Die Forschungsergebnisse des Human Genome Project fördern die Entwicklung präziser Diagnoseverfahren zur Bestimmung und zum Verlauf genetisch bedingter Krankheiten und schaffen damit die Voraussetzungen für optimale Therapieformen. 4000-5000 verschiedene Krankheiten werden durch Weitergabe defekter Gene von einer Generation auf die nächste übertragen.
Bestimmung ganzer Genkomplexe, die für multifaktorielle Krankheiten prädisponieren, ist zwar bedeutend schwieriger als der Nachweis monogener Erbkrankheiten, verspricht aber größeren wirtschaftlichen Nutzen. Die Pionier-Firma, die als erste ein zuverlässiges Verfahren zur frühzeitigen Diagnose von polygenem Morbus Alzheimer (Geistiger Verfall u. a. durch unlösliche Proteinablagerungen im Neocortex) auf den Markt bringt, wird zweifellos üppige Gewinne verbuchen, zumal allein in den USA drei bis fünf Millionen potenzielle Risikoträger existieren.
Alzheimer-Anfällige könnten dann vor Ausbruch der Krankheit möglicherweise mit Stammzell-Therapie behandelt werden.
1. Zukunftsmarkt Genom-Diagnostik
Die Forschungsergebnisse des Human Genome Project (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/genome/guide/human/) fördern die Entwicklung präziser Diagnoseverfahren zur Bestimmung und zum Verlauf genetisch bedingter Krankheiten und schaffen damit die Voraussetzungen für optimale Therapieformen.
4000-5000 verschiedene Krankheiten werden durch Weitergabe defekter Gene von einer Generation auf die nächste übertragen.
Abbildung: Monogene Erbkrankheiten (nach Gassen/Kemme 1996: 266)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bestimmung ganzer Genkomplexe, die für multifaktorielle Krankheiten prädisponieren, ist zwar bedeutend schwieriger als der Nachweis monogener Erbkrankheiten, verspricht aber größeren wirtschaftlichen Nutzen.
Die Pionier-Firma, die als erste ein zuverlässiges Verfahren zur frühzeitigen Diagnose von polygenem Morbus Alzheimer (Geistiger Verfall u. a. durch unlösliche Proteinablagerungen im Neocortex) auf den Markt bringt, wird zweifellos üppige Gewinne verbuchen, zumal allein in den USA drei bis fünf Millionen potenzielle Risikoträger existieren.
Alzheimer-Anfällige könnten dann vor Ausbruch der Krankheit möglicherweise mit Stammzell-Therapie behandelt werden.
2. Gensonden
Mit ihnen kann der direkte Nachweis krankheitsverursachender Genmutationen erbracht werden.
Sie bestehen aus synthetisch hergestellten, einzelsträngigen DNA-Oligonucleotiden mit einer Länge von etwa 20 Basen oder aus rekombinanter DNA, die bei der Klonierung der Mutanten anfällt.
Die Sequenz dieser Sonden wird so ausgewählt, dass sie sich unter bestimmten Bedingungen an das jeweilige Krankheitsgen ankoppeln. Dieser Hybridisierung genannte Vorgang kann durch radioaktive Markierung der Gensonden oder durch Farbreaktionen sichtbar gemacht werden.
Das Diagnose-Prinzip >Gensonde<, mit dem auch Mikroorganismen, Viren und Retroviren aufspürbar sind, ist relativ einfach. Allerdings erfordert es viel Entwicklungsarbeit, um aus der DNA-Probe eines Patienten den präzisen Nachweise einzelner Gendefekte und ihrer Auswirkungen herauszudestillieren.
3. RFLP und VNTR
Gendefekte können auch durch Restriktionsfragment-Längen-Polymorphismus (RFLP) und durch Nachweis variabler Tandem-Wiederholungen (VNTR, Minisatellit) identifiziert werden. In beiden Fällen wird DNA mit einer Restriktionsendonuklease gespalten und die Fragmente mittels Gelelektrophorese nach Größe getrennt.
Nach Transfer auf eine Membran wird qua Hybridisierung mit einer entsprechenden DNA- oder RNA-Sonde ein sogenanntes informatives DNA-Fragment nachgewiesen, das in irgendeiner Weise mit der Krankheit gekoppelt ist.
