Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich besonders mit dem Thema der "Verwandtschaft im Willehalm Wolframs von Eschenbach". In erster Linie ist diese Interpretation literaturwissenschaftlich ausgerichtet, so dass das Kapitel über die Verwandtschaft im "Willehalm" Wolframs von Eschenbach anhand der entsprechenden Literatur erklärt werden kann. Als primäre Literatur wird die Textausgabe von Wolfram von Eschenbach (2003) "Willehalm" dienen und als sekundäre Literatur werden noch weitere Quellen, Lexikon und Forschungsliteratur dienen.
In den meisten Werken des deutschen Hochmittelalters ist die Verwandtschaftsproblematik ein zentraler Stellenwert. Auch hier im "Willehalm" ist dieser Punkt problematisch, denn der religiöse Konflikt, der in diesem Werk dominiert, wird im "Willehalm" auch als eine familiäre Auseinandersetzung dargestellt. Schon im Prolog des Werkes wird die Thematik der Verwandtschaft durch die Trinität und die Taufe erwähnt, indem der Erzähler die Figur bekennt: "Du bist Christus, also bin ich Christ". Diese Idee verdeutlicht den Unterschied, den die Kirche zwischen den getauften (Christen) und den ungetauften (Heiden) macht. Durch die Taufe werden die Christen zu Kinder Gottes. Dies bedeutet, dass der Prolog eindeutig die Verwandtschaftsgedanken darstellt. Die Verwandtschaftsgedanken werden als Verhältnisse zwischen Gott und Mensch eingeführt. Wolfram verdeutlicht hier ganz klar die Idee der Gotteskindschaft, die, wie oben erwähnt, nur durch das Taufen des Menschen, die Verbindung mit Gott ermöglicht. Das bedeutet, die Christen sind mit Gott verwandt, und genau diese Verwandtschaft verstärkt die Idee der Gleichheit aller Christen den Heiden gegenüber.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Darstellung der Verwandtschaftsproblematik im Werk „Willehalm“ von Wolfram von Eschenbach analysieren und zu klären, wie die Verwandtschaftsprobleme in der Zeit des Mittelalters ausgesehen haben. Wichtig dabei ist es herauszufinden, wie die christlichen und heidnischen Verhältnisse innerhalb der verfeindeten Familien zueinander standen und wie die Hauptfiguren Verwandtschaft verstanden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Bedeutung der Verwandtschaft
3. Willehalms Verwandtschaft
4. Gyburcs und die heidnische Verwandtschaft
4.1 Gyburc und die christliche Verwandtschaft
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
6. 1 Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich besonders mit dem Thema der „ Verwandtschaft im Willehalm Wolframs von Eschenbach“. In erster Linie ist diese Interpretation literaturwissenschaftlich ausgerichtet, so dass das Kapitel über die Verwandtschaft im „ Willehalm“ Wolframs von Eschenbach anhand der entsprechenden Literatur erklärt werden kann. Als primäre Literatur wird die Textausgabe von Wolfram von Eschenbach (2003) „Willehalm“ dienen und als sekundäre Literatur werden noch weitere Quellen, Lexikon und Forschungsliteratur dienen.
In den meisten Werken des deutschen Hochmittelalters ist die Verwandtschaftsproblematik ein zentraler Stellenwert. Auch hier im „Willehalm“ ist dieser Punkt problematisch, denn der religiöse Konflikt, der in diesem Werk dominiert, wird im „Willehalm“ auch als eine familiäre Auseinandersetzung dargestellt. Schon im Prolog des Werkes wird die Thematik der Verwandtschaft durch die Trinität und die Taufe erwähnt, indem der Erzähler die Figur bekennt: „Du bist Christus, also bin ich Christ“1 . Diese Idee verdeutlicht den Unterschied, den die Kirche zwischen den getauften (Christen) und den ungetauften (Heiden) macht. Durch die Taufe werden die Christen zu Kinder Gottes. Dies bedeutet, dass der Prolog eindeutig die Verwandtschaftsgedanken darstellt. Die Verwandtschaftsgedanken werden als Verhältnisse zwischen Gott und Mensch eingeführt. Wolfram verdeutlicht hier ganz klar die Idee der Gotteskindschaft, die, wie oben erwähnt, nur durch das Taufen des Menschen, die Verbindung mit Gott ermöglicht. Das bedeutet, die Christen sind mit Gott verwandt, und genau diese Verwandtschaft verstärkt die Idee der Gleichheit aller Christen den Heiden gegenüber.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Darstellung der Verwandtschaftsproblematik im Werk „Willehalm“ von Wolfram von Eschenbach analysieren und zu klären, wie die Verwandtschaftsprobleme in der Zeit des Mittelalters ausgesehen haben. Wichtig dabei ist es herauszufinden, wie die christlichen und heidnischen Verhältnisse innerhalb der verfeindeten Familien zueinander standen und wie die Hauptfiguren Verwandtschaft verstanden.
