutzen und zu bewahren. Kindleberger differenziert zwischen vier Bereichen, die zu firmenspezifischen Wettbewerbsvorteilen führen können:[35]
1. Unvollkommene Gütermärkte, z.B. aufgrund von Produktdifferenzierung oder speziellen Marketingfähigkeiten. F&E-Anstrengungen oder Marketingmaßnahmen führen zu inhomogenen Gütern, wobei Markennamen, Unternehmensimage und Produktdesign von besonderer Bedeutung sind. Kunden können und wollen sich in der Realität keinen vollständigen Marktüberblick verschaffen, sondern gehen bestimmten Produktpräferenzen nach.
2. Unvollkommene Faktormärkte, z.B. aufgrund von geschütztem technischem Know-how, besonderen Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten oder Managementfähigkeiten. In diesen Bereichen führen superiore Kenntnisse entweder zu absoluten Kostenvorteilen oder zu zusätzlichen Erträgen, denn sie erlauben bei gegebenen Inputpreisen eine billigere und/oder bessere Produktherstellung bzw. ein verändertes Produktdesign, für welches der Käufer einen höheren Preis zu zahlen bereit ist.[36]
3. Realisierung von Größenvorteilen, z.B. durch Fixkostendegression im Rahmen der Massenproduktion oder durch kostengünstigere Finanzierungsmöglichkeiten.
4. Staatliche Interventionen, z.B. Handelshemmnisse in Form von Zöllen, Steuern, Zinssätzen und Wechselkurseingriffen, die zum Schutz einheimischer Unternehmen errichtet werden.
Notwendige Voraussetzung für die Erschließung fremder Auslandsmärkte mittels Direktinvestitionen sind firmenspezifische Wettbewerbsvorteile, doch die Vorteilhaftigkeit dieser Internationalisierungsform im Vergleich zu den alternativen Strategien Export und Lizenzvergabe kann nicht allein mit dem Vorliegen von Wettbewerbsvorteilen begründet werden: „Firms are by no means equal in their ability to operate in an industry. Certain firms have considerable advantages in particular activities. The possession of these advantages may cause them to have extensive international operations of one kind or another.”[37]
Die Nutzung unternehmensspezifischer Vorteile im Rahmen von Direktinvestitionen ist der monopolistischen Theorie zufolge im Vergleich zum Export dann vorteilhaft, wenn durch die Internationalisierungsform „Direktinvestition“ geringere Kosten entstehen. Als Bestimmungsfaktoren des Kostenvergleichs werden u.a. die realen Produktionskosten im In- und Ausland, der Wechselkurs, staatliche Handelshemmnisse und Transportkosten zugrunde gelegt.[38] Die Vorteilhaftigkeit von Direktinvestitionen gegenüber der Lizenzvergabe wird auf Grundlage von allgemeinen Marktunvollkommenheiten erklärt[39]: Viele unternehmensspezifische Vorteile sind nicht patent- oder lizenzfähig (z.B. Management-, Organisations- oder Marketing Know-how), haben aber prinzipiell den Charakter eines öffentlichen Gutes, bei dessen Nutzung kein Ausschlussprinzip gilt. Durch die Vergabe einer Lizenz begibt sich ein Unternehmen somit in Gefahr, einen potentiellen Konkurrenten zu fördern. Darüber hinaus ist es nicht immer möglich, einen personengebundenen Know-how Vorteil isoliert zu transferieren.
Die monopolistische Theorie beschränkt sich im Wesentlichen auf die Aussage, dass ein Unternehmen über firmenspezifische Wettbewerbsvorteile verfügen muss, um bei einem Eintritt in ausländische Märkte erfolgreich zu sein. Bei der Entscheidung zwischen den alternativen Markteintrittsstrategien wird die Vorteilhaftigkeit einer Direktinvestition gegenüber dem Export oder der Lizenzvergabe jedoch nur unzufriedenstellend auf das Vorliegen unvollkommener Marktstrukturen zurückgeführt. Beschaffungsorientierte Direktinvestitionen, die auf die Versorgung mit Rohstoffen und Vorprodukten abzielen, können durch die Theorie des monopolistischen Vorteils ebenso wenig begründet werden wie das langfristige Bestehen von Direktinvestitionen bzw. Folge- oder Desinvestitionen. Die monopolistische Theorie liefert somit einen wertvollen Beitrag zur Erklärung von Direktinvestitionen, muss aber in mehrfacher Hinsicht ergänzt werden. Nichtsdestotrotz gehen insbesondere Hymers Ausführungen zum Teil über die Theorie des monopolistischen Vorteils hinaus und waren somit wegweisend für spätere Erklärungsansätze.[40]
2.2.2 Theorie der Internalisierung (Buckley / Casson)
Als Begründer der Internalisierungstheorie werden im Allgemeinen Buckley und Casson angesehen. Die Theorie der Internalisierung baut inhaltlich auf der monopolistischen Theorie auf und versucht, das Zustandekommen von Direktinvestitionen durch Anwendung der so genannten Transaktionskostenökonomie zu erklären.[41]
Grundlage der Theorie bildet die Annahme, dass der vertragliche Austausch von Produkten und Leistungen alternativ über den externen Markt oder über das Unternehmen selbst organisiert werden kann. Ein Güteraustausch ist jedoch in der Regel mit Kosten, den so genannten Transaktionskosten, verbunden. So fallen für Markttransaktionen beispielsweise Informationskosten für die Suche nach einem geeigneten Vertragspartner an, während bei unternehmensinternen Leistungsbeziehungen u.a. Koordinations-, Kommunikations- und Kontrollkosten zu berücksichtigen sind.[42]
Die Theorie der Internalisierung postuliert, dass Unternehmen kostenintensive und ineffiziente Transaktionen vermeiden. Eine intra-unternehmerische Leistungsverwertung von intermediären Gütern kann dabei unter Umständen niedrigere Transaktionskosten verursachen als ein marktlicher Transfer.
Nach Buckley und Casson ist der Austausch intermediärer Güter auf externen Märkten ineffizient und führt somit zwangsläufig zu hohen Transaktionskosten. Zu den intermediären Gütern zählen sie alle Zwischenprodukte, die nicht für den Endverbraucher bestimmt sind. Dazu gehören z.B. Rohstoffe, Know-how, Erfahrung und Managementfähigkeiten[43].
