Vor der Veröffentlichung Kants Kritik der reinen Vernunft, war die Rolle der Metaphysik als wissenschaftliches Themenfeld allgemein akzeptiert. Die vorherrschende Meinung war dabei ein geradezu dogmatischer Rationalismus, der keinen Platz für Skepsis lies, und Verfechter dieser vehement widersprach oder gar mit Argwohn und Spott bedachte. So resümiert Kant bereits in der Vorrede seiner Prolegomena über seine bereits veröffentlichte Kritik der reinen Vernunft: "Man wird sie unrichtig beurteilen, weil man sie nicht versteht; man wird sie nicht verstehen, weil man das Buch zwar durchzublättern, aber nicht durchzudenken Lust hat […]". Die Prolegomena soll dem Abhilfe schaffen und die wichtigsten Punkte der Kritik der reinen Vernunft verdeutlichen. Die Entstehung der beiden Werke geht allerdings auf einen skeptischen Einwurf Humes zurück, der das bestehende System der Metaphysik anzweifelte.
Die Möglichkeit einer Metaphysik
Vor der Veröffentlichung Kants Kritik der reinen Vernunft, war die Rolle der Metaphysik als wissenschaftliches Themenfeld allgemein akzeptiert. Die vorherrschende Meinung war dabei ein geradezu dogmatischer Rationalismus, der keinen Platz für Skepsis lies, und Verfechter dieser vehement widersprach oder gar mit Argwohn und Spott bedachte. So resümiert Kant bereits in der Vorrede seiner Prolegomena über seine bereits veröffentlichte Kritik der reinen Vernunft:
M an wird sie unrichtig beurteilen, weil man sie nicht versteht; man wird sie nicht verstehen, weil man das Buch zwar durchzublättern, aber nicht durchzudenken Lust hat […] 1
Die Prolegomena soll dem Abhilfe schaffen und die wichtigsten Punkte der Kritik der reinen Vernunft verdeutlichen. Die Entstehung der beiden Werke geht allerdings auf einen skeptischen Einwurf Humes zurück, der das bestehende System der Metaphysik anzweifelte.
Humes 'Angriff'
Als Verfechter des Skeptizismus vertrat David Hume eine rein empiristische Sicht, die keinen Platz für die Vernunft bei der Erkenntnis lies. So beschrieb er Erkenntnis als alleine von der sinnlichen Wahrnehmung und damit von der Erfahrung abhängig.2 Anhand des Kausalitätsprinzips legte er dar, das lediglich eine „Gewohnheit“ der Erfahrung zu Schlussfolgerungen führen, die dann als Leistung der Vernunft erscheinen.
Hieraus schloß er, die Vernunft habe gar kein Vermögen, solche Verknüpfungen, auch selbst nur im allgemeinen, zu denken, weil ihre Begriffe alsdann bloße Erdichtungen sein würden, und alle ihre vorgeblich a priori bestehenden Erkenntnisse wären nichts als falsch gestempelte gemeine Erfahrungen, welches ebensoviel sagt als: es gebe überall keine Metaphysik und könne auch keine geben. 3
Seine Schlussfolgerung, war für die damalige vorherrschende Meinung vernichtend: Metaphysik ist nicht möglich; Erkenntnis a priori, alleine durch den Verstand ist nicht möglich.
Kants Erwachen
Die Bedeutung dieser Aussagen wird in der Vorrede Kants zu seiner Prolegomena sehr deutlich. So habe Humes 'Angriff' auf die Metaphysik Kant selbst aus seinem „dogmatischen Schlummer“4 gerissen, da die Aussage Humes, Erkenntnis ohne sinnliche Wahrnehmung sei unmöglich, Kant als korrekt anerkennen musste:
Er bewies unwidersprechlich, daß es der Vernunft gänzlich unmöglich sei, a priori und aus Begriffen eine solche Verbindung zu denken, denn diese enthält Notwendigkeit […] 5
Kant stellte aber auch fest, dass es noch viele weitere Formen von Verknüpfungen, neben dem von Hume verwendeten Kausalitätsprinzip, gibt.
