Das deutsche Schulsystem ist einer Umstrukturierung verpflichtet, um alle Kinder, unabhängig von jeglichen Heterogenitätsmerkmalen, gemeinsam unterrichten zu können. Für Schüler/-innen, denen die Schule noch keine vollwertige Teilhabe am Schulleben ohne weitere Unterstützung ermöglichen kann, gilt die Schulbegleitung als eine Überbrückungsmaßnahme.
Diese Maßnahme soll mit dieser Arbeit empirisch untersucht werden. Da die Schulbegleitung im Schulleben durchaus präsent ist, stellt sich die Frage was für eine Rolle sie für die Schüler trägt - besonders im Vergleich zu und in Kooperation mit weiteren Fachkräften, da diese als klar definierte Autoritäten erkannt werden. Dieses Untersuchungsziel soll mit der daraus resultierenden Fragestellung erreicht werden: Wie wird die Maßnahme Schulbegleitung aus der Sicht der Schüler/-innen bezüglich des Rollenverständnisses und der Kooperation mit weiteren Fachkräften wahrgenommen?
Hierbei begrenzt sich die Studie insbesondere auf die Perspektive von Schüler/-innen der Sekundarstufe I an Regelschulen. Zunächst werden theoretische Grundlagen zusammengefasst und eingegrenzt. Diese wurden in vier Abschnitte unterteilt und inhaltlich geordnet. Inklusion als verpflichtende Aufgabe der Gesellschaft, stellt die Makroebene und somit die allumfassende Thematik der Arbeit dar. Die Maßnahme Schulbegleitung verkörpert einen Teil der Mikroebene, als unterstützendes Hilfsmittel zur Realisierung von Inklusion. Inklusion als übergreifende Thematik dieser Forschung wird theoretisch definiert und geht, über das Unterkapitel der schulischen Inklusion, in das für die Umsetzung der Inklusion bedeutsame Feld der Kooperation über.
Im schulischen Kontext wird die Kooperation als das Zusammenwirken von mehreren Fachkräften, an einer an Inklusion orientierten Schule, betrachtet. Die Thematik der Schulbegleitung wird in einem dritten Abschnitt auf bestimmte Aspekte theoretisch beleuchtet und besonders im Hinblick auf die Untersuchung, bereits bestehende Forschungsergebnisse aufgezeigt. Der zentrale Aspekt der Forschungsfrage ist die Perspektive der Schüler/-innen.
Ob und wie diese Perspektive in der erziehungswissenschaftlichen Forschung berücksichtigt wird, soll in den empirischen Teil der Untersuchung überleiten. Zur Nachvollziehbarkeit der Empirie wurde die Studie in fünf Schritte gegliedert. In Reflexion über die gesamte Studie werden die Ergebnisse im Anschluss und mit Hinblick auf die theoretisch festgelegten Aspekte diskutiert.
Inhalt
I. Einleitung
II. Theoretische Grundlagen
II.1 Inklusion
II.1.1 rechtlicher Bezug
II.1.2 schulische Inklusion
II.2 Kooperation
II.2.1 Kooperation im Kontext Schule
II.2.2 Kooperation im Kontext Inklusion
II.2.3 Kooperation mit Schulbegleitung
II.3 Schulbegleitung
II.3.1 rechtlicher Bezug
II.3.2 Rollenverständnis und Beziehung zu Schüler_in
II.3.3 Tätigkeitsprofil
II.4 Perspektive der Schülerinnen und Schüler in der Forschung
III. Empirische Untersuchung
III.1 Forschungsinteresse und Fragestellung
III.2 Methodische Vorgehensweise
III.2.1 Forschungsgegenstand und Forschungsdesign
III.2.2 Beschreibung der Forschungsmethode
III.2.3 Fallzahl
III.2.3.1 Vorstellung der Schule und der Klassen
III.3 Datenerhebung
III.3.1 Erhebungsmethode
III.3.2 Datenaufbereitung und Datenauswertung
III.3.2.1 dokumentarische Methode: Textinterpretation
III.3.2.2 exemplarische Fallbeispiele
III.4 Ergebnisse der Forschung
III.5 Diskussion der Ergebnisse
IV. Fazit
V. Literaturverzeichnis
VI. Anhang
I. Einleitung
Seitdem Deutschland im März 2009 das internationale Übereinkommen der UNBehindertenrechtskonvention (vgl. BGBl) ratifiziert hat und somit Inklusion als Menschenrecht anerkannt hat, wird der Begriff Inklusion vermehrt wahrgenommen. Dies liegt der Forderung nach der konkreten Umsetzung von Inklusion in allen Lebensbereichen zugrunde. Doch, um die Forderung sinngerecht umzusetzen, mussten und müssen viele Änderungen vorgenommen werden. Das deutsche Schulsystem ist demzufolge einer Umstrukturierung verpflichtet, um alle Kinder, unabhängig von jeglichen Heterogenitätsmerkmalen, gemeinsam unterrichten zu können. Für Schülerinnen und Schüler, denen die Schule noch keine vollwertige Teilhabe am Schulleben ohne weitere Unterstützung ermöglichen kann, gilt die Schulbegleitung als eine Überbrückungsmaßnahme. Diese Maßnahme soll mit der hier vorliegenden Arbeit, im Hinblick auf bestimmte Aspekte, empirisch untersucht werden. Dadurch, dass die Schulbegleitung im Schulleben durchaus präsent ist, stellt sich die Frage was für eine Rolle sie für die Schülerinnen und Schüler trägt, besonders im Vergleich zu und in Kooperation mit weiteren Fachkräften, da diese als klar definierte Autoritäten erkannt werden. Dieses Untersuchungsziel soll mit der daraus resultierenden Fragestellung erreicht werden: Wie wird die Maßnahme Schulbegleitung aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler bezüglich des Rollenverständnisses und der Kooperation mit weiteren Fachkräften wahrgenommen ?