Der Internalisierungstheorie zufolge sind Direktinvestitionen demnach Ausdruck einer effizienten Nutzung von intermediären Gütern im Ausland. Sofern also Rohstoffe und/oder unternehmerisches Wissen kostengünstiger unter zentraler Führung und Kontrolle innerhalb des Unternehmens genutzt werden können als auf externen Märkten, bietet sich dem Unternehmen ein Anreiz zur Internalisierung der internationalen Märkte durch die Vornahme von Direktinvestitionen.[44]
Auf horizontaler Ebene werden Direktinvestitionen mit einem Marktversagen beim grenzüberschreitenden Transfer von immateriellen Gütern begründet. Dieses ist bei der Verwertung von Know-how und Informationen auf dem externen Markt auf vier Gründe zurückzuführen:
1. Es entstehen hohe Transferkosten durch Unterschiede in Sprache, Kultur oder technologischem Entwicklungsstand. Häufig sind immaterielle Güter nicht-kodifizierbar und personengebunden – so können beispielsweise Erfahrungs- und Managementwissen oft nur durch persönlichen Kontakt übertragen werden.[45]
2. Es fallen außerdem hohe Kosten für die Vertragsverhandlung und
–durchsetzung an, insbesondere bei bilateralen Monopolen und Oligopolen, bei denen aufgrund der Marktmacht mit lang andauernden Verhandlungen zu rechnen ist[46]. Darüber hinaus besteht bei fehlenden rechtlichen Schutzmaßnahmen die Gefahr opportunistischen Verhaltens des Transaktionspartners.
3. Die asymmetrische Informationsverteilung über das Wesen und den Wert von Know-how und Informationen lässt keine effiziente Preisbildung zu. Immaterielle Güter haben den Charakter öffentlicher Güter, für deren Nutzung das Nicht-Ausschlussprinzip gilt[47]: Sie sind beliebig oft teilbar, ohne dass sie verbraucht werden oder an Nutzungswert verlieren. Gibt das verkaufende Unternehmen dem potentiellen Käufer sein Wissen preis, kann dieser die Informationen ohne Gegenleistung nutzen und ist nicht bereit, den vollen Wert der Information zu bezahlen. Ohne Offenlegung des Wissens kann der potentielle Käufer den Wert der Informationen aber wiederum nicht richtig einschätzen.[48] Dieses Informationsparadoxon kann zwar teilweise über Eigentumsrechte beseitigt werden, jedoch sind nicht alle immateriellen Güter kodifizierbar.
4. Marktliche Transaktionen beinhalten die Gefahr der vertragswidrigen Nutzung, die sich beispielsweise in der unberechtigten Weitergabe des Wissens niederschlägt und aufgrund von unzureichenden und international voneinander abweichenden Regelungen des Patentschutzes nicht geahndet werden kann. Das verkaufende Unternehmen verliert somit sein Know-how-Monopol. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass vertraglich vereinbarte Qualitätsstandards nicht eingehalten werden.[49]
Auch Direktinvestitionen auf vertikaler Ebene werden in der Internalisierungstheorie mit der Ineffizienz externer Märkte begründet: Sie werden dann getätigt, wenn bei dem Austausch von materiellen Zwischenprodukten (z.B. Rohstoffen und Vorprodukten) auf dem externen Markt höhere Kosten verursacht werden als mit einer intra-unternehmerischen Transaktion.[50] Hohe Markttransaktionskosten können beispielsweise durch den Koordinations- und Informationsaufwand zwischen aufeinander folgenden Produktionsstufen oder durch die Notwendigkeit umfassender Qualitätskontrollen entstehen. Darüber hinaus findet bei vertikalen Marktbeziehungen auch der Sicherheitsaspekt Berücksichtigung: Preis- und Versorgungsunsicherheiten kommen als zusätzliche Internalisierungsanreize zum Tragen, wenn bei der Ausgestaltung von Vertragsbeziehungen das Ausfallrisiko des Marktpartners oder die Gefahr opportunistischer Ausbeutung besteht[51].
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Buckley und Casson das Zustandekommen von Direktinvestitionen mit transaktionskosten-ökonomischen Argumenten erklären, wobei die Internalisierung intermediärer Güter aus Unternehmenssicht vorteilhaft ist, „…until the cost of further internalisation outweights the benefits.“[52] Die Internalisierungstheorie leistet damit einen unverzichtbaren Beitrag zur Erklärung von Direktinvestitionen. Die Frage, warum grenzüberschreitende Unternehmensaktivitäten in unterschiedlichen Ländern vorgenommen werden, kann sie jedoch nicht beantworten.
