Die erfolgreiche Gestaltung interaktiver und kommunikativer Prozesse ist heute in allen Lebensbereichen von großer Wichtigkeit, denn die Anforderungen an soziale Interaktionen besonders im Berufsleben haben sich in den letzten 30 Jahren grundlegend geändert. Das Tempo und die Vielfalt der technischen Innovationen, die Flexibilisierung von Organisationsstrukturen und die Auswirkungen der Globalisierung auf die Arbeitswelt haben zur Folge, dass sich die Anforderungen an Arbeitnehmer stark gewandelt haben. Von besonderer Bedeutung ist die zunehmende Gewichtung der sozialen Kompetenzen in der Arbeitswelt. Der Terminus „Sozialkompetenz“ bzw. „soziale Kompetenz(en)“ erlebte in den letzten zehn Jahren eine enorme Konjunktur in Fachwelt und Alltag - in Stellenanzeigen, wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Ratgeberliteratur. Was verbirgt sich hinter diesem Schlagwort? Dieser Frage wird im ersten Teil dieser Arbeit nachgegangen, welcher sich mit der Definition des Konstrukts „soziale Kompetenz“ und seiner Bedeutung für die Arbeitswelt beschäftigt. Anschließend wird auf die Problematik der Definierbarkeit und die damit zusammenhängende Entwicklung einer wissenschaftlichen Diagnostik eingegangen. Denn trotz des Booms an wissenschaftlichen Veröffentlichungen hat die Grundlagenforschung bisher keine fundierte Definition von sozialer Kompetenz hervorgebracht. Es wird erläutert, warum es so schwierig ist, das Konstrukt „soziale Kompetenz“ empirisch zu untermauern.
Einhergehend mit dem Bedeutungszuwachs, den die sozialen Fähigkeiten und Fertigkeiten im Berufsleben in den letzten Jahren erfahren haben, wächst der Bedarf an Instrumenten zur Messung dieser Kompetenzen, beispielsweise in der Personalauswahl im Sinne eignungsdiagnostischer Testverfahren und in der Personalentwicklung in Form von Potentialanalyse zur Ermittlung des Förderungsbedarfs der Mitarbeiter. Hier stößt die Praxis jedoch auf Grenzen: Obwohl der Bedarf groß ist, gibt es aufgrund der lückenhaften Forschungslage bisher keine wissenschaftlich fundierten Messverfahren, die soziale Kompetenzen in ihrer Ganzheit erfassen. Es existieren jedoch zahlreiche psychologische Messverfahren zur Erfassung unterschiedlicher Teilbereiche sozialer Kompetenz. Ziel des zweiten Teils dieser Arbeit ist es, die bereits entwickelten und angewandten Messinstrumente nach Kategorien vorzustellen und hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit zu bewerten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Thema und Vorgehen
1.2 Die Bedeutung von sozialen Kompetenzen in der Arbeitswelt
Teil I
2. Soziale Kompetenzen
2.1 Zur Begriffsgeschichte
2.2 Abgrenzung von verwandten Konstrukten
2.3 Theoretische und empirische Fundierungsprobleme
2.4 Gemeinsamkeiten der Definitionsansätze
Teil II
3. Eignungsdiagnostische Instrumente zur Messung sozialer Kompetenzen und ihre Validität
3.1 Kriterien für die Bewertung der Messverfahren
3.1.1 Die Gütekriterien einer Messung
3.1.2 Näheres zur Validität
3.1.3 Zusätzliche Anforderungen an die Messinstrumente
3.2 Gängige psychologische Messverfahren
3.2.1 Kognitive Leistungstests
3.2.2 Fragebogenverfahren
3.2.3 Situative Interviews
3.2.4 Filmszenen
3.2.5 Exkurs: Die Illusion objektiver Beurteilung
3.2.6 Verhaltensbeobachtungen
3.2.7 Assessment-Center: Eine Kombination verschiedener Messverfahren
4. Fazit
Literaturliste
1. Einleitung
1.1 Thema und Vorgehen