Im ersten Abschnitt soll die Verwandtschaftsterminologie in Bezug auf Mittelalter definiert, hier spricht man von dem Ende des 12. und dem Anfang des 13. Jahrhunderts.
Im zweiten Teil der Arbeit wird zuerst die Willehalms als auch Gyburcs Verwandtschaft in Bezug auf heidnische und Gyburcs Verwandtschaft in Bezug auf christliche Verwandtschaft dargestellt sein.
Zuletzt werden die wichtigsten Erkenntnisse zusammengetragen und daraus wird eine Schlussfolgerung nachvollgezogen. Die Frage der „Verwandtschaft“ soll anhand der adäquaten Literatur beantwortet werden.
2. Die Bedeutung der Verwandtschaft
Die Verwandtschaftsthematik in Wolframs Willehalm ist ein zentrales Thema. Sie stellt den wirklichen Ausgangspunkt des Konflikts zwischen Heiden und Christen dar. Die Verwandtschaft verbindet sich mit vielen anderen thematischen Bereichen des Werks „Willehalm“, wie mit den Problemstellungen wie Religion, Familie, Minne und Triuwe.
Die Bedeutung von Verwandtschaft im Mittelalter ist mit der heutigen Bedeutung des Begriffs Familie vergleichbar, aber es gibt jedoch Unterschiede zwischen den beiden Begriffen.
Der Begriff „ Verwandtschaft2 “ im Mittelalter wird ferner als konkrete Relation, wie zum Beispiel Vater oder Sohn gebraucht. Das Verwandtschaftssystem im Mittelalter basiert aber auf verschiedenen Arten von Verhältnissen. Im „ Willehalm“ zeigt sich diese Verhaltensweise anhand von Willehalms Schwester und Schwager. Der König und die Königin leisten ihm bei dem Kampf gegen die Heiden nur Hilfe, weil es um die Bedrohung ihres Reiches bzw. des christlichen Glaubens geht, und nicht, weil diese gegen einen bzw. mehreren Verwandten vorgehen.
Im „Willehalm“ werden drei Verwandtschaftsverhältnissen dargestellt:
1. Die Blutsverwandtschaft
2. Die Heirat, eine Schwäger – Verwandtschaft
3. Die Liebe und Leidensverwandtschaft – diese wird durch die Heirat von Willehalm und Gyburc erweitert.
Somit lässt sich feststellen, dass in den drei Fällen die unterschiedlichen Verwandtschaftsverhältnisse bei „Willehalm“ entstanden sind. In diesem Punkt lässt sich sagen, dass Wolfram eine Vielfalt von Verwandtschaftsverhältnissen zur Darstellung gebracht hat.
3. Willehalms Verwandtschaft
Wer gehört alles zu Willehalms Verwandtschaft? Grundsätzlich ist eine Pluralität von Verwandtschaft, die bei „Willehalm“ erwähnt werden sind. In diesem Kontext können wir bei Willehalm folgende Figuren in Bezug auf Verwandtschaft erwähnen: Die Eltern, die Brüder Bertram, Heimrich, Ernalt und Gybert und die Schwester, die mit König Loys verheiratet ist. Vivianz, sein Neffe und Alyze, seine Nichte gehören ebenfalls zu seiner Sippe. Noch dazu gehört auch Gyburc, seine Frau, die früher Arabel hieß, und die sich auf den Namen Gyburc taufen ließ. Grund dafür war die Liebe zu Willehalm. Sie heiratete Gyburcs ersten Mann Tybalt und ihr Vater Terramer, ein heidnischer Großkönig, landete daraufhin mit einem riesigen Herrn an der Küste der Provence, der Markgrafschaft Willehalms.3 Aufgrund dieser Heirat ist Terramer, Gyburcs Vater, sein Schwiegervater und Gyburcs Sohn – Eheremeiz, sein Stiefsohn. An dieser Stelle können wir sehen, dass die Verwandtschaftsverhältnisse bei „ Willehalm“ sehr komplex sind und dass eigentlich Wolfram uns als Leser ebenso in einem gewiesenen Masse verwirrt. Wie lässt sich das Lexem „Sippe“ in dieser Zusammenhang definieren?