2.2.3 Eklektische Theorie (Dunning)
Die sogenannte eklektische Theorie wurde 1977 von Dunning veröffentlicht und führt Erklärungsansätze der monopolistischen Theorie und der Theorie der Internalisierung mit den Gedanken der klassischen Außenhandelstheorie zusammen. Der integrative Ansatz wird auch heute noch als „State of the Art“ angesehen und beantwortet die Fragen nach dem Warum, Wie und Wo der Internationalisierung von Unternehmen.[53]
Die Kernthese der eklektischen Theorie besagt, dass Direktinvestitionen eine Funktion von bestimmten Vorteilen sind, die sich in drei Kategorien zusammenfassen lassen (siehe ausführlicher in Abbildung 1 ):
1. Das direktinvestierende Unternehmen muss über firmenspezifische Wettbewerbsvorteile gegenüber einheimischen Firmen verfügen. Diese „ownership advantages“ bestehen im Wesentlichen in dem Besitz von Eigentumsrechten oder sonstigen immateriellen Gütern und stimmen weitgehend mit der Definition aus der Theorie des monopolistischen Vorteils überein.[54]
2. Die unternehmensinterne Verwertung von Wettbewerbsvorteilen muss durch die Umgehung oder Vermeidung von Marktunvollkommenheiten beim internationalen Handel von intermediären Gütern Internalisierungsvorteile gegenüber der Vermarktung in Form von Lizenzen, Kooperationsabkommen oder ähnlichem bieten. Die „internalization advantages“ basieren dabei im Wesentlichen auf den Erklärungsansätzen von Buckley und Casson.[55]
3. Der ausländische Markt muss gegenüber dem Heimatmarkt Standortvorteile aufweisen. Als „localization advantages“ sind neben den Standortfaktoren der klassischen Außenhandelstheorie wie der relativen Faktorausstattung und den Faktorkosten am Auslandsstandort beispielsweise auch wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, die Marktattraktivität, tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse sowie kulturelle Differenzen zu berücksichtigen.[56]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 : Einflussfaktoren für die Vornahme von Direktinvestitionen, gruppiert nach den drei Vorteilsarten der eklektischen Theorie (nach Angaben von Dunning, Übersetzung nach Heiduk)
Die eklektische Theorie (zur Abkürzung von ownership, localization und internalization advantages auch OLI-Ansatz genannt) liefert jedoch nicht nur eine Begründung für die Vornahme von Direktinvestitionen. Im Vergleich zu anderen theoretischen Erklärungsansätzen werden die Bedingungen für die Auslandsmarktbearbeitung durch Direktinvestitionen aus einer Gegenüberstellung alternativer Internationalisierungsstrategien abgeleitet und erstrecken sich somit auch auf den Export und die Lizenzvergabe.[57]
Die Kombination der Vorteilsarten bestimmt dabei die geeignete Form der Auslandsmarktbearbeitung (siehe auch Tabelle 1 ): Firmenspezifische Vorteile werden in der eklektischen Theorie als notwendige Voraussetzung für alle drei Internationalisierungsstrategien angesehen. Besteht ein Anreiz dazu den firmenspezifischen Vorteil zu internalisieren und weist das Heimatland gegenüber dem Ausland Standortvorteile auf, so wird das Unternehmen die Leistungserstellung im Heimatland vornehmen und den Auslandsmarkt mit Exporten bedienen. Kann ein Unternehmen jedoch durch eine unternehmensinterne Verwertung des firmenspezifischen Vorteils keinen weiteren Vorteil erlangen, so wird es die Lizenzvergabe als geeignete Strategie der Auslandsmarktbearbeitung verfolgen und seinen monopolistischen Wettbewerbsvorteil über den externen Markt veräußern. Eine Direktinvestition stellt schließlich nur dann die geeignete Internationalisierungsstrategie dar, wenn alle drei Vorteilsarten (firmenspezifische Vorteile, Internalisierungs- und Standortvorteile des Auslands) erfüllt sind.[58]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1 : Einfluss von Vorteilsarten auf die Form der Auslandsmarktbearbeitung (nach Angaben von Dunning)
Der eklektischen Theorie gelingt es, die einzelnen an unterschiedlichen Stellen erarbeiteten Einflussfaktoren für die Vornahme von Direktinvestitionen zu einem systematischen Schema zusammenzufassen. Der Ansatz von Dunning liefert somit eine sehr weit gehende, anschauliche und vor allem übersichtliche Erklärung für die Vornahme von Direktinvestitionen, die trotz einiger Kritikpunkte weitgehend akzeptiert wird. Als Determinantenkatalog ist der eklektische Ansatz kaum angreifbar. Kritisiert wird allerdings, dass die kataloghafte Aufzählung potentieller Bestimmungsfaktoren keine eindeutigen Aussagen darüber erlaubt, welche Wirkungen durch unterschiedliche Konstellationen der Einflussfaktoren hervorgerufen werden. Auch Elemente des unternehmerischen Entscheidungsprozesses bleiben unberücksichtigt.[59]
Letztlich ist zu bemängeln, dass es sich bei der eklektischen Theorie – wie auch bei der monopolistischen Theorie und der Internalisierungstheorie, auf denen sie inhaltlich aufbaut – um eine statische Gleichgewichtsbetrachtung handelt. Ein Unternehmen bezieht sich in seiner Entscheidung über die Vornahme einer Direktinvestition an einem bestimmten Standort auf die zum jeweiligen Zeitpunkt vorliegende Kombination von firmenspezifischen Wettbewerbsvorteilen, Internalisierungsvorteilen und Standortvorteilen. Dunning berücksichtigt zwar, dass sich diese Determinanten im Zeitablauf ändern können, erfasst damit aber nur die Reaktion auf exogene Datenänderungen im Rahmen einer komparativ-statischen Analyse. Die grundsätzlich unrealistische Vorstellung der statischen Betrachtungsweise, dass „…automatenähnlich funktionierende Unternehmungen mit einem exogen gegebenen Informationsstand (…) die sich bietenden Investitionsmöglichkeiten sofort wahrnehmen“[60], bleibt folglich bestehen. Der eklektische Ansatz kann somit das erstmalige Investitionsverhalten eines Unternehmens auf Auslandsmärkten erklären, doch seine Aussagekraft über Veränderungen bestehender Auslandsengagements ist unter Berücksichtigung des Prozesses, der zu dem Gleichgewichtszustand führt, begrenzt.[61]
2.3 Die Standortentscheidung als organisationaler Prozess
2.3.1 Der unternehmerische Auswahlprozess zur Bestimmung des „optimalen“ Standorts
Die Bestimmung eines neuen Standorts ist aus Unternehmenssicht eine konstitutive Entscheidung und von großer Bedeutung für den Erfolg der Auslandstätigkeit. Für die Ausweitung von Unternehmensaktivitäten auf ausländische Märkte spielt der Auswahlprozess zur Standortbestimmung somit eine zentrale Rolle. Das Unternehmen sieht sich dabei einer außerordentlich komplexen Aufgabe gegenübergestellt, denn theoretisch kommen rund 180 Länder der Erde als Zielland der geplanten Direktinvestition in Frage. Der unternehmerische Auswahlprozess zielt deshalb darauf ab, die Anzahl der potentiellen Standorte iterativ zu reduzieren, da ein genauer Vergleich aller Standortalternativen aus Zeit- und Kostengründen ausgeschlossen ist.[62]
Stattdessen findet in der Praxis ein mehrstufiges Verfahren Anwendung[63], bei dem zunächst eine Vorauswahl potentieller Zielländer bzw. -regionen für die Direktinvestition getroffen wird. Im zweiten Schritt werden im Rahmen einer Makroanalyse die Anzahl der in Frage kommenden Zielländer aus der Vorauswahl weiter eingeschränkt, um dann in einem dritten Schritt den am besten geeigneten regionalen Standort innerhalb eines Länderstandorts zu bestimmen (Mikroanalyse).
