Diese Einsendeaufgabe umfasst die folgenden Fragestellungen: Der Kompetenzbegriff in der Pädagogik bzw. die Förderung von Kompetenzen an Klienten; Welchen Einfluss haben Emotionen auf das Lernen? Welche Argumente sprechen für deren Integration in den Lernprozess, welche dagegen?; Die Bedürfnispyramide von Maslow – Evaluation einer Anwendbarkeit am Beispiel der Lebenswelt von Obdachlosen.
A1. Der Kompetenzbegriff in der Pädagogik bzw. die Förderung von Kompetenzen an Klienten
Das Wort Kompetenz hat seinen Ursprung im lateinischen Verb „Competre“ und bedeutet so viel wie „zusammentreffen“. Der Begriff hat eine lange Entstehungsgeschichte hinter sich und wurde unter anderem im römischen Recht unter den Attributen „zuständig“, „befugt“, „rechtmäßig“ und „ordentlich“ geführt (vgl. Müller-Ruckwitt 2008, S, 103). Eine komplette Auflistung aller historischen Bedeutungsebenen ist hier nicht möglich. „Competentia“ und „Competenz“ wurden nachweißbar erst 1753 in Zedlers Universallexikon mit der heutigen Bedeutung in Zusammenhang gebracht (vgl. Erpenbeck - Rosenstil 2003, S, 18).
Heute versteht man unter Kompetenz so viel wie „zu etwas fähig sein“, „zu etwas geeignet sein“ oder „zu etwas befugt“ sein (vgl. Arenberg 2017, S, 22).
Ein Vordenker in der Kompetenzforschung war der Psychologe Robert W. White. Er führte bereits um 1959 das Kompetenzkonzept in der Motivationspsychologie ein. Er definiert Kompetenzen als die Entwicklung bestimmter Fähigkeiten, die nicht angeboren oder durch persönliche Reifung des Individuums entstehen, sondern selbstständig erlernt werden (vgl. White 1959, S, 297f.).
Auch der Psychologe Franz Emanuel Weinert betont in seiner Definition den Charakter des Erlernbaren aber auch die Anwendungsfähigkeit des Erlernten in bestimmten Situationen durch das Individuum.
„[…] die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (Weinert 2001, S, 27).
Dabei ist es nicht unbedingt der Fall, dass mehr Wissen auch automatisch zu mehr Kompetenz führt. Eine gelernte Kompetenz muss nicht zwingend vom Individuum sofort umgesetzt werden. Messbar wäre eine Kompetenz erst durch eine gelungene Ausführung des Gelernten. Man spricht in diesem Zusammenhang von Performanz. Der Begriff der Performanz geht dabei auf den Sprachpsychologen Noam Chomsky zurück.
„Im Falle „normaler“ Sprecher und Hörer bezeichnet Kompetenz das unbewusstes Wissen über das einer korrekten Sprachverwendung zugrunde liegende Regelsystem. Performanz bezeichnet hingegen die tatsächliche Sprachanwendung, ihr Verstehen und Produzieren, was häufig schwierig oder fehlerhaft ist“ (Erpenbeck 2002, S, 2).
Es besteht also ein Unterschied zwischen der Kompetenz als erlernbarer Fähigkeit und der tatsächlichen Umsetzung und Ausführung durch das Individuum. Erst die aus der Kompetenz resultierende Handlung, die Performanz, wäre somit nachweisbar. Generell ist die empirische Messbarkeit von Kompetenzen ein wissenschaftliches Streitthema (vgl. Wittke 2006, S, 46). Auch nach Westera führt bloßes Wissen noch nicht zu einer erfolgreichen Umsetzung in der Praxis. Westera definiert Kompetenzen dabei als:
„[…] the ability to produce successful behaviors in non-standardized situations“ (Wittke 2006, S, 8).
Es sei an dieser Stelle auch auf das entsprechende Kompetenzmodell verwiesen (vgl. Arenberg 2017, S, 23). Eine einheitliche Definition des Kompetenzbegriffes scheint aufgrund der transdisziplinären Bearbeitung unrealistisch zu sein (vgl. Erpenbeck/ Rosenstiel 2003, S, 16).
Da es im weiteren Verlauf der Arbeit um die Förderung von Kompetenzen in der sozialen Arbeit gehen soll, sei als letztes auf die Definition des Pädagogen Heinrich Roth verwiesen. Er formulierte 1971 die Kompetenz als Erziehungsziel und unterteilte bereits in Selbstkompetenz, Sachkompetenz und Sozialkompetenz. Kompetenz ist folglich ein Bildungsziel.
