Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Phänomen von virtuellen Figuren in den Medien. Dabei wird analysiert, welche Eigenschaften eine virtuelle Figur aufweisen muss, um von Rezipienten mehr oder weniger personifiziert zu werden. Diese Eigenschaften werden in einer Liste erläutert. Schließlich wird eine Klassifizierung von virtuellen Figuren vorgenommen. Dabei werden Benchmarks für jede Klasse gefunden und hinsichtlich ihrer personifizierungsstiftenden Eigenschaften analysiert.
Wissenschaftlich wurden die Erkenntnisse aus einer Mischung aus deduktiver und induktiver Methode erarbeitet, bei denen die Erkenntnisse der beiden Methoden sich reziprok beeinflussen. So wurde eine Liste von zwölf personifizierungsstiftenden Eigenschaften und elf Klassen virtueller Figuren herausgearbeitet werden. Diese elf Klassen wurden in fünf Personifizierungsgrade eingeteilt. Mit dieser Liste lassen sich virtuelle Figuren aus den Medien in eine Klasse einteilen, sodass ein Verständnis für ihre personifizierenden Wirkung erlangt werden kann.
Also können mit dieser Arbeit folgende Fragen über medial wahrnehmbare virtuelle Figuren beantwortet werden:
Was ist das für eine virtuelle Figur? (Klasse)
Wie stark ist diese personifiziert? (Personifizierungsgrad)
Warum ist diese derart personifiziert? (Liste an Eigenschaften)
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis und generelle Anmerkungen zu Formulierungen
1 – Erläuterung des Themas anhand des Titels
1.1 – Klassifizierung
1.2 – Medial wahrnehmbar
1.3 – Virtuelle Figur
1.4 – Personifizierungsgrad
2 – Relevanz der Arbeit
2.1 – Historisches
2.2 – Nutzen
3 – Wissenschaftliches Vorgehen
3.1 – Deduktion
3.2 – Induktion
3.3 – Herangehensweise für diese Arbeit: Deduktiv-induktive Reziprozität
3.4 – Symbol
4 – Personifizierungsstiftende Eigenschaften virtueller Figuren
4.1 – Transmedialität
4.2 – Anthropomorphismus bzw. Art des dargestellten Lebewesens
4.3 – Eigene Geschichte bzw. Lebenslauf
4.4 – Definiertes Aussehen
4.5 – Definierte oder einzigartige, eigene Stimme
4.6 – Möglichkeit der Verkörperlichung (Embodiment)
4.7 – Pseudophysische Präsenz
4.8 – Automatisierungsgrad (Künstliche Intelligenz)
4.9 – Interaktionsgrad
4.10 – Emotionalität
4.11 – Selbstwahrnehmung
4.12 – Potenzial für parasoziale Beziehungen
5 – Klassen virtueller Figuren und deren Benchmarks
5.1 – Klasse 1: Anthropomorphe oder menschliche Testimonials
5.2 – Klasse 2: Anthropomorphe Wesen als Rollenfigur
5.3 – Klasse 3: Fiktive menschliche Personen als Rollenfiguren
5.4 – Klasse 4: Götterdarstellungen und historische, übernatürliche Helden
5.5 – Klasse 5: Autonome KI mit personenähnlichem Verhalten als textbasierte Chatbots
5.6 – Klasse 6: Autonome KI mit personenähnlichem Verhalten als Sprachassistenten
5.7 – Klasse 7: Gesteuerte KI-Personen
5.8 – Klasse 8: Pseudoautonome KI-Personen
5.9 – Klasse 9: Autonome schwache KI-Personen
5.10 – Klasse 10: Physisch präsente schwache KI-Personen
5.11 – Klasse 11: Virtuelle Person
6 – Persönliche Überlegungen
Quellenverzeichnis
Zusammenfassung
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Phänomen von virtuellen Figuren in den Medien. Dabei wird analysiert, welche Eigenschaften eine virtuelle Figur aufweisen muss, um von Rezipienten mehr oder weniger personifiziert zu werden. Diese Eigenschaften werden in einer Liste erläutert. Schließlich wird eine Klassifizierung von virtuellen Figuren vorgenommen. Dabei werden Benchmarks für jede Klasse gefunden und hinsichtlich ihrer personifizierungsstiftenden Eigenschaften analysiert.
Wissenschaftlich wurden die Erkenntnisse aus einer Mischung aus deduktiver und induktiver Methode erarbeitet, bei denen die Erkenntnisse der beiden Methoden sich reziprok beeinflussen. So wurde eine Liste von zwölf personifizierungsstiftenden Eigenschaften und elf Klassen virtueller Figuren herausgearbeitet werden. Diese elf Klassen wurden in fünf Personifizierungsgrade eingeteilt. Mit dieser Liste lassen sich virtuelle Figuren aus den Medien in eine Klasse einteilen, sodass ein Verständnis für ihre personifizierenden Wirkung erlangt werden kann.
Also können mit dieser Arbeit folgende Fragen über medial wahrnehmbare virtuelle Figuren beantwortet werden:
Was ist das für eine virtuelle Figur? (Klasse)
Wie stark ist diese personifiziert? (Personifizierungsgrad)
Warum ist diese derart personifiziert? (Liste an Eigenschaften)
Abstract
This paper is about the phenomenon of virtual figures in media. Thereby it will be analysed, which properties a virtual figur has to have, to be more or less personalized by recipients. These properties will be described in a list. Finally there will be a classification of virtual figures. Whereas benchmarks for each class will be found and analyzed if and in which way they have such personalizing properties.
