Diese Arbeit beschäftigt sich mit den ersten Regierungsjahren Franz Josephs, die eine Zeit von Ende 1848 bis 1860 umfassten. Das erste Kapitel befasst sich mit der Kremsie- und Märzverfassung, zeigt auf, warum sie nie in Kraft getreten sind, obwohl die Märzverfassung für die gesamte Monarchie galt, und zeigt die erfolgreichen Siege gegen Ungarn und Italien, die für die Habsburger die letzten in dieser Zeit sein werden. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Neoabsolutismus. In dieser Zeit regierte Franz Joseph durch das Silvesterpatent praktisch absolut.
Im Neoabsolutismus fiel auch das Konkordat, das als Bündnis von Thron und Altar bezeichnet wurde, und zum Schluss wird das Ende des Neoabsolutismus bzw. der Erlass des Oktoberdiploms und kurz der Wechsel vom Oktoberdiplom zum Februarpatent dargestellt. Das letzte Kapitel behandelt die Außenpolitik Österreichs. Zunächst wird kurz die Nationalversammlung und ihre Entscheidung über die deutsche Lösung bzw. Frage umrissen. Danach wird der Krimkrieg dargelegt, bei dem sich Österreich für die Neutralität entschied, was für Sardinien-Piemont als perfekte Entscheidung galt. Schließlich wird die italienische Frage geklärt, bei der Österreich eine schwere Niederlage erlitt.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Die Restauration der monarchischen Gewalt
II. Auf dem Weg zur Modernisierungsdiktatur
III. Zur Isolation oder zur Blockpolitik
IV. Schlussthesen zur Beurteilung der ersten Regierungsjahre Franz Josephs
Literaturverzeichnis
Einleitung
Franz Joseph war vom 2. Dezember 1848 bis zu seinem Tod Kaiser von Österreich, König von Ungarn und Monarch vieler anderer Staaten der österreichisch-ungarischen Monarchie. Er war der am längsten regierende Kaiser von Österreich und König von Ungarn sowie der am drittlängsten regierende Monarch eines Landes in der europäischen Geschichte. Im Dezember 1848 verzichtete Kaiser Ferdinand in Olmütz auf den Thron. Dies war Teil des Plans von Ministerpräsident Felix zu Schwarzenberg, um die Revolution von 1848 in Ungarn zu beenden. Es ermöglichte aber auch Ferdinands Neffen Franz Joseph, den Thron zu besteigen. Im März 1849 trat die „Märzverfassung“ in Kraft und als Reaktion auf diese Verfassung erklärte sich Ungarn 1849 im Landtag von Debrecen für souverän, das Haus Habsburg-Lothringen wurde für abgesetzt erklärt und Lajos Kossuth wurde zum Gouverneurpräsidenten ernannt. Franz Joseph sah sich vor dem Zusammenbruch des Habsburgerreiches, weshalb er ein Bündnis mit dem zaristischen Russland einging, mit dessen Hilfe die Ungarn besiegt werden konnten, wodurch die Revolution in Ungarn im Oktober 1849 beendet wurde. In den italienischen Provinzen mussten sich die Truppen von König Albert von Sardinien-Piemont, der einen mit Österreich geschlossenen Waffen-stillstand gebrochen hatten, in den Schlachten von Mortara und Novara geschlagen geben. Im August 1849 musste sich Venedig schließlich beugen, womit die revolutionären Bestrebungen in den italienischen Gebieten beendet wurden und die habsburgische Herrschaft in Norditalien vorläufig gesichert wurde. Durch das Ende der Revolution und die damit verbundene innenpolitische Stabilisierung sah sich der Kaiser in einer so mächtigen Position, dass er absolutistisch regieren konnte. Damit wird deutlich, dass der Monarch nicht mehr bereit war, die Bestimmungen der Verfassung von 1849, insbesondere im Hinblick auf die Einberufung des österreichischen Reichstags, zu erfüllen. Mit dem Silvesterpatent von 1851 sicherte Franz Joseph I. letztendlich seine absolute Position im österreichischen Staat. Franz Joseph schloss 1855 mit Papst Pius IX. ein Konkordat, das es der katholischen Kirche erlaubte, einen stärkeren Einfluss auf die Gläubigen auszuüben.