„Kompetenz ist nach diesem Verständnis situationsbezogene Handlungsdisposition. Sie bildet die Prämisse sach- und situationsangemessenen Agieren-Könnens und hat dabei ausdrücklich keinen Anlagecharakter – der Terminus beschreibt also nicht etwa ein angeborenes Potential -, sondern ist grundsätzlich erwerbbar als Erziehungsziel gedacht.“ (Müller-Ruckwitt 2008, S, 188)
Es geht bei Kompetenz um die Anwendung von Wissen in unvorhersehbaren Problemsituationen und nach Roth um eine Erziehung zur adäquaten Lösung solcher Probleme durch das Individuum. Im Arbeitsbereich der Pädagogik und Sozialarbeit hat sich dabei das Modell der Handlungskompetenz durchgesetzt. Das Modell unterscheidet Selbstkompetenz, Fachkompetenz, Methodenkompetenz und Sozialkompetenz als unterschiedliche Bereiche der Handlungskompetenz (vgl. Arenberg 2017, S, 23).
Das Konzept der Selbstkompetenz geht dabei ebenfalls auf Roth zurück. Für Ihn war sie die – „Fähigkeit, für sich selbst verantwortlich handeln zu können“ (Roth 1971, S, 180). Beschäftigt man sich genauer mit den Ideen von Roth, so ist im Zusammenhang mit Selbstkompetenz oft von einer „Erziehung zur Mündigkeit“ und einer Abwesenheit von Fremdbestimmung die Rede.
„[…] verantwortliche Handlungsfähigkeit betrifft nach unserer Definition als erstes die seelische Verfassung einer Person, bei der die Fremdbestimmung soweit wie möglich durch Selbstbestimmung abgelöst ist“ (Roth 1971, S,180).
Es geht bei Selbstkompetenz auch darum, die Anforderungen an das eigene Individuum durch Beruf, Familie und Gesellschaft zu erkennen und kritisch zu reflektieren. Eine Fähigkeit des selbstverantwortlichen Handelns muss dabei das Erstellen eigener Lebenspläne und -Ziele, die Entdeckung und Förderung eigener Potentiale sowie die Entwicklung differenzierter Werte- und Moralvorstellungen beinhalten (vgl. Richter 2007, S, 11).
Unter Fachkompetenz werden dagegen die Fähigkeiten genannt, welche notwendig sind, um in einem spezifischen Fachgebiet eine Leistung zu erbringen sowie der Wille durch das gelernte Wissen ein Ergebnis zu produzieren (vgl. Arenberg 2017, S, 24).
Fachkompetenz bezeichnet die Fähigkeit, erlerntes Wissen im Rahmen einer bestimmten Aufgabenstellung zielgerichtet und ohne Anleitung, dabei fachlich und methodisch richtig, anzuwenden und das entsprechende Produkt zu evaluieren. Dazu gehören auch Fähigkeiten wie logisches, analytisches, abstrahierendes und integrierendes Denken, sowie das Verstehen von Prozessabläufen (Richter 2007, S, 11). Ein klassisches Beispiel wäre eine abgelegte Ausbildung.
Methodenkompetenz ist eine analytische Kompetenz bestimmte Aufgaben und Probleme (z.B. Planung eines Arbeitsablaufes) zielgerichtet zu bearbeiten. Das Individuum muss hier, auf der Basis seines Wissens und Erfahrung, eigenverantwortlich Lösungsstrategien erdenken und ggf. bewerten oder an das entsprechende Problem anpassen. Methodenkompetenz zeichnet sich durch Kreativität und Eigeninitiative aus (vgl. Richter 2007, S, 12).
Sozialkompetenz beschreibt die Fähigkeit mit anderen ausreichend kommunizieren und arbeiten zu können (vgl. Arenberg 2017, S, 24). Richter sieht in der Sozialkompetenz außerdem die Fähigkeit soziale Beziehungen einzugehen und Emotionen oder Spannungen richtig zu bewerten. Ein Individuum ist sozialkompetent, wenn es die eigene Persönlichkeit kritisch reflektieren und angemessen mit anderen Menschen interagieren kann. Dazu gehört auch die Fähigkeit Solidarität zu zeigen. Richter hebt dazu die Lernkompetenz und die Kommunikationskompetenz als wichtig hervor (Richter 2007, S, 24). Zudem ist der Begriff Kompetenz von dem der Qualifikation abzugrenzen. Auch kann an dieser Stelle nicht mehr auf Mertens Modell der Schlüsselkompetenzen eingegangen werden (vgl. Arenberg 2017, S, 24).