Scientifically, insights have been made by a mix of deductive and inductive method, where those insights made in those two ways, are affecting each other mutually. This way, a list of twelve personalification-giving properties and eleven classes of virtual figures has been worked out. Those eleven classes has been clustered in five levels of personification. With this list, virtual figures found in the media can be classified, so that there will be a understanding of how they got such a personification effect.
So with this paper, the following questions can be answered about virtual figures, which are appearing in the media:
What kind of virtual figure ist this? (Class)
How strong ist this figure personificated (Level of personification)
Why ist this figure personificated in such way? (List of properties)
Abkürzungsverzeichnis und generelle Anmerkungen zu Formulierungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Verkörperlichung: Obwohl im Duden das substantivierte Verb von verkörpern als Verkörperung genannt wird, soll hier auf ein Neologismus zurückgegriffen werden, um eine Verwechslung mit der Bedeutung der Verkörperung zu vermeiden, da das Verkörpern oft in Bezug auf das Verkörpern einer Rolle verstanden wird, es sich bei der Verkörperlichung aber um ein Physischwerden einer virtuellen Figur handeln soll.
Dem Lesefluss und der Verständlichkeit geschuldet, werden virtuelle Figuren nicht zwangsläufig als Neutrum oder Femininum betrachtet. Rein sprachlich gesehen können diese in dieser Arbeit als Personen des Geschlechts betrachtet werden, das sie darstellen und können somit zum Beispiel mit dem Pronomen sie oder er beschrieben werden.
1 – Erläuterung des Themas anhand des Titels
Eine Erläuterung des Themas ergibt sich aus der Erklärung und Aufschlüsselung des Titels:
„Klassifizierung medial wahrnehmbarer, virtueller Figuren anhand ihres Personifizierungsgrades“.
1.1 – Klassifizierung
Die Art der Arbeit ist also eine Klassifizierung, das bedeutet, dass Objekte nach Klassen oder Kategorien sortiert und somit geclustert, beziehungsweise in Gruppen eingeteilt werden. Dabei gilt es eine Abstraktion der zu klassifizierenden Objekte zu leisten, um mehrere Objekte die in eine Klasse einzuordnen sind auf Gemeinsamkeiten zu reduzieren, wenngleich jedes Objekt einzigartig ist.
1.2 – Medial wahrnehmbar
„Medial wahrnehmbar“ heißt, dass das Objekt durch ein Medium von Rezipienten wahrgenommen werden kann, dabei spielt es keine Rolle, um welches Medium und ob es sich nur um ein einzelnes konkretes Medium handelt oder das Objekt transmedial ist. So sind manche Objekte nur durch Literatur oder Film, andere durch Games, das Internet, alles auf einmal oder ganz andere Medien wahrnehmbar. Eine Erläuterung des Begriffs der Transmedialität erfolgt in Kapitel 4.1.
1.3 – Virtuelle Figur
Der Begriff virtuelle Figur lässt sich folgendermaßen erklären: V irtuell beschreibt hier etwas nicht- physisches, also in der Imagination entstandenes, dennoch es etwas Konkretes und Existentes. Im Gegensatz zu etwas digitalem, muss etwas virtuelles nicht zwingend durch Nullen und Einsen in einem computergestützten Kontext entstanden sein oder existieren, vielmehr kann es durch auch durch Imagination entstanden sein und durch ein analoges Medium verbreitet werden.
Der Begriff Figur aus dem lateinischen figura (dt. Gestalt) beschreibt wiederum ein fiktives Wesen (was auch eine Person sein kann), das durch verschiedene fiktionale Medienangebote wahrgenommen werden kann.[45] Eine virtuelle Figur ist demnach ein aus Imagination erschaffenes und durch Medien wahrnehmbares, nicht-physisches Wesen mit spezifizierten Charakteristika. Auch in diversen, vor allem, aber nicht nur journalistischen Publikationen und der Wikipedia werden diese Begriffe in dieser Kombination und semantisch vergleichsweise verwendet, um zum Beispiel Hatsune Miku zu definieren, die in Kapitel 5.7 näher analysiert werden soll.[75][49][31][60][75]
1.4 – Personifizierungsgrad
Der Personifizierungsgrad ist der Grad, also die Ausprägung der Personifizierung. In Friedrich Kirchners Werk „Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe“ (1907) heißt es zur Definition des Begriffs und der Idee der Person:
„Person (vom lat. persona. gr. prosôpon = Maske, Rolle, Mensch) heißt ein Wesen mit individueller Einheit und kontinuierlicher, im Wechsel der körperlichen und geistigen Zustände beharrender Identität des Bewußtseins. Personen sind oder Persönlichkeit besitzen vernunftbegabte Wesen, welche Selbstbewußtsein und Selbstbestimmung haben und daher zurechnungsfähig sind“.[37]
Immanuel Kant, ähnlich auch John Locke sehen die Person als ein vernunftbegabtes Subjekt, dass sich seiner selbst Bewusst ist.[37]
Im Kontext dieser Arbeit ist zu erwähnen, dass theoretisch eine Person nicht gleichbedeutend ist mit einem Menschen. Denkbar ist demnach eine Person die kein Mensch, sondern ein anderes Wesen ist, das die Eigenschaften einer Person erfüllt. Dies kann ein intelligentes Wesen einer anderen Spezies als der Homo sapiens sein (inwiefern manche Tiere wie Schimpansen, Delfine oder Elstern die Eigenschaften einer Person besitzen, oder ob es eine intelligente außerirdische Spezies gibt, ist für diese Arbeit jedoch nicht relevant), oder – und das ist für diese Arbeit von viel größerer Relevanz – eine bewusstseinsfähige, künstliche Intelligenz. Im Gegensatz zu Kirchners frühen Definition des Begriffs Person, soll in dieser Arbeit im Kontext solch moderner Technologie daher angezweifelt werden, ob eine Person wirklich einen körperlichen Zustand benötigt. So wird in dieser Arbeit öfter auf das Konzept einer virtuellen, also nicht-körperlichen künstlichen Intelligenz eingegangen, die theoretisch und womöglich mittelfristig tatsächlich den geistigen Zustand einer Person „erreicht“. Dies ist daher wichtig zu erwähnen, da viele, vor allem stark personifizierte virtuelle Figuren den Anschein geben, eine solche künstliche Intelligenz zu sein, die eben jene Eigenschaften einer Person (bis auf einen physischen Körper) vollumfänglich besitzt, worauf später noch genauer eingegangen werden soll.