Die innen- und vor allem außenpolitische Entwicklung in den Jahren nach 1851 zeigte, dass das absolutistische System auf der Grundlage des Silvesterpatents unhaltbar war. Einerseits isolierte sich die Habsburgermonarchie außenpolitisch, da sie im Krimkrieg zwischen Russland und dem Osmanischen Reich, das mit Frankreich und Großbritannien, und später Sardinien-Piemont, verbündet war, neutral blieb, andererseits ging Frankreich ein Bündnis mit Sardinien-Piemont ein, sodass es die Lombardei und Venedig erwerben konnte. Nachdem der Versuch Sardiniens, die Lombardei und Venedig während der Revolution von 1848/49 zu erobern und somit den Einigungsprozess zu einem vereinten Italien entscheidend voranzutreiben, gescheitert war, kam es 1859 zum Krieg zwischen der Habsburgermonarchie und Sardinien-Piemont, das mit Frankreich verbündet war. Österreich erlitt eine schwere Niederlage, bei der es die Lombardei abgeben musste. Venetien blieb allerdings weiterhin beim Kaisertum Österreich. Diese schwerwiegende innen- und außenpolitische Krisensituation führte zur Verfassungsreform. Im Oktober 1860 trat schließlich das Oktoberdiplom in Kraft, womit versucht wurde, das Silvesterpatent zu reformieren bzw. weiterzuentwickeln.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit den ersten Regierungsjahren Franz Josephs, die eine Zeit von Ende 1848 bis 1860 umfassten. Das erste Kapitel befasst sich mit der Kremsie- und Märzverfassung, zeigt auf, warum sie nie in Kraft getreten sind, obwohl die Märzverfassung für die gesamte Monarchie galt, und zeigt die erfolgreichen Siege gegen Ungarn und Italien, die für die Habsburger die letzten in dieser Zeit sein werden.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Neoabsolutismus. In dieser Zeit regierte Franz Joseph durch das Silvesterpatent praktisch absolut. Im Neoabsolutismus fiel auch das Konkordat, das als Bündnis von Thron und Altar bezeichnet wurde, und zum Schluss wird das Ende des Neoabsolutismus bzw. der Erlass des Oktoberdiploms und kurz der Wechsel vom Oktoberdiplom zum Februarpatent dargestellt.
Das letzte Kapitel behandelt die Außenpolitik Österreichs. Zunächst wird kurz die Nationalversammlung und ihre Entscheidung über die deutsche Lösung bzw. Frage umrissen. Danach wird der Krimkrieg dargelegt, bei dem sich Österreich für die Neutralität entschied, was für Sardinien-Piemont als perfekte Entscheidung galt. Schließlich wird die italienische Frage geklärt, bei der Österreich eine schwere Niederlage erlitt.
I. Die Restauration der monarchischen Gewalt
Die schwierige Situation, die im revolutionären Ungarn, aber auch in anderen Kronen auftrat, war dem Berater des neuen Kaisers weitgehend bewusst. Obwohl die Revolution in der Monarchie mit Ausnahme Ungarns und schließlich in Norditalien beendet war, schienen Frieden und Ordnung überwiegend wiederhergestellt zu sein, aber die Bevölkerung blieb unzufrieden.
„Unmittelbar nach dem Thronwechsel konnten die Menschen darauf hoffen, dass einige der Veränderungen durch die Revolution von 1848 Dauer haben könnten; eine Verfassung, ein Parlament, und jedenfalls keine Rückkehr zum System Metternich galten als wahrscheinlich“1.
Die Revolution von 1848/49 hatte in verschiedenen Teilen der Monarchie unterschiedliche Richtungen. Fast alle Bereiche beziehen sich auf liberale Reformen wie die Verabschiedung der Verfassung und die Gewährleistung der Grundrechte, aber auch auf die Befreiung der Bauern.
Die tschechischen Revolutionäre forderten eine Autonomie innerhalb der Habsburgermonarchie. Die Ungarn gingen weiter und kämpften in der Endphase der Revolution für volle Unabhängigkeit. Die Trennung von Österreich war auch ein bedeutendes Ziel für italienische Revolutionäre – als Voraussetzung für die Vereinigung Italiens.
