In der vorliegenden Arbeit wird zunächst auf das Phänomen Musikvideo erörtert: Hierbei liegt der Fokus auf der Entwicklung des Genres von der sogenannten Augenmusik bis hin zum unabhängigen Kunstwerk unter Beachtung der über die Jahre entwickelten genrespezifischen ästhetischen Merkmale. Daraufhin werden Dimensionen und Herangehensweisen des analytischen Betrachtens herausgearbeitet. Im darauffolgenden Abschnitt wird Björks künstlerische Entwicklung unter biografischer Bezugnahme beschreiben.
Das nächste Kapitel besteht aus den Analyen ausgewählter Musikvideos der Isländerin. Hierbei wird dem Clip-Regisseur Michel Gondry besondere Bedeutung zuteil: Er produzierte insgesamt sieben Clips für Björk, jeder Einzelne davon ist durch die innovative Umsetzung ein Meisterwerk für sich. Des Weiteren wird das einzigartige Bravourstück "All Is Full of Love", welches Chris Cunningham produzierte, näher betrachtet. Abschließend werden zwei aristophanische Werke des Regisseurs Spike Jonze analysiert.
Die Möglichkeiten der Behandlung von Musikvideos im Kunstunterricht der Realschule werden im Anschluss aufgezeigt. Nach einer Niveauermittlung, die sich auf den Bildungsplan, das Freiburger Filmcurriculum sowie auf Beispiele aus dem bundesweiten Schülerfilm-Wettbewerb von Cineschool, einem Online-Portal für Schülerfilme, stützt, werden Unterrichtsideen anhand von einigen zuvor analysierten Musikvideos dargestellt.
1 Einleitung
„Ich habe schon immer gesungen, bereits als kleines Mädchen.“1 bemerkte Björk auf die Frage, was für sie den Reiz der Musik ausmache: „Es war so- lange ich denken kann meine natürliche Reaktion auf Dinge.“2 Ihre Liebe zur Musik und ihr außergewöhnliches Talent gepaart mit unerschöpflicher Experimentierfreude haben Björk zum bedeutendsten Kulturexport Islands gemacht. In den letzten zwanzig Jahren hat sich die richtungsweisende Künstlerin den Ruf erarbeitet, der wohl eigensinnigste und der zugleich unwiderstehlichste Pop-Megastar der Welt zu sein. Ihr faszinierendes Ge- samtkunstwerk reicht von einfachen Volksliedern über von Hip-Hop, Trip- Hop und elektronischer Musik inspirierten Werken bis hin zu afrikani- schen Trommelrhythmen und Nebelhörnern auf dem Album Volta.
Ihre Musikvideos, die sie mit den bedeutendsten Clip-Regisseuren der Welt produzierte, sind wie ihre Musik einzigartig und stellen ein wichtiges er- kenntniserweiterndes Element neben ihrer Musik da.
Im Jahre 2003 veröffentlichte das unabhängige Unterhaltungslabel Palm Pictures unter dem Namen Directors Label eine Serie, die das Lebenswerk erfolgreicher Clipregisseure vorstellt. Eröffnet mit den Werken von Michel Gondry, Spike Jonze und Chris Cunningham wurde die Serie 2005 mit den Clips von Mark Romanek, Jonathan Glazar, Anton Corbijn und Stéphane Sednaoui weitergeführt. Mit dieser Werksammlung forderten die Regisseu- re Respekt ein, denn bis zu diesem Zeitpunkt waren ihre Clips nur auf den DVDs der jeweiligen Musikkünstler zu sehen. Außerdem weigert sich unter anderem Viva bis heute standhaft, neben der Band, dem Songtitel und dem Album auch den Namen des Clip-Regisseurs aufzuführen. Dabei ist spätes- tens seitdem Videoplayer wie der iPod den Markt erobert haben der Clip genauso wichtig für den Erfolg wie der Song selbst. Als eherne Regel gilt, dass das Werk eines Musikkünstlers sowohl in den Radiosendern als auch den Musiksender gespielt werden muss, um ein Hit werden zu können.3
Nach einer langen Etablierungsphase seit Mitte der Achtziger Jahre, in der dem Genre unter anderem Cliptomanie und Kleptomanie und Chrestoma- nie4 vorgeworfen wurden, ist der Videoclip seit kurzem als Kunstform anerkannt: Das Museum of Modern Art in New York widmete der Kunst- form bereits zweimal eine Retrospektive. Im Jahr 2004 stellte die Ausstel- lung Video im Düsseldorfer NRW-Forum die wichtigsten zeitgenössischen Tendenzen vor.
Den Clips der innovativen Videokünstler, zu denen neben vielen anderen Michel Gondry, Chris Cunningham und Spike Jonze gehören, kann aus Sicht der Filmavantgarde weder Cliptomanie noch Kleptomanie unterstellt werden. Auch wenn die Werke dieser Künstler nicht repräsentativ für den auf Musiksendern dargebotenen Mainstream stehen, machen sie auf das Potential aufmerksam, dass in diesem Genre schlummert.
In der vorliegenden Arbeit wird zunächst auf das Phänomen Musikvideo erörtert: Hierbei liegt der Fokus auf der Entwicklung des Genres von der sogenannten Augenmusik bis hin zum unabhängigen Kunstwerk unter Be- achtung der über die Jahre entwickelten genrespezifischen ästhetischen Merkmale. Daraufhin werden Dimensionen und Herangehensweisen des analytischen Betrachtens herausgearbeitet. Im darauffolgenden Abschnitt wird Björks künstlerische Entwicklung unter biografischer Bezugnahme beschreiben.
Das nächste Kapitel besteht aus den Analyen ausgewählter Musikvideos der Isländerin. Hierbei wird dem Clip-Regisseur Michel Gondry besondere Bedeutung zuteil: Er produzierte insgesamt sieben Clips für Björk, jeder Einzelne davon ist durch die innovative Umsetzung ein Meisterwerk für sich. Des Weiteren wird das einzigartige Bravourstück All Is Full of Love, welches Chris Cunningham produzierte, näher betrachtet. Abschließend werden zwei aristophanische Werke des Regisseurs Spike Jonze analysiert.
Die Möglichkeiten der Behandlung von Musikvideos im Kunstunterricht der Realschule werden im Anschluss aufgezeigt. Nach einer Niveauermitt- lung, die sich auf den Bildungsplan, das Freiburger Filmcurriculum sowie auf Beispiele aus dem bundesweiten Schülerfilm-Wettbewerb von Cine- school, einem Online-Portal für Schülerfilme, stützt, werden Unterrichts- ideen anhand von einigen zuvor analysierten Musikvideos dargestellt.
2 Das Phänomen Musikvideo: Entwicklung, Ästhetik, Analyse- und Interpretationszugänge
2.1.1 Von der visuellen Musik zum Musikvideo
Der sogenannte Avantgarde-Musikfilm der 1920er-Jahre wird als Ursprung der visuellen Musik angesehen. Bei der visuellen Musik werden die Bilder direkt in einen Ton umgesetzt.5 Das Werk Berlin – Sinfonie einer Großstadt von Walther Ruttmann ist eines der bekanntesten Werke dieser Zeit. Mu- sikfilme wie dieser hatten großen Einfluss auf die rund fünfzig Jahre spä- ter entstehenden Videoclips, indem sie die Technik in Ansätzen vorgaben. So orientierte sich das erste Musikvideo überhaupt, Bohemian Rhapsody von den Queens aus dem Jahre 1976, vor allem an den Symmetrien und Kaleidoskop-Optiken der Experimente jener Avantgarde. Der Regisseur dieses Clips, Bruce Gowers, erstellte das Musikvideo als Verkaufshilfe und landete sofort einen Treffer: Nach der ersten Ausstrahlung auf BBC wurde die Platte zum Verkaufserfolg. Hierin zeigt sich, dass die Funktion des Vi- deoclips immer auch die eines Werbeclips ist. So rangieren Musikvideos bis heute zwischen Werbung und Videokunst.
2.1.2 Clips als „Werbende Klangaugen“: MTV & VIVA
Der Song Video Kills the Radio Star von The Buggles war in zweierlei Hin- sicht verheißungsvoll: Er prophezeite nicht nur das Ende der rein auditiven Musik durch das Aufkommen der Gattung Musikvideo, sondern der Clip zu dem Song war zudem der Erste, den der Sender MTV 1981 in den USA aus- strahlte.
Die Gründung von MTV ist vor allem auf die Werbewirkung zurückzufüh- ren. Als Anfang der Achtziger Jahre der Verkauf von Schallplatten ein- brach, gründete der Mediengigant Warner 1981 den Sender MTV, um den Verkauf anzukurbeln. Schnell erkannte die Musikindustrie die Zugkraft der Clips für den Verkauf und bewilligte jungen Regisseuren wie dem Autodi- dakten David Fincher oder dem Filmhochschulabsolventen Michael Bay Bugets über umgerechnet rund zwei Millionen Euro. Nie zuvor war eine Generation junger Filmemacher mit solchen Mitteln ausgestattet worden. Den „jungen Wilden“6 tat sich eine Spielwiese auf, auf der sie ihre visuellen Fantasien ausleben konnten. Dabei übernahmen sie nicht nur Techniken der bildenden Kunst wie die digitale Bildbearbeitung: Ihre Clip-Ästhetik war geprägt durch einen erhöhten Pulsschlag, der durch rasante Kamera- fahrten und Schnittfolgen zustande kam.