Unter dem Begriff Personifikation wiederum versteht man das Zuschreiben der oben genannten Eigenschaften einer Person, einer Sache, das diese Eigenschaften eigentlich nicht besitzt. Nach dem deutschen Phliosophen Eucken bedeutet „ Personifikation (lat.) [...] Verpersönlichung, Darstellung von Unpersönlichem als Person (gr. Prosopopöia)“.[21]
Es handelt sich bei dieser Arbeit also um eine geclusterte Liste von Eigenschaften, die allein oder summiert, mehr oder weniger zu einer Personifizierung von virtueller Figuren führen (Kapitel 4) und eine Aufzählung von Benchmarks, medial wahrnehmbarer, virtueller Figuren, die eben jene personifizierenden Eigenschaften besitzen (Kapitel 5). Diese virtuellen Figuren werden in verschiedene Klassen unterteilt, je nachdem wie stark diese personifiziert sind.
2 – Relevanz der Arbeit
Virtuelle Figuren stellen einen großen Anteil der in der Werbelandschaft und allgemein in den Medien wahrnehmbaren Figuren, inklusive echter Menschen dar. Einige hier in Deutschland bekannte Beispiele sind der „Bausparfuchs“ von Schwäbisch Hall oder „der Kinderriegel und das Milchglas“ aus der Kinderiegelwerbung. Abseits der Werbung im TV, sind in anderen Medien im Allgemeinen eine Vielzahl an virtuellen Figuren präsent, allem voran, aber nicht nur in Games und Animationsfilmen. So stellen virtuelle Figuren einen substanziellen Anteil wirtschaftlichen und kulturellen Erfolgs dar.
2.1 – Historisches
Virtuelle Figuren sind so alt wie die menschliche Zivilisation selbst, gewiss wurden diese damals aber nicht als solche bezeichnet, wenngleich sie für die Gesellschaften von früher sicherlich wichtig waren. So kann man Gottesfiguren der ägyptischen oder sumerischen Mythologie, als erste belegbare virtuelle Figuren verstehen, diese reichen bis 4000 v.u.Z. zurück. Die Darstellungen dieser Götterfiguren haben viele Eigenschaften, die zu einer starken Personifizierung dieser Wesen führen (genauer werden auf diese Eigenschaften in Kapitel 4 und auf eine Götterfigur als Benchmark einer Klasse in Kapitel 5.4 eingegangen).[29][40]
Auch gab es bereits seit der Antike Heldenepen und auch Literatur in der virtuelle Figuren vorkommen. Die Grenze zwischen aus Imagination entstandenen virtuellen Figuren und historisch belegbaren Personen verschmilzt aber, sei es zum Beispiel bei den Abenteuern von Odysseus oder dem Heldenepos Beowulf.[43][15]
Seit der Moderne, mit der Entstehung von für weite Teile einer Gesellschaft zugänglichen Medieninhalten durch den Buchdruck, die Zeitung, das Radio, das TV-Gerät und nicht zuletzt das Inernet, sind eine Vielzahl unterschiedlicher virtueller Figuren entstanden, die nun Personen darstellen, aber nicht unbedingt Menschen sind. Während zum Beispiel Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes, eine bedeutende virtuelle Figur der Literatur, ein Mensch ist, gehören viele Charaktere aus „Der Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien einer anderen, jedoch menschenähnlichen Spezies an.[56][58] Mit der Erfindung der Science-Fiction erscheinen nun auch vermehrt Außerirdische und künstliche Intelligenzen in der Literatur, sie stellen Personen dar, die als solche menschliche Züge haben, selbst aber eine ganz andere Lebensform darstellen.[3] Eine weitere Gruppe der historischen, virtuellen Figuren stellen anthropomorphe Tiere dar. Auch sie stellen Personen mit menschenähnlichen Eigenschaften dar und traten in den letzten Jahrzehnten vermehrt in Erscheinung. Ein Beispiel hierfür sind Mickey Mouse von Walt Disney aus dem Jahr 1928 oder aber auch neuere Figuren, wie die Protagonisten im Animationsfilm Zomania aus dem Jahr 2016 (ebenfalls von Disney entwickelt).[91]
2.2 – Nutzen
Über die Jahrhunderte hinweg hat sich die Anzahl, Diversität und durch technische Möglichkeiten auch die Komplexität virtueller Figuren vervielfacht. Ein erster Ansatz einer Klassifizierung virtueller Figuren ist also in soweit in der Wirtschaft und Wissenschaft sinnvoll und nötig, da dieses Werk als Basis für weitere Arbeiten hinsichtlich eines Wirkungsgefüges diverser personifizierender Eigenschaften und virtueller Figuren generell dienen kann oder etwa in Kreativagenturen zur Erstellung neuer virtueller Figuren anhand einer gewissen Klasse.