Die erfolgreiche Gestaltung interaktiver und kommunikativer Prozesse ist heute in allen Lebensbereichen von großer Wichtigkeit, denn die Anforderungen an soziale Interaktionen besonders im Berufsleben haben sich in den letzten 30 Jahren grundlegend geändert. Das Tempo und die Vielfalt der technischen Innovationen, die Flexibilisierung von Organisationsstrukturen und die Auswirkungen der Globalisierung auf die Arbeitswelt haben zur Folge, dass sich die Anforderungen an Arbeitnehmer stark gewandelt haben. Von besonderer Bedeutung ist die zunehmende Gewichtung der sozialen Kompetenzen in der Arbeitswelt. Der Terminus „Sozialkompetenz“ bzw. „soziale Kompetenz(en)“ erlebte in den letzten zehn Jahren eine enorme Konjunktur in Fachwelt und Alltag – in Stellenanzeigen, wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Ratgeberliteratur. Was verbirgt sich hinter diesem Schlagwort? Dieser Frage wird im ersten Teil dieser Arbeit nachgegangen, welcher sich mit der Definition des Konstrukts „soziale Kompetenz“ und seiner Bedeutung für die Arbeitswelt beschäftigt. Anschließend wird auf die Problematik der Definierbarkeit und die damit zusammenhängende Entwicklung einer wissenschaftlichen Diagnostik eingegangen. Denn trotz des Booms an wissenschaftlichen Veröffentlichungen hat die Grundlagenforschung bisher keine fundierte Definition von sozialer Kompetenz hervorgebracht. Es wird erläutert, warum es so schwierig ist, das Konstrukt „soziale Kompetenz“ empirisch zu untermauern.
Einhergehend mit dem Bedeutungszuwachs, den die sozialen Fähigkeiten und Fertigkeiten im Berufsleben in den letzten Jahren erfahren haben, wächst der Bedarf an Instrumenten zur Messung dieser Kompetenzen, beispielsweise in der Personalauswahl im Sinne eignungsdiagnostischer Testverfahren und in der Personalentwicklung in Form von Potentialanalyse zur Ermittlung des Förderungsbedarfs der Mitarbeiter. Hier stößt die Praxis jedoch auf Grenzen: Obwohl der Bedarf groß ist, gibt es aufgrund der lückenhaften Forschungslage bisher keine wissenschaftlich fundierten Messverfahren, die soziale Kompetenzen in ihrer Ganzheit erfassen. Es existieren jedoch zahlreiche psychologische Messverfahren zur Erfassung unterschiedlicher Teilbereiche sozialer Kompetenz. Ziel des zweiten Teils dieser Arbeit ist es, die bereits entwickelten und angewandten Messinstrumente nach Kategorien vorzustellen und hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit zu bewerten.
Anmerkung
Soweit nicht anders kenntlich gemacht, gibt der Inhalt die Meinung der Verfasserin wieder. In der männlichen Form angegebene Personengruppenbezeichnungen verstehen sich als geschlechtsneutral, so aus dem Kontext nichts anderes hervorgeht und sind ausschließlich der Sprachökonomie und Einfachheit halber verwandt worden.
1.2 Die Bedeutung von sozialen Kompetenzen in der Arbeitswelt
„Sozialkompetenz“ äußert sich in zwischenmenschlichen Beziehungen und hängt mit dem emotionalen Bereich des Erlebens und Verhaltens zusammen, einem Gebiet, dessen Bedeutung für die Arbeitswelt heute von großer Wichtigkeit ist. Dies war nicht immer so: In der traditionellen Organisationslehre galten jegliche Emotionen im Berufsleben noch als hinderlich und unerwünscht. Die klassischen Theorien von Weber, Fayol, und Taylor beispielsweise[1] sahen die ideale Organisation als wohldurchdachte, reibungslos laufende Maschine an. Organisationsgestaltung richtete sich auf die Verbesserung der inneren Strukturen/ des Regelwerks eines Systems. Alle emotionalen Handlungen, alles Zwischenmenschliche war für den Organisationserfolg irrelevant[2], ja sogar potentiell schädlich. Der Mitarbeiter als Rädchen im Getriebe wurde stark entindividualisiert.