Restriktionsfragment-Längen-Polymorphismen entstehen meist dadurch, dass die Sequenz in der Umgebung eines Krankheitsgens derart verändert ist, dass entweder eine neue Erkennungsstelle für das Restriktionsenzym entsteht oder eine ehemals vorhandene Erkennungsstelle verloren ging. Aus diesem Grund sind die Fragmente, die das mutierte bzw. nicht mutierte Allel tragen, unterschiedlich groß.
Bei der Analyse von VNTRs wird ebenfalls ein Längen-Unterschied der DNA-Fragmente beobachtet, der allerdings auf einer verschieden großen Anzahl von kurzen, identischen DNA-Sequenzen beruht, die tandemartig an dem entsprechenden DNA-Fragment angeordnet sind.
Wurde ein mutiertes Allel identifiziert, kann durch Koppelungsanalyse ein kausaler Zusammenhang mit einer genetischen Erkrankung hergestellt werden.
Vorteile dieser Analysen: Das krankheitsverursachende Gen muss nicht bekannt sein. Voraussetzung ist aber ein gekoppelter RFLP, der innerhalb einer genetischen Distanz von maximal 5cM (der physikalische Abstand von 1,106 Basenpaaren entspricht 1 centimorgan) liegen muss.
Ist das >Patho-Gen< bekannt, wird die Diagnose via PCR gestellt.
4. PCR-Technik (Polymerase-Chain-Reaction)
Mit der von Cetus Inc. (Emeryville, Kalifornien) eingeführten Technik der Polymerase-Kettenreaktion geht die Analyse von DNA-Material bedeutend effektiver vonstatten. Sie funktioniert ähnlich einer reiterativen Programmschleife in der Computertechnik und ermöglicht in kürzester Zeit die millionen- und milliardenfache Amplifikation einer DNA-Sequenz im Reagenzglas, ohne den zeitraubenden Umweg der Klonierung über Bakterienkulturen.
Technischer Ablauf: 1. Bindung zweier 17-30 bp langer enzelsträngiger Oligonucleotide (Primer genannt), die den zu replizierenden DNA-Abschnitt gegenläufig flankieren ® 2. Zugabe eines hitzeresistenten DNA-kopierenden Enzyms ® 3. Manipulation des Reaktionsspektrums dergestalt, dass die Primer zur doppelsträngigen Kopie der Original-DNA veranlasst werden ® 4. Erwärmung der Doppelstränge bis Trennung erfolgt ® 5. Abkühlung mit neuer Primerbindung ® 6. Erneute enzymatische Anleitung zur doppelsträngigen Kopie usw.
Abbildung: Reaktionsschritte der PCR
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Da die Einzelschritte mit hoher Geschwindigkeit ablaufen, entstehen in wenigen Stunden aus einer DNA-Sequenz unzählige Kopien, selbst wenn nur ein einziges DNA-Molekül vorliegt.
Schnelligkeit, hohe Empfindlichkeit und niedrige Nachweisgrenze zur Bestimmung von Genmutationen und -profilen prädestinieren die PCR-Technik für verschiedenste Einsätze in der Genom-Diagnostik.
Die Gerichtsmedizin (Genetischer Fingerabdruck, Vaterschaftstest) profitiert ebenso wie Pflanzenkunde und Paläontologie. Jahrmillionen alte, längst ausgestorbene Lebensformen können via PCR genetisch analysiert und kategorisiert werden.
In Bernstein verewigte Relikte aus der Jura-Zeit lieferten den Grundgedanken für Steven Spielberg’s KassenknüllerJurassic Park.
Abbildung: Gensonden und PCR-Kits in der Infektionsdiagnostik (nach Gassen/Kemme 1996: 279)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(HCV: Humanes Coronavirus; HIV: Humanes Immunschwäche-Virus; HSV: Herpes-Simplex-Virus; HTLV: Humanes T-lymphotrophes Virus)
5. Echtzeit-PCR-Systeme
... sind zwar teurer als traditionelle Instrumente, haben jedoch einige Vorteile gegenüber quantitativer PCR. Durch Online-Kontrolle von PCR-Reaktionen werden Post-Analysen überflüssig. Die Ergebnisse sind reproduzierbar, der Prozess läuft vollautomatisch ab und die Quantitation wird vereinfacht. Schlagkräftige Unterschiede, die Umsatz-Unterschiede machen.