3 – Wissenschaftliches Vorgehen
Die Arbeit verlangt sowohl deduktive als auch induktive Elemente um eine relevante Klassifizierung virtueller Figuren anhand ihres Personifizierungsgrades vornehmen zu können. Dabei spielen deren Charakteristika eine essenzielle Rolle, die den virtuellen Figuren Symbolik verleihen, diese also zu mehr machen als die Summe ihrer Eigenschaften. Um aus den Charakteristika herzuleiten und den virtuellen Figuren abzuleiten verlangt es eben jene differenzierte Herangehensweise.
3.1 – Deduktion
Als Deduktion versteht man nach Aristoteles „den Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere“. Das bedeutet im Falle dieser Arbeit die Betrachtung von generell personifizierungsstiftenden Eigenschaften und die Schlussfolgerung auf konkrete virtuelle Figuren, die diese Eigenschaften besitzen und somit als mehr oder weniger personifiziert gelten.[61] Um eine für diese Arbeit relevante und möglichst unterschiedliche, ein breites Spektrum abdeckende Gruppe virtueller Figuren zu finden und zu analysieren, ist zuallererst die deduktive Methode notwendig. Mit dieser wird aufgrund persönlicher Einschätzung, unter anderem aber auch durch wissenschaftliche und journalistisch Aufarbeitung, Eigenschaften als personifizierungsstiftend erkannt. Diese Erkenntnis führt zu einer ersten Auswahl virtueller Figuren, die durch nähere induktive Analyse die wissenschaftliche Genauigkeit und Aussagekraft bekräftigen.
3.2 – Induktion
Im Gegensatz zur Deduktion stellt das induktive Verfahren die Ableitung von konkreten Fällen auf das Allgemein geltende dar. Es wird im Zuge dieser Arbeit also eine als stark personifiziert geltende virtuelle Figur betrachtet und analysiert, welche Eigenschaften diese Figur in sich vereint. Diese Eigenschaften gelten demnach als personifizierungsstiftend für virtuelle Figuren generell.[46] Wie es zu dieser Auswahl kommt wurde unter dem Punkt „3.1 – Deduktion“ beschrieben. Die Ergebnisse der Analyse der Benchmarks nach der induktiven Methode führt zu einer Liste personifizierungsstiftender Eigenschaften. Durch diese Liste lässt sich wiederum die deduktive „Gegenrechnung“ machen, um zu analysieren ob andere virtuelle Figuren mit den gleichen oder zumindest ähnlichen Eigenschaften als ebenso personifiziert gelten.
3.3 – Herangehensweise für diese Arbeit: Deduktiv-induktive Reziprozität
Grundsätzlich besteht der Hauptteil dieser Arbeit, nämlich die Klassifizierung der virtuellen Figuren, aus einer induktiven Denkleistung, bei der Benchmarks virtueller Figuren gefunden und dahingehend analysieren werden inwieweit diese Eigenschaften besitzen, die zu ihrer Personifizierung beitragen bzw. diese verantworten. Offensichtlich muss eine deduktive Vorleistung erbracht werden, um genannte Benchmarks auszuwählen. Es handelt sich bei dieser Arbeit im Ganzen also um ein sich gegenseitig beeinflussenden Prozess, induktiven und deduktiven Erörterns. Es ist offensichtlich, dass obwohl der Prozess ein ständiges hin und her zwischen Induktion und Deduktion darstellt, die Darstellung in dieser Arbeit einem geradlinigen roten Faden gleichen muss und nicht einem ständigen „Zickzack“ mit Wendungen, Rückschlüssen, Verifikationen und Falsifikationen. Diese Arbeit mag rein chronologisch betrachtet eine deduktiven Arbeit sein, da personifizierungsstiftende Eigenschaften virtueller Figuren in Kapitel 4 vor den eigentlichen Benchmarks und der Klassifizierung in Kapitel 5, die eine induktive Methode erlaubt, kommt. Wie bereits erwähnt beeinflussen sich die Kapitel und die Argumentation jedoch gegenseitig. Rein argumentativ baut Kapitel 5 also nicht auf Kapitel 4 auf, und Kapitel 4 nicht auf Kapitel 5, sie bauen aufeinander auf. Dies soll deduktiv-induktive Reziprozität genannt werden.