Heute betrachtet die moderne Organisationslehre Organisationen als „soziale Systeme“. Ein solches System besteht aus Menschen mit individuellen Kompetenzen, von deren Denken und Handeln die Fortentwicklung der Organisation abhängig ist. Populäre Organisationskonzepte wie Gruppen- und Projektarbeit, Segmentierung und Kundenausrichtung fordern die Fähigkeit der Mitarbeiter, mit vielschichtigen, dynamischen und komplexen Arbeitssituationen zurechtzukommen. Kastner (1999, S. 40) schreibt dazu: „Die Probleme werden immer komplexer und ändern sich immer schneller. Wir werden immer weniger in der Lage sein, unsere Probleme allein zu lösen. Vor allem durch technologische und organisatorische Umstellungen in unseren Arbeitsbereichen verändern sich Abläufe so, dass immer mehr Koordination, Abstimmung und Kooperation erforderlich ist“. „Soziale Kompetenz“ wird daher in vielen Arbeitsfeldern als Schlüssel zum Erfolg gewertet. Einige, wie der amerikanische Psychologe Goleman (1999), behaupten sogar, ohne soziale Kompetenz[3] sei der Erfolg einer Führungskraft nicht möglich. Liest man die vielfältigen Veröffentlichen zu dem Thema, so kann der Eindruck entstehen, die soziale Kompetenz sei weitaus wichtiger für den beruflichen Erfolg eines Menschen, als die fachliche oder methodische Kompetenz. In dieser Arbeit soll jedoch davon ausgegangen werden, dass für professionelles Handeln die soziale Kompetenz allein nicht ausreichend ist und beruflicher Erfolg vielmehr ein Produkt aus kognitiven Fähigkeiten und Persönlichkeitseigenschaften ist: Handlungskompetenz besteht nach Faix und Laier (1995, S. 37) aus methodischer, fachlicher und sozialer Kompetenz.
Im nächsten Abschnitt wird die Definition sozialer Kompetenz genauer untersucht. Welche Persönlichkeitseigenschaften machen einen Menschen sozialkompetent?
Teil I
2. Soziale Kompetenzen
2.1 Zur Begriffsgeschichte
Hervorgegangen ist der Begriff der „sozialen Kompetenz“ aus der psychologischen Forschung um die „soziale Intelligenz“. Diese wurde 1920 begründet durch den Amerikanischen Psychologen Thorndike[4]. „Soziale Intelligenz“ definiert sich demnach als „Fähigkeit, Menschen zu verstehen und mit ihnen umzugehen, sowie in sozialen Beziehungen klug zu handeln“. Diese sehr allgemeine Definition wurde schon früh in der Intelligenzforschung aufgegriffen, wobei der Schwerpunkt der Auseinandersetzung vor allem in der Beschäftigung mit den kognitiven Voraussetzungen sozialen Verhaltens lag (vgl. Kanning, 2003, S. 22). Während beispielsweise Sternberg[5] die „soziale Intelligenz“ neben der „akademischen“ und der „praktischen Intelligenz“ als eine der drei Komponenten in seinem Intelligenzmodell nennt, wird der Begriff bei anderen Forschern, wie etwa Marlowe (1986) synonym zur „sozialen Kompetenz“ gebraucht.
Eine synonyme Verwendung der Begriffe soziale Kompetenz und soziale Intelligenz hat sich als wenig sinnvoll herausgestellt: Frühe Versuche der Messung sozialer Intelligenz bzw. Kompetenz zeigten deutlich, dass mit dem Intelligenzbegriff zwar kognitive Fähigkeiten abgedeckt werden (soziale Intelligenz korrelierte mit allgemeiner Intelligenz), dass von diesen jedoch keine Rückschlüsse auf das tatsächliche Sozialverhalten einer Person gezogen werden können. Das heißt: Jemand, der in einem Test zur Messung der sozialen Intelligenz gut abschneidet, kann trotzdem in alltäglichen Interaktionen sehr „sozial-inkompetent“ agieren.