Nach den Beobachtungen von Emons nahmen die narrativen Elemente im Clip in den neunziger Jahren stark zu. Dies ging mit der Tendenz einher, dass die Bilderebne von der Klangebene unabhängiger wurde, auch wenn sie noch immer aufeinander Rücksicht nahmen.7 Damit kam der Bilderebe- ne eine Bedeutung zu, die sie ursprünglich nicht hatte. Die Emanzipation der Erzählung im Clip kann so weit gehen, dass sich die ursprünglichen Rollen verkehren: Das Primärmedium wird zum Soundtrack einer aus- drucksstarken Bildersprache. Beispiele hierfür sind der Clip Windowlicker von Chris Cunningham bei dem der Song in eine autonome Geschichte ein- gebettet wird.
Zur selben Zeit gab die Ästhetik der Musikvideos und der Werbeclips der Spielfilmproduktion neue Impulse, denn viele Clip-Regisseure behielten ihren Stil bei, als sie in den neunziger Jahren ihre ersten Spielfilme dreh- ten. Beispiele dafür sind Lola Rennt (1998) und Matrix (1999). Der Clip- Regisseur Jonas Åkerlund stellte in seinem Spielfilmdebut Spun (2002) ei- nen Schnittrekord von 5345 Cuts auf. „Wie wild geworden“, kommentierte der Berliner Tagesspiegel, mische der Regisseur „Zeitraffereinstellungen, Parallelhandlungen mit Splitscreen, Detailaufnahmen und extreme Kame- rawinkel durcheinander“8. Auch ambitionierte Filmemacher integrierten die Clip-Ästhetik in ihre Filme. So zum Beispiel David Lynch in seinem Werk Wild at Heart, das 1990 erschien. Im „postmodernen Film“ wurde die Ver- schmelzung von hoher Kunst und Massenkultur dann Programm.9
2.1.3 Der schleichende Untergang der Musiksender
Die Krise der Musikindustrie hat geringe Budgets für die Clips zur Folge gehabt.10 Weil die Stars heute einen größeren Teil des Budgets aus eigener Tasche zahlen müssen, verlangen sie, im besten Licht präsentiert zu wer- den, erklärt Nispel. „So wird ein Musikvideo zur Ego-Zeremonie. Da müs- sen wir am Computer riesige Menschenmassen erzeugen, die den Star im Video anhimmeln. Das engt die Möglichkeiten des Regisseurs enorm ein.“11
So weisen die auf VIVA und MTV zur Hauptsendezeit ausgestrahlten Clips einen schemahaften Charakter auf. MTV Deutschland will seid dem ersten Januar 2011 für die Ausstrahlung der Clips Geld sehen: So wandelte sich der Musiksender jüngst zum Pay-TV-Privatsender.12 Je größer der Star und das zur Verfügung stehende Budget, desto geringer die Möglichkeit der kreativen Entfaltung für den Regisseur.13 Aus diesem Grund arbeiteten die großen Meister der neunziger Jahre lieber mit Künstlern zusammen, deren Songs weniger Aussichten auf die Top Ten hatten und erkauften sich da- mit durch geringere Mittel die künstlerische Freiheit. Dabei entstehen meist die kreativeren Werke, die den „state of the art“ des modernen Kurz- films darstellen.14 Ein weiterer Trend, der sich aufgrund der geringen Bud- gets entwickelt hat, sind die Low-File-Produktionen, wie das Werk Praise You vom dem Musiker Fatboy Slim. Einige Clip-Regisseure transformieren den Körper der Stars mithilfe der Computertechnik; so verwandelt Chris Cunningham Madonna in dem Clip zu Frozen in einen Hund. Der Regisseur Marcus Nispel sieht darin eine „unbewusste Rebellion. […] Denn das Einzi- ge, was der Regisseur als gegeben hinnehmen muss, ist der Star. Im Musik- video ist er das Produkt, vergleichbar mit dem Weichspüler im Werbefilm.
Den Körper des Stars zu entstellen, das Produkt also selbst zu verändern, ist gut für unser Ego.“15
2.2 Die Ästhetik des Musikvideos
2.2.1 Ästhetische Merkmale: Der Videoclip als Augenmusik
Der wesentliche Unterschied zwischen Musikvideos und Spielfilmen ist, dass die Clips im Gegensatz zum Film und seinem Soundtrack erst nach der Musik entstehen. Der Clip-Regisseur wird also durch die Musik zu Bil- dern inspiriert – ganz im Gegensatz zu Spielfilm-Regisseuren, denen es in erster Linie um Erzählung, Dramaturgie und Schauspiel geht. Diese visuelle Arbeitsweise hat zur Folge, dass Videoclips in den allerseltensten Fällen rein erzählende Werke sind. Aufgrund ihrer assoziativen Bildhaftigkeit weisen sie einen weitaus stärkeren metaphorischen Charakter als Spielfil- me auf.16 Dies kommt ihrem eigentlichen Sinn, nämlich Stimmungen statt Überlegungen beim Zuschauer auszulösen, zugute. Das Maß an Metaphorik und Narrativität ist in den verschiedenen Musikvideos unterschiedlich stark ausgeprägt und hängt in erster Linie von der Arbeits- und Denkweise des Clip-Regisseurs ab.
Substanziell bei verschiedenen Definitionen des Musikvideos sind folgende Aspekte: die durch den Song verursachte zeitliche Begrenzung, die Mate- rialität des Mediums (Video) sowie dessen Funktion, nämlich die des Wer- bemittels für den jeweiligen Song und Interpreten.17 Videoclips sind Teil einer Cross-Culture, „in der sich avantgardistische Tendenzen der Medien- kunst und Elemente der Populärkultur verbinden“18. Hier verschmelzen künstlerische Avantgarde, Werbung und Kommerz miteinander in einem Medium.
Zu den stilistischen Mittel der Clips gehören ständig wechselnde visuelle Reize, die durch die hohe Schnittfrequenz zustande kommen, Detailauf- nahmen, schräge Blickwinkel, intensive Bewegungen vor oder mit der Ka- mera, Bildeffekte wie Zeitlupenaufnahmen, zerfließende Mehrfachüber- blendungen; Attraktionsmontagen sowie ein Soundtrack, der den Rhyth- mus der Bilder bestimmt. Ein anderes typisches Stilmittel wurde die offe- ne, häufig ironisierende Verwendung kulturhistorischer Versatzstücke und Zitate.19
Wie zu Beginn erwähnt weisen Clips ein inverses Bild-Ton-Verhältnis auf, denn im Video gibt es einen visual track, der die Musik, aber keinen sound track, der die Visualisierung begleitet.20 Diese artifiziellen Verkehrung her- kömmlicher Wahrnehmung hervorhebend wurden Videoclips als Augen- musik21, Tönende Bilder22, Werbende Klangaugen23 und Visueller Sound24 be- zeichnet. Durch das Video beschreibt sich Musik visuell, jedoch nur als „metonymischer Teil einer erlebnismäßig viel weiteren, synästhetischen Erregung, die den Sehsinn übersteigt“25. Aufgrund dieser sich aus dem Be- deutungsüberschusses ergebenden experimentellen Möglichkeiten wurde das Musikvideo oft synästhetischen Kunstformen gegenübergestellt. Des Weiteren paaren sich in den Clips Funktionen und Darstellungsweisen un- terschiedlicher Mediengattungen: Auf der einen Seite stehen Musik, Radio, Fernsehen und die verschiedensten Techniken der (audio-)visuellen Dar- stellung, auf der anderen Seite Schauspielerei, Tanz, Styling, Starinszenie- rungen und das Livekonzert.