3.4 – Symbol
Als Symbol versteht man einen wahrnehmbaren Bedeutungsträger – was ein Zeichen aber auch eine Sache, ein Lebewesen oder ein Vorgang oder eine Handlung sein kann – der stellvertretend für eine komplexe Idee oder einfach ein Mem stehen kann. Das Symbol ist nur von Personen zu entschlüsseln, das heißt als das zu verstehen was es bedeutet, die das Symbol kennen und wissen wofür es steht. Oft ist ein Wissen über einen bestimmten Kulturkreis nötig, um die Bedeutung eines Symbols anzuerkennen. Hierbei ist der Akt des Anerkennens bedeutend, er setzt einen Konsens innerhalb einer Gesellschaft voraus, dass das Symbol tatsächlich eine Bedeutung hat, die auch von allen als solche verstanden wird.[20]
Im Zuge dieser Arbeit ist wichtig zu wissen, dass alle personifizierten virtuellen Figuren Symbole sind. Sie sind mehr als nur das was zu sehen ist. So stellen anthropomorphe Tiere nicht nur das Tier dar, das sie sind, sondern auch eine weitestgehend menschliche Person (was Anthropomorphizität ist wird in Kapitel 4.2 beschrieben). Ebenso stellt das überzeichnete Aussehen einer virtuellen Figur wie Hatsune Miku, die meistens im „Manga-Stil“ dargestellt wird, ein Symbol dar, da sie absichtlich keine realistische Darstellung eines Menschen ist, sondern eine Projektionsfläche verschiedener äußerlicher Merkmale, wie zum Beispiel dem Kindchenschema (eine genauere Betrachtung der virtuellen Figur Hatsune Miku folgt in Kapitel 5.7). Da dieser Manga-Stil weltweit jedoch bekannt ist, herrscht Konsens uber die Bedeutung eines solchen Aussehens. Man ist sich also einig daruber, dass virtuelle Figuren im Manga-Stil Menschen darstellen, auch wenn sie bewusst mit einem teilweise menschenunublichen Aussehen dargestellt werden.
4 – Personifizierungsstiftende Eigenschaften virtueller Figuren
Eine Analyse der in Kapitel 5 betrachteten virtuellen Figuren führt zu einer Liste von Eigenschaften, die zu einer mehr oder weniger starken Personifizierung von virtuellen Figuren führen. Gleichwohl die Vorauswahl der virtuellen Figuren, wie in Kapitel 3 beschrieben, diese Liste beeinflusst, rechtfertigt diese die Gültigkeit der Auswahl der virtuellen Figuren, wie auch die Analyse der virtuellen Figuren die Gültigkeit der Liste der in diesem Kapitel aufgezählten Eigenschaften rechtfertigt. Durch die in Kapitel 5 als Benchmarks verschiedener Klassen erarbeiteten virtuellen Figuren ergaben sich folgende Eigenschaften, die als personifizierungsstiftend für virtuelle Figuren gelten und die in diesem Kapitel beschrieben und deren Relevanz für dieses Thema erläutert werden sollen.
4.1 – Transmedialität
Transmedialität beschreibt ein Phänomen, dass sich dadurch äußert, dass Inhalte medienunspezifisch und dadurch über verschiedene Medien transportiert werden können. Sie bedürfen kein Urspungsmedium um diese zu verstehen und können somit unabhängig voneinander existieren.[48]
Nach Bernardo 2014 kann man transmediale Konzepte in drei verschiedenen Dimensionen unterteilen.
Erstens: Nutzung von Transmedialität um zu einem Ursprungsmedium zurückzuführen, das den Hauptkanal eines Konzepts darstellt - Zum Beispiel eine Mobile App, die jedoch lediglich den Zweck hat, Nutzer ins Kino (im Falle eines Kinofilms der Hauptkanal eines transmedialen Konzepts) zu „locken“.[7]
Zweitens: Die Unterstützung eines Hauptkanals durch andere Kanäle. Im Falle eines Kinofilms würde hierbei das transmediale Konzept darauf aufbauen, durch zusätzlichen Inhalt wie Webisodes als Prequels oder Sequels des Films, Nutzer an die Marke oder das Produkt zu binden. [7]
Drittens: Ein hierarchieloses, transmediales Konzept, das die Story oder eine Markenwelt bildet. Hierbei bilden verschiedene Kanäle ein großes Ganzes, wobei die Kanäle durch den Inhalt selbst bestimmt werden. Ein Ursprungsmedium ist hierbei nicht nötig oder gar nicht vorhanden.[7]
Im Zuge der Thesis soll erörtert werden, inwiefern Transmedialität zur Personifizierung virtueller Figuren beiträgt.
Durch Transmedialität können Markenwelten erschaffen werden, vor allem wenn es sich bei dem transmedialen Konzept um die von Bernardo (2014) beschriebene dritte Dimension der Transmedialität geht, die er „Organic Transmedia“ nennt.[7]
Handelt es sich bei der Marke um eine virtuelle Figur selbst, ist es wichtig, das Konzept der sozialen Rolle kurz zu erwähnen. Dieses beschreibt, dass jede Person in unserer Gesellschaft eine Rolle einnimmt, an die Erwartungen geknüpft sind. Dies können Sollvorstellungen oder Verhaltensnormen, aber auch Verpflichtungen oder Kompetenzen sein.[17]
Im Umkehrschluss würde dies bedeuten, dass wenn ein Individuum gewisse Erwartungen erfüllt, man diesem auch die dementsprechende Rolle zuteilen würde.