Hierbei begrenzt sich die Studie insbesondere auf die Perspektive von Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I an Regelschulen. In der wissenschaftlichen Literatur werden zahlreiche synonyme Begrifflichkeiten für den Begriff Schulbegleitung verwendet. Um eine bessere Verständlichkeit dieser Arbeit zu realisieren, habe ich mich auf die Bezeichnung Schulbegleitung festgelegt.
Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde, der in der Gliederung abgebildete, Untersuchungsweg gewählt, welcher die Maßnahme der Schulbegleitung als Teil des allübergreifenden Bildes der inklusiven Beschulung betont. Zunächst werden theoretische Grundlagen zusammengefasst und eingegrenzt. Diese wurden in vier Abschnitte unterteilt und inhaltlich geordnet. Die chronologische Anordnung der vier Themengebiete ist so zu verstehen, dass von einer Makroebene hin zu einer Mikroebene gearbeitet wurde. Inklusion als verpflichtende Aufgabe der Gesellschaft, stellt die Makroebene und somit die allumfassende Thematik der Arbeit dar. Die Maßnahme Schulbegleitung verkörpert einen Teil der Mikroebene, als unterstützendes Hilfsmittel zur Realisierung von Inklusion. Inklusion als übergreifende Thematik dieser Forschung wird theoretisch definiert und geht, über das Unterkapitel der schulischen Inklusion, in das für die Umsetzung der Inklusion bedeutsame Feld der Kooperation über. Im schulischen Kontext wird die Kooperation als das Zusammenwirken von mehreren Fachkräften, an einer an Inklusion orientierten Schule, betrachtet. Diese Thematik ist ebenfalls Teil der Forschungsfrage. Da Schulbegleitung ebenfalls als mitwirkende Kraft gesehen wird, soll im Anschluss die Thematik der Schulbegleitung eröffnet werden. Diese wird in einem dritten Abschnitt auf bestimmte Aspekte theoretisch beleuchtet und besonders im Hinblick auf die Untersuchung, bereits bestehende Forschungsergebnisse aufgezeigt. Der zentrale Aspekt der Forschungsfrage ist die Perspektive der Schülerinnen und Schüler. Ob und wie diese Perspektive in der erziehungswissenschaftlichen Forschung berücksichtigt wird, soll im Interesse der Reflexion dieser Arbeit zusammengefasst werden und in den empirischen Teil der Untersuchung überleiten. Zur Nachvollziehbarkeit der Empirie dieser Studie wurde diese in fünf Schritte gegliedert. Dabei soll im Anschluss an die theoretisch als relevant erfassten Grundlagen das Forschungsinteresse begründet und konkretisiert werden. Daraufhin wird die methodische Vorgehensweise explizit erläutert und begründet. Um die Untersuchung nachvollziehen zu können, wird die untersuchte Schule kurz vorgestellt, sowie die befragten Personen bzw. Klassengemeinschaften. Alsdann das Forschungsinteresse und das geplante Forschungsvorhaben abgelichtet sind, wird die Datenerhebung erläutert und dargestellt. Damit soll erkannt werden, wie die Daten ausgewertet wurden, um das darauffolgende Kapitel der Ergebnisse der Forschung besser verstehen zu können. In Reflexion über die gesamte Studie werden die Ergebnisse im Anschluss und mit Hinblick auf die theoretisch festgelegten Aspekte diskutiert.
In dieser Arbeit wird auf geschlechtergerechte Sprache geachtet.
II. Theoretische Grundlagen
2.1 Inklusion
Die tatsächliche Sinnesbedeutung des Begriffs erkennt man, wenn man „In-klusion“ auf seinen Ursprung zurückführt. „Inklusion“ setzt sich aus dem lateinischen Wort „cludare“ (= schließen) und der lateinischen Vorsilbe „in“ (= ein). Somit bedeutet das Ergebnis schlicht „einschließen“, was in der Pädagogik unter anderem die gemeinsame Erziehung behinderter und nicht behinderter Kinder in Kindergärten, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen meint. Jetzt gilt es den Begriff Inklusion für diese Arbeit zu definieren und festzulegen. Es gibt diverse Definitionen und Verständnisse von Definitionen, Hinz (2004) nennt einige zentrale Punkte von Inklusion:
„Inklusion bemüht sich, alle Dimensionen von Heterogenität in den Blick zu bekommen und gemeinsam zu betrachten. Dabei kann es um unterschiedliche Fähigkeiten, Geschlechterrollen, ethnische Herkünfte, Nationalitäten, Erstsprachen, Rassen [...], soziale Milieus, Religionen und weltanschauliche Orientierungen, körperliche Bedingungen oder anderes mehr gehen. Charakteristisch ist dabei, dass Inklusion sich gegen dichotome Vorstellungen wendet, die jeweils zwei Kategorien konstruieren: Deutsche und Ausländer, Männer und Frauen, Behinderte und Nichtbehinderte, Reiche und Arme usw. - diese dichotome Kategorisierungen werden einzelnen Personen wenig gerecht, sind aber als alltägliche ,Zwei-Gruppen-Theorie‘ weit verbreitet.“ (Hinz, 2004, S.46f.)