Wie kann die Soziale Arbeit und Pädagogik also die Kompetenzen von Klienten fördern?
Neben zahlreichen anderen Methoden hat sich die Gruppenarbeit in Wohngruppen besonders bewährt. Auf gemeinsamen Ausflügen können durch Spiele ganz gezielt bestimmte Kompetenzen gefördert, aber auch der Entwicklungsstand bestimmter Jugendlicher auf einem Kompetenzfeld beobachtet werden. Eine Methode zur Förderung von Selbstkompetenzen (Berufs und Lebensplanung) in einem Gruppensetting ist das Spiel „Thesenbarometer“ (vgl. Diaz / Tiemann 2006, S, 25). Der Ablauf beginnt damit, dass die Seminarleitung mit Klebeband eine 3-4 Meter lange Linie auf den Boden klebt. Jeweils am Ende der Line klebt ein Zettel mit der Aufschrift „stimmt nicht“ oder „stimmt total“. Die Seminarleitung stellt nun provokante und überspitze Fragen oder Aussagen in den Raum („Männer sollen ihre Familie alleine ernähren können!“ oder „Arbeit ist uncool!“) und die Jugendlichen müssen sich entsprechend ihrer Meinung zum Thema auf der Linie positionieren. Anschließend sollen die Jugendlichen zum entsprechenden Thema fünf Minuten selbstständig diskutieren. Danach kann die Seminarleitung einzelne Jugendliche zu ihrer Meinung befragen und diese kommentieren oder durch Argumente unterlegen oder dekonstruieren. Dabei ist es wichtig, nicht abwertend zu kommentieren, damit ein Gefühl des „Ernst-genommen-werdens“ beim Jugendlichen entstehen kann (vgl. Diaz / Tiemann 2006, S, 25). Im Idealfall entsteht durch das Spiel eine Diskussion. Durch solche Spiele werden Kompetenzen auf ganz unterschiedliche Art und Weise gefördert. Befinden sich Jugendliche in einer Diskussion, so müssen sie zwangsläufig lernen mit Kritik und anderen Meinungen respektvoll umzugehen und ihre Emotionen diesbezüglich zu kontrollieren. Kritik anzunehmen und respektvoll zu äußern, ist eine der wichtigsten Selbstkompetenzen im späteren Berufsleben.
Fühlt sich der Jugendliche während der Diskussion ernstgenommen, so fördert dies seine generelle Selbstsicherheit, auch wenn die Meinungen des Jugendlichen und die des Sozialarbeiters oder der Gruppe konträr verlaufen. Durch diese gewonnene Selbstsicherheit wird es wahrscheinlicher, dass der Jugendliche in der Zukunft wieder seine Meinung vertritt ohne dabei Repressionen fürchten zu müssen. Mangelnde Selbstsicherheit führt oft zu mangelnder Sozialkompetenz. Mehr Selbstsicherheit führt oft zu einem besseren Umgang in sozialen Situationen (vgl. Jugert, et. al., 2013, S, 16). Durch logische und emotionale Argumente kann ein Prozess des kritischen Denkens bei Jugendlichen angestoßen werden, was insbesondere zur Ausprägung von mehr Empathievermögen und Solidarität mit anderen führen kann. Emotionale Kompetenz führt dabei nachweislich zu mehr Sozialkompetenz.
„So sind beispielsweise Kinder, die fähig sind, die Gefühle anderer Personen nachzuempfinden – man spricht hier auch von Empathie – in ihrem Verhalten prosozialer und bei Gleichaltrigen beliebter“ (Jugert et. al., 2013, S, 16).
So kann durch eine solche Gruppendiskussion zum Beispiel die Lebenswelt eines Obdachlosen diskutiert und eine emotionale Sensibilisierung der Jugendlichen erreicht werden. Im Idealfall entstehen durch solche Diskussionen zusätzlich neue Moralvorstellungen in den Klienten. Die Etablierung eines differenzierten Moralverständnisses ist dabei ein wichtiger Teil der Selbstkompetenz (vgl. Richter 2007, S, 11).
