Seit Jahren vermerkt der Verfassungsschutz einen Anstieg der Anzahl an Rechtsextremisten und damit einhergehend eine immer größer werdende Zahl an rechtsextremer Gewalt. Ebenso deutet der „Aufstieg“ von rechtspopulistischen Parteien wie der AfD auf einen Rechtsruck innerhalb unserer Gesellschaft hin. Auch der Zuwachs von in der Öffentlichkeit wirksamen Aktionen der Identitären Bewegung, wie z.B. die Besetzung des Brandenburger Tors im Jahre 2016, sind ein weiteres Indiz dafür. Wichtig hierbei sind den Identitären nicht die Aktionen und deren Erfolg selbst, sondern nur ihre reine Inszenierung, welche man durch Aufnahmen, in Form von professionell bearbeiteten Videos, in den sozialen Netzwerken online stellt und somit eine breite Masse erreicht. Ihr stilistisches Auftreten dabei ist modern, jung und provokativ. Der rechtsextreme Skinhead mit Glatze, Bomberjacke und Springerstiefeln ist heutzutage nur noch selten zu sehen. Der rechtsextreme junge Heranwachsende von heute trägt Bart, Hornbrille und Jutebeutel. Auch andere Kleidungsstile, wie Hip-Hop- oder Raver-Styles, welche bei jungen Menschen beliebt sind, werden kopiert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsbestimmungen / Gesetze
2.1 Begriffsbestimmung „Rechtsextremismus“
2.2 Begriffsbestimmung „Jugendliche“ / „Junge Erwachsene“
2.3 Gesetzesauszüge SGB VIII
3. Rechtsextreme Jugendliche und junge Erwachsene in offenen Jugendeinrichtungen
3.1 Merkmale von rechtsextremen Jugendlichen und jungen Erwachsenen
3.1.1 Kleidung
3.1.2 Musik
3.1.3 Codierung
3.2 Differenzierte Einschätzungen der rechtsextremen Verstrickung
3.2.1 Sympathisant*innen
3.2.2 Mitläufer*innen
3.2.3 Aktivist*innen
3.2.4 Kader
4. Präventions- und Interventionsarbeit der Sozialen Arbeit
4.1 Möglichkeiten
4.1.1 Professioneller politischer Minimalkonsens
4.1.2 Akzeptierende Jugendarbeit
4.1.3 Deeskalation und Gewaltarbeit
4.1.4 Mobile Jugendarbeit
4.1.5 Sozialraumorientierung
4.2 Grenzen
4.2.1 Grundsätzliche Grenzen
5. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Seit Jahren vermerkt der Verfassungsschutz einen Anstieg der Anzahl an Rechtsextremisten und damit einhergehend eine immer größer werdende Zahl an rechtsextremer Gewalt. Ebenso deutet der „Aufstieg“ von rechtspopulistischen Parteien wie der AfD auf einen Rechtsruck innerhalb unserer Gesellschaft hin. Auch der Zuwachs von in der Öffentlichkeit wirksamen Aktionen der Identitären Bewegung, wie z.B. die Besetzung des Brandenburger Tors im Jahre 2016, sind ein weiteres Indiz dafür. Wichtig hierbei sind den Identitären nicht die Aktionen und deren Erfolg selbst, sondern nur ihre reine Inszenierung, welche man durch Aufnahmen, in Form von professionell bearbeiteten Videos, in den sozialen Netzwerken online stellt und somit eine breite Masse erreicht. Ihr stilistisches Auftreten dabei ist modern, jung und provokativ. Der rechtsextreme Skinhead mit Glatze, Bomberjacke und Springerstiefeln ist heutzutage nur noch selten zu sehen. Der rechtsextreme junge Heranwachsende von heute trägt Bart, Hornbrille und Jutebeutel. Auch andere Kleidungsstile, wie