Die deutlichste formale Beschränkung der Musikvideos unterworfen sind ist die zeitliche Restriktion. Daraus ergibt sich die Tendenz zu einer Frag- mentierung beziehungsweise Auflösung narrativer Formen zugunsten as- soziativer Kohärenzprinzipien. Die Clips bestehen aus Bildfragmenten- und folgen. Bedeutung wird in diesen Bildfragmenten folgendermaßen ver- liehen: Sie weisen neben dem Bild an sich als ikonisches Denotat intertex- tuelle Verweise auf. So weisen Videoclips zahlreiche Zitationen und Ans- pielungen auf Hintergrundtexte auf: Diese können sich beispielsweise auf politische Ereignisse, Prominente, religiöse Symbolwelten oder andere Fil- men beziehen. So nährt sich das Musikvideo aus den visuellen Datenban- ken der Geschichte. Emons bezeichnet sie daher als Bildcollagen und stellt fest: „Es scheint als wiederhole sich in der Geschichte des bewegten Bildes ein Prozess, den in der bildenden Kunst die Collage angestoßen hatte, die als erste ein antiklassisches und antitraditionelles Denken anregte und da- zu zwang „nicht nur das Zufällige, sondern alles, was da ist, zu akzeptie- ren“.26
Besonders in Konzept- und seminarrativen Clips werden die Bildfragmente in assoziativer Weise verknüpft und aufeinander bezogen. Aufgrund dieser assoziativen Verknüpfung erscheint die semantische Struktur inkohärent und oftmals arbiträr, der Clip erzeugt Mehrdeutigkeiten. Diese Polysemien müssen aus dem kulturellen Kontext heraus gedeutet werden. Neue Bedeu- tung entsteht nun dadurch, dass Bekanntes in einen neuen Kontext ge- bracht wird. „Alles was bildförmig ist kann und wird auch unabhängig vom Inhalt verwertet. Rhythmus und Schnitt verschmelzen selbst unvereinbares zu einer neuen Metamorphose.“27 Die Autonomie des Bildes im Videoclip sorgt für das Privileg mit jedem Teil des Songs zu interagieren; sei es mit dem Rhythmus, den durch das Werk provozierten Gemütsbewegungen oder dem Image des Künstlers. Hausherr sieht die Zitate nicht als wesent- liches Clip-Element an: „Ebenso wenig wie in den avantgardistischen Bil- dern ist in den Musikvideos die Referenz das wesentliche Element. Es geht hier ja nicht mehr um das Sehen-Lassen, sondern eben um das Anders- Sehen-Lassen oder das Nicht-Sehen-Lassen, oder, nach den semiotischen Regeln der Definition des Kunstwerks, das Sich-Selbst-Sehen-Lassen.“28 Ge- nauso lockern sich die funktionalen Referenzen der Bilder zu ihren musi- kalischen und sprachlichem Kontext. Obwohl die visuelle Ebene in den rhythmischen Fluss der Musik integriert ist und gelegentlich Analogien zu Stichworten des Textes auftreten, bleiben die Bilder weitgehend aus- tauschbar. Diese Austauschbarkeit hat sich durch die technischen Innova- tionen bei der Aufnahme und vor allem bei der Nachbearbeitung noch ver- stärkt.
Koch macht darauf aufmerksam, dass Musik, Songtext und Bilder, als Sprache oder sprachähnliche Konstrukte gesehen, eine je eigene Geschich- te erzählen, wobei sie sich gegenseitig verstärken, hemmen oder wieder- sprechen können.29 Aus dem Zusammenspiel dieser drei Ebenen ergibt sich eine Fülle an Interpretationsmöglichkeiten.
2.2.2 Untersuchungsdimensionen: Strukturelle Elemente des Vi- deoclips
Welche Elemente verleihen dem Musikvideo Struktur? Da, wie schon erläu- tert, der Song das Bild bestimmt, leuchtet es ein, zunächst die in der Auf- führung enthaltenen Aspekte für die Strukturbildung verantwortlich zu machen. Ein grundlegendes Gliederungsprinzip besteht einerseits durch die auf Wiederholung basierende Struktur der meisten Popsongs sowie durch die Performance, welche bis heute die vorherrschende Darstellungs- form in Videoclips ist.30 Das dritte strukturbildende Element stellt die Mon- tage dar: so sorgen verschiedenen Schnitttechniken dafür, dass die Narra- tion eine zusammengehörige Einheit ergibt. Das letzte strukturbildende Element folgt aus der kommerziellen Funktion des sich in der Popmusik- kultur bewegenden Musikvideos. Es ist also kulturindustriellen sowie me- dienökonomischen Zwängen und damit auch populärkulturellen Gestal- tungszwängen unterworfen. Damit ist seine Ästhetik an bestimmte Hers- tellungs-, Verwendungs-, Distributions-, Nutzungs- und Rezeptionskontex- te gebunden.31 Das Musikvideo stellt also eine „Symbiose aus Kommerz, Unterhaltung, Vergnügen und jugendlichem Lifestyle gepaart mit symbo- lisch-imaginärer Widerständigkeit“32 dar.
Christoph Jacke betont die Notwendigkeit der interdisziplinären Durch- dringung des Phänomens Videoclip und stellt einen Strukturierungsbedarf der Problembereiche im Musikvideo über Fachgrenzen hinaus fest. Er sieht die Studie des Soziologen Altrogge als Ausnahme an, welchem diese inter- disziplinäre Herangehensweise gelungen sei.33 Der Beitrag Helms` hierzu sind Fragestellungen des Massenkommunikationsprozesses. Er nennt hier- zu vier Bereiche: Produktion (also die Frage nach den Motiven der an der Produktion Beteiligten, der Produktionsabläufe- und Ästhetik), die Distri- bution (also unter anderem die Frage nach den Motiven der Vertriebe, die Bedeutung und Rolle der Werbung und PR), die Rezeption (also unter an- derem die Frage nach den Motiven der Rezipienten oder der Gruppen der Rezipienten, die Rezeptionssituationen und –abläufe) und die Weiterverar- beitung (also unter anderem die Frage nach der Bedeutung der Clips für Alltagsstrukturierungen und Handeln, Weiterverarbeitungsabläufe und He- rausbilden von Fankulturen). Dieses Modell kann bei der Frage, warum manche Clips erfolgreicher sind als andere, nützlich sein, denn dies scheint bei der Betrachtung des Programminhalts der Musiksender weniger eine produktionsästhetische- noch eine rezeptionsästhetische Frage als vielmehr eine Frage nach den Strukturen und Dynamiken des Musikbusi- ness zu sein.34
Eine ausführliche, interdisziplinäre Betrachtungsweise bleibt in der Praxis, aufgrund der eingeschränkten Kenntnisse des jeweiligen Forschers Utopie. Dieser Einsicht scheint auch Altrogge zu haben wenn er schreibt: „Welche Wissenschaftsdisziplin sich auch beteiligt – die Welt der Musikvideos dient dazu, die unterschiedlichsten Hypothesen zu illustrieren.“35 Aus welcher Sichtweise kann der Videoclip nun aus kunstwissenschaftlicher Perspekti- ve analysiert und klassifiziert werden?
2.2.3 Klassifikatorische Modelle und analytische Verfahren
Wie können Musikvideos nun konkret analysiert und interpretiert werden? Frühe Interpretationsmodelle orientierten sich an literarischen, filmstilisti- schen und semantischen Kategorien.36 Das angemessenere Gegenstands- verständnis führte über Jahrzehnte zu einer Ausdifferenzierung und Spe- zifizierung der Modelle. Aktuelle Modelle klassifizieren die Musikvideos nach strukturellen Prinzipien37 und verorten die Interpretation innerhalb in für Musikvideos spezifischen Kontexten38. So schlägt Altrogge vor, nach „der Rolle des Tons bei der Wahrnehmung der Bilder und deren mögli- cherweise rückwirkende Konsequenzen für die Generierung musikalischer Bedeutung“39 zu suchen. Dies könne in zweierlei Hinsicht geschehen: ei- nerseits auf rein formaler Ebene, indem man sich fragt wie tonale und bild- liche Einzelereignisse beziehungsweise Sequenzen strukturell montiert sind. Hierbei ist ein Blick auf musikalische Rhythmen und Schnittfolgen angebracht. Diese werden als typologische Modelle bezeichnet. Im zweiten Schritt könne dies durch analytische Verfahren auf semantischer Ebene geschehen, indem man beispielsweise die Korrespondenz der Klangfarbe und der dadurch erzeugten Stimmung sowie die Bilddarstellungen inhalt- lich wie formalästhetisch analysiert und deren denotierte und konotierte Bedeutungen erforscht.