Ländervorauswahl, Makro- und Mikroanalyse unterscheiden sich dabei im Wesentlichen durch die in der jeweiligen Phase angewandten Selektionskriterien sowie durch die Art der Informationsbeschaffung und –verarbeitung (vgl. hierzu Kapitel 2.3.2).[64]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 : Typischer Ablauf eines Auswahlprozesses zur internationalen Standortwahl (eigene Darstellung)
Der Ländervorauswahl ist in der Regel eine Konzeptphase vorgeschaltet, in der sich ein Unternehmen bereits für die Vornahme einer Direktinvestition entschließt. Obwohl davon ausgegangen werden kann, dass Unternehmen nach den gleichen Oberzielen Gewinn, Wachstum und Sicherheit streben, differieren sie doch hinsichtlich ihrer Unterziele, die sich unter anderem in den Investitionsmotiven und der räumlichen Aufteilung der Geschäftsaktivitäten niederschlagen. Die Vorauswahl von Ländern erfolgt deshalb in erster Linie durch das der Direktinvestition zugrunde liegende Motiv[65] und wird anhand von relativ oberflächlichen Analysen durchgeführt. Mit restriktiven K.O. Kriterien wird geprüft, welche Länderregionen die standortlichen Mindestanforderungen des Unternehmens erfüllen können[66]. Zu berücksichtigen ist dabei, dass unter Umständen innerhalb einer geographischen Region (z.B. in Asien) eine erhebliche Heterogenität zwischen den Ländern vorzufinden ist.
Im Falle von beschaffungs- und kostenorientierten Internationalisierungsmotiven wird die Bestimmung von diesen „Standortsuchräumen“ in der Regel einen erheblich geringeren Umfang aufweisen als bei einem absatzorientierten Motiv. Will ein Unternehmen beispielsweise eine beschaffungsorientierte Direktinvestition tätigen, fallen alle Länder aus dem Suchraster heraus, in denen die benötigten Rohstoffe nicht verfügbar sind. In bestimmten Fällen ist die Standortwahl des Unternehmens sogar derart eingeschränkt, dass der Entscheidungsprozess auf die Frage reduziert werden muss, ob eine Direktinvestition in einem bestimmten Länderstandort getätigt werden soll oder nicht (Go bzw. No Go–Entscheidung).[67] Eine solch extreme Einschränkung kann sich beispielsweise nachfragebedingt ergeben, wenn der Großkunde eines Zulieferunternehmens die räumliche Nähe zur eigenen Produktion im Ausland fordert und anderenfalls mit der Kündigung des Lieferantenvertrags droht.
In der Makroanalyse verschafft sich das investierende Unternehmen einen Gesamteindruck von den zur Auswahl stehenden Ländern und Regionen und führt eine grobe Selektion der Länder durch, die bei der Mikroanalyse in die engere Standortwahl kommen sollen.[68] Goette geht davon aus, dass im Rahmen der Makroanalyse fünf bis zehn Länder selektiert werden[69]. In der Realität werden sich jedoch situativ Abweichungen nach oben oder unten ergeben. Die Anzahl der dabei zu untersuchenden Auswahlkriterien lässt sich nicht allgemein festlegen, doch in der Regel werden in dieser Phase nur wenige Kriterien herangezogen, die einen Rückschluss auf die Länder- bzw. Marktattraktivität erlauben. Darunter ist die Gesamtheit aller Faktoren zu verstehen, „…die es für ein Unternehmen als lohnend erscheinen lassen, einen ausländischen Markt zu erschließen.“[70] Besondere Berücksichtigung finden in der Makroanalyse die kritischen Erfolgsfaktoren der Leistungserstellung am möglichen Länderstandort[71]: Bei einem marktstrategischen Investitionsmotiv werden somit in erster Linie wachstumszielorientierte Gesichtspunkte wie zum Beispiel das Absatzpotential untersucht, während bei kostenorientierten Motiven der Schwerpunkt auf eine Analyse des möglichen Einsparungspotentials gelegt wird.
Die Mikroanalyse stellt die Detailauswahl im Standortauswahlprozess dar und resultiert in der Entscheidung der Unternehmensleitung, wo genau die Direktinvestition vorgenommen werden soll. In dieser Phase werden manchmal nur ein bis drei Länder genauer untersucht, wobei die konkreten Eigenschaften der Einzelstandorte im Vordergrund der vergleichenden Betrachtung stehen - die Grenzen der Länder- und Regionalauswahl sind in der Makroanalyse fließend. Die Entscheidung für eine Ansiedlung wird letzten Endes für denjenigen lokalen Standort fallen, der den unternehmerischen Ansprüchen am ehesten gerecht wird[72]. Festzuhalten ist, dass die Anzahl der Selektionsstufen im unternehmerischen Auswahlprozess zur Bestimmung des „optimalen“ Standorts nicht normativ festgelegt werden kann. So ist in der Praxis in vielen Fällen keine eindeutige Trennung von Ländervorauswahl und Makroanalyse erkennbar oder die Mikroanalyse wird noch um eine zusätzliche Selektionsstufe zur Feinplanung ergänzt. Eine sinnvolle Unterteilung ergibt sich letztlich situativ.[73]
Durch die langfristigen Implikationen ist die Standortwahl aus Unternehmenssicht mit Optimierungsproblemen behaftet. Eine bereits umgesetzte Standortentscheidung ist von quasi irreversiblem Charakter, denn sie kann in der Regel nur unter hohen Kosten (so genannten „sunk costs“) verändert bzw. rückgängig gemacht werden: Grund und Boden, installierte Betriebsanlagen, eingearbeitete Arbeitskräfte sowie mühsam aufgebaute lokale Geschäftsbeziehungen sind praktisch immobil. Der „optimale“ Standort wird deshalb mit einem langen Planungshorizont ausgewählt und ergibt sich aus der größtmöglichen Übereinstimmung zwischen den gegebenen Bedingungen des Standorts mit dem unternehmerischen Anforderungsprofil.[74] Standortbedingungen und Standortanforderungen verändern sich jedoch im Zeitablauf: Sie sind nicht statisch, sondern vielmehr das Ergebnis eines historischen, wirtschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Prozesses. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass die Wahl von neuen Standorten vor dem Hintergrund unvollständiger Information getroffen wird und stets mit Unsicherheiten über zukünftige Entwicklungen behaftet ist. Jede Standortentscheidung nimmt somit einen zeitlich begrenzten Stellenwert ein.[75]
Der Begriff des „optimalen“ Standorts ist deshalb aufgrund der Unsicherheit und der großen Anzahl von Standortalternativen zu relativieren, denn den Unternehmen ist es kaum möglich Optimierungskalküle anzuwenden: „There are no perfect locations. More precisely, it is impossible to determine the optimum locations because of lack of data, techniques which become too complex when burdened with many variables, and because of uncertainty, uncertainty about the future, and uncertainty about the actions of competitors, suppliers and customers.“[76]