Als Franz Joseph den Thron bestieg, verließ nicht nur der kaiserliche Hof Wien und flüchtete nach Olmütz, sondern auch der Reichstag verlegte seinen Sitz von Wien nach Krems, wo eine Verfassung ausgearbeitet wurde. In dem Patent, mit dem er seine Zulassung zum Thron ankündigte, ging der neue Kaiser nicht direkt auf den Reichstag oder auf verfassungsrechtliche Frage ein. Er sagte nur allgemein, dass „auf den Grundlagen der wahren Freiheit, auf den Grundlagen der Gleichberechtigung aller Völker des Reiches und der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetze, so wie der Teilnahme der Volksvertreter an der Gesetzgebung, das Vaterland neu erstehen wird“2. Sein erster Ministerpräsident, Felix zu Schwarzenberg, war weitaus klarer, als er sagte: „Wir wollen die konstitutionelle Monarchie aufrichtig und ohne Rückhalt“3.
In jedem Fall widersprachen Franz Joseph und Schwarzenberg dem Kremsierer Verfassungsentwurf des Reichstages, insbesondere weil auch in Bezug auf die Grundrechte erklärt wurde, dass „alle Staatsgewalten vom Volke ausgehen sollten“4. Dies war für Franz Joseph nicht akzeptabel, weshalb er Anfang März 1848 den Reichstag auflöste und anstelle des Kremsierer Entwurfes eine neue Verfassung erließ, die von Schwarzenberg ausgearbeitet wurde. Seitdem der Kaiser diese Verfassung im März ohne Beteiligung des Volksvertreters verabschiedete, wird sie als oktroyierte Märzverfassung bezeichnet, war aber nicht das Ergebnis einer parlamentarischen Diskussion. Es gab wenige Änderungen gegenüber dem Kremsierer Entwurf, sie enthielt jedoch keinen Hinweis auf die Volkssouveränität und die anderen Bestimmungen dieses Entwurfes, die nach Ansicht des Kaisers zu revolutionär waren, wurden entfernt. Im Allgemeinen war die Märzverfassung eine solide konstitutionelle Verfassung mit Rechtsvorschriften eines gewählten Parlaments, zuständigen Ministern und Grundrechten. „Sie hatte nur einen wirklich großen Nachteil: Sie wurde zwar erlassen, aber nie umgesetzt“5.
Im März 1849 konnte der Kaiser erklären, dass die Ordnung bei der Umsetzung der neuen Verfassung noch nicht wiederhergestellt war. Die Märzverfassung galt im Gegensatz zum Kremsierer Entwurf für die gesamte österreichische Monarchie.
Obwohl sich die Monarchie im Sinne der Konterrevolution stabilisierte, blieben zwei problematische Punkte weiterhin bestehen. Einerseits war die Revolution in Ungarn in den ersten Monaten nach der Übernahme des Thrones von Franz Joseph noch in vollem Gang und andererseits wurden die Probleme von Sardinien-Piemont, die 1848 auftauchten, wieder verdrängt.
In der Vormärz-Ära entwickelte sich in ungarischen patriotischen Kreisen eine neue Generation, eine junge und radikale Bewegung, die sich in ihrem Anspruch auf Nationalität zunehmend durchsetzungsfähig machte und einen besonderen Verfassungsstatus für Ungarn innerhalb der Monarchie forderte. Dieser Nationalismus zeigte jedoch zunehmend separatistische Tendenzen. Die Bewegung wurde von Kossuth angeführt, der sich zum Sprachrohr der radikalen Opposition entwickelte, sodass er so 1844 von der Wiener Regierung verboten wurde. 1847 wurde Kossuth Mitglied des ungarischen Reichstages in Pressburg – heute Bratislava –, wo er die Rebellion mit einer revolutionären Rede am 3. März 1848 in Bewegung setzte, in der er eine leidenschaftliche Forderung nach politischer Mitbestimmung und nach einer konstitutionellen Monarchie forderte.
