Hubert Knoblauch prägte den Begriff der "populären Religion". Erstmals in einem Aufsatztitel taucht dieser Begriff 1999 auf und
zieht sich seitdem bis heute durch die Publikationen Knoblauchs. 2009 erschien das bisher umfangreichste Werk zum Thema, eine Monographie mit dem Titel "Populäre Religion. Auf dem Weg in eine spirituelle Gesellschaft".
Was genau der Religionssoziologe unter diesem Begriff versteht, wird hier erklärt.
Inhalt
1. Zur Person
2. Knoblauchs Aufsatz „Populäre Religion“
2.1 Religiöse Situation heute – unsichtbar oder populär?
2.2 Was ist populäre Religion und was nicht?
2.3 Die Verwicklung von Medien und Märkten
2.4 Drei Beispiele
2.5 Die Kulturbedeutung der populären Religion
Literatur
1. Zur Person
Hubert Knoblauch (* 21. März 1959 in Friedrichshafen) ist ein deutscher Soziologe, der insbesondere auf dem Gebiet der Religionssoziologie geforscht hat. Nach seinem Studium der Soziologie, Philosophie und Geschichte promovierte er in Konstanz bei Thomas Luckmann, mit dessen Arbeiten und Theorien Knoblauch sich häufig auseinandersetzt. So greift er auch im hier vorgestellten Aufsatz „Populäre Religion. Markt, Medien und die Popularisierung der Religion“ Luckmanns These von der „unsichtbaren Religion auf. Nach einer Gastprofessur an der Universität Wien hatte Knoblauch an der Universität Zürich für zwei Jahre den Lehrstuhl für Religionssoziologie und Religionswissenschaft (200-2002) inne.
Seit 2002 ist er Professor für Theorien moderner Gesellschaften an der Technischen Universität Berlin.
Hubert Knoblauch prägte den Begriff der Populären Religion, neben dem vorliegenden Aufsatz veröffentlichte er auch eine Monographie unter dem selben Titel. Religion und insbesondere Nahtoderfahrungen beschäftigen ihn bei seiner soziologischen Arbeit
2. Knoblauchs Aufsatz „Populäre Religion“
Hubert Knoblauch prägte den Begriff der „populären Religion“. Erstmals in einem Aufsatztitel taucht dieser Begriff 1999 auf und zieht sich seitdem bis heute durch die Publikationen Knoblauchs. 2009 erschien eine das bisher umfangreichste Werk zum Thema, eine Monographie mit dem Titel „Populäre Religion. Auf dem Weg in eine spirituelle Gesellschaft“.
Der vorliegende Aufsatz, „Populäre Religion. Markt, Medien und die Popularisierung der Religion“, wurde 2000 in der Zeitschrift für Religionswissenschaft veröffentlicht, also relativ früh in der Entwicklung der titelgebenden These.
2.1 Religiöse Situation heute – unsichtbar oder populär?
Zu Beginn seines Aufsatzes stellt der Autor fest, dass sich seit Jahrzehnten die Religion in zunehmenden Maße nicht in den Kirchen abspielt. Lange sei in der Religionssoziologie der Rückgang der Kirchengänger als Zeichen dafür angesehen worden, dass die Religiosität allgemein in der Bevölkerung schwindet. Dem sei aber nicht so, die Religion werde bloß – und hier bringt Knoblauch einen von seinem Doktorvater Thomas Luckmann geprägten Begriff ins Spiel – „unsichtbar“, d.h. Sie spielt sich woanders ab als in den institutionalisierten Kirchen.
Dies hat einen zweifachen Formverlust zur Folge: Der soziale Formverlust bedeutet, dass die Institutionen nun immer weniger Einfluss auf die individuelle Religiosität haben. Der inhaltlich-symbolische Formverlust bedeutet, dass sich die Konkurrenz zu den Kirchen nicht nur in ihrer sozialen Ausdrucksform, sondern auch in ihren Inhalten von ihnen unterscheiden, sodass sie teilweise nur schwer als religiös identifiziert werden können.