Die Unternehmen nutzen stattdessen vereinfachte Näherungsverfahren, die es ihnen ermöglichen die Komplexität des Entscheidungsprozesses zu reduzieren. Die heuristische Vorgehensweise zielt darauf ab mit einem vertretbaren Aufwand eine zufrieden stellende Lösung zu finden. Zu den Heuristiken im Rahmen der Standortentscheidung gehören beispielsweise das stufenweise Vorgehen im Standortentscheidungsprozess, die Konzentration auf besonders wichtige Standortfaktoren und ein unternehmerisches Mindestanforderungsprofil:[77]
- In dem Auswahlprozess wird die Komplexität des Standortproblems zum einen dadurch verringert, dass die Standortentscheidung auf verschiedene Stufen aufgeteilt und iterativ auf jeder Stufe eine abgeschlossene Standortentscheidung getroffen wird, obwohl die Entscheidungen in der Realität miteinander verbunden sind.
- Zum anderen birgt die Beschränkung auf eine geringe Anzahl von als besonders wichtig erachteten Auswahlkriterien in der Makroanalyse die Gefahr, dass attraktive und vorteilhafte Standorte unberücksichtigt bleiben, weil sie von vornherein von einer detaillierten Beurteilung in der Mikroanalyse ausgeschlossen werden.
- Die Wechselwirkungen zwischen den Standortbedingungen untereinander sind aufgrund der Vielzahl der zu berücksichtigenden Faktoren komplex – als weiteres heuristisches Verfahren zur vereinfachten Verarbeitung der zahlreichen Informationen gilt deshalb im Standortentscheidungsprozess die Formulierung standortlicher Mindestbedingungen („Muss-Kriterien“), die ein potentieller Standort aus Unternehmenssicht erfüllen muss.
2.3.2 Standortbezogenes Informationsmanagement
2.3.2.1 Informationsbeschaffung
Die Beurteilung potentieller Standorte setzt eine möglichst umfassende Informationsgrundlage voraus. Je umfangreicher und aussagekräftiger die der Standortentscheidung zugrunde liegenden Informationen sind, desto genauere Prognosen können über die zukünftige Entwicklung eines Standortes gemacht werden und desto geringer ist das wahrgenommene Risiko der Standortwahl.
Innerhalb des Auswahlprozesses hat die Informationsbeschaffung den größten Einfluss auf die Standortentscheidung des Unternehmens.[78] Ziel des standortbezogenen Informationsmanagements ist es deshalb, die erforderlichen Informationen für eine vergleichende Bewertung der potentiellen Standorte bereitzustellen. Zur Informationsbeschaffung stehen den Unternehmen dabei die Methoden der Primär- und Sekundärforschung zur Verfügung.
Zur Primärforschung gehört die gezielte Erhebung, Aufbereitung und Auswertung von neuem Datenmaterial für einen bestimmten Untersuchungszweck. Das Informationsbedürfnis des Unternehmens wird mit originären Daten gestillt, die im Rahmen des Standortentscheidungsprozesses durch eine Befragung oder eine Beobachtung gewonnen werden. In der Sekundärforschung werden Daten beschafft, zusammengestellt und ausgewertet, die zu einem früheren Zeitpunkt bereits für andere Untersuchungszwecke erhoben wurden.[79]
Im Auswahlprozess zur Standortbestimmung folgt die Informationsbeschaffung in der Regel einem zweistufigen Ansatz: So wird zur Ländervorauswahl und Makroanalyse fast ausschließlich auf sekundärstatistisches Material (z.B. gesamtwirtschaftliche Daten) zurückgegriffen und dieses erst später in der Mikroanalyse mittels Primärforschung ergänzt. Ein völliger Verzicht auf Primärforschung im Standortentscheidungsprozess ist unwahrscheinlich, da es sich bei der Standortwahl um eine mit hohem Kapitalaufwand verbundene und langfristig wirksame Investitionsentscheidung handelt, für die aus Sicht der Unternehmen eine individuelle Entscheidungsgrundlage unerlässlich ist. So sind in den Auswahlphasen beispielsweise Vor-Ort Besichtigungen denkbar, die zum Einen dazu dienen, bei einer hohen kulturellen Distanz zum Heimatland des Investors eine gewisse Voreingenommenheit abzubauen und zum Anderen die konkreten Eigenschaften des lokalen Standortes (z.B. Grundstücksbeschaffenheit oder Infrastruktur) zu beurteilen.[80]
Die Vorteile der zweistufigen Vorgehensweise liegen auf der Hand: Mit Hilfe der Sekundärforschung kann eine redundante Erhebung von Daten vermieden werden, d.h. Informationen liegen vergleichsweise schnell und kostengünstig vor. Auf Grundlage der vorliegenden sekundärstatistischen Daten wird dann erst entschieden, ob eine weitere zeit- und kostenaufwendige Erhebung spezifischer Informationen sinnvoll ist. Daten aus der Sekundärforschung dienen darüber hinaus dem Aufbau von Grundkenntnissen über den potentiellen Auslandsstandort und machen eine detaillierte Analyse im Rahmen der Primärforschung überhaupt erst möglich.[81]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2 : Methoden der Informationsbeschaffung bei der internationalen Standortwahl mit wesentlichen Vor- und Nachteilen (eigene Darstellung)
Um eine aussagekräftige Datenbasis im Standortbestimmungsprozess zu gewährleisten, müssen sekundärstatistische Informationen folgenden Anforderungen gerecht werden:[82]
- Verfügbarkeit: Die für die Standortentscheidung erforderlichen Informationen müssen verfügbar und für das Unternehmen zugänglich sein. Dies ist insbesondere in vielen Entwicklungsländern nicht gegeben – die Beschaffung von Informationen gestaltet sich dort wesentlich schwieriger als in wirtschaftlich entwickelten Industrieländern.[83] Grundsätzlich kann von der Annahme ausgegangen werden, dass das wirtschaftliche und politische Informationssystem umso besser ausgeprägt ist, je weiter ein Staat verwaltungstechnisch entwickelt ist. In demokratisch regierten Staaten ist der Informationszugang in der Regel problemlos möglich, wohingegen er in autokratisch regierten Staaten oft nicht oder nur eingeschränkt gewährt wird. Tendenziell aber wird der Zugang zu makro- und mikroökonomischen Daten mit der Zeit durch den Einsatz neuer Informationstechnologien erheblich erleichtert und ist zu wesentlich niedrigeren Kosten möglich[84].