Die, in diesem Zitat, angebrachten Aspekte zeigen auf, dass Inklusion einen deutlichen Unterschied zu Integration darstellt. Somit ist ein zentrales Ziel von Inklusion, gegen Diskriminierung anzukämpfen, um jedem Menschen unabhängig von seinen Heterogenitätsmerkmalen die vollwertige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Die in dem Zitat beispielhaften genannten Merkmale machen die Heterogenität einer Gesellschaft aus. Oftmals verbinden sich mit solchen Merkmalen auch Bewertungen oder Kategorisierungen. Aufgrund dessen entsteht häufig eine gesellschaftliche Ausgrenzung. So arbeiten zum Beispiel viele Menschen mit Behinderung in speziellen Einrichtungen statt am regulären Arbeitsleben teilzunehmen oder besuchen Sonderschulen sowie Förderklassen. Anfang der 70er Jahre setzten sich in den USA Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen gegen diese Ausgrenzung ein. Sie forderten eine volle gesellschaftliche Teilhabe ein und prägten den Begriff der sozialen Inklusion. Mittlerweile ist er weit verbreitet und meint nicht nur die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, sondern bezieht sich auf alle in einer Gesellschaft lebenden Menschen. Man könnte auch sagen Inklusion beschreibt den Zustand einer heterogenen Gesellschaft der Vielfalt, zu der alle Menschen dazugehören (siehe Abb.1). Es gibt es ein enges und ein weites Verständnis von Inklusion. Das enge Verständnis bezieht sich ausschließlich auf Menschen mit Behinderungen (vgl. Werning, 2014, S.2), während das weite Verständnis sich, wie im Zitat abgebildet, auf alle Menschen bezieht.
Oftmals werden die Begriffe Inklusion und Integration als gleichbedeutend verwendet, was jedoch nicht stimmt. Diese Begriffe sollten stets differenziert verwendet werden, denn Integration meint, dass ausgeschlossene Menschen in die Gruppe oder Gesellschaft einzugliedern sind -allerdings stetig mit der Etikettierung des Anderssein. Die Inklusion greift weiter und meint, dass eine Ausgrenzung gar nicht erst stattfindet. Die konkrete Voraussetzung für Inklusion ist Barrierefreiheit. Dies bedeutet, dass Menschen ohne Barrieren überwinden zu müssen, vollständig an der Gesellschaft teilhaben können.
Zusammenfassend lässt sich also konkret sagen, dass Inklusion erst dann erfolgreich ist, wenn Menschen mit bestimmten Heterogenitätsmerkmalen (wie zum Beispiel ein Handicap) nicht als Besonderheit gesehen werden. Die Menschen müssen sich keiner gesellschaftlicher Norm mehr anpassen, sondern leisten auf ihre Art wertvolle Beiträge zum gesellschaftlichen Miteinander.
2.1.1 rechtlicher Bezug
In der Behindertenrechtskonvention, welche 2006 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde, wird Inklusion als Menschenrecht anerkannt (vgl. BGB1, 2008). Dieses internationale Übereinkommen wurde von bereits 170 Ländern unterzeichnet, darunter auch Deutschland. Die Konvention wurde im März 2009 von Deutschland ratifiziert, womit die Forderung nach sozialer Inklusion rechtlich verankert wurde. Doch, um die Forderung sinngerecht umzusetzen, mussten und müssen viele Änderungen vorgenommen werden. Die Behindertenrechtskonvention fordert beispielsweise, dass Barrieren abgebaut werden. Somit soll in allen Bereichen (z.B. Transportmittel) ein besserer Zugang bzw. ein Zugang für jedermann ermöglicht werden. Außerdem wird die Ermöglichung eines selbstbestimmten Lebens gefordert. So sollen jegliche Eingriffe in persönliche Rechte und Menschenrechte verhindert werden damit keine Entmündigungen oder Ausgrenzungen von der Gemeinschaft hervorkommen. Darüber hinaus verpflichtet die Behindertenrechtskonvention zu gleichem Recht für alle: Alle Kinder mit und ohne Behinderungen sollen in einer Schule unterrichtet werden.
Das allgemeine Ziel der Konvention ist eine inklusive Gesellschaft. In den Grundsätzen sind außerdem folgende Aspekte festgehalten: die Achtung der Menschenwürde, der Schutz vor Diskriminierung, die Teilhabe an der Gesellschaft, der Respekt gegenüber der Unterschiedlichkeit, das Prinzip der Chancengleichheit, Barrierefreiheit, die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie die Achtung vor den Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und ihr Recht auf die Wahrung ihrer Identität. Die Behindertenrechtskonvention verpflichtet die Staaten dazu die Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderung zeitgleich, mit Inkrafttreten des Rechts zu verwirklichen. Sie verpflichtet ebenso die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu garantieren. Letzteres kann nach und nach unter Ausschöpfung der verfügbaren Mittel und im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit verwirklicht werden. Außerdem wird einzeln betont, dass Menschen mit Behinderung in die Ausarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften und politischen Konzepten zur Umsetzung der Konvention aktiv miteinbezogen werden sollen. Die Umsetzung soll sich an den Vorschriften orientieren und die Forderungen soweit wie möglich erfüllen.
2.1.2 schulische Inklusion
Georg Feuser bietet mit seiner entwicklungslogischen Didaktik ein tiefgründiges Verständnis von schulischer Inklusion. Nach ihm müssen in einer Schule alle entsprechenden Voraussetzungen vorhanden sein, damit jeder Schüler und jede Schülerin in der Schule eine vollwertige Teilhabe empfinden kann. Eine inklusive Schule ist also erst dann inklusiv, wenn „alle Kinder und Schüler in Kooperation miteinander, auf ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau, nach Maßgabe ihrer momentanen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungskompetenzen, in Orientierung auf die ,nächste Zone ihrer Entwicklung‘, an und mit einem gemeinsamen Gegenstand‘ spielen, lernen und arbeiten." (Feuser, 1995, S.168) können. Hier manifestiert sich das weite Verständnis von Inklusion. Das Zitat bezieht sich nicht nur auf die Miteinbeziehung von Kindern mit Behinderung, sondern auf „alle" (ebd.), unabhängig von jeglichen Heterogenitätsmerkmalen. Wichtig anzumerken ist, dass Feuser gegen eine Differenzierung der Unterrichtsinhalte hingegen aber für die Individualisierung der Zugänge zum gemeinsamen Unterricht ist. Somit hat jedes Kind einen Zugang zum Unterricht ohne ausgeschlossen zu werden. Nach Feuser kann erfolgreiches Lernen erst dann stattfinden, wenn Kooperation, Differenzierung und ein gemeinsamer Unterrichtsinhalt vorausgesetzt sind. Der Unterrichtsinhalt, Feuser nennt ihn „Gemeinsamer Gegenstand", ist für alle Schülerinnen und Schüler relevant, was ebenfalls Exklusion verhindert. Um erfolgreiches Lernen, nach Feuser, zu ermöglichen braucht es viel Vor- und Aufbereitung seitens der Lehrpersonen. Diese schließt eine Analyse eines jeden Kindes mit ein, wofür Feuser eine Anleitung in Form eines Baummodells bietet (vgl. Feuser, 1995, S. 179). Die Lehrperson sollte auf Basis dieser Analyse die Zugänge so aufbereiten, dass für jedes Kind die Möglichkeit besteht seine „nächste Zone der Entwicklung" (Wygotski, 1987, S.83) erreichen zu können.