Hip-Hop- oder Raver-Styles, welche bei jungen Menschen beliebt sind, werden kopiert. Das Logo der Rap-Gruppe Run-D.M.C. oder der Schriftzug „I Love NY“, werden von den rechtsextremen mit „HKN KRZ“ und „I Love NS“ ausgetauscht, wodurch sie strafrechtliche Regelungen umgehen und somit offen ihre rechte Gesinnung zur Schau stellen können. (vgl. BPB 1, 2018) Neben der Kleidung gibt es z.B. auch noch andere Attribute, wie Rechtsextreme sich ausdrücken bzw. Einfluss auf andere nehmen wollen. Anstelle von CDs, welche in Schulhöfen verteilt wurden, findet man heute teils illegalen und indizierten rechten Hip-Hop und Rock, einfach per Mausklick auf der Videoplattform „Youtube“. Auch rechte Graffitigruppen, die sich durch dementsprechende Schriftzüge und Aufkleber auszeichnen, werden immer aktiver. Erkennbar wird, dass „jugendkulturelle Trends mit rechtsextremer Ideologie kombiniert“ (BPB 1, 2018) werden, um attraktiv und cool aufzutreten und vor allem dadurch Jugendliche und junge Erwachsene zu beeinflussen. „So unterschiedlich Jugendliche sind, so vielfältig sind ihre politischen Meinungen, die sie in Jugendfreizeiteinrichtungen artikulieren. Geprägt durch ihr soziales Umfeld, äußern sie Fragen und Provokationen, überprüfen Einstellungen mit Aufgeschnapptem aus Schule, Familie und Peergroup. Dazu gehören bei manchen Jugendlichen auch mehr oder weniger ausgeprägte rassistische, antisemitische, homo- und transfeindliche und rechtsextreme Einstellungen“ (MBR-Berlin, 2016, S. 4). Und da nicht nur der Einfluss von Freunden und Familien weiter besteht, sondern auch der Einfluss von Dritten, durch unsere Möglichkeiten der Informationsverteilung, weiter zunehmen wird, wird man sich auch in Zukunft mit dem Phänomen von jungen rechtsextremen Personen, egal ob sie in etwas „hineingeraten“ sind oder sich bewusst dafür entschieden haben, in offenen Jugendeinrichtungen konfrontiert sehen und man sich deshalb die Frage stellen muss, welche Möglichkeiten und Grenzen die Soziale Arbeit, innerhalb ihrer Präventions- und Interventionsarbeit, im Umgang mit rechtsextremen Jugendlichen und jungen Erwachsenen besitzt.
2. Begriffsbestimmungen / Gesetze
Das Wort „Rechtsextremismus“ dient als Sammelbegriff für verschiedene, politisch rechte Ideologien und Aktivitäten, welches laut Borrmann, trotz vieler (sozial-) wissenschaftlicher Literatur zum Thema Rechtsextremismus, oft nur unzureichend definiert wurde (vgl. Borrmann 2016, S. 41). Um Verwechslungen mit wortlaut- bzw. sinnhaftähnlichen Begriffen zu vermeiden, verwende ich es mit der in Punkt 2.1 genannten Erklärung des Bundesamts für Verfassungsschutz. In Punkt 2.2 werde ich näher auf die Begriffe „Jugendliche“ und „Junge Erwachsene“ eingehen, um zu klären, von welchen Altersgruppen genau die Rede ist. Anschließend möchte ich für meine Arbeit besonders relevante, gesetzliche Regelungen der Kinder- und Jugendhilfe aufgreifen, welche im SGB VIII verankert sind, um deutlich zu machen, aus welcher Grundlage heraus die Soziale Arbeit innerhalb ihrer Präventions- und Interventionsarbeit agiert.