- Zuverlässigkeit: Die im Standortentscheidungsprozess verwendeten Daten müssen zutreffend und genau sein.[85] Politisch motivierte Manipulationen mit dem Ziel ausländische Investoren durch Beschönigung der Standortbedingungen anzuziehen oder sprachbedingte Übersetzungsfehler führen zu einer fehlerhaften Einschätzung der Standortvor- und -nachteile. Eine Verfälschung oder Zensur von Daten findet insbesondere in autokratisch geführten Staaten statt bzw. in Ländern, in denen ausländische Investitionen aus wirtschafts- und entwicklungspolitischen Gründen eine große Bedeutung haben.
- Vergleichbarkeit: Informationen, die im internationalen Umfeld beschafft werden, müssen für die vergleichende Betrachtung von Standorten auch vergleichbar gemacht werden. Statistischen Erhebungen liegen jedoch oft unterschiedliche Kriterien oder Maßstäbe zugrunde, die eine Normierung der Datensätze erschweren oder unmöglich machen. Wenn beispielsweise für einige Länder keine branchenspezifischen Informationen erhältlich sind, muss das Unternehmen alternativ auf gesamtwirtschaftliche Daten zurückgreifen. Ein Vergleich von Standorten, der zu einem Teil auf branchenspezifischen Daten und zu einem anderen Teil auf volkswirtschaftlichen Daten basiert, ist damit jedoch in seiner Aussagekraft beschränkt.
- Aktualität: Im Auswahlprozess der Standortentscheidung prognostiziert das Unternehmen zukünftige Entwicklungen auf Basis von vergangenheitsbezogenen Daten.[86] Bei der Standortwahl handelt es sich jedoch um eine langfristig wirksame Entscheidung, die (sowohl im positiven als auch im negativen Sinn) einen erheblichen Einfluss auf die Erreichung der Unternehmensziele ausübt. Sie wird vor dem Hintergrund unvollständiger Information und mit großer Unsicherheit getroffen. Umso wichtiger ist somit die Aktualität der zugrunde liegenden Daten, da zukunftsgerichtete Schätzungen mit veralteten Informationen noch schwieriger sind und ungenauer ausfallen.
Grundsätzlich kann jedoch davon ausgegangen werden, dass bei der Informationsbeschaffung teilweise nach Opportunitätsgesichtspunkten vorgegangen wird – die Anforderungen an die Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit, Vergleichbarkeit und Aktualität der Datenbasis sinken, wenn keine anderen qualitativ hochwertigeren Informationen zugänglich sind.[87]
Für die Beschaffung von Informationen im Standortauswahlprozess stehen den investierenden Unternehmen sowohl unternehmensinterne als auch unternehmensexterne Quellen im In- und Ausland zur Verfügung.
Innerhalb des Unternehmens können Informationen durch hausinterne Gespräche und Dokumentationen gesammelt werden. Dazu gehören zum Beispiel eigene Statistiken und Kundenkarteien, aber auch Informationen der Auslandsabteilung, die Reise- und Marktberichte von Auslandsniederlassungen und Unternehmensvertretern sowie Korrespondenz mit Zwischenhändlern.[88] In bereits international tätigen Unternehmen verfügen Manager im Allgemeinen auch über Standort-Vorkenntnisse bestimmter Länder und Regionen, die sie zu Beginn des Standortbestimmungsprozesses nutzen können[89].
Die Nutzung unternehmensinterner Quellen ist mit dem Vorteil verbunden, dass Informationen relativ schnell, kostengünstig und ohne große organisatorische Schwierigkeiten beschafft werden können. Problematisch ist lediglich die Tatsache, dass innerhalb des Unternehmens den informationsbeschaffenden Stellen oft nicht bekannt ist, welche Daten intern verfügbar sind und umgekehrt auch die Stellen, die Informationen bereitstellen können, nicht wissen, wer diese intern benötigt.[90]
Realistischerweise ist anzunehmen, dass das Informationsbedürfnis der Unternehmen im Rahmen der internationalen Standortwahl nicht vollständig über interne Quellen abgedeckt werden kann, sondern darüber hinaus eine fundierte Ergänzung um spezielle Länder-, Branchen- und Standortdaten erfordert, die nur externe Quellen liefern können.