In dieser Arbeit liegt der Fokus auf der schulischen Inklusion von Kindern mit Behinderung. So meint dies im Sinne Feusers diesen Kindern entsprechend ihrer benötigten Voraussetzungen das Lernen gleichberechtigt zu ermöglichen. Die UNBehindertenrechtskonvention hat im August 2013 die Verschärfung der Rahmenbedingungen für die schulische Inklusion bekannt gegeben. So sollen ab dem Schuljahr 2013/14 alle allgemeinen Grundschulen Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf unterrichten; Förderschulen sollen keine Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt „Lernen" in das erste Schuljahr aufnehmen. Die weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I sollen alle
Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf in allen Förderschwerpunkten aufnehmen. In allen drei Fällen soll der Inklusion nach gegangen werden sofern die Erziehungsberechtigten dies wünschen. Die schulische Inklusion, die eine wesentliche Herausforderung für die Schulen darstellt, erfordert einige Veränderungen, welche nur durch Kooperation der Beteiligten zu einer erfolgreichen Umsetzung führen können.
2.2 Kooperation
Ursprünglich stammt der Begriff aus dem Kirchenlateinischen und heißt so viel wie „Mitwirkung". Für den Begriff der Kooperation existieren jedoch, je nach Bereich und Perspektive, viele diverse Definitionen. Deshalb soll, im Sinne dieser Arbeit, im Folgenden zunächst eine Begriffseingrenzung aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive vorgenommen werden. Gräsel (2006) unterscheidet grob drei Formen von Kooperation: Kooperation als Austausch, als Arbeitsteilung und als Kokonstruktion. Rosenbusch geht tiefer und meint mit kooperativem Arbeiten die freiwillige wechselseitige Verbindung von individuellen Erfahrungen, Kompetenzen, Zuständigkeiten und Aktivitäten mit einem gemeinsamen Ziel (vgl. Rosenbusch, 2005) . Für die vorliegende Arbeit wird Kooperation wie folgt definiert:
„Kooperation ist gekennzeichnet durch den Bezug auf andere, auf gemeinsam zu erreichende Ziele bzw. Aufgaben, sie ist intentional, kommunikativ und bedarf des Vertrauens. Sie setzt eine gewisse Autonomie voraus und ist der Norm von Reziprozität verpflichtet" (Spieß, 2004, S.199)."
Spieß definiert Kooperation hiermit aus sozialpsychologischer Perspektive. Ihre Definition wird größtenteils in der Forschung als Basis genommen (vgl. Gräsel, 2006) .
Kooperationen geht man ein, wenn große Aufgaben oder Projekte durchgeführt werden sollen und diese nicht allein zu bewältigen bzw. in Kooperation sich als effektiver erweisen. Wir setzen vor allem im Arbeitsalltag Kooperation zur Lösung komplexer Fragestellungen ein, bei denen Kreativität erforderlich ist. Dabei sind unterschiedliche Fachkompetenzen und Erfahrungen in einer Gruppe besonders hilfreich. So können alle von den verschiedenen Perspektiven profitieren und sich gegenseitig ergänzen. Diese Darstellung präsentiert Kooperation als Lösung oder positives Gegenteil von Konkurrenz. Die Zusammensetzung der Gruppe ist nicht allein bedingend für eine Kooperation, sondern die Art und Weise wie gearbeitet wird. Kooperation als Kokonstruktion meint nämlich nicht nebeneinander, sondern miteinander zu arbeiten. Dabei sind eine gute Kommunikation sowie die Beziehung zwischen den Mitgliedern von zentraler Bedeutung. Offenheit gegenüber Veränderungen, Gewissenhaftigkeit bei der Arbeit, ein gewisses Maß an Kontaktfreudigkeit, soziale Verträglichkeit und emotionale Stabilität sind deshalb relevant für eine gute Kooperation. Um Missverständnissen aus dem Weg zu gehen sollten die Rollen der Mitglieder in einem gewissen Maße klar definiert sein.
Aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive wird Kooperation überwiegend mit einem Erziehungsideal verknüpft und deshalb besonders in Bildungseinrichtungen gefordert.