Transmedialität ermöglicht weitreichende Kommunikation eines Produkts und fördert somit potenziell ein hohes Involvement bei Nutzern oder Rezipienten eines transmedialen Phänomens. Es liegt auf der Hand, dass die Ausarbeitung bzw. die Erfüllung diverser Erwartungen an eine Rolle, wie die eines Popstars, wie zum Beispiel Hatsune Miku auf die in Kapitel 5.7 noch genauer eingegangen wird, durch Transmedialität leichter und besser erreicht werden kann.
Für diese Arbeit ist davon auszugehen, dass sich ein Popstar - dessen Aufbau und Vermarktung, heutzutage zumindest nicht grundlegend von beliebigen anderen Marken oder Produkten wie einem Schuh oder einem Kinofilm unterscheidet. Ob dies tatsächlich so ist, muss an anderer Stelle untersucht werden. Unter der Prämisse des Popstars als Produkt und Dahrendorfs Rollentheorie, ist es also wahrscheinlich, dass ein Produkt wie ein Popstar, als solches auch wahrgenommen wird, wenn dieses so vermarktet wird, es sich also auch so verhält und Erwartungen und Kompetenzen erfüllt. Verhält sich die virtuelle Figur wie eine Person und erfüllt die Erwartungen, die man an eine Person stellt, wird auch eine virtuelle Figur als Person wahrgenommen, dies gilt für transmediale Präsenz aber auch für personifizierungsstiftende Eigenschaften generell.
Keppler 1995 kommt im Bezug auf Schauspieler und die Rollen die sie spielen auf folgende Erkenntnis:
„Menschen, mit denen wir im alltäglichen Leben zu tun haben, nehmen wir als Personen wahr; Menschen hingegen, denen wir beim Betrachten einer Fernsehserie begegnen, nehmen wir (zumeist) wie Personen wahr, wissend, daß sie keine realen Personen, sondern Figuren einer fiktiven Handlung sind. Die Helden einer Fernsehserie sind allgemeinverständliche Zeichen von Personen oder Personentypen, jedoch keine wirklichen Personen […]“[35]
Dieses Phänomen führt auch dazu, dass Menschen parasoziale Beziehungen zu solchen „Personen“ wie Schauspielern bzw. ihren Rollen und Popstars eingehen, worauf in Kapitel 4.12 noch genauer eingegangen wird.
Damit medial wahrnehmbare Personen also auch als solche wahrgenommen werden und nicht etwa bloß als die Rolle, die sie in einem Kinofilm, einer Serie oder im Internet verkörpern, ist eine transmediale Präsenz vermutlich außerordentlich fördernd. Um diese Argumentation zu veranschaulichen soll folgender Gedanke diese verständlich machen:
Ein Schauspieler zum Beispiel, der in vielen Filmen und Serien und auch in Artikeln in Zeitschriften oder im Internet präsent ist, wird vermutlich eher als Person öffentlichen Interesses wahrgenommen, während ein Schauspieler, der lediglich bei einer Serie nur eine Rolle gespielt hat, eher als dessen Rolle gesehen wird, wie oben bereits beschrieben. Nun stellt eine Filmrolle zwar eine virtuelle Figur dar, diese wird vermutlich aber als weniger personifiziert gesehen, wenn diese Rolle lediglich einen Zweck in einer Serie oder Film erfüllt.
All die in diesem Kapitel vorangegangen Aussagen, die ein umfangreiches und weitverzweigtes Phänomen beschreiben, führen zu folgender Erkenntnis in Bezug auf personifizierte virtuelle Figuren: Eine virtuelle Figur, die transmedial in Erscheinung tritt, wird ipso facto eher als Person gesehen und gilt daher als stärker personifiziert als eine virtuelle Figur die lediglich in nur einem Medium präsent ist. Zu dieser Erkenntnis kommt auch Förstner 2016 in seiner Arbeit „Personifizierung virtueller Figuren durch Transmedialität. Analyse von Hatsune Miku“.[23]
4.2 – Anthropomorphismus bzw. Art des dargestellten Lebewesens
Der Begriff Anthropomorphismus, aus dem griechischen übersetzt etwa „menschliche Gestalt“, bezeichnet das Zusprechen menschlicher Eigenschaften auf Wesen, Objekte oder Abstrakte Dinge – diese werden also vermenschlicht. Die menschlichen Eigenschaften können dabei ein vermenschlichtes Aussehen, ein vermenschlichtes Verhalten oder beides umfassen. Beispiele für anthropomorphe virtuelle Figuren sind unter anderem Donald Duck als vermenschlichte Ente, Wall-E, ein vermenschlichter Roboter oder der Schokoriegel aus der kinder Riegel-Werbung, der dementsprechend einen vermenschlichten Schokoriegel darstellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 1 – Der anthropomorphe Schokoriegel und das anthropomorphe Milchglas aus einer kinder Riegel-Werbung.[108]
Anthropomorphismus ist eine graduelle Eigenschaft, das heißt, dass manche anthropomorphe Figuren vermenschlichter sind als andere anthropomorphe Figuren, ebenso gibt es wie bereits erwähnt auch verschiedene Aspekte die vermenschlicht werden können, wie Aussehen oder verschiedene Verhaltensweisen. Um dies zu veranschaulichen ist Donald Duck ein gutes Beispiel, der sich zwar überwiegend wie ein Mensch verhält und auch menschliche Sprache sprechen kann, aber einen starken Akzent hat, der an die Laute von Enten erinnert. Ebenso trägt er nur teilweise menschliche Kleidung, dafür sind seine Hände sehr menschenähnlich, während sein Aussehen davon abgesehen überwiegend dem einer Ente entspricht.