2.1 Begriffsbestimmung „Rechtsextremismus“
„Unter Rechtsextremismus werden Bestrebungen verstanden, die sich gegen die im Grundgesetz konkretisierte fundamentale Gleichheit der Menschen richten und die universelle Geltung der Menschenrechte ablehnen. Rechtsextremisten sind Feinde des demokratischen Verfassungsstaates, sie haben ein autoritäres Staatsverständnis, das bis hin zur Forderung nach einem nach dem Führerprinzip aufgebauten Staatswesen ausgeprägt ist. Das rechtsextremistische Weltbild ist geprägt von einer Überbewertung ethnischer Zugehörigkeit, aus der u.a. Fremdenfeindlichkeit resultiert. Dabei herrscht die Auffassung vor, die Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Nation oder „Rasse“ bestimme den Wert eines Menschen. Offener oder immanenter Bestandteil aller rechtsextremistischen Bestrebungen ist zudem der Antisemitismus. Individuelle Rechte und gesellschaftliche Interessenvertretungen treten zugunsten kollektivistischer „volksgemeinschaftlicher“ Konstrukte zurück (Antipluralismus).“ (BfV, Rechtsextremismus, 2018)
2.2 Begriffsbestimmung „Jugendliche“ / „Junge Erwachsene“
Jugendliche und junge Erwachsene, sind vermutlich die beiden Alterssparten, welche die Angebote in offenen Jugendeinrichtungen wahrnehmen, die am meisten von „Rechtsextremismus“ betroffen sind. Um zu bestimmen, um welche Altersgruppen es sich hier genau handelt, eignen sich im Sinne dieser Arbeit die Begriffsbestimmungen des SGB VIII am besten. Laut diesen ist jemand Jugendlicher ist, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist und junger Erwachsener, wer 18, aber noch nicht 27 Jahre alt ist (vgl. §7 Absatz 1 Satz 2f SGB VIII).
2.3 Gesetzesauszüge SGB VIII
„Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ (§1 Absatz 1 KJHG). Ihnen „sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen“ (§11 Absatz 1 KJHG). Um dies zu gewährleisten muss man zum einen, „Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen“ (§1 Absatz 3 Satz 3 KJGH) und zum anderen sie dazu „befähigen, sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen und sie zu Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit sowie zur Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen führen“ (§14 Absatz 2 Satz 1 KJGH).
3. Rechtsextreme Jugendliche und junge Erwachsene in offenen Jugendeinrichtungen
Um ihrer Aufgabe gerecht zu werden, bedarf es Mitarbeiter*innen von offenen Jugendeinrichtungen daran, auf „einen professionellen Umgang mit rechtsextrem Orientierten vorbereitet und über aktuelle Entwicklungen im Bereich Rechtsextremismus informiert zu sein“ (MBR-Berlin, 2016, S. 4). Diverse Aus- und Weiterbildungen sind deshalb die Grundvoraussetzung für Sozialpädagogische Fachkräfte, um „im Umgang mit dem modernen Rechtsextremismus immer wieder neue Strategien und Erscheinungsformen zu berücksichtigen“ (MBR-Berlin, 2016, S. 4f) und um „realistisch [einschätzen zu können], wie stark rechtsextreme Einstellungen und Orientierungen bei Jugendlichen verbreitet und ob sie in die rechtsextreme Szene eingebunden sind“ (MBR-Berlin, 2016, S. 5).
3.1 Merkmale von rechtsextremen Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Neben der verbalen Äußerung ihrer Normen- und Wertevorstellungen, wie z.B. ihren gemeinsamen Nationalstolz oder die Haltung gegenüber Ausländern, haben auch ästhetische Komponenten bei rechtsextremen Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine zentrale Bedeutung. Auch bei ihnen werden Abgrenzungen nach außen vordergründig über stilistische Abgrenzungen vorgenommen und durch Handlungen erst verstärkt. (vgl. Borrmann 2006, S. 61) Diese „kulturelle Selbstlokalisation konstituiert so Rahmen von Fremdheit und Vertrautheit, von Freundschaft und Feindschaft; etabliert also Grenzen. Distinktion und Abschottung machen das Eigene und das Fremde dechiffrierbar und leisten durch die Verschränkung der Gruppen- und Selbstbewertung einen fundamentalen Beitrag zum Prozess der Identitätsbildung“ (Borrmann 2006, S. 61).