2.2.1 Kooperation im Kontext Schule
In der Pädagogik unterscheidet die Forschung Kooperation in und zwischen Schulen. Die Kooperation in Schulen meint die Zusammenarbeit von verschiedenen Fachkräften und anderen Beteiligten und fokussiert sich auf kooperative Handlungen auf individueller Ebene sowie die Interaktion der Individuen. Kooperation zwischen Schulen nimmt hingegen das Zusammenwirken von Bildungseinrichtungen oder Institutionen in den Blick und erforscht kooperative Formen auf institutioneller Ebene. In dieser Arbeit liegt der Fokus unter anderem auf der Kooperation von Lehrkräften und Schulassistenz. Dabei wird verstanden, dass Kooperation das Ziel verfolgt, eine inklusive Schule zu werden bzw. die Voraussetzungen zu schaffen, damit jedem Schüler und jeder Schülerin gleichberechtigtes Lernen ermöglicht wird. Kooperation wird dabei aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive und damit auf individueller als auch institutioneller Ebene betrachtet. Dies ist wie folgt zu begründen: Schulbegleitungen werden meist von außerschulischen Institutionen getragen, dennoch kooperieren sie mit den Lehrkräften vor Ort, in der Schule. Sie werden deshalb nicht als vollständiges Mitglied der Schule gesehen. Dieser Sachverhalt der unklaren Rollenbestimmung wird im Laufe dieser Arbeit jedoch präziser durchleuchtet. Fachkräfte, die schließlich in diesem Sinne kooperieren sind unter anderem Lehrkräfte, Schulleiter und Schulleiterinnen, Schulassistenten und Schulassistentinnen, Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen sowie weitere Beteiligte mit als auch ohne Fachkompetenz. Beispiele für kooperative Tätigkeiten in der Schule sind: Feedback geben, Team-Teaching und Konferenzen. Velten (2018) ist der Meinung, dass „Lehrerkooperation [...], so gewinnt man den Eindruck, zum Allheilmittel der Schul- und Kompetenzentwicklung“ (Velten, 2018, S.218) wird. Darüber hinaus ist nach Huber „Kooperation im schulischen Kontext [...] nicht nur eine Handlungsmöglichkeit mit eher instrumentellem Wert, sondern auch ein dezidiertes Erziehungs- und Bildungsziel.“ (Huber, 2012, S.18). Denn wenn ein interaktives Miteinander herrscht wird deutlich mehr Fortschritt erzielt als wenn jeder für sich auf das Ziel hinaus arbeitet. Hierzu sind Fussangel und Gräsel (2006) der Meinung, dass oftmals eine Kohärenz zwischen Lehrerkooperation und Schülerleistungen erstellt wird, um positive empirische Befunde damit zu begründen, was jedoch nicht negative Korrelationen ausschließt. Sie sind der Meinung, dass die Erwartungen an Kooperation im schulischen Kontext meist sehr hoch sind. Doch die Kooperation in Schulen hat nicht ausschließlich das Ziel Schülerleistungen zu verbessern, sondern soll vielmehr und primär optimale Voraussetzungen für gleichberechtigtes Lernen aller Kinder ermöglichen, welches dann die Ursache für bessere Schülerleistungen sein kann.
Der aktuelle Forschungsstand weist verschiedene Formen von Kooperation auf, wobei immer häufiger die „multiprofessionelle Kooperation“ (Petersen, 2018, S.50) in den Vordergrund rückt. Diese definiert sich unter anderem durch die Zusammensetzung der kooperierenden Mitglieder einer Gruppe. Bei multiprofessionellen Kooperationen handelt es sich um die Verbindung verschiedener Personen mit jeweils unterschiedlichen Ausbildungen und Perspektiven. Somit treffen sogenannte Experten aus verschiedenen Bereichen aufeinander, um sich gegenseitig zu stärken und zu ergänzen. Bei dieser Zusammenarbeit hat die Kommunikation in der Gruppe eine wesentliche Bedeutung. Mit ihr ist eine klare Definierung der Rollen die Voraussetzung für kooperatives Arbeiten nach Spieß (vgl. Spieß, 2004, S.199). Empirische Befunde zeigen, dass eine unklare Verteilung der Aufgaben sowie unklare Rollenzuteilungen der multiprofessionellen Kooperation deutlich entgegenwirken können (vgl. Petersen, 2018, S.50). So zeigt die Forschung, dass kooperative Vorgänge in Bezug auf das Lernen der Schülerinnen und Schüler als unumgänglich erachtet werden. Aktuell werden vorwiegend Fragestellungen zum Zusammenhang von Kooperation und Inklusion aufgegriffen und erforscht. Denn Kooperation wird aus verschiedenen Forschungsrichtungen analysiert. Mit Inkrafttreten der UN-Behindertenkonvention hat besonders die Schulentwicklungsforschung der Thematik deutlich mehr Beachtung geschenkt, was nahezu selbsterklärend ist. Im Zuge der Inklusion wird der kollegialen Kooperation immer mehr Wichtigkeit zugesprochen. Diese erweist sich als belastungsreduzierend, effektivitätssteigernd und innovationsfördernd und hat somit eine unterstützende Wirkung auf die Schulentwicklung (vgl. Fussangel, 2008; Pröbstel, 2008). Die Lehrerkooperationsforschung konzentriert sich näher auf die Qualität von Kooperation (vgl. Gräsel, Pröbstel, Freienberg, Parchmann 2006) und den damit zusammenhängenden Faktoren.
2.2.2 Kooperation im Kontext Inklusion
Kooperation hat sich in zahlreichen Forschungen zum Thema Inklusion als wesentliches Merkmal zur Verwirklichung schulischer Inklusion entpuppt. Lütje- Klose & Urban (2014) tragen der inklusiven Schulpädagogik mit ihrer Forschung bedeutend bei, insbesondere weil sie sich auf die intraprofessionelle Kooperation, nämlich zwischen Regelschullehrkräften und sonderpädagogisch ausgebildeten Lehrkräften konzentrierten. Daraus können Schlüsse für die Kooperation im Kontext von Inklusion an Schulen gezogen werden. Wie auch sie, ist Eschelmüller (2013) der Ansicht, dass geteilte Wertevorstellungen im Kontext eine zentrale Voraussetzung für erfolgreiche Kooperation ist. Einen Schritt zuvor ist zunächst wichtig, die entsprechenden Voraussetzungen dafür zu schaffen. Diese erfolgt auf verschiedenen Ebenen. Auf individueller Ebene werden Personen vorausgesetzt, „die sich auf ein fortlaufendes eigenes Lernen einstellen wollen, die konfliktfähig sind und die in diesen Tätigkeiten mehr Chancen als Risiken sehen." (Moser, 2016, S.165). Auf institutioneller Ebene sind strukturelle Eigenschaften von Bedeutung. Letzteres ist international vergleichbar mit einem kanadischen Modell, welches als institutionalisiertes Segment, genannt „Methods & Resource Teams", im Sinne der Kooperation in einer inklusiven Schule besteht (vgl. Köpfer, 2012).