Die Bedeutung der einzelnen Elemente und deren Verkettung lässt sich vor dem Hintergrund potentiell möglicher, jedoch nicht realisierter Möglich- keiten bestimmen. Die Darstellung dieser Bedeutungsmöglichkeiten erfor- dert einen umfangreichen kulturellen Wissensvorrat hinsichtlich ästheti- scher Gestaltungsprinzipien, klassischer Erzählmotive und Sujets sowie einen Wissensvorrat über Bereichs- und subkulturspezifischer Lebenssti- le.40
Eine detaillierte Einzelanalyse des jeweiligen Clips kann nach Rötter fol- gendermaßen aussehen:
A Analyse der auditiven Ebene
1. Analyse der Musik
a) Melodik
b) Harmonik
c) Rhytmik
d) Dynamik
e) Form
f) Instrumentierung, Effekte (eventuell auch Geräusche)
2. Analyse des Textes
a) Genre
b) Themen
c) Sprachstil
d) Emotionale Aspekte
B Analyse der visuellen Ebene
1. Analyse des Bildinhalts
a) fiktive oder reale Darstellung
b) Stereotypenbildung
c) Präsenz der Musiker im Clip und die Rolle der Musiker untereinander
d) Symbolik der Darstellung (Farben, Formen, Gegenstände, Ausstattung)
e) Zitate
2. Analyse filmtechnischer Aspekte
a) Schnitte: Häufigkeit, weich oder hart; Blenden
b) Kameratechnik (Panorama, Total, Halbtotal, Halbnah, Amerikanisch, Nah, Groß, Detail), Positionswechsel, statische oder bewegte Kameraführung, Zooms, be- sondere Aufnahmetechnik (z.B. Homevideo als Stilmittel)
c) Farbgestaltung und Effekte (Filter, Farbe, Schwarz-Weiß, Grundfarbe des Clips)
d) Weitere Aspekte: Zeitlupe, Zeitraffer, Morphing etc. C Das Verhältnis von auditiver zur visuellen Ebene
1. Umsetzung der musikalischen und textlichen Parameter im Bild
a) Kongruenz von Metrum, Rhythmus und Schnittfolge
b) Beziehung zwischen der Musik und dem zeitlichen Gefüge im Film
c)Kongruenz von musikalischer und filmischer Aktivität
d) Beziehung der filmtechnischen Aspekte zur Musik
e) Verschiedene Aspekte: Beziehung von Musik und Symbolik (Zitate) im Bild, Umsetzung von Toneffekten im Bild, Umsetzung weiterer musikalischer Para- meter im Bild
2. Umsetzung des Textes im Bild
D Zuordnung des Clips
1. Zielgruppenspezifisch
2. Klassifikation
Bei dieser Einzelanalyse werden also zunächst die drei Ebenen der Symbo- lisierung Ton, Sprache und Bild analysiert und einzeln auf formalästheti- sche sowie inhaltliche Aspekte untersucht. Daraufhin wird die Interaktion der drei Ebenen miteinander untersucht (auch im Bezug auf die jeweiligen formalästhetischen/semantischen Strukturen). Zuletzt erfolgt die Untersu- chung auf rein formale und strukturelle Zusammenhänge der drei Ebenen. Dabei können nach Schmidt drei Einwirkungsbereiche in den Blickwinkel genommen werden41:
a) Analyse des zeitlichen Zusammentreffens einzelner visueller, textlicher und musikalischer Ereignisse. Hierbei wird das punktuelle gemeinsame Auftreten zweier lexikalischer Einheiten, wie Bild/Text oder Bild/Ton, un- tersucht und ermittelt, welche Harmonien sich daraus ergeben.
b) Inwieweit ergeben sich durch einen gemeinsamen Rhythmus von Bild und Ton/Text strukturelle Parallelen? Inwieweit sind diese ausgeprägt (über längere Zeit bis durchgängig)?
c) Weisen diese Parallelen eine formale Ordnung auf? Handelt es sich bei der Übereinstimmung visueller und auditiver Strukturen um eine Ordnung in Form einer Übereinstimmung bestimmter Ton- und Textsequenzen mit immer wiederkehrenden Bildfolgen? (Diese Wiederholung kann im Refrain eines Songs erfolgen.)42
Im Bezug auf die klassifikatorische Zuordnung des Clips orientiert sich Springklee ausschließlich am Bild und ordnet Videoclips vier unterschied- lichen Typen zu: Er geht zunächst von der Performance aus, welche eine musikalische Aufführung darstellt, die durch die Einheit von Ort, Zeit und Handlung charakterisiert ist. Dies kann zum einen in Form von Konzert- mitschnitten oder zum anderen durch die nachträgliche Verfilmung be- reits vorhandener Musikaufnahmen, welche die Musiker in unterschiedli- chen Kulissen zeigen, geschehen. Diese so genannten Performance-Clips sind entweder inhaltlich neutral, beziehen sich auf den Inhalt des Stücks oder stellen Fantasiebilder dar. Wie schon erwähnt ist die Mehrzahl der Clips heute perfomancelastig. Eine Abnahme dieses Bezuges hat zur Folge, dass die Bilder an eigenständigem Symbolwert gewinnen, da sie nicht mehr als unmittelbar durch den Ton und damit der Performance entstanden interpretiert werden können.
Der zweite von Springklee klassifizierte Typus sind die seminarrativen Clips. Auch in diesen Clips dominieren die Musiker; es werden jedoch auch Textbezüge hergestellt. Dies kann beispielsweise durch das Hinzutreten von Statisten geschehen, die die Aussage des Songtextes szenisch unters- tützen. Außerdem können Filmszenen eingeblendet werden.
Die narrativen Clips stellen eine zum Song passende Story dar. Eine Form besteht aus der Darstellung des Interpreten sowie eingeblendete Filmsze- nen; im Vergleich zu den seminarrativen Clips sind hier beide Darstel- lungsweisen gleichgewichtet. Die reinste Form stellt bei diesem Typus je- doch die durchgehende Filmhandlung dar, bei der der Musiker als Schau- spieler auftritt. Eine Unterkategorie ist die Video-Story, die sich durch eine größere Länge auszeichnet und eine Einleitung sowie einen Schluss auf- weist, welche den Song umrahmen. Eine weitere Unterkategorie ist der Ef- fektclip, welcher durch Zeichentrick- und Computeranimationen auszeich- net und an der Schnittstelle zwischen narrativen und Art-Clips steht.
Stammen die im Clip verwandten Gestaltungselemente aus der bildenden Kunst spricht man von Art-Clips. Eine Handlung ist hier nicht zu erkennen. Auch hier findet die Zeichentrick- und Computergrafik Verwendung.43
Im Gegensatz zu der Einteilung von Springklee, die sich ausschließlich an den Kriterien am Bild orientiert, schlägt Haak ein Modell vor, welches die zielgruppenspezifische Zuordnung in die Überlegungen miteinbezieht und zwischen drei Ebenen differenziert: Die musikstilistische Ebene reicht vom Soft Pop/Dance bis zum Pop/(Hard-)Rock . Hierbei findet sich eine zuneh- mende Härte des Ausdrucks, eine steigende Informationsdichte sowie auch eine stärkere Anbindung an eine Subkultur. Während dem Soft Pop noch eine allgemeinverständliche Symbolik innewohnt, kann der Hard-Rock nur noch von Mitgliedern der Subkultur verstanden werden. Rütter geht davon aus, dass diese Klassifikation heute keine Gültigkeit mehr hat.44 Die zweite Ebene bezieht sich auf die filmische Binnenstruktur: Je nachdem wie stark der konzeptionelle Charakter, also der Zusammenhang der einzelnen Bil- der beziehungsweise Bildfolgen ist, weisen Clips entweder autonome Ge- schichten auf (narrativ), zeigen Ereignisse (situativ) oder Bildfragmente (il- lustrativ). Die dritte Ebene bezieht sich auf inhaltliche Aspekte. Nach Haak existieren fünf Rahmenbedeutungen: Interpreten-Inszenierung, Idylle, Ap- pell, Hedonismus, individuelle Gefühlswelten und Gruppenkonstitution. Diese Kategorien wurden aus empirischen Beobachtungen gewonnen und eignen sich nach Haak ausschließlich für eine grobe Klassifikation, da sie keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.45
3 Björks Biografie und künstlerische Entwicklung
3.1 Björks Kindheit von 1965 bis 1977
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Björk Gudmundsdóttir wurde am 21. November 1965 in Reykjavík, der Hauptstadt Islands46, gebo- ren. Ihr Vater Gudmundur Gunnarsson war Elekt- riker und Gewerkschafter, Hilur Hauksdóttir, die Mutter, arbeitete im Büro und war freischaffende Künstlerin. Ihre Eltern, die erst kurz vor ihrer Ge- burt geheiratet haben und sich bereits 1968 wie- der scheiden ließen, verständigten sich darauf, Abbildung 1: Björk als Kind dass Björk bei beiden Elternteilen aufwachsen sollte. Ihre Mutter zog in eine Wohngemeinschaft, gab ihre Anstellung auf und jobbte in Bars und Nachtclubs. Björks Vater zog wieder zu seinen El- tern.
Bis Björks Mutter Saevar Árnasson geheiratet hatte, der Gitarrist in der populären Band Pops war, hatte Björk mehr Zeit bei ihrem Vater und des- sen Eltern verbracht. Nach der Heirat ihrer Mutter wohnte Björk in der Wohngemeinschaft, die ihre Mutter und ihr Stiefvater mit fünf Freunden gegründet hatten und wuchs so in zwei recht unterschiedlichen Haushal- ten auf. Zwar gingen die Erwachsenen Mitglieder der Wohngemeinschaft einer geregelten Arbeit nach, jedoch strebten sie nicht nach Karrieren oder nach Wohlstand, sondern verbrachten viel Zeit damit zu malen, zu lesen und zu musizieren. Sie hörten gemeinsam Musik, rauchten Haschisch und ließen Björk viel Freiheit, zu tun, was immer ihr gerade in den Sinn kam. Björk wurde von den WG-Mitgliedern wie eine kleine Erwachsene behan- delt. Sie bestimmte selbst, wann sie zu Bett ging und welche Kleidung sie trug.
