„Seine Feinde hatten vor Heinrich gezittert, die Welt hat ihn betrauert, die Nachwelt vergessen. Unter den Herrscherpersönlichkeiten, die das schwäbische Adelsgeschlecht der Staufer hervorgebracht hat, steht Heinrich VI. sowohl im Schatten seines Vaters, Friedrich Barbarossas, wie auch seines Sohnes, Friedrichs II.).“ (Peter Csendes)
Unter Heinrich VI. wuchs die Größe des deutschen Reichs auf ungeahnte Ausmaße an, er bot den Engländern mit der Festsetzung ihres Königs Richard Löwenherz auf Trifels die Stirn und schwächte damit gleichzeitig die welfische Oppositionsfront im Reich. Und beinahe wäre es ihm durch eine taktische Meisterleistung gelungen, die staufische Herrschaft im Reich mit seinem Erbreichsplan langfristig zu sichern. Mit diesem Plan hat Heinrich VI. in zähen Verhandlungen mit den geistlichen und weltlichen Fürsten des Reichs und mit Papst Coelestin III. versucht, sein Reich in ein Erbreich umzuwandeln.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Entwicklung der Ereignisse um den Erbreichsplan und Heinrichs Motive für die Errichtung eines Erbreiches herauszuarbeiten. Abschließend werden die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und Heinrichs politisches und taktisches Kalkül bei den Verhandlungen analysiert.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Kurzvorstellung der Quellen
2. Von der Vorgeschichte zur Verkündung des Erbreichplans
2.1 Die politischen Rahmenbedingungen im Reich und in Sizilien
2.2 Der Designationsversuch von
2.3 Die Verkündung des Erbreichplans
3. Der Widerstand der Fürsten und des Papstes..10
3.1 Die Opposition der Fürsten
3.2 Die Verhandlungen mit Papst Coelestin III
4. Mögliche Motive Heinrichs VI. für die Einführung eines
Erbreichs
Zusammenfassung und Resümee
Bibliographie
Erklärung des Studenten
Einleitung
„Seine Feinde hatten vor Heinrich gezittert, die Welt hat ihn betrauert, die Nachwelt vergessen. (…) Unter den Herrscherpersönlichkeiten, die das schwäbische Adelsgeschlecht (der Staufer) hervorgebracht hat, steht Heinrich VI. sowohl im Schatten seines Vaters, Friedrich Barbarossas, wie auch seines Sohnes, Friedrichs II., (…).“[1]
Dieser Behauptung, die Peter Csendes im Vorwort seines Werkes „Heinrich VI.“ aufstellt, muss wohl ohne Abstriche zugestimmt werden. Während sich im Laufe der Jahrhunderte bis heute nicht nur zahlreiche Historiker mit Barbarossa und Friedrich II. – der schon zu Lebzeiten als „Stupor Mundi“ bezeichnet worden ist – beschäftigt haben, sondern beide Herrscher in den letzten dreißig Jahren auch den Mittelpunkt von zahlreichen Beiträgen in Film, Fernsehen und Printmedien gebildet haben, wurde die Person Heinrichs VI. und sein Schaffen beinahe sträflich vernachlässigt. Da nur eine relativ kleine Anzahl an Mediävisten in unregelmäßigen Abständen Publikationen über Heinrich VI. auf den Markt bringen, die sich zudem meist nur an eine kleine Zielgruppe wie Geschichtsstudenten, Hochschulprofessoren oder Hobbyhistoriker richten, bleibt der Stauferkaiser einem breiteren Publikum weitgehend unbekannt. Dass die Regierungszeit Heinrichs VI. jedoch weit mehr als eine Übergangsperiode zwischen den beiden ungleich prominenteren staufischen Herrscher gewesen war, ist dennoch wohl unumstritten.