Als unternehmensexterne Informationsquellen stehen private Stellen und (halb-) staatliche, öffentliche oder gemeinnützige Stellen zur Verfügung: Zu den privaten Stellen gehören zum einen das bestehende Kommunikationsnetzwerk mit Geschäftspartnern sowie persönliche Kontakte zu potentiellen Kunden, die mit den jeweiligen Landesspezifika gut vertraut sind. Auch über diese Kanäle sind Informationen relativ schnell, unkompliziert und kostengünstig zu beschaffen. Die Informationen aus dem persönlichen Netzwerk basieren oft auf den eigenen Erfahrungen oder Einschätzungen der Befragten an bestimmten Standorten. Dies betrifft insbesondere Informationen, die weder in Statistiken noch in Länderberichten zu finden sind, z.B. über den Umgang mit örtlichen Behörden oder über Geschäftsgepflogenheiten im Investitionszielland. Sie werden aus Unternehmenssicht oft als besonders unvoreingenommen, vertrauenswürdig und zuverlässig eingeschätzt.[91]
Als weitere private Informationsquellen kommen beispielsweise Banken, Messen, Consulting-Büros, Marktforschungsinstitute und Werbeagenturen in Frage, wobei diese entweder im Heimatland des Unternehmens oder direkt in den potentiellen Investitionszielländern kontaktiert werden. Zu den wesentlichen (halb-)staatlichen, öffentlichen oder gemeinnützigen Stellen, die als externe Informationskanäle genutzt werden können, werden im allgemeinen Ministerien, Behörden und Botschaften, statistische Ämter, Handelskammern, Wirtschaftsverbände und Ländervereinigungen sowie multinationale Organisationen im In- und Ausland gezählt.[92] In der Regel können diese auch auf entsprechende fachbezogene Publikationen verweisen und offerieren interessierten Unternehmen die Nutzung ihrer Datenbanken. In zunehmendem Maße stehen aktuelle Informationen auch online im Internet zur Verfügung – zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass insbesondere standortbezogene Informationen zu den spezialisierten Informationsarten gehören, die nicht unmittelbar verbreitet werden. Elektronisch verfügbare Daten haben generell den großen Vorteil, dass sie mit geringem Zeitaufwand nach unterschiedlichen Kriterien aufbereitet werden können und die Informationsaufbereitung somit wesentlich vereinfachen.[93]
(Halb-)staatliche, öffentliche und gemeinnützige Stellen sind interessierten Unternehmen vielfach bei der Entwicklung unternehmensspezifischer Szenarien für einzelne Standorte behilflich – als Informationsquellen werden sie aus Unternehmenssicht jedoch auch als interessengeleitet und voreingenommen eingeschätzt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 : Quellen der Informationsbeschaffung (eigene Darstellung)
Neben der Auswertung von unternehmensintern verfügbaren Informationen sollten Unternehmen nach Möglichkeit zunächst auf externe Informationsquellen im Inland zugreifen, da gewünschte Informationen dann meist in der Heimatsprache vorliegen. Die Informationsbeschaffung bei ausländischen Stellen ist in der Regel mit einem größeren Aufwand verbunden, da die Informationen in die Heimatsprache übersetzt werden müssen. Ein Zugriff auf ausländische Informationsquellen bietet sich deshalb für Unternehmen erst an, wenn ein tiefgehender Informationsbedarf vorhanden ist, der durch inländische Informationskanäle nicht gedeckt werden kann.[94]
[...]
[1] Diese Definition umfasst zunächst alle Formen der Internationalisierung. Nach Auffassung einiger Autoren kann von Internationalisierung im vollen Wortsinn jedoch nur dann gesprochen werden, wenn sich ein Unternehmen mit Investitionen zur Leistungserstellung im Auslandsmarkt integriert.
vgl. hierzu Müller (1996), S. 4-6; Pausenberger (1994 a), S. 11; Pausenberger (1994 b), S. 51 und Schulte-Mattler (1988), S. 22
[2] vgl. Zelgert (1993), S. 121
[3] Belew (2000), S. 37
[4] vgl. Schmid (2002), S. 4 + S. 24; Zinser (1994), S. 137 und Heinen (1982), S. 48
[5] vgl. Belew (2000), S. 41
[6] vgl. Bauerschmitz (1996), S. 33 und Pott (1983), S. 23
[7] vgl. Belew (2000), S. 40 f. und Heinen (1982), S. 156
[8] vgl. Müller (1996), S. 16 und Pott (1983), S. 16
[9] vgl. Pausenberger (1994 a), S. 26-27
[10] vgl. Schmid (1996), S. 13 und Glaum (1996), S. 22
[11] vgl. Sell (1998), S. 51
[12] vgl. Pausenberger (1994 a), S. 3
[13] vgl. Pausenberger (1994 a), S. 4 f. und Heinen (1982), S. 84
[14] vgl. Belew (2000), S. 178; Schmid (1996), S. 13 und Glaum (1996), S. 23
[15] vgl. Belew (2000), S. 179-180; Klodt (1996), S. 9 und Pausenberger (1994 a), S. 7
[16] vgl. Dawar (1999), S. 18-19; Jost (1999), S. 130; Sell (1998), S. 21; Zinser (1994), S. 137; Schulte-Mattler (1988), S. 1-2; Braun (1988), S. 7 und Jahrreiß (1984), S. 25-26
[17] vgl. Huege (1999), S. 20 und Schulte-Mattler (1988), S. 10
[18] vgl. Bauerschmitz (1996), S. 35 und Zelgert (1993), S. 121
[19] vgl. Heinrich (2002), S. 250; Jaeger (2001), S. 23; Goette (1994), S. 85; Beyfuß (1992), S. 33 und Knödgen (1982), S. 133
[20] vgl. Belew (2000), S. 42 f.; Jahrreiß (1984), S. 34 und Heinen (1982), S. 86
[21] vgl. Heinrich (2002), S. 250; Wellems (1992), S. 104; Jahrreiß (1984), S. 126 und Heinen (1982), S. 94
[22] vgl. Balderjahn (1999), S. 23
[23] vgl. Belew (2000), S. 43 ff.; Bauerschmitz (1996), S. 35 und Knödgen (1982), S. 134
[24] vgl. Belew (2000), S. 188 und Pausenberger (1994 a), S. 8 ff.
[25] vgl. Belew (2000), S. 188 und Pausenberger (1994 a), S. 10 + S. 28
[26] vgl. United Nations Conference on Trade and Development (2002), S. 3 f.
[27] vgl. Theurl (1999), S. 29
[28] vgl. Schmid (2002), S. 24 f.
[29] vgl. Dawar (1999), S. 52; Ehrenfeld (1985), S. 25; Heinen (1982), S. 119
[30] vgl. Thomsen (2003), S. 5; Schulte-Mattler (1988), S. 10; Hymer (1976), S. 14 und Hymer (1968), S. 17
[31] vgl. Braun (1988), S. 51 und Hymer (1976), S. 14 f.