„Im Königreich der Heiligen Stephanskrone hatte die Auseinandersetzungen ihren Höhepunkt erst am 14. April 1849 beim Reichstag in Debrecen in der großen calvinistischen Kirche erreicht, als Ungarn sich unabhängig erklärte, das Haus Habsburg-Lothringen auf ewig vom Throne Ungarns verstoßen und Kossuth zum Präsidialregenten Ungarns ausgerufen wurde“6.
Während die Revolution in Wien am 31. Oktober 1848 durch die Eroberung der Stadt durch die kaiserliche Armee besiegt wurde, ging der Unabhängigkeitskrieg in Ungarn weiter. Am 14. April 1849 wurde der Bruch mit der habsburgischen Dynastie vollzogen und Franz Joseph wurde als König von Ungarn abgesetzt. Nach der Einnahme von Ofen – heute Budapest – im Mai 1849 standen große Teile des Landes unter der Kontrolle der Revolutionäre. Die Situation im Land war jedoch sehr instabil. Die Revolution wurde von den Ungarn als Unabhängigkeitskrieg angesehen und es wurde offensichtlich, dass die nicht-ungarischen Nationalitäten die Ziele der ungarischen Separatisten nicht unterstützen. Der junge Kaiser Franz Joseph rief in Russland zur Unterstützung auf und Zar Nikolaus I. stimmte sofort zu, da die Nachricht von der Revolution in Ungarn die Situation im von Russland besetzten Polen bereits entzündet hatte. Die ungarischen Idealisten kamen nicht gegen die Macht der russischen Armee an und so wurde im Juli 1849 von den Russen fast ganz Siebenbürgen erobert.
„Die Nachricht von der Niederlage der Ungarn bei Világos erreichte den Kaiser bei seinem Geburtstagsfest am 18. August in Ischl, und angesichts des erfreulichen Geburtstagsgeschenks hob man im Kreise der Familie das Glas zum zweiten Mal“7. „Das Königreich der Heiligen Stephanskrone wurde unter die militärische Herrschaft von General Julius von Haynau gestellt und seiner Rechte beraubt. Ideelle Grundlage dafür stellte die so genannte Verwirkungstheorie dar, die besagte, dass die Ungarn durch ihr Verhalten 1848/49 alle Vorrechte verloren hatten“8. Diese Theorie wurde auch außerhalb Ungarns nicht allgemein akzeptiert und viele waren skeptisch gegenüber der Integration Ungarns in den allgemeinen Staat ohne Selbstverwaltung, darunter auch Hübner, der sagte: „Ungarn kann mit der übrigen Monarchie nicht verschmolzen werden. Der Versuch ward mehrmals gemacht und ist niemals gelungen“9.
Neben Ungarn gab es in Italien 1849 in mehreren österreichischen Gebieten neue Aufstände. „In der Toskana bricht ein Aufstand gegen Großherzog Leopold II. von Habsburg-Lothringen aus“10, bei dem Radetzky diesmal eindeutig sardinisch-piemontesische Truppen in der Schlacht bei Novara besiegte. Aufgrund dieser Niederlage dankte der König Carlo Alberto ab und sein Sohn Vittorio Emanuele wurde zum neuen König von Sardinien-Piemont gekrönt. Nach diesem erfolgreichen Krieg konzentrierten sich die österreichischen Truppen in Norditalien auf die Rückeroberung von Venedig. Die österreichische Armee wollte Bomben von unbemannten Luftballons über Venedig loslassen, doch der Wind drehte sich plötzlich, die Luftballons wurden vertrieben und der Bombenanschlag fiel in unbesiedeltes Gebiet und verursachte wenig Schaden. Radetzky konnte Venedig jedoch im August 1849 wiedergewinnen, was die Revolution in den österreichischen Teilen Italiens beendete.
„Zur Vollendung des absolutistischen Systems war aber außer den militärischen Siegen noch ein weiterer wesentlicher Schritt notwendig: die Überwindung der Märzverfassung“11. Wie oben bereits erwähnt, galt die Märzverfassung für die gesamte österreichische Monarchie, aber die Innenpolitik des Kaisers ging nicht in Richtung der Verfassung, sondern wieder in Richtung des Absolutismus. Nach Vorläufern im August 1851 hob er die Verfassung am 31. Dezember 1851 mit dem sogenannten Silvesterpatent auf. Das österreichische Reich war folglich wieder ein Staat mit absolutistischer Herrschaft und die Ära des Neoabsolutismus begann.