Unter Heinrich VI. wuchs die Größe des deutschen Reichs auf ungeahnte Ausmaße an, er bot den Engländern mit der Festsetzung ihres Königs Richard Löwenherz auf Trifels die Stirn und schwächte damit gleichzeitig die welfische Oppositionsfront im Reich. Und beinahe wäre es ihm durch eine taktische Meisterleistung[2] gelungen, die staufische Herrschaft im Reich mit seinem Erbreichsplan langfristig zu sichern. Mit diesem Plan hat Heinrich VI. in zähen Verhandlungen mit den geistlichen und weltlichen Fürsten des Reichs und mit Papst Coelestin III. versucht, sein Reich in ein Erbreich umzuwandeln. Obwohl es zu diesem Plan im Gegensatz zu anderen Untersuchungsgegenständen der mittelalterlichen Geschichte einige recht aussagekräftige Quellen gibt, geben diese den Verlauf der Verhandlungen, den genauen Inhalt des Plans und die Motive Heinrichs nur ungenau und fragmentarisch wieder.
Ziel dieser Seminararbeit ist es daher, die Entwicklung der Ereignisse um den Erbreichsplan und Heinrichs Motive für die Errichtung eines Erbreiches herauszuarbeiten. Abschließend werden die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und Heinrichs politisches und taktisches Kalkül bei den Verhandlungen analysiert. Der Autor hat zu diesem Zwecke diese Arbeit in vier Hauptblöcke unterteilt.
Im ersten Block werden zunächst die für uns relevanten und wichtigsten Quellen zum Erbfolgeplan Heinrichs kurz dargestellt und charakterisiert. Danach wird im zweiten Abschnitt der genaue Verlauf der Ereignisse rekonstruiert, die schließlich zur öffentlichen Verkündung des Erbreichsplanes in Würzburg geführt haben. Dabei soll jedoch nicht nur Ereignisgeschichte nacherzählt werden. Sondern vielmehr werden immer wieder die einzelnen lateinischen Quellentexte herangezogen, kritisch untersucht und ausgewertet, aus denen wertvolle Informationen über Heinrichs Plan hervorgehen. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Marbacher Annalen sowie die Reinhardsbrunner Chronik. Im dritten Teil der Arbeit werden dann die wichtigsten Beweggründe des Staufers analysiert, die zu seiner Idee geführt haben könnten, in seinem Reich die Erbfolge einzuführen. Eine der wichtigsten Grundlagen dafür bildet Perels „Der Erbreichsplan Heinrichs VI.“ von 1908 sowie das jüngere Werk von Schmidt „Königswahl und Thronfolge im 12. Jahrhundert“ aus dem Jahre 1987. Schließlich werden die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit in einem Resümee kurz zusammengefasst, um dem Leser einen kurzen und prägnanten Überblick über diese Arbeit geben zu können. Parallel dazu wird der interessanten Frage nachgegangen, ob Heinrich VI. damals wirklich damit rechnen konnte, seinen Plan gegen die Fürsten und den Papst durchsetzen zu können, oder ob seine Erbreichs-Forderung nur Teil einer geschickten Verhandlungstaktik gewesen sein könnte. Die Grundlage für die Erörterung dieser Frage bilden die bis dato erarbeiteten Fakten und Hintergründe.
1. Kurzvorstellung der Quellen
Obwohl der Mittelalter-Historiker Alexander Winter meint, dass es um die Quellenlage bezüglich des Erbreichplans Heinrichs VI. nicht gerade gut bestellt sei[3], muss man ihm doch entgegnen, dass es für weitaus bekanntere Ereignisse des Mittelalters – wie etwa für Heinrichs IV. Gang nach Canossa – in Quantität und Qualität auch kein besseres Quellenmaterial existiert. Im Gegensatz zu den zahlreichen zum Teil äußerst detaillierten Quellen über die Staufergeschichte gehen die schriftlichen Zeugnisse über Heinrichs Erbfolge-Vorhaben jedoch nicht allzu tief und eindringlich auf den Erbreichsplan ein. Es fällt daher schwer, zu einer eindeutigen und unstrittigen Klarstellung der Details und Hintergründe des Planes zu kommen. Die beiden Schriftstücke, die den Erbfolgeplan Heinrichs noch am ausführlichsten behandeln, sind zum einen die Marbacher Annalen und zum anderen die Reinhardsbrunner Chronik.