In der Schule war Björk zum einen durch ihr asiatisches Aussehen in einer Außenseiterrolle. Vom Vater erbte sie das Antlitz eines Inuit, weshalb sie von den anderen Kindern den Spitznamen „Chinamädchen“ bekam. Zudem bekam sie in Mathematik Begabtenförderung und war obendrein hochmu- sikalisch. Als hyperaktives Mädchen langweilte sie sich schnell und wollte sich den Regeln der anderen nicht anpassen. Björk äußerte sich darüber folgendermaßen:
„Schon als ich vier Jahre alt war, glaubten die Leute, dass ich ein Sonderling wäre. Ich kam zu dem Entschluss, entweder mein Leben nach Regeln zu leben, die andere Leute gemacht hatten, Regeln, die ich nicht verstand und die mich unglücklich ma- chen würden, oder zu tun, was mir passte. Das Letzte ist doch wohl das, was am meisten Spaß macht, oder?“ 47
In ihrer Introvertiertheit war sie eher froh, in einer Sonderrolle zu sein und machen zu können, was sie wollte. Sie flüchtete sich in Tagträume, wann immer sie sich in die Enge gedrängt fühlte oder langweilte:48
„When I was growing up [...] I always had this feeling that I had been dropped in from somewhere else. That was how I was treated at school, where everybody thought I was unusual because I was Chinese. It gave me room to do my own thing. In school, I was mostly on my own, playing happily in my private world, making things, composing little songs.“49
Björk störte sich weder an ihren Spitznamen noch machte ihr das Allein- sein etwas aus: „I just liked being on my own. I didn’t care what other people thought of me”.50
In Bezug auf musikalische Sozialisation wurde Björk einerseits von dem pausenlos in der Wohngemeinschaft laufenden Plattenspieler inspiriert.
Hier spielte die Musik der sechziger Jahre: Jimi Hendrix, Joni Mitchell, Eric Clapton, Janis Joplin und am häufigsten die Beatles, die alle in der WG mochten. Bei den Großeltern lief hingegen als Kontrastprogramm Jazz- und Volksmusik. Björk nahm dies alles in sich auf. Als Vierjährige soll sie aus dem Musical Sound of Music das Lied Sixteen Going on Seventeen so gemocht haben, dass sie es auswendig gelernt hat. Außerdem soll sie be- reits als Kind selbst kleine Lieder erfunden haben und oft laut singend durch die Straßen gelaufen sein. Ihre Mutter stärkte ihr Selbstvertrauen und unterstützte Björk darin, kreativ und spontan zu sein. Sie erinnert sich, dass Björk sich schon seit sie Laufen und Sprechen konnte auf Fami- lienfesten als Bühnenstar inszeniert hat.51
Ihr musikalisches Talent wurde in der Familie ge- fördert: Ihre Mutter ermöglichte ihr eine Ausbildung an einer Musikschule, wo Björk im Alter von fünf bis fünfzehn Jahren Unterricht in Musiktheorie, Kom- positions- und Harmonielehre, aber auch im Block- und Querflötenspiel und am Klavier erhielt.52 In der Musikschule bekam sie klassische Musik zu hören, dachte aber, dass es nicht richtig sei, wenn es schwerpunktmäßig um alte Meister wie Bach und Beethoven ging.53 Im Alter von sieben Jahren war Björk so weit zu sagen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Björk musiziert
„I was convinced that this music was ancient history, that I would do something new. I think that as soon as any form becomes traditional, like guitar, bass and drums, then people start to behave traditionally. It’s really difficult to get a band to stay on the edge using the typical set-up because it tends to lapse into a pre- dictable form.“ 54
Schon von klein auf spielte in Björks Leben Musik eine große Rolle: Ihre Mutter, die ihr isländische Wiegenlieder vorsang, erinnert sich, dass die einjährige Björk eine Gänsehaut bekam, wenn sie ein schönes Lied hörte.55 Als Erwachsene sagte Björk hierüber:
„Singing was very pure for me: it was my own private way of dealing with the other things going on in my head. I used my voice to think, in the same way that Budd- hists use their “Om” chanting. I just always sang the only way I can sing. I love to singing the wind, in the rain, during the storm, at sea, on a lava flow … me against the elements. Where I lived, there were no cars, and we went everywhere by foot, and on the way to my grandparents’ house, music school or my mother’s house, I would be singing all the time.“ 56
In Björks Leben war Musik überall, und meistens hatte sie ihren Kassetten- rekorder und mehrere Kassetten dabei. So konnte sie je nach ihrer Stim- mung den dazu passenden Song spielen:57 „Like a diary, melodies and ly- rics were the precious secrets, friends that kept me sane through a bit of mad youth.“58 Die erste Platte, die Björk sich kaufte, war das Album Kimo- no My House der Band Sparks.59
Dennoch waren nicht etwa irgendwelche Pop- oder Rockstars ihre Idole, sondern Wissenschaftler, die wie Einstein wundersame Dinge entdeckten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Sie schwärmte für den britischen Zoologen David Attenborough. Wie andere gute Schü- ler ihrer Klasse sammelte sie Insekten und gehörte der Schachgruppe an.60
Abbildung 3: Plattencover "Björk"
Bereits mit elf Jahren nahm Björk mit Hilfe ihrer Mutter und deren Musikerfreunden ihre erste Platte Björk mit Heimatliedern auf, die im Herbst 1977 veröffentlicht und in Island mit Gold ausgezeichnet wurde. Björk war die Aufmerksamkeit, die ihr dadurch zuteil wurde, zuwider. Das Album enthielt nur ein von ihr selbst komponiertes Lied, das sie zu Ehren des gleichnamigen Land- schaftsmaler Jóhannes Kjarval verfasst hatte. Sie wollte noch kein Star sein und frei dafür bleiben, in der Musik Neues zu erschaffen. 61
3.2 Björks Teenagerjahre von 1979 bis 1986
Mit dreizehn Jahren gründete sie zusammen mit drei anderen Mädchen der Musikschule ihre erste Punkband namens Spit & Snot. Zu dieser Zeit trug sie abrasierte Augenbrauen und spielte Schlagzeug. „Jungs haben wir für Schwachköpfe gehalten, nur gut zum Vögeln“62, verriet Björk in einem Interview. Im Lauf des Sommers 1980, als Björk vierzehn war, zog sie von zu Hause aus und verdiente sich ihr Geld durch Jobs in einer Fischfabrik, in einem Anti-
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Teenager Björk
quitätenladen und einer Coca-Cola-Abfüllanlage. Mit zwei Freundinnen leb- te sie in einer WG und spielte, von der englischen Gruppe Sex Pistols und der englischen Punk-Kultur der 70er Jahre im Allgemeinen inspiriert, in diversen Bands wie Exodus (1979-80), Jam80 (1980), Tappi Tikarass (1981- 83) und Kukl (1984-86). Den Sound der Sex Pistols fand Björk schnell zu konventionell, sie wurde Fan der britischen Hardcore-Punkband Dischar- ge.63
Als sie sich in den Gitarristen Thór Eldon verliebte, zieht Björk am selben Abend zu ihm und lernt bei ihm Sjón, Einar Örn und andere kennen, die alle der Dichtergruppe Medusa angehören. Medusa bestand aus Dadais- mus-Dichtern und Künstlern, die versuchten der Punkszene die künstleri- sche Richtung zu weisen. In deren nächtelangen Diskussionen mischte sich Björk ein und vertrat als einzige Frau mutig ihre Sichtweisen. Thór Eldon schenkte ihr George Batailles erotische Erzählung Die Geschichte des Au- ges. Die Lektüre dieses Buchs veränderte ihre Einstellung zu Konventionen und moralischen Regeln und prägte ihre Leidenschaft für die Musik. Als sichtbares Zeichen für ihr neues Lebensgefühl ließ sie sich auf ihren rech- ten Oberarm den tausend Jahre alten Runenkompass der Wikinger tätowie- ren, der die vielen Richtungen anzeigt, die das Leben nehmen kann. Sie wollte sich künftig ihren Instinkten anvertrauen und in ihrem Leben offen für alles sein.64
Inspiriert von Pablo Picassos Parole „Der gute Geschmack ist der schlimm- ste Feind der Kreativität“ gründen Thór und Einar ein Kollektiv, das man auch Bad Taste Ltd. nannte.65 Hieraus entstand die Band Kukl, die im Au- gust 1986 ihren ersten Auftritt hatte und sich später in Sugarcubes umbe- nannte. Sie verstanden sich als Hobbymusiker, setzten ihre Ideen von Pop- kultur in die Praxis um.