II. Auf dem Weg zur Modernisierungsdiktatur
„Neben dem Heer blieb theoretisch natürlich auch noch die oktroyierte Verfassung als Klammer des Reiches. Das Jahr 1850 war noch mit auswärtigen Krisen erfüllt. 1851 war das Jahr der Normalisierung, der Amnestien, der Kaiser tanzte wieder ungarische Tänze. Die Verfassung hatte ihre Funktion als Beruhigungspille erfüllt, sie konnte gehen. Ihre Aufhebung wurde im August 1851 beschlossen, mit dem Sylvesterpatent verkündet. Der Neoabsolutismus hatte begonnen“12.
In den ersten zwei Jahren von Franz Josephs Herrschaft war Schwarzenberg der bedeutendste und mächtigste Mann neben dem Kaiser. Im Jahr 1851 warf Franz Joseph nicht nur die Verfassung über Bord, sondern beschränkte auch die Macht seines Ministerpräsidenten. Obwohl der Kaiser kein Interesse an der Umsetzung der gesamten Märzverfassung hatte, gründete er Anfang 1851 eine einzige Verfassungsinstitution, den Reichsrat. Franz Joseph entwarf den Reichsrat bewusst als Gegengewicht zum Ministerrat, dessen Vorsitzender der Ministerpräsident war. „Auf diese Weise wurde der Präsident des Reichsrats, Karl Friedrich Freiherr von Kübeck, zu einer Art Gegenpol zu Schwarzenberg“13. Die einfache Tatsache, dass der Kaiser nun zwei Beratungsgremien auf höchster Ebene hatte, bedeutete eine gewisse Verschiebung von Schwarzenberg. Einige Historiker meinten bzw. meinen auch, dass Franz Joseph jemals vorhatte, Schwarzenberg abzuweisen. Ob das wirklich so ist, kann nicht mehr gesagt werden. Ein Jahr später starb Schwarzenberg und nach seinem Tod und der Übernahme der Funktion des Ministerpräsidenten durch den Kaiser selbst war das Konzept des Neoabsolutismus perfekt.
Trotz seiner aufrichtigen Betroffenheit war der Tod Schwarzenbergs für Franz Joseph eine nicht unwillkommene Gelegenheit, das Amt des Ministerpräsidenten aufzugeben. Er schickte einen Brief an seiner Mutter, in dem er schrieb: „Ich werde jetzt noch mehr selbst machen müssen, da ich mich auf niemand so verlassen kann, wie es bei Schwarzenberg möglich war, allein auch das hat sein Gutes“14. Er hatte zwei beratende Truppen: auf der einen Seite den Reichsrat und auf der anderen Seite die Ministerkonferenz. Mit der Umbenennung des Ministerrates zu Ministerkonferenz wollte der Kaiser deutlich machen, dass die Minister lediglich seine Berater waren und dass im Ministerrat keine verbindliche Entscheidung getroffen werden konnte. Die Auseinandersetzung mit der Ministerkonferenz und dem Reichsrat gab Franz Joseph die Möglichkeit, diese gewissermaßen gegeneinander auszuspielen. Er hat jedoch entschieden, wann die beiden Gremien unterschiedliche Ansichten hatten. „In der Tendenz galt die Ministerkonferenz als liberaler und der Reichsrat als konservativer“15.
Mit dem Silvesterpatent von 1851 wurde erstmals im gesamten österreichischen Reich der Neoabsolutismus eingeführt. Es gab keinen Land- oder Reichstag in Ungarn und nur der Monarch konnte dort Gesetze erlassen.
Außerhalb Ungarns brachte das Jahr 1850 zwar eine Rückkehr zum Absolutismus, aber keine allgemeine Rückkehr zu vorrevolutionären Bedingungen: Die Befreiung der Bauern war bekannt und nicht das Gegenteil, die gesamte Verwaltung wurde reformiert und komplett modernisiert, die Universitäten erhielten eine neue Struktur, die gut bis ins 20. Jahrhundert hinein erhalten sind. Die Wirtschaftspolitik der neoabsolutistischen Periode brachte 1859 ein modernes und liberales Industriegesetz. Insgesamt war der Neoabsolutismus ein politisch konservatives System, das sich gleichzeitig auf die Reform der Wirtschaft ausrichtete. „Der Neo-Absolutismus verstand sich als Modernisierungsdiktatur – in erster Linie des Westens über den Osten: Ungarn und Polen waren suspekt; sie wurden mit deutschen, aber auch tschechischen Beamten beglückt, den berüchtigten Bach-Husaren“16.