Speziell im Kontext der Inklusion fordert die Kooperation, aufgrund der Herausforderungen, vorwiegend multiprofessionelle Zusammenarbeit. Dies hat den Grund, dass möglichst alle Felder, die eine Inklusion einschließt, professionell abgedeckt werden können und somit die Voraussetzungen für Inklusion gewährleistet sind. Dies meint im Sinne der hier vorliegenden Forschung nicht nur die Kooperation von Lehrkräften aus verschiedenen Fachrichtungen, sondern darüber hinaus die Kooperation mit anderweitig tätigenden Beteiligten, wie zum Beispiel die Schulbegleitung als solche. Auch wenn hier zu kritisieren ist, dass für den Beruf als Schulbegleitung keine Ausbildung angeboten oder gefordert wird. Die Forschung zeigt, dass viele als Schulbegleitung fungierende Personen keine pädagogische Ausbildung besitzen (vgl. Böing & Köpfer, 2017).
2.2.3 Kooperation mit Schulbegleitung
Damit die Transformationsprozesse von inklusiver Beschulung realisiert werden können, bietet das Konzept Schulbegleitung zusätzliche Unterstützung und ist deshalb immer bedeutender. Da Schulbegleitung im nächsten Kapitel näher erklärt wird, soll der Begriff hier zunächst ein kooperierendes Mitglied mit der Aufgabe bedürftige Schülerinnen und Schüler in das Schulleben zu integrieren, bezeichnen. Schmidt (2016) fasst zu diesem Aspekt in ihrem Forschungsüberblick unter anderem Ergebnisse bezüglich der Ausbildung bzw. Profession von als Schulbegleitung tätige Personen zusammen. Dieser Aspekt kann die Kooperation zum Beispiel mit Lehrpersonen deutlich beeinflussen, denn es kann einen Unterschied ausmachen, wenn die Schulbegleitung ausschließlich das Abitur absolviert hat oder eine pädagogische Ausbildung zur Heilpädagogin besitzt. Die Kooperation findet dadurch individuell und beeinflusst durch solche Aspekte statt, was unterschiedliche Auswirkungen haben kann. Da die Schulbegleitung hauptsächlich im Schulalltag präsent ist, kreuzt sich ihr Tätigkeitsbereich höchstwahrscheinlich mit dem der Lehrkräfte. Unklare Situationen können dann vermieden werden, wenn zuvor entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Ein Beispiel dafür wäre eine Aufgabenverteilung. Die Aufgaben einer Schulbegleitung von deren einer Lehrkraft strikt zu trennen, ist nicht oder nur schwer möglich und eher kontraproduktiv (vgl. Lindmeier, 2014). Hier lässt sich diskutieren, ob Kooperation in dieser Konstellation eher klar definierte Rollen und Aufgaben oder eher ein intensives Miteinander mit individuellen Entscheidungen und Handlungen befürwortet. „Bezogen auf die Rollen und Handlungsmöglichkeiten zeigt eine qualitative Studie (vgl. Heinrich & Lübeck 2013; Lübeck & Heinrich 2016) Erschwernisse in der Kooperation zwischen Lehrperson und Schulassistenz und berichtet von uneinheitlich weit oder eng ausgerichteten Handlungsoptionen bzw. - spielräumen der Schulbegleitung.“ (Böing, 2017, S.19). Hier wird also deutlich, dass die Kooperation einen schweren Knoten in diesem Kontext darstellt. Zu unterstreichen ist jedoch die Tatsache, dass Schulbegleitungen und Lehrkräfte in jedem Fall kooperieren sollten, um schulische Inklusion zu verwirklichen. In welchem Maße dies erfolgreich ist und inwiefern Aspekte wie Rollendefinitionen einen Einfluss haben lässt sich durch Forschungen erfragen.
2.3 Schulbegleitung
Was die Schule, im Rahmen der Inklusion, nicht voraussetzen kann, um jedem Kind die gleichartige Teilhabe am Schulleben zu ermöglichen, muss mit Unterstützungsmaßnahmen überbrückt werden - die Schulbegleitung ist solch eine Maßnahme.
Wie der Name bereits verrät, meint Schulbegleitung eine Person, die einen Schüler oder eine Schülerin durch den Schulalltag begleitet. Für diese Profession gibt es in Deutschland keinen universalen Begriff. Begriffe, die in diesem Kontext synonym verwendet werden sind zum Beispiel Individualbegleiter, Schulassistenz oder Inklusionshelfer. Dworschak (2010) definiert Schulbegleitung als „Personen, die Kinder und Jugendliche überwiegend im schulischen Alltag begleiten, die auf Grund besonderer Bedürfnisse im Kontext Lernen, Verhalten, Kommunikation, medizinischer Versorgung und/oder Alltagsbewältigung der besonderen und individuellen Unterstützung bei der Verrichtung unterrichtlicher und außerunterrichtlicher Tätigkeiten bedürfen." (Dworschak,2010, S.133f).