I ch versuchte also zuerst, ob sich nicht Humes Einwurf allgemein vorstellen ließe, und fand bald: daß der Begriff der Verknüpfung von Ursache und | Wirkung bei weitem nicht der einzige sei, durch den der Verstand a priori sich Verknüpfungen der Dinge denkt, vielmehr, daß Metaphysik ganz und gar daraus bestehe. 6
Kants Erweiterung
Kant macht sich nun an „die Deduktion dieser Begriffe“7 und bildet sie in einer 'Tafel der Kategorien' ab. Diese Begriffe sind reine 'Verstandesbegriffe', die Kant allerdings nicht für eine Leistung der Erfahrung im Mantel der Vernunft, resultierend aus Gewohnheit, hält.
G l e i chwohl bin ich weit davon entfernt diese Begriffe | als bloß aus der Erfahrung entlehnt und die Notwendigkeit, die in ihnen vorgestellt wird, als angedichtet und für bloßen Schein zu halten, den uns eine lange Gewohnheit vorspiegelt; vielmehr habe ich hinreichend gezeigt, daß sie und die Grundsätze aus denselben a priori vor aller Erfahrung feststehen und ihre ungezweifelte objektive Richtigkeit, aber freilich nur in Ansehung der Erfahrung, haben. 8
Weiterhin stellt Kant fest, dass es in der Tat synthetische Urteile a priori gibt, also Urteile, die vor der Erfahrung liegen und trotzdem eine 'neue' Erkenntnis liefern („Erfahrungsurteile“). Als Beispiel hierfür nennt er immer wieder die Mathematik.9 Wie sind diese Urteile nun aber möglich, wenn sie vor der Erfahrung liegen, diese also nicht direkt benötigen?
Kant kommt zu dem Schluss, das reine sinnliche Anschauung, bzw. Wahrnehmung alleine keine Erkenntnis hervorbringt, vielmehr ist es der Verstand, der den wahrgenommenen Dingen Begriffe hinzufügt und so ein Urteil bildet.
Zergliedert man alle seine synthetischen Urteile, sofern sie objektiv gelten, so findet man, daß sie niemals aus bloßer Anschauung bestehen, die bloß […] durch Vergleichung in ein Urteil verknüpft worden, sondern daß sie unmöglich sein würden, wäre nicht über die von der Anschauung abgezogenen Begriffe noch ein reiner Verstandesbegriff hinzugekommen, unter dem jene Begriffe subsumiert und so allererst in einem objektiv gültigen Urteil verknüpft worden. 10
Dabei bezeichnet Kant das Urteil als „die Vereinigung der Vorstellung in einem Bewußtsein“11 Diese Aussage Kants, dass Wahrnehmung ohne Vernunft 'blind' ist, bildet das Gegenstück zu Humes Feststellung, Erkenntnis ohne Anschauung sei 'inhaltslos'.
Die Aufhebung des Humeschen Zweifels
Während Hume also zu dem Schluss kommt, dass Erkenntnis ohne Erfahrung gar unmöglich sei und daraus schlussfolgert, dass Metaphysik keinerlei Grundlage habe, erweitert Kant das Erkenntnismodell um die Begriffe, zu denen auch das von Hume verwendete Kausalitätsprinzip gehört, welche von der Vernunft verwendet werden um synthetische Urteile a priori zu bilden. Kant fasst zusammen:
[...]
1 Kant, S. 10.
2 Vgl. ebd. S. 6.
3 Ebd.
4 Ebd. S. 9.
5 Ebd. S. 6.
6 Kant, S. 10.
7 Ebd.
8 Ebd. S. 80f.
9 Ebd. S. 67.
10 Ebd.
11 Ebd. S. 71.
- Arbeit zitieren
- Jascha Daniló Jung (Autor:in), 2013, Die Möglichkeit einer Metaphysik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/462791