Przybilski (2000) definiert das Lexem „Sippe“ folgendermaßen:
„ Das Lexem Sippe ist das mit Abstand am häufigsten verwendete Wort, das die deutsche Volksprache des Mittelalters seit den ersten Belegen im 8. Jahrhundert zur Bezeichnung des Kreises der Blutsverwandten besitzt, wobei die früheren Formen zumeist einen Zustand des Friedens konnotieren, der innerhalb dieses Kreises herrscht“4
Anhand des oben erwähnten Zitats von Przybilski (2000) lässt sich schliessen, dass der Begriff „Sippe“5 im mittelhochdeutschen sowohl für die Blutsverwandten als auch für die Angeheirateten anwendbar war.
4. Gyburc und die heidnische Verwandtschaft
Martin Przybilski (2000) hat sich mit der weiteren Verwandtschaft Gyburcs und ihrer Beziehung zu ihrer heidnischen Familie beschäftigt.
Die Figur des Gyburcs verkörpert zwei Namen: Als Heidin trug sie den Namen Arabel und nur nach ihrer Verwandlung trägt sie als Christin den Namen Gyburc. Es ist eine spannende Konstellation der Figur Gyburcs, wobei zwei Aspekte zu betrachten sind:
- Ihre Blutsverwandten gehören dem heidnischen Glauben an
- Ihre angeheirateten Verwandten gehören dem christlichen Glauben an
Als erstens sollte kurz Gyburcs Verwandtschaft in Bezug auf die heidnische Verwandtschaft analysiert und erklärt werden sein und danach die Beziehung zur christlichen Verwandtschaft.
Gyburc befindet sich in einer komplexen und tragischen Situation, da sie mit beiden Sippenverbänden auf verschiedene Weise verwandt ist, was bei ihr zu einem „ tragischen Dilemma“6 führt. Sie ist durch ihre verwandtschaftlichen Verbindungen zu beständiger Doppelsicht gezwungen, und muss trotzdem Loyalität für eine der beiden Seiten zeigen. Die einander feindlich gegenüberstehenden Blöcke können diese Sichtweise hingegen solange nicht annehmen, wie sie auf der alleinigen Richtigkeit ihres jeweiligen Konzepts beharren. Anhand des Zitats versteht man, dass Gyburc, die gerade mit Heiden und Christen verwandt ist und loyal bleiben soll, trotzdem schmerzliche Verluste auf beiden Seiten erlitten hat. Es ist auffallend, dass Gyburc in ihrer großen Rede vor dem Fürstenrat (Wh. 306,1 – 310,30) von dem christlichen Ritter auffordert ist, die Heiden zu schonen.
Im Mittelpunkt ihrer Rede steht die Bitte. Sollte der Gott Christen den Sieg schicken, soll er die besiegten Heiden schonen, weil sie auch von Gott geschaffen sind (Wh.306, 27- 28).7 Laut Bumke (2004) ist die Erklärung dafür, dass nicht alle Heiden verdammt sind (Wh.307, 14-15), und dass auch diejenigen, die Taufe nicht empfangen haben, auch gerettet werden können. Abschließend anhand dieser Analyse und der Zitaten lässt sich sagen, dass Gyburc weiterhin als ein Mitglied heidnischer „Sippe“ fühlt, aber auch als ein christliches Mitglied. Dadurch versucht sie ihre heidnischen Verwandten zu schützen, doch sie erhält kein Verständnis von ihrer „Sippe“ (Wh. 257,30).
[...]
1 Wolfram von Eschenbach (2003): „Willehalm“, 3. durchgesehene Auflage Text der Ausgabe von Werner Schröder. Übersetzung, Vorwort und Register von Dieter Kartschoke. Walter de Gruyter – Berlin, New York
2 vgl. Dorothea Kullmann (1992): Verwandtschaft in epischer Dichtung : Untersuchungen zu den Tübingen: M. Niemeyer S.4
3 vgl. Islam und Christentum: «Religion im Gespräch » Klaus Kienzler, Gerda Riedl, Markus Scheifer Ferrari (Hrsg. ) MÜNSTER 2001
4 Zt. Przybilski Martin (2000): „Sippe und Geslehte “, „Verwandtschaft als Deutungsmuster im Willehalm Wolframs von Eschenbach“ S. 52
5 „ Sippe stf. Blutsverwandtschaft; Verwandtschaftsgrad; angeborene art. ” (Lexer 1992: 195)
6 Vgl. Przybilski Martin (2000): „Sippe und Geslehte “, „Verwandtschaft als Deutungsmuster im Willehalm Wolframs von Eschenbach“ S.208
7 Bumke, Joachim (2004):Wolfram von Eschenbach. Stuttgart, Weimar: Metzler S. 303
- Citation du texte
- Diplomierter Professor der deutschen Sprache Hadis Djeladini (Auteur), 2016, Die Verwandtschaftsproblematik im "Willehalm" Wolframs von Eschenbach, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/463821
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