Niklas Luhmann gilt als der bedeutendste deutsche Soziologe im Bereich der Systemtheorie. Der am 8. Dezember des Jahres 1927 geborene Luhmann studierte von 1946 bis 1949 Rechtswissenschaften, bevor er nach einem Stipendium an der Harvard Universität an der Universität Bielefeld lehrte.
Seine Arbeit im Bereich der Systemtheorie ermöglichte einen revolutionären Blick auf die vormoderne und moderne europäische Gesellschaft. Sein Denken entsprach nicht mehr länger dem Paradigma einer Gesellschaft, die sich aus den ihr eigenen sozialen Unterschieden heraus definiert, sondern er gliederte das Allgemeinwesen in verschiedene Systeme auf, die unabhängig voneinander agieren. Dabei unterscheidet sich der Ansatz dieser Theorie grundlegend von denen der Handlungstheorie, wie etwa bei dem Modell der Rational Choice. Hier (Rational Choice) wird ausgehend von dem Individuum auf das Ganze geschlossen. Bei den Handlungstheorien erschließt sich also, wie der Name schon andeutet, ein Gesellschaftsbild aus dem Handeln des Einzelnen, also letztlich aus einem anthropologischen Blickwinkel. Luhmann dreht diesen Zusammenhang um. Dem methodologischen Individualismus der Handlungstheorien steht nun sein methodologischer Holismus entgegen. Das Systeme setzt folglich den Rahmen für das Handeln des Einzelnen. Er erklärt soziale Phänomene mit der Funktionsweise verschiedener gesellschaftlicher Systeme: „Irgendwie erscheint dann alles, was dem Einzelnen wiederfährt, als gesellschaftlich bedingt und insofern als unverdientes, ausgleichsbedürftiges Schicksal, sein eigenes Handeln eingeschlossen.“
1. Zum Autor und seiner Systemtheorie
Niklas Luhmann gilt als der bedeutendste deutsche Soziologe im Bereich der Systemtheorie. Der am 8. Dezember des Jahres 1927 geborene Luhmann studierte von 1946 bis 1949 Rechtswissenschaften, bevor er nach einem Stipendium an der Harvard Universität an der Universität Bielefeld lehrte.
Seine Arbeit im Bereich der Systemtheorie ermöglichte einen revolutionären Blick auf die vormoderne und moderne europäische Gesellschaft. Sein Denken entsprach nicht mehr länger dem Paradigma einer Gesellschaft, die sich aus den ihr eigenen sozialen Unterschieden heraus definiert, sondern er gliederte das Allgemeinwesen in verschiedene Systeme auf, die unabhängig voneinander agieren. Dabei unterscheidet sich der Ansatz dieser Theorie grundlegend von denen der Handlungstheorie, wie etwa bei dem Modell der Rational Choice. Hier (Rational Choice) wird ausgehend von dem Individuum auf das Ganze geschlossen. Bei den Handlungstheorien erschließt sich also, wie der Name schon andeutet, ein Gesellschaftsbild aus dem Handeln des Einzelnen, also letztlich aus einem anthropologischen Blickwinkel. Luhmann dreht diesen Zusammenhang um. Dem methodologischen Individualismus der Handlungstheorien steht nun sein methodologischer Holismus entgegen. Das Systeme setzt folglich den Rahmen für das Handeln des Einzelnen. Er erklärt soziale Phänomene mit der Funktionsweise verschiedener gesellschaftlicher Systeme: „Irgendwie erscheint dann alles, was dem Einzelnen wiederfährt, als gesellschaftlich bedingt und insofern als unverdientes, ausgleichsbedürftiges Schicksal, sein eigenes Handeln eingeschlossen.“[1]
2. Die historische Gesellschaftsentwicklung nach Luhmann
Wie bereits erwähnt, ist die Systemtheorie ein neuer Ansatz zur Erklärung gesellschaftlicher Muster, die sich Luhmann zufolge im Laufe der Zeit stark gewandelt haben. Am Beginn der Gesellschaftsentwicklung standen demnach einfache Gesellschaften, sprich einzelne Familien oder Sippen („Das tatsächliche Leben der Menschen war aber in Gemeinschaften eingeteilt; und dies nicht nur in eine Vielzahl von politischen Gemeinschaften, sondern offenbar überall in der Art nach unterschiedlichen Gemeinschaften von Haushalten und politischen Gemeinschaften.“[2] ) was einer segmentierten Differenzierung entspricht. Das tatsächliche Leben oder das Normalleben, wie es Luhmann auch nennt, fand also durchwegs in den Haushalten statt, was letztlich zu einer „Unterscheidung des öffentlichen Bereichs des politischen Zusammenlebens und der ökonomischen Haushalte“[3] führte.