Soziale Kompetenzen umfassen neben kognitiven Fähigkeiten eindeutig auch behaviorale Aspekte. Daher veränderte sich auch die Terminologie weg vom Intelligenzbegriff hin zu „sozialer Kompetenz“, „sozialer Fertigkeit“ oder „sozialer Geschicklichkeit“, welches den Handlungs- bzw. Interaktionsbezug verdeutlicht. Die meisten Autoren, so auch Kanning (2003, S. 22), betrachten die soziale Intelligenz heute als eine Unterform von sozialer Kompetenz. Weitere artverwandte Konstrukte werden an dieser Stelle nur kurz umrissen.
2.2 Abgrenzung von verwandten Konstrukten
Der Begriff der sozialen Kompetenz wird inzwischen sehr global gebraucht. Er hat sich zu einem Modebegriff entwickelt und wird oft synonym verwandt zu Schlagworten wie „Schlüsselqualifikationen“, „soft skills“ oder „sozialer Intelligenz“. Bei Kanning (2003, S. 22 ff.) werden die Begriffe folgendermaßen abgegrenzt:
- Soziale Intelligenz ist die Teilmenge sozialer Kompetenzen, die sich auf kognitive Aspekte bezieht, z.B. die Fähigkeit, nonverbale Informationen des Gegenüber zu interpretieren
- Emotionale Intelligenz bezieht sich auf emotionale Aspekte, bzw. die Fähigkeit, die eigenen Emotionen und die anderer zu erkennen und zur Steuerung des eigenen Verhaltens einzusetzen.
- Interpersonale Kompetenz bezieht sich auf Kompetenzen, die besonders in engen persönlichen Interaktionen zum Einsatz kommen. Z.B. die Fähigkeit, Interaktionen zu initiieren, sich anderen Menschen gegenüber offen zu verhalten.
- Soziale Fertigkeiten oder social skills bezeichnen erlernte Kompetenzen, die einen konkreten Verhaltensbezug aufweisen. Sie sind aus dem Handeln der Personen direkt ersichtlich. Sie werden als Teilmenge der sozialen Kompetenzen angesehen.
- Schlüsselqualifikationen sind ein Modebegriff, welcher alle möglichen sozialen und kognitiven Kompetenzen meinen kann und je nach Situation zu definieren ist.
Wie Abbildung 1 verdeutlicht sind alle Subkonstrukte sozialer Kompetenz zwangsläufig miteinander verwoben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbb.1 (Kanning, 2003, S. 25)
Es ist bereits deutlich geworden, wie umfangreich das Konstrukt der sozialen Kompetenz ist. So viel in den letzten Jahren über seine Bedeutung veröffentlicht worden ist, so zahlreich sind auch die Definitionen. Im Folgenden wird die Schwierigkeit der genauen Definition behandelt und eine Definition für diese Arbeit festgelegt.
2.3 Theoretische und empirische Fundierungsprobleme
Bei näherer Beschäftigung mit dem Konstrukt wird schnell deutlich, dass seit der Einführung des Begriffs in Deutschland Anfang der 60er Jahre keine eindeutige Definition, kein allgemeingültiges Modell erarbeitet wurde. Unzählige Definitionen finden sich in der Fachliteratur. Einige, wie die folgende von Sommer, verzichten sind sehr allgemein gehalten:
„Soziale Kompetenz ist die Verfügbarkeit und angemessene Anwendung von Verhaltensweisen (motorischen, kognitiven und emotionalen) zur effektiven Auseinandersetzung mit konkreten Lebenssituationen, die für das Individuum und/ oder seine Umwelt relevant sind.“ (Sommer, 1977, S. 75 zit. n. Dierk et al., 2002, S. 68). Effektiv ist eine Handlung demnach, wenn sie sowohl für den Handelnden als auch für seine Umwelt ein Maximum an positiven und ein Minimum an negativen Konsequenzen bewirkt. Die Schwierigkeiten einer so allgemeinen Definition sind leicht erkennbar: Was beispielsweise „relevant für das Individuum“ oder „positiv für die Umwelt und Gesellschaft“ ist, ist wissenschaftlich nicht exakt zu bestimmen und damit abhängig von individuellen Wertvorstellungen.