Im Jahr 1986 ging die damals zwanzigjährige Björk mit der Band Kukl ers- tmals auf eine Tournee außerhalb von Island. Sie trat immer noch auf, als sie von ihrem Freund Thór Eldon bereits im siebten Monat schwanger war. Wieder zu Hause in Reykjavik kam ihr Sohn Sindri am 8. Juni 1986 auf die Welt, Björk und Thor sind zu dieser Zeit verheiratet.66
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: The Sugarcubes
Als die Sugarcubes ihre besonders in Eng- land und USA erfolgreiche erste Single Birthday herausbringen, ist Björk bereits von Thor getrennt. Die Band arbeitete mit dem Indepententlabel One Little Indian67 in England zusammen. 1988 entstand das ers- te Album Life’s Too Good, woraufhin die Su- garcubes weltbekannt wurden, zum ersten Mal in den USA auftraten und kurz darauf ihr zweites Album Here Today, Tomorrow, Next Week! herausbrachten, das wegen Spannungen zwischen Björk und Einar nur mit Hilfe des Dichters Sjón fertiggestellt werden konnte. Im Jahr 1990 war Björk mit den Sugar- cubes auf Welttournee; in Kopenhagen heirateten am 19.12. Einar Örn und Bragi Òlaffson.
Um sich musikalisch weiter zu entwickeln, kooperierte Björk währenddes- sen noch mit verschiedenen Künstlern außerhalb der Band, wie dem Trio Gudmundar Ingólfssonar und den 808 State, wodurch ihr Interesse an House-Musik wuchs. Dies wird besonders an dem Song Ooops deutlich.
1992 brachten die Sugarcubes ihr Album Stick Around for Joy heraus und gingen in den USA mit U2 als deren Vorgruppe auf Tour. Im November kamen stand der Entschluss fest, sich aufzulösen. Ihr Abschiedskonzert fand im Limelight in New York statt.68
3.3 Debut: Start in die Solokarriere von 1993 bis 1995
Nach ihrer langjährigen Zusammenarbeit mit den Sugarcubes hatte Björk sich danach gesehnt, ihre eigene Musik zu machen:
„Ich hatte schon jahrelang Musik gemacht. Musik für Theater und Film, aber auch Pop und Jazz, experimentelle und elektronische Musik. Ich habe bestimmt mit je- dem isländischen Musiker zusammengearbeitet. Doch immer musste ich mich mit den Visionen anderer Leute befassen. Jetzt war es an der Zeit, Songs über mich selbst zu schreiben.“69
Weil sie glaubte, ihre Ideen dort am besten umsetzen zu können, zog sie in die Metropole, nach London. Sie nahm ihren Sohn Sindri mit und lebte dort mit ihrem damaligen Freund, dem britischen DJ Dominic Thrupp, den sie in Kalifornien kennen gelernt und mit dem sie vorher schon eine Fernbe- ziehung geführt hatte:
„Es war eine sehr schwere Entscheidung für mich, nach London zu gehen. Eigent- lich bin ich ein totaler Familienmensch und die patriotischste Isländerin der Welt – man könnte mich dafür einsperren! Aber London erschien mir wie ein Schmelztiegel für Menschen aus der ganzen Welt, die ähnliche Missionen hatten wie ich. Und ir- gendwie wusste ich, dass ich ein Album machen würde, so wie es noch keines gege- ben hatte.“70
Björk begann in London mit Nellee Hooper71 zu- sammen zu arbeiten und produzierte mit ihm ih- ren ersten internationale Solo-Erfolg Human Be- haviour.
Mit ihrer multinationalen Band trat sie erstmalig im August 1993 in London auf. Das kurz zuvor veröffentlichte Solo-Album Debut leitete eine er-
Abbildung 6: Nellee Hooper
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
folgreiche Solokarriere ein. Das Werk enthält Lieder, die Björk schon als Jugendliche entworfen hatte und welche nun in Kooperationen mit ande- ren Künstlern produziert wurden. Ihre Musik ist ungewöhnlich und ex- zentrisch, in London avancierte sie zum schillerndsten Paradiesvogel. So ist die abwechslungsreiche Platte von unterschiedlichen Einflüssen gepräg- te, aber dennoch in sich stimmig. Anders als der Gitarrenrock der Sugarcubes wirkt ihre Mu- sik, bei der Streicher, Harfen, elektronische Sounds und Samples experimentell eingesetzt sind, edel, modern und futuristisch. Hauptsäch- lich jedoch lebt Björks Musik von ihrer außer- gewöhnlichen und betörenden Stimme. Debut erhielt sehr gute Kritiken.72
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Cover „Debut“
Im Jahr 1994 war Björk mit vielen unterschiedlichen Aktivitäten weltweit aktiv. Bei den Brit Awards trat sie mit PJ Harvey auf und bei den Frühlings- Modenschauen in Paris lief sie für Jean-Paul Gaultier über den Laufsteg. Auch bei MTV Unplugged hatte sie Auftritte mit vielen verschiedenen Künstlern. Sie war zum Weltstar herangewachsen, hatte sich aber ihren Freigeist bewahrt. Dies bewies sie, als sie ein Angebot Madonnas ablehnte, mit Nellee Hooper ihr neues Album mitzugestalten. Sie schrieb jedoch Bed- time Story für den Megastar, der trotz Björks Ablehnung, ein Duett daraus zu mach en, erfolgreicher Titelsong des Albums der Amerikanerin wurde.73
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Björk und Tricky
Über Nellee Hoopers Kontakte hatte Björk auch den Rap-Poeten Tricky kennen gelernt, der 1994 Weih- nachten, kurz vor ihrem Aufbruch zu den Aufnah- men für Post nach Nassau, bei Björk in Reykjavik war. Sie waren nur kurze Zeit ein Paar, haben aber währenddessen zwei Lieder, Enjoy74 und Headpho- nes, gemeinsam für Post erarbeitet. Über ihre Liai- son zu dem Rapper sagt Björk: „Meine Beziehung zu Tricky hat eine Menge Energie, eine sehr raue Energie.75
3.4 Das zweite Album Post und die Jahre 1995 bis 1997
Als Björk sich Ende 1994 an die Produktion ihres neuen Albums machte, umgab sie eine ganze Armee von Helfern: So war Graham Massey von 808 State an der Vorproduktion beteiligt, auch der DJ und Produzent Howie B. und Marius De Vries, der auch schon bei Debut als Tontechniker fungiert hatte.76 Björk hatte großes Interesse daran, die Zusammenarbeit mit Nellee Hooper fortzusetzen, doch er produzierte schon Madonnas Bedtime Sto- ries. Er betreute Björks Projekt zwar, war jedoch nicht mehr in größerem Ausmaß involviert.77 Hooper regte jedoch an, dem Album einen „back-to- nature-Flair“ zu verleihen, woraufhin auf den Bahamas im Freien produ- ziert wurde. So watete Björk mit einem kleinen Mikrofon ausgestattet durch das Meer, umgeben von karibischer Landschaft, und nahm ihre Songs auf. Dem Magazin Interview verriet sie, wie sie sich fühlte, als sie ihre Vocals aufnahm:
„Bei den ruhigen Stücken kauerte ich mich hin und bei den lebhaften Stücken rannte ich umher. Es war das erste Mal in zwanzig Jahren, dass ich einen Song auf diese Weise aufnahm, und ich weinte vor Freude, weil es etwas war, das ich mir all diese Jahre so sehr gewünscht hatte.“78
Zurück in London bestand Björk auf Neuaufnahmen, bevor sie sich nach einigen fieberhaften Aufnahme-Sessions entschloss, Post zu ver- öffentlichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Cover „Post“
Das Coverfoto zu Post wurde von dem Foto- grafen Stéphane Sednaoui gestaltet, der wäh- rend den Aufnahmen zu Vessel, einem seiner zwei Musikvideos, die er für Björk produzier- te, ihr Geliebter war. Es ist im Vergleich zum Coverfoto für Debut viel aufwändiger gestaltet und zeigt die asiatisch anmutende Björk mit einem pinkfarbenen Sonnenschirm hinter ih- rem Kopf, der wie ein Heiligenschein wirkt, vor einem in Neonfarben leuchtenden, mit asiatischen Zeichen versehenen Panorama. Die Streifen auf ihrem weißen Oberteil erinnern an ein Briefcouvert. So war auch das Album eine Hommage an Island von weit her. Björk äußert sich zu der Be- ziehung mit dem Fotografen folgendermaßen:
„Es waren neun Monate, in denen ich mich verliebte, im Strudel der Gefühle unter- ging, herausfand, dass es nicht wirklich Liebe war, wieder auftauchte, aus dem Was-
ser lief, ein Handtuch nahm, mich abtrocknete und davonlief.“79
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Howie B.
