Die Sprache ist ein alltäglicher Begleiter des Menschen, durch sie wird kommuniziert und Gedanken werden damit verbalisiert. Andererseits scheint es auch möglich zu sein, eine Intention gedanklich unabhängig von einem sprachlichen Zeichen im Kopf zu haben. Hat die Sprache also einen Einfluss auf unser Denken und somit auf unser Weltbild?
In diesem Essay wird gezeigt, inwiefern Denk- und Handlungsweisen mit der Grammatik einer Sprache eine Wechselwirkung bilden.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Was unter „Denken“ zu verstehen ist
Sprache als Spiegel
Sprache als Linse
Fazit
Ausblick
Literatur
1. Einleitung:
Die Sprache ist ein alltäglicher Begleiter des Menschen: Durch sie wird meistens kommuniziert, oder Gedanken werden verbalisiert. Auf der anderen Seite scheint es auch möglich zu sein eine Intention gedanklich unabhängig von einem sprachlichen Zeichen im Kopf zu haben.
2. Was unter „Denken“ zu verstehen ist
Schon Aristoteles machte sich Gedanken über das Denken und ging davon aus, dass die Sprache eine Art Werkzeug des Denkens ist. Nach ihm sind alle Begriffe von der Welt schon vorgegeben und Sprache verbalisiere dieselben objektiven Gegenstände in der Welt nur. Also liegt nach ihm die Bedeutung im Objekt selbst und dieselbe Bedeutung hat in verschiedenen Sprachen rein äußerlich einen anderen Namen.
Doch wenn man die Vokabeln verschiedener Sprachen vergleicht, fällt auf, dass manchmal eine andere Sichtweise hinter dem Begriff steckt. So kennt die hebräische Sprache im Alten Testament beispielsweise kein Wort für „denken“ (Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ). Es wird jeweils mit „Ich spreche in meinem Herzen“ wortwörtlich umschrieben. Solche sprachlichen Eigenschaften können viel über die Sichtweisen einer Kultur verraten.
Somit würde es sich bei Sprache um etwas Konstruiertes handeln: Zunächst nimmt der Mensch die Welt subjektiv wahr und kategorisiert sie. „Denken“ geht jedoch dann noch einen Schritt weiter und erweitert den Zugriff auf die Welt, durch Schlussfolgern, Erinnern, Erkennen, Abstrahieren, und ggf. sogar dem Bilden neuer Kategorien. Wenn ein Mensch beispielsweise die Kategorie „Person“ sinnlich wahrnimmt, ist das noch kein Denken. Erst, wenn er diese Person auch als jemanden identifiziert und eine Erkenntnis daraus zieht, ist das Denken.
3. Sprache als Spiegel
Guy Deutscher formt dies in einer These noch weiter aus und sagt, dass Sprachen nicht eine objektive Welt beschreiben, sondern in ihnen auch ein kulturell konstruiertes Weltbild in Ausdrücken und Grammatik zu finden ist. Für ihn funktioniert Sprache wie ein Spiegel:
In ihr spiegelt sich in gewisser Weise eine individuelle Kultur und die Denkweisen ihrer Sprecher wider, die die Sprache prägt. So werden sprachliche Begriffe durch kulturelle Konventionen und Auffassungen geschaffen.
Wenn aber eine Sprachgemeinschaft das Wissen, dass sie von der Welt hat durch Erfahrungen konstruiert und sich dies in Sprache abbildet, stellt sich die Frage, warum verschiedene Sprachen verschiedene Farbkategorien nutzen: Der irische Farbbegriff „glas“ kann beispielsweise sowohl blau, als auch grün bedeuten. Berlin und Kay untersuchten dies und zeigten verschiedenen Sprechern, die in ihrer Sprache keinen spezifischen Ausdruck für zum Beispiel die Farbe Blau hatten, eine Farbtafel. Die Sprecher sollten nun sagen, welcher Farbausdruck am besten für sie die Farbe widerspiegelte. Einige tippten auf blau, andere auf grün. Somit gibt uns die Sprache kein Weltbild von Farbspektren vor. Die Sprache wird eher wie eine grobe Schablone genutzt, um die Wirklichkeit zu kategorisieren. Jede Sprache befindet sich aber in einem Prozess und ist wandelbar: Je nachdem welche neuen praktischen Erfahrungen im Umgang mit der Welt gemacht werden, werden neue Fachbegriffe konstruiert. Die Tatsache, dass eine Sprachgemeinschaft nur unscharfe Bedeutungen hat, um die Wirklichkeit abzubilden, ist vielleicht eine Begrenzung in der sprachlichen Wahrnehmung der Welt, aber sie zwingt eine Sprache nicht dazu, in dieser Begrenztheit bleiben.
Trotzdem beeinflusst die Kategorisierung der Welt in Sprache das Weltbild nach Guy Deutscher auch. Dies wird beispielsweise an den Guugo Yimithnii deutlich: Entgegengesetzt des westlichen egozentrischen Weltbildes, das alles in „Rechts“ und „links“ räumlich kategorisiert, verwendet dieses Volk die Himmelsrichtungen stattdessen dafür. Dies schult zugleich die Orientierung in einer Landschaft. Eine erwachsene Person, die durch ihre Erstsprache nicht zu einer solchen Weltanschauung veranlasst wird, könnte die Himmelsrichtung wahrscheinlich nicht gut bestimmen.
4. Sprache als Linse
G. Deutscher entwickelt seine Annahme noch weiter und behauptet zudem, dass Sprache Kultur und Denkweise auch steuern kann. Dazu nutzt er das Bild einer Linse und fragt, inwieweit die Erstsprache unser Denken beeinflusst. Hat eine Sprache bereits grammatikalische Kategorien aufgebaut, muss der Sprecher diese auch füllen. Das hieße, dass die Sprache wiederum auch die von Denkweise von vornherein beeinflusst.
Im Englischen kann beispielsweise geschlechtsneutral gesagt werden „I spent yesterday evening with a friend.“ Im Deutschen hingegen wird der Sprecher zu einer feineren geschlechtsspezifischen Unterscheidung gezwungen, da es die entsprechende grammatikalische Kategorie gibt.
[...]
- Citation du texte
- Sandra Temme (Auteur), 2019, Werden unser Denken und unser Weltbild durch die Sprache bestimmt?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/463756