Die Marbacher Annalen[4], die etwa 50 Jahre nach dem für uns relevanten Zeitraum von 1195-1197 verfasst worden sind, erzählen über diese Zeitspanne vornehmlich von den Kreuzzugsvorbereitungen Heinrichs VI. In diesen Schilderungen sind in unregelmäßigen Abständen immer wieder wichtige Informationen zum Erbreichsplan „eingestreut“ worden.[5] Der Marbacher Annalist beschreibt die Geschehnisse zwar sehr sorgfältig und sachlich, doch erkennt auch Winter eine eindeutig pro-staufische Position des Autors, indem er behauptet, dass die ganze Quelle „unbedingte Hingabe an die Staufer“ durchwehe. Doch auch er ist der Meinung, dass die Darstellung trotz allem „schlicht und ohne Schöngerede“ sei.[6]
Im Gegensatz dazu nimmt der Verfasser der Reinhardsbrunner Chronik[7] Heinrich gegenüber eine sehr kritische bis negative Haltung ein. Ihr Autor ist Zeitzeuge des Geschehens und hat den ersten Teil der Chronik gleich 1198, den zweiten Teil jedoch erst um 1217 verfasst. Das Werk, welches den Zeitraum von 1187 bis 1215 behandelt, ist der bei weitem umfangreichste Bericht über den Erbreichsplan, bezieht sich aber verhältnismäßig selten auf den Plan selbst. Der Chronist schreibt eher eine thüringische Territorialgeschichte, in welcher der Landgraf Hermann von Thüringen den Mittelpunkt bildet. In dieser etwas gekünstelt und „geschwollen“[8] geschriebenen Quelle wird der Landgraf, welcher sich immer wieder als einer der fürstlichen Gegenspieler Heinrichs hervortat, genauso verherrlicht wie Heinrich im Zusammenhang mit seinem Erbreichsplan negativ dargestellt wird. Johannes Haller hat diese Quelle wegen der Parteilichkeit ihres Autors und aufgrund ihrer vermeintlichen Fehlerhaftigkeit zwar vollkommen diskreditiert[9], doch stimmen zumindest die Fakten der Chronik mit denen der anderen wichtigen Quellen zum Erbreichsplan weitgehend überein. Es wäre für den Historiker also äußerst fahrlässig, sie nicht zur Auswertung und zur Beurteilung der Ereignisse um den Erbplan heranzuziehen. Jedoch müssen dabei die antistaufischen Tendenzen des Autors stets im Hinterkopf behalten werden.
Eine weitere Quelle – die zwar etwas weniger bedeutend ist als die beiden eben beschriebenen aber vor allem zur Überprüfung der Fakten dient – ist die Lütticher Bischofschronik[10]. Sie erwähnt die Verbindung Siziliens mit dem Deutschen Reiche sowie den Verzicht Heinrichs auf sein Spolienrecht.[11] Der Schreiber der um 1250 erstellten Chronik muss sehr gute Quellen von den Verhandlungen Heinrichs mit den Reichsfürsten gehabt haben, da er sehr detailliert darüber berichtet. Vielleicht stand ihm sogar eine Abschrift der Urkunde vom Reichstag von Würzburg zur Verfügung, in welcher Heinrichs Erbreichspläne mit den weltlichen und geistlichen Fürsten des Reichs offiziell besiegelt wurden. Der Abschnitt der Chronik über die Würzburger Ereignisse weist etwa zum Teil Passagen auf, die exakt wie in einer Urkunde formuliert wurden. Als Beispiel sei hier die intitulatio zu nennen.[12] Die Ausführungen des Lütticher Chronisten sind sehr neutral und objektiv gehalten. Positive oder negative Heinrich-Kritik sucht man vergebens.