Diese Beziehung verarbeitet sie rückblickend in dem Song Possibly Maybe, in dem es um leidenschaftli- che Anziehung, aber auch Unsicherheit bezüglich der Gefühle füreinander geht.80 Anders als im Titel Possibly Maybe geht es in I Miss You nicht um einen melancholischen Rückblick auf eine Liebesbezie- hung, sondern um das Herbeisehnen einer leiden- schaftlichen Romanze.81 Diesen Titel hat sie zu- sammen mit dem DJ, Produzenten und Toningenieur Howie B. komponiert, bevor sie daraufhin tatsächlich eine romantische Liebesbeziehung mit ihm einging.82
Im Sommer 1995, als sich Björk auf ihre zweite Solo-Welttournee für die Vorstellung von Post vorbereite, entstand Telegram, ein Remix-Album der Tracks von Post. Alle Songs mit Ausnahme von The Modern Things und It’s Oh So Quiet wurden umgestaltet.83 Auf ihrer Promotion-Tour für Telegram in Europa wurde Björk manchmal von Goldie, dem britischen DJ und Produzenten von Elektromusik, begleitet, wobei sich eine Beziehung zwischen Björk und ihm entwickelte. Björk, die jeden Abend sang, bekam Stimmprobleme und musste vier Vorstellungen in Kalifornien absagen. Darüber hinaus waren sie und Goldie ständig in der Klatschpresse. So gab es unter anderem einen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung11: Goldie
Vorfall, der sich in einem New Yorker Nachtclub ereignet hatte. Vermutlich aus Eifersucht hatte Tricky dort vor Björks Augen eine Auseinanderset- zung mit seinem Rivalen Goldie ausgetragen.84
In den Jahren 1994 bis 1996 erhielt Björk dreimal hintereinander den Brit Award als beste interna- tionale Künstlerin. Hiermit übertrumpfte sie sogar Madonna. Bereits 1995 hatte sie bei den Brit Awards den Preis als beste weibliche Künstlerin erhalten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Brit Awards 1994
Auch auf dem Gebiet der Mode machte sie Schlag- zeilen. Die Zeitschrift The Face kürte sie zur Nummer neunzehn der Hun- dert einflussreichsten Leute in der Mode. Dies verdankte sie ihrem Gespür für Modetrends; sie trug Avantgarde-Kreationen von Junya Watanabe, Ale- xander McQueen, Martin Margiela und Hussein Chalayan.
Doch die andauernde Belastung durch Pressetermine und Konzerte zehrte an Björks Kräften. So gab es in dem Jahr 1996 neben den Erfolgen auch Tiefschlä- ge zu verzeichnen. Als Björk zu Beginn ihrer Asien-Tournee am 21. Februar mü- de und erschöpft mit ihrem Sohn Sindri an ihrer Seite nach der Landung auf dem
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Abbildung 11: Björk attackiert Reporterin
Flughafen Bangkok direkt in die Medienvertreter hinein lief, drehte sie durch, als eine Reporterin indiskrete Fragen an ihren Sohn Sindri richtete. Björk griff sie vor laufenden Kameras an und schlug sie nieder. Da Goldie auf ihrer Tournee in Südostasien nicht mit dabei war, gönnten sich die beiden einen Erholungsurlaub auf die Malediven.85
Ein weiterer Tiefschlag, der ebenso auf erhöhtes Medieninteresse stieß war, dass ein amerikanischer Fan ihr vermutlich aus Eifersucht auf ihre Bezie- hung zu Goldie86 eine Briefbombe schickte und daraufhin seinen Freitod mit der Videokamera festhielt. Die Briefbombe erreichte Björk zwar nicht, weil sie vorher im Postamt entdeckt wurde, versetzte sie jedoch in einen Schock.
Diese Erlebnisse veränderten die Isländerin. Björk überdachte ihre ständige Präsenz in den Medien und entschloss sich dazu, sich vorerst aus der Öf- fentlichkeit zurückzuziehen. Anfang November 1997 verschwand sie nach Südspanien, wo sie im Studio eines Freundes ihr drittes Album aufnehmen wollte. Ihre Beziehung zu Goldie endete noch vor den Sessions zu Homo- genic.87 Später äußert sie sich zu ihren „wilden“ Jahren folgendermaßen:
„Es gibt Dinge, die toll sind, und ein paar Jahre später meinst du vielleicht, dass es nicht das ist, was du brauchst, und wieder ein paar Jahre später brauchst du es wie- der. Manchmal ist Tempo gut für dich, und manchmal ist es schädlich. So wollen wir das. Wir wollen, dass diese achtzig oder soundsoviel Jahre, die wir hier leben dür- fen, möglichst farbig und abwechslungsreich sind. Irgendwo auf meinem Weg habe ich mir unbewusst vorgenommen, dass ich so intensiv an allem teilnehmen möchte wie nur irgend möglich, und das heißt auch, dass ich bereit sein muss, Perioden ab- zuschließen und neue zu beginnen. Um mich zu ändern. Natürlich ist das schmerz- haft. Aber wenn du den Wunsch hast, Erfahrungen und Gefühle bis zum Anschlag zu erleben, dann musst du auch akzeptieren, was damit verbunden ist.“ 88
3.5 Homogenic und die Zeit von 1997 – 1999
Mit dem Album Homogenic, welches 1997 erschien und unter Mitarbeit von den Icelandic String Octet, Mark Bell, Mark Stent und wiederum Howie B. entstand, bewies Björk ihre Fähigkeit, sich zu verwandeln und ihre Kunst weiter zu entwickeln. Sie wollte, indem sie sich auf dem Cover des Albums gleichzeitig als weiblicher Samurai und als Geisha zeigte, Durch- haltevermögen in schweren Zeiten demonstrieren und das Frauenbild der
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 12: Cover „Homogenic“
heutigen Zeit karikieren.89 Der Zwiespalt der modernen Frau zwischen traditio- nellen Rollenzuschreibungen und tat- sächlichen Anforderungen wird außer- dem in den kontrastreichen Details des Bildes deutlich: der stählerne Blick im Kontrast zum grellrot geschminkten Kussmund, dazu die zu Minnie-Maus- Ohren hochgesteckten, pechschwarzen Haaren und der von breiten Goldreifen eingeengte und lang gezogenen Hals, ebenso der Rot-Weiß-Kontrast in ihrer extravaganten Kleidung, der durch die silbrigen Eisblumen in Gewand und Hintergrund sowie die Silber la- ckierten langen Fingernägel verstärkt wird. Das Foto, für das Alexander McQueen sie gestylt hatte, stammt von Nick Knight.90
Das von Björk erfundene Wort Homogenic sollte vor allem auf die Homo- genität ihres Albums hinweisen. Um die Energie ihrer Musik zu verdichten, hatte Björk sich darauf beschränkt, nur Streicher, Beats und ihre Stimme einzusetzen. Sie stellte programmierte Rhythmen und Streicher einander gegenüber, um so Gegensätze von Technik und Natur, Realismus und Ro- mantik, Neuem und Altem zu verkörpern. Durch diese Positionierung von Gegensätzen erreichte sie es, den Ausdruck so zu intensivieren, wie sie es auf konventionelle Art nur mit einer Vielzahl von Instrumenten und Effek- ten hätte schaffen können.91
Ihre Arbeit mit Mark Bell in Südspanien gestaltete sich so: Nachdem sie Bells Methode Tonfolgen und Melodien mit Mini-DAT-Rekordern zu kom- ponieren begeistert aufgegriffen hatte, schrieb und sang sie ihre Songs am Strand und bearbeitete sie später eingehender im Tonstudio. An ihrer Ar- beitsumgebung gefiel ihr gut, dass sie Afrika sehen konnte und wie zu Hause in Island am Meer wohnte.92 In Island wollte Björk das Album des- halb nicht erarbeiten, weil ihre Freunde dort sie vermutlich zu sehr abge- lenkt hätten.
Ihre neue Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit sind auf Homogenic deutlich zu spüren - speziell in den Liedern, die vergangene Liebschaften aufarbei- ten und von Verlust und Lernen erzählen. So ist eine Wut, die sie nun nach innen und nach außen richtet, in den Songs deutlich spürbar. In ihrem Stück 5 Years,93 richtet sie ihren Wutausbruch an Goldie, dem sie den Song widmete. Er erhielt auf dem Cover ihre Notiz „Danke“. Damit wollte Björk ihm wohl verzeihen. Ihre gegen sich selbst gerichtete Wut drückte Björk in Immature so aus: „Wie konnte ich so unreif sein / Zu hoffen, dass er [Gol- die] mir gibt / Was mir im Inneren fehlt?“94 Und selbstironisch spottete sie in Hunter: „Dachte, ich könnte die Freiheit organisieren / Wie skandina- visch von mir.“ 95 Ihr Stück Jóga empfand sie als vergleichbar mit ihren ei- genen, derzeit aufgewühlten Gefühlslandschaften, von denen sie glaubte, dass nur ihr bester Freund Sjón sie mitfühlen könne. Ihm widmete sie die- ses Musikstück auch.96 Den kontrastierenden Abschluss der größtenteils schwermütigen Platte bildet der Song All Is Full of Love, eine Lobeshymne auf die Liebe. Das gesamte Album widmete Björk Howie B. zusammen mit ihrem besten Freund und ihrem Sohn Sindri.97
Björk hatte nicht nur als Künstlerin einen Riesenschritt voran getan, son- dern auch als Mensch dazu gelernt. Ihre beginnende Beziehung zu Howie B. hatte sie nach ihren Erfahrungen damit, wie die Medien mit ihren Bezie- hungen zu Tricky und Goldie umgegangen waren, nicht öffentlich ge- macht, sondern sie war nach Island zurückgegangen, hatte aber ihr Haus in London behalten.98
3.6 Selmasongs & Dancer in The Dark zwischen 1999 – 2001
Im Jahr 1998 war Björk größtenteils auf Welt- tournee mit Homogenic. Zurück in Reykjavik, nahm Lars von Trier auf der Suche nach einer Besetzung für sein anstehendes Filmprojekt, Kontakt zu ihr auf, weil Björk ihm in Spike Jonzes Musical-Video It’s Oh So Quiet aufge- fallen hatte. Björk lehnte zunächst ab, über- dachte ihre Position jedoch, und nahm schließlich, neben dem Auftrag Songs für den Filmsoundtrack zu produzieren, auch die
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 13: Selma in Dancer in the Dark
Rolle der Selma in Dancer In The Dark99 an.100 Die Filmaufnahmen begannen im Mai 1999 in Trollhättan/Schweden. Gleichzeitig ging Björks Beziehung zu Howie B. zu Ende.101
Björk identifizierte sich stark mit ihrer Rolle, die geringe Erfahrung als Schauspielerin erschwerte jedoch die Arbeit am Set. Die Schwierigkeiten, die sich durch Meinungsunterschiede der beiden Künstlerpersönlichkeiten potenzierten, reichten so weit, dass Lars von Trier nur noch über den Cho- reographen mit ihr kommunizieren konnte. Björk merkte, dass sie ihr Ver- säumnis der vertraglichen Absicherung ihrer Rechte zur Mitwirkung bei der Filmmusik nachholen musste, um den Arbeitsfrieden wieder herzustel- len. In nur knapp drei Monaten waren die Arbeiten am Set beendet.102
Für die Rolle Selmas hatte Lars von Trier sich eine Künstlerin vorgestellt, die aus dem Alltag Musik destillieren kann. Er hatte sich allerdings eher etwas wie ABBA, die Bee Gees oder Roxette vorgestellt, dass seinem Musik-
[...]