Für einen Boom der Echtzeit-PCR-Systeme spricht ferner die Tatsache, dass sie sich für verschiedenste Zwecke eignen: Genexpression-Messung, Allelbestimmung, Nachweis viraler und bakterieller Belastung einer Probe etc.
6. PCR in der modernen Gerichtsmedizin
- Forensische DNA-Identifizierung basiert auf der Analyse nicht codierender DNA (junk-DNA), die ungefähr 97% des menschlichen Genoms umfasst. Während die codierenden DNA-Bereiche bei allen Menschen weitgehend identisch sind, weisen diesinnlosenDNA-Bereiche individuelle Charakteristika auf.
- Entscheidend ist die >variablenumber oftandemrepeats< (VNTR), ein aus einer Basis-DNA-Sequenz von ca. 15-30 Basenpaaren aufgebauter, repetitiver DNA-Abschnitt, dessen Gesamtlänge von der Anzahl der Wiederholungen dieser Grundeinheit bestimmt wird. VNTR-Loci sind normalerweise hochpolymorph, d. h.: Die Anzahl der jeweiligen Wiederholungseinheiten ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich.
VNTRs sind nicht über das gesamte Genom verteilt, sondern konzentrieren sich an den Telomeren, die wie Schutzhüllen das Chromosomenende umschließen.
- STRs (short tandem repeats = DNA-Bereiche, in denen sich Nucleotide von 2-4 Basenpaaren ca. 1-60mal wiederholen) finden in der heutigen Forensik ausschließlich als Multiplex-PCR mit 10-15 Fluoreszenz-markierten Primern Verwendung.
7. Genetischer Fingerabdruck: Multi-Locus-System
Dabei werden gleichzeitig zehn und mehr über das gesamte Genom verteilte VNTR-Abschnitte mit annähernd identischen Sequenzen detektiert. Das entstehende Bandenmuster ist gemäß bisheriger Erkenntnisse so individuell und einzigartig wie ein ‚genetischer Fingerabdruck.‘ Der kommt statistisch gesehen unter 180 Billiarden Menschen nur einmal vor.
Ein genetischer Fingerabdruck hat 1997 Sam Sheppard, jenen Arzt, der 1954 wegen Mordes an seiner Ehefrau verurteilt wurde (und dessen Schicksal der Film „Auf der Flucht“ behandelt) zur posthumen Rehabilitation verholfen und den tatsächlichen Mörder überführt.
8. DNA-Profile: Single-Locus-System
Sonden und Hybridisierungsbedingungen werden bei diesen Systemen so gewählt, dass sie nur an einer spezifischen Stelle (Locus) pro Chromosomensatz binden. Da jeder Mensch über einen diploiden Chromosomensatz verfügt, sind maximal zwei Bandenmuster zu erwarten, wenn von Mutter und Vater unterschiedlich lange Fragmente (Mikrosatelliten) geerbt wurden.
Weil in vielen Fällen das vorliegende Material nicht ausreicht oder die DNA teilweise abgebaut ist, werden mit Hilfe der PCR die verschieden langen VNTR-Loci in der menschlichen DNA zunächst aus der Gesamt-DNA herausgegriffen und dann in vitro amplifiziert (vervielfacht). Man spricht von amplifizierten Fragmentlängen und Polymorphismen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung: DNA-Analyse an Haarwurzeln
9. Vaterschaftstest
Durch PCR werden die DNA-Merkmale von Mutter, Kind und potenziellem Vater in Form von Bandenmustern nach Gelelektrophorese sichtbar gemacht. In der Regel entstehen zwei Bandenmuster pro Person. Die Auswertung erfolgt nach Mendel’schen Erbregeln. DNA-Attribute des Kindes stammen je zur Hälfte von der Mutter und vom leiblichen Vater. Ergo müssen die kindlichen DNA-Muster lückenlos bei Mutter und Vater nachweisbar sein.
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- Dr. Volker Halstenberg (Author), 2005, Einführung in die Genom-Diagnostik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46605
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