Welche menschliche Eigenschaften, ob nun äußerlich oder Aspekte des Verhaltens betreffend, nun zu welchem Grad an Anthropomorphismus führen, soll in dieser Arbeit jedoch nicht behandelt werden. Es ist lediglich wichtig zu erwähnen, dass menschliches Aussehen oder Verhalten zu einer Personifizierung virtueller Figuren führt. Dies ist der Zweck des Anthropomorphismus.
Das Phänomen des Anthropomorphismus ist jedoch nicht identisch mit dem der Personifizierung, denn denkbar ist auch eine Person, die nicht menschenähnlich ist. Betrachtet man die Definition des Begriffs Person und Personifikation, ist auch ein Wesen vorstellbar, das eben personifiziert ist, aber keinesfalls menschenähnlich. Da aber alle Personen die wir als Gesellschaft und gar als Menschheit kennen Menschen sind und wir angefangen haben künstliche Intelligenzen nach menschlichem Vorbild zu entwickeln, ist dieser Gedanke nur theoretischer Natur und der Vollständigkeit halber zwar zu erwähnen, für diese Arbeit jedoch nicht näher erläuterungswürdig.
Bezüglich der Ungleichheit der Konzepte des Anthropomorphismus und der Personifikation, ist es ebenso wichtig erwähnen, dass virtuelle Figuren anthropomorphe Eigenschaften haben können, diese jedoch nicht zwangsläufig mit dem Konzept einer Person zu haben, wenngleich diese Eigenschaften personifizierungsstiftend sein können.
4.3 – Eigene Geschichte bzw. Lebenslauf
Jede Person hat einen Lebenslauf, eine Liste an Orten an denen sie war, Dinge die sie getan hat und auch Personenbezogene Daten wie einen Geburtstag. Der Lebenslauf wird auch als „Lebensverlauf von Individuen im Kontext von sozialen oder historischen Rahmenbedingungen bezeichnet“.[50]
Keine Person wird inmitten seines Lebens für einen Zweck geschaffen oder geboren, es gibt immer einen Weg von der Geburt bis zur Gegenwart, die die Person gegangen ist. Ein Lebenslauf, da ihn jede Person zwingend hat, wirkt für virtuelle Figuren demnach personifizierend. Dieser Lebenslauf kann aus einem definierten und kommunizierten Geburtstag, Geburtsort und anderen Kerndaten bestehen, aber auch Ereignissen und Lebensphasen – diese Aspekte eines Lebenslaufs können für eine virtuelle Figur, um bewusst personifiziert zu wirken, frei erfunden sein oder aber auch von der tatsächlichen Entstehungsgeschichte einer virtuellen Figur abstrahiert sein.
4.4 – Definiertes Aussehen
Heutzutage haben alle Menschen für gewöhnlich noch ein definiertes, sich nur langsam veränderndes Aussehen. Natürlich kann dieses durch diverse chirurgische und kosmetische Eingriffe verändert werden, aber dann gilt auch das veränderte Aussehen als spezifisch und eben einfach als neu für diese Person. Ein definiertes Aussehen würde einer hypothetischen, biologischen oder technischen Möglichkeit gegenüber stehen, sein Aussehen spontan und häufig wechseln zu können.
Für virtuelle Figuren würde es kein Problem darstellen, ständig und im Bruchteil einer Sekunde ihr Aussehen zu verändern. Zur Etablierung eines Wiedererkennungswertes oder einer Marke wird auf ein häufiges Wechseln des Aussehens oft verzichtet, wie in Kapitel 5 dargelegt wird. Da wie bereits erläutert Personen ein definiertes, spezifisches Aussehen haben, wirkt diese Eigenschaft auch für virtuelle Figuren personifizierend.
4.5 – Definierte oder einzigartige, eigene Stimme
Ähnlich wie beim definierten Aussehen, verhält es sich bei der definierten Stimme. Ebenso wie beim definierten Aussehen, verfügen heutzutage alle Personen über eine einzige eigene Stimme, die sich über die Zeit nur langsam verändert und nicht spontan und häufig gewechselt werden kann.
Auch hier würde es für virtuelle Figuren, die durch auditive oder audiovisuelle Medien wahrnehmbar sind, kein Problem darstellen, ihre Stimme häufig und spontan zu wechseln. Auch hier wird aus den oben genannten Gründen (Wiedererkennung und Markenetablierung) auf einen häufigen Wechsel der Stimme verzichtet. Da Personen für gewöhnlich eine eigene und individuelle Stimme haben, wirkt auch eine eigene Stimme für virtuelle Figuren personifizierend.