Aus diesen einfachen Gemeinschaften bildeten sich im Lauf der Zeit Ständegesellschaften heraus, die man unter den Begriff der traditionellen Gesellschaft fassen kann. Ihr prägendes Merkmal ist demnach eine hierarchische Differenzierung, die über eine Spitze bzw. ein Zentrum (meist König oder Kaiser) verfügt und sich pyramidenartig nach unten gliedert.
Eine grundlegende Veränderung des Gemeinwesens erkennt Luhmann nun in dem der traditionellen Gesellschaft folgenden, modernen Gesellschaftsmodell. Die eben beschriebene hierarchische Ordnung mit einer Spitze oder einem Zentrum fehlt hier völlig, Luhmann beschreibt stattdessen funktional differenzierte Teilsysteme. Dieses moderne Gesellschaftssystem, die Systemtheorie, gilt es im folgenden Teil näher zu bestimmen:
3. Die Systemtheorie
Wie bereits zu Beginn erwähnt, handelt die Systemtheorie vom „großen Ganzen“ und beschäftigt sich nicht mit dem Einzelnen, dem Menschen. Sie geht daher davon aus, dass gesellschaftliche Systeme das Handeln des Einzelnen beeinflussen und nicht umgekehrt. Luhmanns Systemtheorie basiert im wesentlichen auf dem sozialen, organischen und psychischen System[4], wobei wohl das soziale System als das bedeutendste gilt, da nur in ihm Kommunikation - ein weiterer elementarer Bestandteil von Luhmanns Denken, auf den noch genauer eingegangen wird – stattfindet: „Die Gesellschaft besteht nicht aus Menschen, sie besteht aus Kommunikation zwischen den Menschen. Es ist wichtig, diesen Ausgangspunkt festzuhalten.“[5] Dem psychischen Modell fehlt beispielsweise diese Kommunikation, es definiert sich über das Bewusstsein. Jedes dieser Systeme beherbergt des weiteren verschiedene Subsysteme von denen keines einem anderen übergeordnet ist: „[...] daß (sic.) eine Gesellschaft, die in Funktionssysteme gegliedert ist, über keine Zentralorgane verfügt. Sie ist eine Gesellschaft ohne Spitze und Zentrum.“[6] Im Bereich der sozialen Systeme sind diese Subsysteme z.B. Wirtschaft, Recht und eben auch die Politik. Luhmann wiederspricht also dezidiert theoretischen Auffassungen, die der Politik ein Primat über die weiteren Subsysteme zubilligen: „So sieht der Politiker und vor allem der Verfassungsjurist häufig die Gesellschaft als etwas, was dem Staat ‚gegenübersteht’. Man sagt: der Staat habe es mit den ‚gesellschaftlichen Kräften’ zu tun. Aber der Staat ist nichts außerhalb der Gesellschaft, er ist ein Teil ihrer Funktionssysteme.“[7]
[...]
[1] Luhmann, N.: „Politische Theorie im Wohlfahrtsstaat“; Olzog Verlag München, Seite 7;
[2] Luhmann, N.: „Die Politik der Gesellschaft“; Suhrkamp Verlag, Seite 9
[3] ebd
[4] http://www.humboldtgesellschaft.de/inhalt.php?name=luhmann#C.
[5] Luhmann, N.: „Politische Theorie im Wohlfahrtsstaat“; Olzog Verlag München; Seite 20
[6] ebd, Seite 22
[7] ebd, Seite 19
- Citation du texte
- Andreas Herz (Auteur), 2005, Die Systemtheorie und der Wohlfahrtsstaat nach Niklas Luhmann, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46074
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