Den Versuch der Religionssoziologie, diese unsichtbare Religion sichtbar zu machen, tut Knoblauch als wenig hilfreich ab und bringt seinen Begriff der populären Religion ein. Die heutige religiöse Landschaft fuße, so Knoblauch, auf zwei Säulen: zum einen dem wachsenden religiösen Markt und zum anderen der Entwicklung der Medien. Markt und Medien bedingen und beeinflussen sich gegenseitig und in Kombination generieren sie die populäre Religion. Diese ersetze aber nicht die bestehenden, traditionellen Religionsformen, so wie auch die populäre Kultur nicht die Hochkultur abgelöst habe. Vielmehr ist dieser Unterschied in den letzten Jahren dieser Gegensatz immer mehr verschwommen und so lässt sich „populär“ auch mit „massenkompatibel“ umschreiben.
2.2 Was ist populäre Religion und was nicht?
Was unter diesem Begriff der populären Religion zu verstehen sei, das erklärt der Autor ex negativo, indem er diesen Begriff anderen, ähnlichen und leicht verwechselbaren gegenüberstellt und ihn von diesen abgrenzt.
Populäre Religion ist keine Religion des Trivialen. Obwohl die kirchlichen Würdenträger an Einfluss verlieren und sich die Religion immer mehr in den Händen und Köpfen der Laien abspielt, so sind die Inhalte immer noch die gleichen, genuin religiösen wie die der traditionellen Kirchen: „Die Frage nach dem Jenseits, die Erfahrungen des Numinosen, das Problem des Todes und des Lebens nach dem Tod.“[1] Vorwürfe der Bagatellisierung religiöser Inhalte also seien bloß Vorwürfe der Spezialisten, die ihre Deutungshoheit gefährdet sehen.
Populäre Religion ist keine populare Religiosität. Auch als Volksfrömmigkeit bekannt, meint die populare Religiosität die großen und kleinen Alltagsrituale, die der fromme Laie auch ohne Anleitung seines Spezialisten durchführen kann. Es ist ein Gegenentwurf zur institutionalisierten Religion.- Und genau das ist populäre Religion nicht, denn diese bezieht die Experten und Spezialisten mit ein statt sie abzulehnen, denn der kommunikative Einsatz von Medien ist eins ihrer zentralen Merkmale.
Populäre Religion ist nicht Alltagsreligion. Damit versteht man nämlich „Formen religiöser Praktiken und Vorstellungen, die sich zwar aus vorwiegend kirchlichen Traditionen ableiten, allerdings entweder kaum mehr als religiös oder kirchlich-religiös wahrgenommen werden“[2]. Als Beispiele führt Knoblauch Stoßgebete Nichtgläubiger oder das Bekreuzigen von Fußballspielern an.
populäre Religion ist nicht Pop-Religion. Damit ist vielmehr das Aufgreifen und Verbreiten von religiösen Motiven in der Popkultur gemeint, und zwar insbesondere in der Jugendkultur. Es geht um die Verbreitung religiöser Inhalte in nichtreligiösen Kontexten. Populäre Kultur aber ist nicht nur auf Jugendkultur beschränkt.
Populäre Religion ist nicht Medienreligiosität. H.J. Benedict fragte bereits 1978, ob das Fernsehen ein „Sinnsystem“ sei, die Massenmedien ein sinnstiftendes Phänomen. In der Tat hat etwa der Fernseher heute in den meisten Haushalten eine Raum und Zeit dominierende Position. Wie ein Altar steht er mittig in den Wohnzimmern. Die Inhalte der Massenmedien präsentieren Wunschwelten und vermitteln Werte. Zusammengefasst: Die Massenmedien als Religionsersatz. Die populäre Religion bedient sich zwar stark und gekonnt der Massenmedien, doch sind diese nicht Inhalt, sondern eben nur Mittler religiöser Botschaften.
[...]
[1] Knoblauch, Hubert: „Populäre Religion. Markt, Medien und die Popularisierung der Religion“, ZfR 8 (2003), S. 146.
[2] Knoblauch, Hubert: „Populäre Religion. Markt, Medien und die Popularisierung der Religion“, ZfR 8 (2003), S. 146.
- Quote paper
- Marek Firlej (Author), 2013, Hubert Knoblauchs "Populäre Religion", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458663
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