Welche Rolle diese Personen tragen und welches Tätigkeitsprofil sie erfüllen ist in der Praxis ziemlich unscharf abgegrenzt, weshalb in diesen Bereichen ein hohes Forschungsinteresse besteht. In einer deskriptiven Analyse zu Schulbegleitung, zitieren Lindemann und Schlarmann (2016), Reuter (2012), welcher feststellt, „dass die Schulbegleitung ,mit weitgehend unklarer Aufgaben- und Rollendefinition [...] mittendrin in einem komplexen schulischen Handlungsfeld [steckt]‘ (Reuter, 2012, S.23) und die „sonderpädagogische Aufgabe der Schule" (ebd.) folglich auf unbefriedigende Weise gelöst wird." (Lindemann, 2016, S.265).
Mit der Aufgabe der Schule ist hier die Inklusion gemeint, welche allen Schülerinnen und Schülern die Teilhabe am Unterricht (an Regelschulen) ermöglichen soll. Mit dem Zitat wird nach Reuter ein Lösungs- oder Verbesserungsbedarf deutlich. Im Kontext von Inklusion und in Bezug auf Schulbegleitung stellen eine unscharfe Abgrenzung und eine fehlende Bestimmung der Rolle von Schulbegleitung eine „unbefriedigende" Situation dar, welche verbessert werden muss. Die Ursache dafür meint die nicht auszureichenden Maßnahmen, wovon eine die Schulbegleitung ist. Im Folgenden werden ausgewählte Aspekte von Schulbegleitung näher erläutert.
2.3.1 rechtlicher Bezug
Die Maßnahme Schulbegleitung ist gesetzlich ausschließlich in folgenden Aspekten geregelt: die Beantragung, die Bewilligung und teilweise die Finanzierung. Wer als Schulbegleitung fungieren kann bzw. welche Voraussetzungen bestehen, um als Schulbegleitung tätig zu werden ist rechtlich nicht festgelegt. Dies könnte mit der Finanzierung zusammenhängen und der damit empfundenen Zuständigkeit. Denn die Maßnahme wird durch unterschiedliche Träger realisiert und von privaten Trägern, Kommunen oder der Krankenkasse finanziert. Wovon dies abhängig ist, ist nicht gänzlich klargestellt. Ein Bereich, der jedoch rechtliche Regelungen enthält, bezieht sich auf die Beantragung und Bewilligung von Schulbegleitung. Dazu legt Thiel (2017) entsprechende Informationen in ihrem Artikel „Die Beantragung und Bewilligung von Schulassistenz“ auf detaillierter Weise dar. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche berechtigt sind, die Maßnahme zu erhalten. Da die betroffenen Kinder hauptsächlich minderjährig sind, stellen die Sorgeberechtigten - in den meisten Fällen, die Eltern- den Antrag und zwar beim zuständigen Jugend- oder Sozialamt. Die Bewilligung enthält grob drei Schritte: Zunächst wird diagnostisch untersucht, ob eine psychische oder physische Beeinträchtigung bzw. Abweichung seelischer Gesundheit vorliegt. Wenn einer dieser Fälle besteht, dann wird in einem zweiten Schritt geprüft, ob aufgrund dieser festgestellten Beeinträchtigung die Teilhabe am Schulleben behindert wird. Ist die Teilhabe am Schulleben beeinträchtigt, so wird im dritten Schritt entschieden welche Maßnahme ergriffen werden muss, um den fehlenden Teilhabebereich auszugleichen. Hier werden zwei Hilfen unterschieden: die Eingliederungshilfe und die sonderpädagogische Förderung (vgl. ebd.). Die Eingliederungshilfe soll, die von Umweltfaktoren oder Handicap beeinträchtigte Teilhabe erleichtern bzw. ermöglichen und die sonderpädagogische Förderung hat die Aufgabe den Nachteil bei Lernvorgängen und schulischen Inhalten, aufgrund von sonderpädagogischem Förderbedarf des Kindes, auszugleichen. Damit lässt sich also feststellen, dass die Beurteilung des Bedarfs des jeweiligen Kindes von seiner gesundheitlichen Situation abhängig gemacht wird.
Eine weitere Unterscheidung liegt dem Sozialgesetzbuch zu folge in der finanziellen Trägerschaft vor. Für geistig, körperlich und mehrfach behinderte Kinder wird das zwölfte Sozialgesetzbuch angewendet, nämlich in §53 „Leistungsberechtigte und Aufgabe" und § 54 „Leistungen der Eingliederungshilfe". Für seelisch erkrankte Kinder gilt das achte Sozialgesetzbuch mit dem Paragraphen 35a „Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder". Man kann erkennen, dass es sich in beiden Fällen um eine Eingliederungshilfeleistung handelt. Diese Hilfeleistung steht rechtlich dann nur dem Kind zu, für den sie beantragt und bewilligt wurde. Sollte die Schulbegleitung auch anderen Kindern helfen oder den Schulalltag in jeglicher Weise unterstützen, ist dies „[...] sozialrechtlich betrachtet nur so weit zulässig, wie sie der Teilhabe des Kindes dienen, dass die Schulassistenz erhält (beispielsweise durch die Unterstützung einer gemeinsamen Lern- oder Spielsituation)." (Lindmeier, 2014, S.29).