[32] vgl. Heiduk (1999), S. 36
[33] vgl. Hymer (1976), S. 21
[34] vgl. Stehn (1989), S. 4; Krist (1987), S. 55; Jahrreiß (1984), S. 190; Tesch (1980), S. 268 und Kindleberger (1969), S. 12 f.
[35] vgl. Heiduk (1999), S. 37; Braun (1988), S. 69 und Kindleberger (1969), S. 13 f.
[36] vgl. Steiger (1999), S. 58 f. und Ehrenfeld (1985), S. 31 f.
[37] vgl. Hymer (1976), S. 21
[38] vgl. Dawar (1999), S. 53 und Braun (1988), S. 73 f.
[39] vgl. Krist (1987), S. 58 f.
[40] vgl. Dawar (1999), S. 55; Heiduk (1999), S. 36; Braun (1988), S. 81; Krist (1987), S. 53 und Heinen (1982), S. 121f.
[41] vgl. Krist (1987), S. 102 f. und Casson (1981), S. 16 f.
[42] vgl. Buckley (2002), S. 36; Heiduk (1999), S. 40; Jahrreiß (1984), S. 227 und Buckley (1983), S. 42 f.
[43] vgl. Buckley (2002), S. 40 und Braun (1988), S. 167 f.
[44] vgl. Piscitello (2003), S. 7 und Dawar (1999), S. 79
[45] vgl. Buckley (2002), S. 44; Heiduk (1999), S. 42 f. und Stehn (1989), S. 8
[46] vgl. Braun (1988), S. 204 f.
[47] vgl. Krist (1987), S. 104 und Jahrreiß (1984), S. 269
[48] vgl. Buckley (2002), S. 38; Steiger (1999), S. 61; Schulte-Mattler (1988), S. 23 und Jahrreiß (1984), S. 230
[49] vgl. Dawar (1999), S. 79 und Heiduk (1999), S. 43
[50] vgl. Heiduk (1999), S. 41f. und Casson (1981), S. 19
[51] vgl. Schulte-Mattler (1988), S. 24 und Jahrreiß (1984), S. 228 f.
[52] vgl. Buckley (1983), S. 42
[53] vgl. Steiger (1999), S. 61 und Bauerschmitz (1996), S. 37
[54] vgl. Belew (2000), S. 189 f. und Stehn (1989), S. 5
[55] vgl. Krist (1987), S. 111
[56] vgl. Heiduk (1999), S. 48 und Jahrreiß (1984), S. 269 f.
[57] vgl. Stehn (1989), S. 10 f. und Schulte-Mattler (1988), S. 44 f.
[58] vgl. Dawar (1999), S. 81-83 und Braun (1988), S. 324 f.
[59] vgl. Dawar (1999), S. 85; Bauerschmitz (1996), S. 38 und Krist (1987), S. 114
[60] vgl. Braun (1988), S. 339
[61] vgl. Heiduk (1999), S. 50; Dawar (1999), S. 85 und Braun (1988), S. 339
[62] vgl. Herbertz (2002), S. 97; Pott (1983), S. 49 und Brede (1971), S. 29
[63] vgl. Andersen (2002), S. 348 f.; Balderjahn (1999), S. 25 f.; Grabow (1995), S. 135 f.; Goette (1994), S. 259; Pausenberger (1994 b), S. 55; Kaiser (1979), S. 35
[64] vgl. Goette (1994), S. 296
[65] vgl. Zinser (1994), S. 142 und Dülfer (1992), S. 477
[66] vgl. Herbertz (2002), S. 97 und Wellems (1992), S. 97
[67] vgl. Ehrenfeld (1985), S. 61; Pott (1983), S. 6 + S. 49 und Volkholz (1977), S. 105
[68] vgl. Bauerschmitz (1996), S. 43
[69] vgl. Goette (1994), S. 264
[70] Belew (2000), S. 53
[71] vgl. Pausenberger (1994 b), S. 56 und Dülfer (1992), S. 478
[72] vgl. Dülfer (1992), S. 29 f. + S. 93 und Jahrreiß (1984), S. 144
[73] vgl. Goette (1994), S. 256, S. 278 + S. 298
[74] vgl. Razik (2002), S. 57; Maier (2001), S. 25; Steiger (1999), S. 91; Pausenberger (1994 b), S. 55 und Tesch (1980), S. 352 ff.
[75] vgl. Schnurrenberger (2000), S. 23; Gehrung (1996), S. 12; Wellems (1992), S. 94; Tesch (1980), S. 467 und Brede (1971), S. 32
[76] Laulajainen (1995), S. 15
[77] vgl. Maier (2001), S. 29; Schnurrenberger (2000), S. 96 und Goette (1994), S. 289
[78] vgl. Steiger (1999), S. 93
[79] vgl. Stahr (1992), S. 392 ff.
[80] vgl. Herbertz (2002), S. 102 + S. 104 f. und Pott (1983), S. 114 f.
[81] vgl. Stahr (1992), S. 397 f.
[82] vgl. Goette (1994), S. 274 - 278
[83] vgl. Pausenberger (1994 b), S. 56 f.
[84] vgl. Jaeger (2001), S. 21
[85] vgl. Balderjahn (1999), S. 42 f.
[86] vgl. Pott (1983), S. 112
[87] vgl. Balderjahn (1999), S. 47
[88] vgl. Stahr (1992), S. 394 und Pott (1983), S. 116 f.
[89] vgl. Steiger (1999), S. 93
[90] vgl. Herbertz (2002), S. 106 f.
[91] vgl. Steiger (1999), S. 94 und Wellems (1992), S. 99 f.
[92] vgl. Pausenberger (1994 b), S. 56 f.; Stahr (1992), S. 394 und Pott (1983), S. 116 f.
[93] vgl. Jaeger (2001), S. 20 f.; Steiger (1999), S. 93 und Goette (1994), S. 283 f.
[94] vgl. Herbertz (2002), S. 109
- Citation du texte
- Sandra Harms (Auteur), 2005, Deutschland als Standort ausländischer Unternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46614
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