Besonders fordernd und interessant werden solche Diskussionsrunden bei Klienten aus verschiedenen Kulturräumen. Hier wird nicht nur die interkulturelle Kompetenz der Beteiligten, sondern auch die des Sozialarbeiters gefördert. Auch hier ist es wichtig, den Jugendlichen zu vermitteln, dass es keinen Absolutheitsanspruch auf eine bestimmte Moralvorstellung oder Lebenseinstellung gibt. Vielmehr geht es, wie bereits erwähnt, um gegenseitige Achtung einer „Andersartigkeit“, möchte man als sozial kompetent gelten.
Auch kann über die Methode dieses Spieles der Entwicklungsstand in Bezug auf Kompetenzen eines Jugendlichen, zwar nicht unbedingt empirisch gemessen, aber zumindest beschrieben und eingeordnet werden. Treten während des Spieles bestimmte „unerwünschte“ Verhaltensmuster auf oder sind einfache Diskussionen nicht möglich, da der Jugendliche seine Emotionen nicht kontrollieren kann, so ist zumindest von erhöhtem Förderungsbedarf in der Kompetenzentwicklung auszugehen. Sozialarbeiter können für eine gezielte Förderung von Kompetenzen dabei auf umfangreichste Methoden zurückgreifen. Die Methode sollte natürlich stets an die zu fördernde Kompetenz angepasst werden.
A2. Welchen Einfluss haben Emotionen auf das Lernen? Welche Argumente sprechen für deren Integration in den Lernprozess, welche dagegen?
Einleitend soll eine Definition des Begriffes Emotion vorgenommen werden. Emotionen werden dabei verstanden als:
„[…] innere, psychische Prozesse. Charakteristisch ist vor allem ihr „gefühlter“ Kern: Emotionen spürt man, sie sind keine reinen Gedankeninhalte. Jede Emotion ist durch ein für sie typisches psychisches Erleben gekennzeichnet. Dies wird auch als der „affektive“ Kern einer Emotion bezeichnet“ (Frenzel et al. 2015, S, 202).
Um die Auswirkungen von Emotionen auf den Lernprozess soweit möglich vollständig zu verstehen, sollen alle Komponenten von Emotionen und ihre Funktion kurz beschrieben werden. Gefühle haben eine physiologische Komponente, welche sich in zwei Bereiche gliedern lässt. Die zentral-physiologischen Prozesse, damit sind Erregungszustände des präfrontalen Kortex und der Amygdala gemeint, sowie peripher-physiologische Prozesse wie Muskeltonus, Herzrate, Hautleitfähigkeit und Atmung. Ein Beispiel für den Einfluss von Emotionen auf peripher-physiologische Prozesse, wäre das starke Schwitzen von Händen bei bestimmten Menschen vor einem Vorstellungsgespräch. Des Weiteren ist hier die motivationale Komponente zu nennen. Positiv-motivational wäre in diesem Fall die Lust zu entdecken und zu erforschen, während negativ-motivational Vermeidungs- und Fluchtverhalten auslöst (vgl. Frenzel et al. 2015, S, 207). Die expressive Komponente von Emotionen ist für verbale (Freudenschrei) und nonverbale (starres Gesicht bei Angst) Ausdrucksformen verantwortlich. Die affektive Komponente bestimmt, ob eine Situation als angenehm oder unangenehm empfunden wird. Als letztes ist hier die kognitive Komponente zu nennen. Diese Komponente beschreibt den Fakt, dass emotionales Erleben auch zugehörige positive oder negative Gedanken mit sich bringt. Schreibt zum Beispiel ein Schüler eine schlechte Note, so wird die negative Emotion sicher von einem negativen Gedanken („Was werden meine Eltern sagen / denken“) begleitet sein (vgl. Frenzel et al. 2015, S, 206 f.) Grundsätzlich kann angenommen werden, dass Emotionen sowohl positiven als auch negativen Einfluss auf den Lernerfolg eines Individuums nehmen können. Sind Gefühle negativ, lösen sie hemmendes- und Flucht-, oder Vermeidungsverhalten, aus.
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- Citation du texte
- B.A. Martin Kleefeldt (Auteur), 2018, Humanwissenschaftliche Grundlagen. Kompetenzbegriff, Emotionen und Bedürfnisse in der Sozialen Arbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/464820
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