3.1.1 Kleidung
Wie schon erwähnt, haben sich das Auftreten und der Ausdruck von rechtsextremen Jugendlichen und jungen Erwachsenen über die letzten Jahrzehnte gewandelt. „Da [aber nach wie vor] die Zuordnung zu einer Jugendkultur am offensichtlichsten über die getragene Kleidung ausgedrückt werden kann“ (Borrmann 2006, S. 61), sollte man neben bereits genannten Kleidungsstilen, auch noch bei anderen Marken- und Szeneklamotten genau hinsehen. Von Rechtsextremen adaptierte Marken wie Fred Perry, Ben Sherman, Doc Martens oder Lonsdale, die dadurch das Image haben, vorwiegend von Rechten getragen zu werden, haben diesen Ruf zu Unrecht, da diese mittlerweile auch mehr Leuten anhaben, welche sich jenseits des rechten Spektrums aufhalten und mit rechtsextremer Ideologie nichts zu tun haben. Außerdem kleiden sich immer seltener Rechte damit, da diese Unternehmen versuchen, sich unter anderem mit Antirassismuskampagnen von dem rechten Image zu befreien. (vgl. Kargel/Borstel 2002, S. 215) Neben den Markenklamotten, gibt es auch noch Szeneklamotten aus rechtsextremer Produktion wie z.B. von Frei Sozial National, Thor Steinar, Consdaple, Ansgar Aryan, Masterrace Europe, H8 wear und Max H8, dergleichen man nur über rechtsextreme Händler, deren Websites, Kataloge oder auf den dementsprechenden Konzerten erhält. (vgl. Kargel/Borstel 2002. S. 215f) Da diese Unternehmen nicht wirklich ein Geheimnis daraus machen, dass sie der rechten Szene nahe stehen bzw. ein Teil davon sind, wird klar, dass wer diese Marken trägt, damit demonstriert, Teil der rechtsextremen Szene zu sein. (vgl. BPB 2, 2018) Dies wird aber nur ersichtlich, wenn man sich auch das Wissen über diese Marken aneignet.
3.1.2 Musik
Musik ist neben Kleidung ein weiteres, wichtiges Mittel für Jugendliche und junge Erwachsene, „die eigene Identität, die Zugehörigkeit bzw. den Zugehörigkeitswunsch zu einer politischen Strömung oder jugendkulturellen Szene auszudrücken“ (BPB 2, 2018). Für den modernen Rechtsextremismus ist Musik gerade deshalb eines der wichtigsten Rekrutierungselemente. So finden laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) viele Jugendliche explizit über Musik den Einstieg in die rechtsextreme Szene. (vgl. BPB 2, 2018) Eine detaillierte Aufführung der rechtsextremen Musikszene und ihrer Werke, welche heutzutage erhältlich sind, würde allerdings an dieser Stelle den Rahmen meiner Studienarbeit sprengen. Dennoch möchte ich auf die Entwicklung eingehen, welche diese Musikszene in den letzten Jahrzenten von Grund herauf verändert hat. Die rechte Skinhead-Musik-Kultur hat ihre Vormachtstellung in der rechten Musikszene verloren, denn rechtsextreme Inhalte haben im Laufe der Zeit Zugang zu vielen anderen Jugendkulturen gefunden. Beispielhaft hierfür sind Hardcore, Dark Wave, Metal, Gothic und Hip-Hop. (vgl. BPB 2, 2018) Egal ob es sich um legale Musikstücke, „die nicht gegen geltende Gesetze verstoßen und oft vorher von Rechtsanwälten auf ihre Legalität überprüft wurden“ (Borrmann 2006, S. 66) oder ob es sich um illegale und indizierte Musik handelt, liegt es dennoch in der Verantwortung der jeweils zuständigen Sozialarbeiter*Innen, diese frühzeitig zu erkennen und daraufhin zu intervenieren.
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- Quote paper
- Marco Lang (Author), 2018, Rechtsextreme Jugendliche und junge Erwachsene in offenen Jugendeinrichtungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/460640
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