Eine genaue Festlegung von Verhaltensweisen, die in bestimmten Situationen als sozial kompetent angesehen werden können, scheint sehr schwierig. Dennoch: Ein Begriff, der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, muss die Möglichkeit der empirischen Überprüfbarkeit bieten. Will man Messbarkeit erreichen, braucht man konkrete beobachtbare Merkmale. Bei einem Konstrukt wie dem Begriff der „sozialen Kompetenzen“ liegt kein direkter empirischer Bezug vor, das heißt, das mit dem Begriff bezeichnete Phänomen kann nicht unmittelbar und direkt vom Beobachter erfasst werden. Es handelt sich um einen indirekt observablen Begriff, der nur über erfahrbare Indikatoren erschließbar ist. Es wäre daher wünschenswert, dass eine Definition der sozialen Kompetenzen, bzw. des sozialkompetenten Verhaltens, auch Indikatoren für ein solches beinhaltet. Unter diesen Gesichtspunkten ist die oben genannte Definition vollkommen unbrauchbar.
Sinnvoller erscheinen Ansätze, welche tatsächlich Komponenten/Merkmale der sozialen Kompetenz nennen. Soziale Kompetenz ist ein multidimensionales Konstrukt. Das bedeutet, die Bewältigung einer sozialen Interaktion (sozialkompetentes Verhalten) geht auf eine Vielzahl von Einflussgrößen zurück. In einer Interaktion wirken immer mehrere Kompetenzen zusammen. Ein Mensch, der konfliktfähig reagiert, wird vielleicht auch kommunikative Kompetenz und Einfühlungsvermögen oder Kooperationsfähigkeit zeigen. Entsprechend vielfältig sind auch die in Definitionen genannten Komponenten. Sie umfassen den perzeptiv-kognitiven Bereich (Personenwahrnehmung, Selbstaufmerksamkeit, Perspektivenübernahme ... ), den motivationalen-emotionalen Bereich (emotionale Stabilität, Prosozialität, Wertepluralismus ... ) und den behavioralen Bereich (Extraversion, Kommunikationsfähigkeit, Verhaltenskontrolle, Durchsetzungsfähigkeit ... ). In der Regel fassen die Autoren unter dem Oberbegriff der „sozialen Kompetenzen“ eine Reihe von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen zusammen, die ihrer Meinung nach ausschlaggebend für sozialkompetentes Handeln sind (vgl. Kanning, 2003, S. 21). Die aufgezählten Komponenten erscheinen dabei teilweise willkürlich gewählt und lassen sich nicht klar voneinander abgrenzen.
Schuler & Barthelme (1995, S. 82 ff.) versuchen Merkmale sozialer Kompetenz näher zu definieren, indem sie das Konstrukt in zwei Kategorien gliedern. Die erste Kompetenzgruppe bildet demnach die Basis für das Zustandekommen von sozial kompetentem Verhalten. Diesen Facetten kommt eine erklärende Rolle zu, da sie die intrapersonelle Grundlage für Sozialkompetenz bilden. Zu dieser Gruppe gehören die Fähigkeiten
- Empathie im Sinne von Einfühlungsvermögen,
- Sensibilität,
- Durchsetzungsfähigkeit und
- situative Flexibilität, also die Fähigkeit, sein Verhalten an sich verändernde Situationen und Umgebungsfaktoren anzupassen, was ein breites Spektrum an Verhaltensweisen erfordert.