Für virtuelle Figuren lässt sich eine solche Stimme unter anderem durch einen immerzu gleichen „Synchronsprecher“ realisieren, der bei dafür relevanten Medien der virtuellen Figur eine Stimme gibt. Diese Variante wirkt aber womöglich weniger personifizierend als eine definierte, eigene und für die virtuelle Figur einzigartige Stimme, da ein Synchronsprecher für gewöhnlich für mehr als nur die eine virtuelle Figur spricht. Oft geben solche Sprecher auch fremdsprachigen Schauspielern ihre Stimme oder sind selbst Schauspieler oder Menschen die man durch audiovisuelle Medien bereits kennt. Ein Beispiel hierfür wäre die virtuelle Figur „Sid“ aus der Ice Age-Filmreihe. Diese virtuelle Figur wird in allen bisher sieben Teilen der Animationsfilmreihe von Otto Waalkes synchronisiert. Gleichzeitig ist aber auch Otto Waalkes selbst inklusive seiner unverwechselbaren Stimme bekannt.[63-69] Diese Figur erfüllt also klar die Voraussetzung einer definierten Stimme, diese wirkt aber womöglich wie bereits erwähnt nicht so personifizierend wie eine eine definierte, eigene und für die virtuelle Figur einzigartige Stimme.
Eine andere womöglich personifizierendere Möglichkeit einer virtuellen Figur eine definierte Stimme zu geben ist diese zu synthetisieren. Dabei wird der virtuellen Figur entweder auf Basis eines gesampleten menschlichen Sprechers, oder mittels einer kompletten Sprachsynthese eine individuelle und einzigartige Stimme verliehen. Diese Art einer virtuellen Figur eine eigene Stimme zu geben, wird meistens auf computergestützte, virtuelle Figuren angewendet und ist selbst als Codesequenz in deren Code verwurzelt. So stellt bei der virtuellen Figur Hatsune Miku, die eigene aus der menschlichen Sprecherin Saki Fujita gesampelten und digital veränderten Stimme, einen der wichtigsten Wiedererkennungswerte dieser virtuellen Figur dar (eine genauere Betrachtung der virtuellen Figur Hatsune Miku folgt in Kapitel 5.7).[62]
4.6 – Möglichkeit der Verkörperlichung (Embodiment)
In der Kognitionswissenschaft gibt es die These, dass ein Bewusstsein die Möglichkeit zur physischen Interaktion, sowie eine Abgrenzung des Selbst zum nicht-Selbst benötigt. Definieren wir Bewusstsein als gleichbedeutend mit dem Konzept des Personseins, stellt sich die Frage ob eine Person einen physischen Körper benötigt, um eine zu sein und ob eine virtuelle Figur dementsprechend stärker personifiziert wird, wenn diese die Möglichkeit zur Verkörperlichung, dem Embodiment hat.[77] Klar wäre, dass per Definition eine virtuelle Figur dann immer noch virtuell wäre, da diese von ihrem physischen Körper nicht abhängig wäre, sondern immer noch als virtuelle Entität einen physischen Körper besetzen würde. Inwiefern das ebenso auf das Menschsein oder Sein generell zutrifft, ist eine höchst philosophische Fragestellung, die für diese Arbeit jedoch weniger relevant ist und daher nicht bearbeitet wird.
In Filmen wie Transcendence (2014) oder Matrix (1999) ist es Menschen möglich, ihr Bewusstsein zu virtualisieren und als virtuelle Person im Internet zu leben oder ihr Bewusstsein wieder in einen Körper downzuloaden.[106][97] Da dies heutzutage zwar Gegenstand visionärer Forschung und Teil des philosophischen Konzepts des Transhumanismus ist, dessen Umsetzung jedoch, wenn überhaupt, weit in der Zukunft liegt und es ebenfalls noch keine starke künstliche Intelligenz gibt, die gegebenenfalls die Voraussetzungen einer Person erfüllt, ansonsten jedoch gänzlich virtuell ist, bleiben Menschen in ihrem physischen Körper die einzigen Personen, die uns bekannt sind.[52]
Auch wenn wir durch Science-Fiction-Filme oder -Literatur mit dem Konzept rein virtueller Personen, seien es nun künstliche Intelligenzen oder upgeloadete menschliche Bewusstseine, vertraut sind, ist es wahrscheinlich, dass Menschen heutzutage rein virtuellen Personen, Eigenschaften einer Person, aufgrund eines fehlenden physischen Körpers absprechen würden. Eine Studie hierzu würde vermutlich dies verifizierende Ergebnisse hervorbringen. Diese Tendenz lässt sich bei einer Studie des Marktforschungsinstituts GfK aus dem Jahr 2016 ablesen. Darin wird aufgezeigt, das weltweit nur ein geringer Prozentsatz der Befragten (über 27.000 Internetnutzer ab 15 Jahren aus 22 Ländern) virtuellen Kontakt zu Personen oder Orten als gleichwertig zu einem physischen Kontakt empfinden. So stimmten in Deutschland nur 13%, in Japan gar nur 9%, aber in Brasilien immerhin 34% der Aussage „Virtuelle Interaktion mit Menschen und Orten können genauso gut sein wie persönlicher Kontakt“ zu.[71] Zwar wird mit dieser Studie die Frage nach der Notwendigkeit eines physischen Körpers für eine Person nicht direkt beantwortet, weder wird deutlich aufgezeigt, dass eine virtuelle Figur, die die Möglichkeit hat in einer physischen Form zu existieren, stärker personifiziert wird, als eine virtuelle Figur, die über diese Möglichkeit nicht verfügt, sie zeigt aber in Anbetracht dieses abstrakten Themas eine logisch herleitbare und auf dieses Thema abstrahierbare Tendenz.
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- Quote paper
- Gilles Claude Förstner (Author), 2018, Virtuelle Figuren in den Medien. Wie können sie anhand ihres Personifizierungsgrades klassifiziert werden?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/465462
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