„Eine weitere Stütze fand der Neoabsolutismus in der katholischen Kirche“17. „Am 18. August 1855 unterzeichneten der Apostolische Nuntius in Wien, Kardinal Michele Viale-Prelà für Papst Pius IX., der Wiener Fürsterzbischof Joseph Othmar von Rauscher für Kaiser Franz Joseph diesen Vertrag“18. Die römische Kurie hatte somit einen Pyrrhussieg errungen, da dieses Konkordat als anachronistische Katastrophe angesehen wurde, die die Beziehung zwischen Kirche und Staat in Österreich fast ein Jahrhundert lang belastet. Die hierokratischen Prinzipien hatten sich im Neoabsolutismus Österreichs durchgesetzt und das Konkordat, als Bündnis zwischen Thron und Altar konzipiert, hatte den Thron dem Altar unterworfen. Der Vertrag entfernte den letzten Rest der reformierten Politik des Josephinismus und machte die katholische Kirche neben der gläubigen Armee und Bürokratie, die jetzt durch eine schriftliche Vereinbarung gesichert wurde, zu einer Säule der Macht. „Um das Konkordat hat sich eine leyendra negra entwickelt: In der Sache war das Kirchenrecht in Ehefragen allerdings zuweilen sogar liberaler als die bestehenden staatlichen Vorschriften“19. „Im Konkordat trafen sich staatlicher und kurialer Absolutismus, wobei interessant ist, dass die absolutistische Politik des Kaisers auch im Verhältnis zu anderen Konfessionen stark auf die konservativen Strömungen setzte, so förderte man im Judentum die Orthodoxie und nicht das liberale Reformjudentum“20. Die Schlussfolgerung des Konkordates bestätigte auch den hohen Status der Religion im Staatsaufbau. Der Konsens musste in der frühen Phase der Konstitutionalisierung nach 1867 ein feuriges Thema sein, mit einem großen Schwerpunkt auf Parlament, öffentlicher Meinung und natürlich musste Franz Joseph intensiv beschäftigen.
[...]
1 Michaela und Karl Vocelka, Franz Joseph I. Kaiser von Österreich und König von Ungarn 1830-1916. Eine Biographie (München 2015), S. 81.
2 Christoph Schmetterer, Kaiser Franz Joseph I. (Wien/Köln 2016), S. 38-39.
3 Ebda., S. 39.
4 Ebda., S. 39.
5 Ebda., S. 39.
6 Michaela, Franz Joseph I., S. 88.
7 Ebda., S. 90-91.
8 Ebda., S. 91.
9 Ebda., S. 91.
10 Peter von Csendes (Hg.), Das Zeitalter Kaiser Franz Joseph I. Das Tagebuch einer Epoche (Wien 1989), S. 15.
11 Michaela, Franz Joseph I., S. 94.
12 Lothar Höbelt, Franz Joseph I. Der Kaiser und sein Reich. Eine politische Geschichte (Wien u.a. 2009), S. 13.
13 Christoph, Kaiser Franz Joseph I., S. 41.
14 Ebda., S. 41-42.
15 Ebda., S. 42.
16 Lothar, Franz Joseph I., S. 17.
17 Jean Paul Bled, Franz Joseph. Der letzte Monarch der alten Schule (Wien/Köln/Graz 1988), S. 142.
18 Peter von Csendes (Hg.), Das Zeitalter Kaiser Franz Joseph I., S. 42.
19 Lothar, Franz Joseph I., S. 21.
20 Michaela, Franz Joseph I., S. 112.
- Citar trabajo
- Anónimo,, 2019, Kaiser Franz Joseph und seine Auffassung von Herrschaft in den ersten Regierungsjahren, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/466022
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