Weitere Informationen über Heinrichs Erbreichsplan findet man in der Kreuzzugsgeschichte über Friedrich I., den Historia de expeditione Friderici Imperatoris.[13] Auch in diesem nach dem österreichischen Kleriker Ansbert benannten Schriftstück sind in unregelmäßigen Abständen Aufzeichnungen eingewoben, die den Erbreichsplan Heinrichs betreffen. Ansbert hat seine Ausführungen über die Vorbereitungen zum Kreuzzug Friedrich Barbarossas 1190 begonnen und hat diese bis 1196 selbst fortgeführt. Auch sein Bericht ist meist recht objektiv gehalten, und - wenn überhaupt - als leicht Heinrichkritisch zu bezeichnen.
Beim Vergleich all der eben beschriebenen Quellen fällt auf, dass sie unabhängig voneinander erstellt worden sind, was die Überprüfung der Richtigkeit der historischen Fakten erleichtert. Ein weiterer Vorteil des Quellenmaterials ist, dass es von den tatsächlichen Ereignissen zeitlich nicht allzu weit entfernt entstanden ist. Dies erleichtert die Interpretation und Kritik der Quellen und Geschehnisse für den Historiker ungemein.
Neben den vier eben dargestellten Schriftstücken gibt es noch einige andere, jedoch weniger reichhaltige und detaillierte Zeugnisse, die Heinrichs Erbreichs-Absichten erwähnen. Zu nennen seien hier die Reinhardsannalen, die sächsische Weltchronik oder auch die Halberstadter Annalen, die jedoch wenig Neues bieten.
2. Von der Vorgeschichte zur Verkündung des Erbreichplans
Im Folgenden sollen nun die einzelnen Schritte nachgezeichnet werden, die von der Entstehung der Erbreichsidee Heinrichs 1195 bis zur ihrer Verkündung auf dem Reichstag von Würzburg 1196 reichen. Ebenso werden im Anschluss daran die Reaktionen beziehungsweise Positionen der Reichsfürsten und des Papstes Coelestin III. zu Heinrich und seinem Vorschlag betrachtet. Grundlage hierfür bilden nicht nur die neuesten Forschungsergebnisse von Schmidt, Jericke und Vones, sondern auch „Der Erbreichsplan Heinrich VI.“ von Ernst Perels, dessen Darstellung über den chronologischen Ablauf der Ereignisse um den Erbreichsplan bis heute maßgeblich ist.
[...]
[1] Csendes, Peter, Heinrich VI. (Gestalten des Mittelalters und der Renaissance), Darmstadt
1993, S. IX.
[2] Mehr dazu im Resümee.
[3] Vgl. Perels, Ernst, Der Erbreichsplan Heinrichs VI., Berlin 1909, S. 5.
[4] Annales Marbacenses qui dicuntur, Hrsg. H. Bloch, MGH SS rer. Germ. (9),
Hannover/ Leipzig 1907.
[5] Vgl. Marbacher Annalen, S. 67 f.
[6] Vgl. jeweils ebd., S. 6.
[7] Cronica Reinhardsbrunnensis, Hrsg. O. Holder-Egger, MGH, SS XXX,1, Hannover
1896, S. 490-656.
[8] Vgl. Winter, S. 8.
[9] Vgl. Haller, Johannes, Heinrich VI. und die römische Kirche, in: MIÖG 35 (1914).
[10] Gesta pontificium Tungrensium, Traiecensium et Leodensium abbreviate, Hrsg. J. Heller,
MGH SS XXV, Hannover 1880, S. 129-135.
[11] Mehr dazu unter dem Punkt 2.3.
[12] Lütticher Bischofschronik, S. 132.
[13] Historia de expeditione Friderici Imperatoris (Quellen zur Geschichte des Kreuzzugs Kaiser
Friedrichs I.), Hrsg. A. Chroust, MGH SS rer. Germ. N.S. V, Berlin 1928, S. 1-115 (Der so
genannte Ansbert).
- Arbeit zitieren
- Werner Martin (Autor:in), 2004, Der Erbreichsplan Kaiser Heinrichs VI., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46058
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.