Die zweite Gruppe umfasst diejenigen Komponenten von sozialer Kompetenz, die einen konkreten Verhaltensbezug aufweisen. Sie sind aus dem Handeln der Personen direkt ersichtlich. Es handelt sich hierbei um sogenannte soziale Fertigkeiten (social skills) die sich im Handeln der Person in der Interaktion mit anderen zeigen. Zu dieser Kategorie zählen:
- kommunikative Fähigkeiten,
- Kooperations- und Koordinationsfähigkeit,
- Teamfähigkeit und
- Konfliktfähigkeit. (vgl. Schuler & Barthelme, 1995)
Es ist anzumerken, dass die hier aufgezählten unterschiedlichen Komponenten oder Teildimensionen des Konstrukts wiederum zu definierende Konstrukte sind. Damit ist gemeint, dass eine klare Abgrenzung der einzelnen Komponenten in der Praxis problematisch ist, denn im Sprachgebrauch wird zur Erläuterung des einen Terminus oft ein anderer herangezogen. So könnte man beispielsweise „Teamfähigkeit“ unter Zuhilfenahme von „Kooperationsfähigkeit“ und „Kommunikationsfähigkeit“ erklären. Die Autoren sind sich bewusst, dass auch diese Teildimensionen sozialer Kompetenzen kaum als theoretisch abgeleitete und empirisch fundierte Konstrukte gelten können (vgl. Schuler & Barthelme, 1995, S. 88). Selbst den vor einem beruflichen Hintergrund erstellten Begriffen wie „Teamfähigkeit“ fehlt es an empirischer Klärung.
Eine weitere Definitionsschwierigkeit des Begriffs „soziale Kompetenzen“ entsteht, da diese nicht nur von Merkmalen und Fähigkeiten des Individuums, sondern auch von sozialen Anforderungen und bestimmten Situationszusammenhängen abhängen. Die Merkmale von sozialer Kompetenz lassen sich also bei einer Person nur in Zusammenhang mit ihrem Agieren in sozialen Interaktionen beobachten und beschreiben.
2.4 Gemeinsamkeiten der Definitionsansätze
Einige Autoren wie Schuler & Barthelme (1995), Karkoschka (1997) oder auch Kanning (2003) haben sich näher mit den unterschiedlichen Definitionsversuchen in der Fachliteratur auseinandergesetzt und die Gemeinsamkeiten herausarbeitet.
Ein Konsens besteht dahingehend, dass soziale Kompetenz sich auf ein breites Spektrum menschlicher Fertigkeiten und Fähigkeiten bezieht und es aufgrund dieser Multidimensionalität (siehe oben) des Konstruktes sinnvoll ist, durchgängig die Pluralform „soziale Kompetenzen“ anzuwenden. Welche messbaren Indikatoren tatsächlich dazuzuzählen sind, welche Persönlichkeitsmerkmale als Prädikatoren für sozial kompetentes Verhalten gelten können, muss allerdings noch empirisch belegt werden.
Ferner sind sich die Forscher einig darin, dass soziale Kompetenzen ein Individuum befähigen, eine soziale Situation richtig zu erkennen und zu analysieren (vgl. Karkoschka, 1997, S. 15) und aufgrund des Erkannten in sozialen Interaktionen adäquat zu handeln (vgl. Schuler & Barthelme, 1995, S. 80). Das Konstrukt bezieht sich also auf soziale Interaktionen. Bei einem einzelnen Menschen lässt sich das Vorhandensein dieser Kompetenzen erst beobachten, wenn er mit anderen Menschen in Kontakt tritt.
[...]
[1] Siehe Walter-Busch, Emil (1996): Organisationstheorien von Weber bis Weik. Amsterdam: Fakultas.
[2] Max Weber in seinem Hauptwerk Wirtschaft und Gesellschaft: „Der ideale Beamte waltet seines Amtes ohne Hass und Leidenschaft, daher ohne Liebe und Enthusiasmus“ – also emotionslos.
[3] Goleman betrachtet soziale Kompetenz als Teil seines Konstruktes der emotionalen Intelligenz
[4] Thorndike, E.L.: Intelligence and its use. In: Harper’s Magazine, Jg. 140 (120), S. 227-235.
[5] Vgl. Sternberg, R.J. et al. (1981). People’s conception of intelligence. In: Journal of Personality and Social Psychology, 41 (1987), S. 37-55.
- Quote paper
- Lena Ahlborn (Author), 2004, Soziale Kompetenz- Zu ihrer Definition und den Verfahren ihrer Erfassung in der Personalentwicklung und der Personalauswahl, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46459
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