1 Gittins (2003), S.6
2 Gittins (2003), S.6
3 Beier (2004), S.134
4 Vgl. Bódy & Weibel (1987), S.12
5 Die Entwicklungstendenzen werden unter Anführung von Beispielen genauer von Peter Weibel dargelegt. (Vgl. Bódy & Weibel (1987), S.53 ff.)
6 Beier (2004), S.134
7 Vgl. Emons (2005), S.130
8 Beier (2004), S.134
9 Vgl. Faulstich (2004), S.229 f.
10 So berichtet Olaf Karnik, dass die Kosten für ein durchschnittliches erstes Video heute höher als die Kos- ten für das Album selbst sind. Dabei müssen die Musikkünstler die Hälfte aus ihren Tantiemen zahlen. Vgl. Fantastic Voyages: Einführung)
11 Beier (2004), S.136
12 Vgl. http://www.welt.de/fernsehen/article11963466/MTV-Deutschland-will-jetzt-Geld-sehen.html
13 Vgl. Beier (2004), S.136
14 Olaf Karnik in: Fantastic Voyages: Einführung
15 Beier (2004), S.135
16 Höltgen (2004), S.19
17 Vgl. Schmidt (u.a.) (2009), S.13
18 Faulstich (2004), S.426
19 Vgl. Faulstich (2004), S.426 f.
20 Schmidbauer (2008), S.12
21 Begriff im Titel des Aufsatzes von M. Barth (u.a.) verwendet.
22 Begriff in den drei Bänden von M. Altrogge verwendet.
23 Begriff im Titel des Aufsatzes von C. Hausheer verwendet.
24 Begriff in Herausgeberschrift von C. Hausherr & A. Schönholzer verwendet.
25 Junker (1996), S. 53
26 Emons (2005); S.124
27 Kerscher (2003), S. 214
28 Hausheer (1994), S. 90
29 Vgl. Koch (1996), S.3 ff.
30 Vgl. Schmidt (u.a.) (2009), S. 16
31 Vgl. Schmidt (u.a.) (2009), S. 16
32 Schmidt (u.a.) (2009), S. 16
33 Vgl. Helms (2003), S. 31 f.
34 Vgl. Faulstich (2004), S. 246
35 Helms (2003): S. 38
36 Siehe hierfür die Beiträge von Goodwin (1993) und Kaplan (1987).
37 Die anschaulichste Darstellung findet sich in dem dreibändigen Werk von M. Altrogge.
38 Vgl. Kerscher (2003); die ausführlichste Darstellung findet sich bei Kreazor & Wübbena, 2005.
39 Altrogge (1994), S.198
40 Vgl. Schmidt (u.a.) (2009), S.19f.
41 Vgl. Schmidt (u.a.) (2009), S.18 f.
42 Vgl. Schmidt (u.a.) (2009), S.19
43 Vgl. Rötter (2000), S. 168 f.
44 Vgl. Rötter (2000), S.269
45 Vgl. Rötter (2000), S.269
46 Islands Menschen stehen in engem Kontakt mit den sichtbaren, gewaltigen Naturkräften des Landes. Das Land ist voller Kontraste: Natur ↔ Technik, Vergangenheit ↔ Gegenwart, lokale Kräfte ↔ globale Kräfte, Aberglaube ↔ Rationalität, Übermut ↔ Missmut. Geprägt durch die Geschichte, Mythologie und Geografie des Landes misst auch der moderne Isländer der Natur, Mystik, Magie und übersinnlichen Kräften großes Gewicht bei. (Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 7)
47 Nielsen & Skifter (2006), S. 18
48 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 15f.
49 Aston (1996), S. 27f.
50 Vgl. Aston (1996), S. 28
51 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 14f.
52 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 15
53 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 14f.
54 Aston (1996), S. 31
55 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 14f.
56 Aston (1996), S. 21
57 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 17
58 Vgl. Aston (1996), S. 30
59 Vgl. Aston (1996), S. 32
60 Vgl. Aston (1996), S. 28f.
61 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 18f.
62 McDonnell (2002), S.14
63 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 31
64 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 32f.
65 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 48f.
66 Vgl. Gittins: Björk – Human Behaviour (2002), S. 19
67 Bis heute arbeitet Björk mit diesem Label zusammen.
68 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 43ff.
69 Gittins (2003), S.38
70 Gittins (2003), S. 38
71 Der 1963 in Bristol geborene britische Musikproduzent Nellee Hooper began seine Karriere als DJ in der Bristoler Künstlergruppe Wild Bunch, zu der auch Massive Attack gehörte, für die er 1989 - 1992 deren Debüt-Album Soul II Soul produzierte. Björk lernte ihn 1993 in London kennen. Er produzierte ihre Alben Debut und Post. 1995 gewann er den Brit Award in der Kategorie Bester Produzent für seine Arbeit an den Alben Protection von Massive Attack, Post von Björk und Bedtime Stories von Madonna. Björk hat mit Hoo- per von 1993 - 1996 zusammen gearbeitet.
72 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 66ff.
73 Vgl. Gittins (2003),S.60, vgl. McDonnell (2002), S. 142
74 In diesem Song spielt Björk auf die Liaison mit Tricky an: So heißt es in dem Songtext: „This is sex without touching / Just enjoy.“
75 Vgl. Gittins (2003), S. 69f.
76 Vgl. Gittins (2003), S. 60
77 Hooper und Björk sind nur bei vier von elf Stücken als gemeinsame Produzenten angegeben.
78 Gittins (2003),S. 60 f.
79 Gittins (2003), S. 73
80 Vgl. Gittins (2003), S. 73
81 So heißt es in den Songtext: „When will I get my cuddle? Who are you?”
82 Vgl. Gittins (2003), S. 75
84 Vgl. McDonnell (2002), S. 54f.
85 Vgl. Gittins (2003), S. 87
86 Kurz zuvor war die Verlobung zwischen Goldie und Björk an die Öffentlichkeit gedrungen.
87 Vgl. Gittins (2003), S. 86f.
88 McDonnell (2002), S. 56f.
89 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 116f.
90 Vgl. Gittins (2006), S. 97
91 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 120f.
92 Vgl. Gittins (2003), S. 88
93 Vgl. McDonnell (2002), S. 104f.
94 McDonnell (2002), S. 105
95 Vgl. McDonnell (2002), S. 105
96 Vgl. Gittins (2003) S. 89f.
97 Vgl. Gittins (2003), S. 97
98 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 137f.
99 In Dancer in the Dark spielt Björk eine verarmte Frau, die in die USA gekommen ist, um in einer Fabrik Geld für die Augenoperation ihres Sohn zu sparen, der wie sie unter einer Erbkrankheit leidet, die zur Er- blindung führt. Ihre Liebe gehört außerdem dem Musical. So stellt sie sich um der Öde der Fabrikarbeit zu entfliehen vor, sie befände sich in einem Musical. Unglückliche Umstände führen dazu, dass sie ihren Nach- barn ermordet und vor Gericht zum Tode verurteilt wird. Neben der Hauptrolle war Björk auch für den Soundtrack verantwortlich.
100 Vgl. Gittins (2003), S. 100ff.
101 Vgl. Nielsen & Skifter (2006), S. 149
102 Vgl. Gittins (2003), S. 103
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