In dieser Arbeit beschäftige ich mich mit der Frage, wie die Konklusion des Dialogs mit der in seiner Mitte eingeführten Lehre von der Wiedererinnerung vereinbar ist. Nach meiner Auffassung tut sich zwischen den beiden im Dialog vertretenen Positionen ein Widerspruch auf den zu Lösen einen großen Beitrag zum Verständnis der platonischen Erkenntnistheorie liefern könnte. In dieser Arbeit soll nun aber zu allererst das Problem klar herausgearbeitet werden. Mein Ziel in dieser Arbeit ist es zu zeigen, dass es zwischen den im Menon vertretenen Überzeugungen eine erhebliche Spannung, wenn nicht einen logischen Widerspruch gibt.
Platons Menon ist ein spannender Dialog an der Schnittstelle zwischen zwei Kernthemen der platonischen Philosophie wie auch der Philosophie überhaupt: Wissen und Tugend. Menon fragt zu Beginn nach dem Ursprung der Tugend. Was folgt ist dann ein Dialog über Fragen nach Wissen allgemein und nach Erkenntnis. Wie ist das Verhältnis von Wissen und Lernen? Und was bedeutet das für die Frage, was wir überhaupt lernen können.
Im Verlauf dieses Dialogs stellt Menon die Frage, ob Lernen überhaupt möglich sei. Vorausgegangen ist dieser Frage die Vorstellung sokratischer Erkenntnistheorie. Und so entwickelt sich der Dialog zu einer Untersuchung des Problems, ob Lernen überhaupt möglich ist und wenn ja, wie es von Statten gehen kann. Sokrates Antwort auf das von Menon aufgeworfene Problem ist die Lehre von der Wiedererinnerung. In aller Kürze zusammengefasst besagt diese Lehre, dass unsere Seele alles Wissen bereits enthält und dass jedes Lernen bloß ein Wiedererinnern, ein Zugreifen auf das in der Seele bereits enthaltene Wissen ist. Nach dem Dialog über die Frage, ob Tugend nun also ein solches Wissen ist, welches gelernt werden kann, kommt Sokrates zu dem Schluss, Tugend sei kein Wissen und könne somit auch nicht gelernt werden. Allerdings, so Sokrates‘ Konklusion weiter, könne man eine wahre Meinung von der Tugend haben und gemäß dieser Meinung tugendhaft handeln.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Zusammenhang von Wissen und Tugend
- Das Wissen-Was-Prinzip
- Das Prinzip im Menon-Dialog
- Priorität des Wissen-Was-Prinzips
- Das Paradox
- Beweis der Inkonsistenz in Platons Menon
- Wissen und Wahrheit (W1-W3)
- Die Lehre von der Wiedererinnerung (W4-W6)
- Alles Lernen ist ein Wiedererinnern (W7)
- Tugend, Wissen und wahre Meinung (W8-W14)
- Auflösungsversuch zum Widerspruch
- Knowing What und Knowing How
- Menons Uneinsichtigkeit
- Ausblick zur Lösung des Widerspruchs
- Das Wissen-Was-Prinzip
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die scheinbare Inkonsistenz zwischen der Wiedererinnerungslehre und der Konklusion in Platons Menon-Dialog, die besagt, dass Tugend nicht lehrbar ist. Sie soll aufzeigen, dass zwischen den im Dialog vertretenen Überzeugungen ein logischer Widerspruch besteht. Die Arbeit konzentriert sich auf die Herausarbeitung dieses Widerspruches und die Diskussion eines möglichen Weges zur Lösung.
- Das Wissen-Was-Prinzip und seine Rolle im Menon-Dialog
- Die Lehre von der Wiedererinnerung und ihre Anwendung auf die Frage der Tugend
- Der scheinbare Widerspruch zwischen der Wiedererinnerungslehre und der Unlernbarkeit der Tugend
- Mögliche Lösungen des Widerspruches durch einen Themenwechsel im Dialog oder durch eine hermeneutische Interpretation
- Die Bedeutung der sokratischen Methode und der Rolle des Dialogpartners Menon
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Frage nach der Vereinbarkeit der Konklusion des Menon-Dialogs mit der darin eingeführten Lehre von der Wiedererinnerung. Es wird argumentiert, dass zwischen beiden Positionen ein Widerspruch besteht.
- Der Zusammenhang von Wissen und Tugend: Dieser Abschnitt beleuchtet das Wissen-Was-Prinzip, wie es im Menon-Dialog dargestellt wird. Es werden auch das Paradox der Lernbarkeit und die von Menon aufgeworfene Frage nach der Möglichkeit des Lernens diskutiert.
- Beweis der Inkonsistenz in Platons Menon: Hier wird ein Argument präsentiert, das die scheinbare Inkonsistenz in Sokrates' Argumentation aufzeigt. Die Kernprämissen des Arguments werden erläutert und verteidigt, wobei besonderes Augenmerk auf die Wiedererinnerungslehre gelegt wird.
- Auflösungsversuch zum Widerspruch: In diesem Abschnitt wird ein möglicher Weg zur Auflösung des Widerspruches vorgeschlagen, der auf einen Themenwechsel von der Wissen-Was-Frage zur Wissen-Wie-Frage im Dialog verweist.
Schlüsselwörter
Platon, Menon-Dialog, Wiedererinnerung, Tugend, Wissen, Lernen, Paradox, Wissen-Was, Wissen-Wie, Inkonsistenz, hermeneutische Interpretation, sokratische Methode.
- Citation du texte
- Nils Schäfer (Auteur), 2015, Glaubt Sokrates wirklich, dass Tugend nicht lehrbar ist?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/463889