2.3.2 RoNenverständnis & Beziehung zu Schülerjn
Die Personen, die als Schulbegleitung fungieren tragen nach Goffman’s Rollenverständnis in ihrer Ausübung eine bestimmte Rolle in der Interaktion mit dem jeweiligen Kind. Hier könnte man die Frage stellen, ob Schulbegleitung eine bestimmte Rolle hat und zeitgleich verschiedene Rollen einnimmt, wie zum Beispiel Vertrauensperson, Lehrperson, Hilfsperson. Kritiker von Goffman’s Rollentheorie unterstreichen, dass dieses Konzept demonstriert, dass jede Person jegliche Rolle tragen könnte. In vielen Fällen ist jedoch eine Profession verlangt, um eine bestimmte Rolle einnehmen zu können. In Bezug auf Schulbegleitung meint Prammer-Semmler (2017), dass diese Maßnahme nicht als Profession bezeichnet werden kann (Prammer-Semmler, 2017, S.10), da sie den Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die Absolvierung einer Ausbildung, nicht entspricht. Wie im vorherigen Kapitel erläutert gibt es wenige rechtlich festgelegte Voraussetzungen, um Schulbegleitung werden zu können. Nach Goffman, heißt dies also schlussfolgernd, dass praktisch jeder als Schulbegleitung fungieren könnte. Diese unklare Rollendefinition bezeichnet Prammer-Semmler als „Problemlage" (ebd., S.9), da die Schulbegleitung in der Schule in einer gewissen Weise zum Lehrpersonal gehört, aber dennoch keine Lehrkraft ist. Um das Rollenverständnis der Schulbegleitung näher zu betrachten folgt ein Zitat aus dem Bayerischen Bildungsministerium: „Schulbegleiter sind keine Zweitlehrkräfte, Nachhilfelehrkräfte, Hausaufgabenbetreuer oder Assistenten der Lehrkräfte bei der Vermittlung der Unterrichtsinhalte. Die schulpädagogische und didaktische Verantwortung für die Vermittlung des Lehrstoffes an junge Menschen mit Behinderung obliegt ausschließlich den Lehrkräften bzw. den MSD-Lehrkräften der Förderschule [Mobilder Sonderpädagogischer Dienst, Anm. d. A.], auch wenn Schulbegleiter die dazu notwendige fachliche Qualifikation haben sollten." (Bayer StMfUK & VdbB 2013; S.6; Hervorhebung im Original).
In diesem Zitat wird vor allem die Abgrenzung zur Lehrer- oder lehrerähnlichen Rolle deutlich. Diesem Verständnis nach sollen Schulbegleiter keine unterrichtlichen Tätigkeiten ausüben. Hier soll vermerkt sein, dass die Praxis nicht immer der Theorie entspricht und es vermeintlich durch spontane Notfallsituationen dazu kommen kann, dass eine Schulbegleitung einem Schüler zum Beispiel eine Aufgabe erklärt. Dem Zitat wird die Studie von Broer u.a. (2005) gegenübergestellt, bei der 16 Jugendliche, die ihre Schullaufbahn beendet haben, interviewt wurden und daraufhin 4 Rollen für die Schulbegleitung zusammengefasst wurden, nämlich die Schulbegleitung mit der Rolle als Mutter, als Freund, als Beschützer vor Mobbing und als Lehrperson. Letzteres spricht gegen die Aussage des Bayerischen Bildungsministeriums und zeigt wie zuvor vermerkt, dass in der Praxis die Schulbegleitung durchaus auch als Lehrkraft angesehen wird Dies lässt vermuten, dass sie womöglich unterrichtliche Tätigkeiten ausübt. Dies kann aber auch damit begründet werden, dass nach Goffman jeder diese Rolle besetzen könnte und jeder sie auf eine andere Art und Weise ausübt, was dann entsprechend vier verschiedene Rollen einer Schulbegleitung entlarvt.
Eine weitere Perspektive bietet Ursula Böing (2017) indem sie Schulbegleitung „als eine sich zunehmend etablierende, paraprofessionelle Rolle in an Inklusion orientierten Schulen" (Böing, 2017, S.19) festlegt. Damit wird die Schulbegleitung von einer ganz anderen Seite beleuchtet, nämlich als unterstützende, assistierende Kraft für die Lehrperson, ohne aber die Lehrertätigkeit auszuüben. Versteht man diese Bezeichnung so, dass Schulbegleitung auf die Lehrperson bezogen wird, sollte man sich den Begriff nochmals genauer betrachten. Dieser verdeutlicht nämlich überwiegend die auf das Kind bezogene Rolle der Schulbegleitung (vgl. Köpfer 2013). Viele verschiedene Rollendefinitionen der Schulbegleitung werden aufgestellt, was sich womöglich daraus schließen lässt, dass die Rolle rechtlich als auch anderweitig keine klare Bestimmung findet. Dies kann den Grund haben, dass die Rolle hauptsächlich durch zwei bedeutsame Bereiche erst definiert wird: der Tätigkeitsbereich und die Beziehung zum jeweiligen Kind. Beides ist je nach Fall individuell und von mehreren Faktoren abhängig, wie zum Beispiel der Bedarf des Kindes. Wenn also die Rolle durch die Beziehung zum jeweiligen Schüler oder zur jeweiligen Schülerin definiert wird, so wäre die nächste Frage, was die optimale Balance von Nähe und Distanz in dieser Beziehung ist. Eine sehr große Distanz ist nicht möglich, da sich die Schulbegleitung in den meisten Fällen mit der Lebensgeschichte und Lebenswelt des Kindes beschäftigt, um Gefahrensituationen schneller zu erkennen. Andererseits, wenn das Kind zu sehr in den Fokus gesetzt wird, besteht die Gefahr der „Rollendiffusion“ (Lindmeier & Ehrenberg, 2017, 142). Das Kind steht zu sehr im Fokus, hat somit eine Sonderstellung und wird nicht wie alle anderen Schülerinnen und Schüler wahrgenommen. Dieses Phänomen wäre, im Sinne der Inklusion, sehr kontraproduktiv und würde eher eine Exklusion aus der Gemeinschaft bewirken (vgl. Heinrich & Lübeck, 2013).
2.3.3 Tätigkeitsprofil
Wie im vorherigen Kapitel festgelegt, ist das Tätigkeitsprofil die zweite Komponente, welche die Rolle der Schulbegleitung begründet und beeinflusst. Das folgende Zitat zeigt eine verallgemeinerte Ausdrucksweise der Aufgabe bzw. Tätigkeit einer Schulbegleitung:
„Ihre Aufgabe ist es, die Kluft zu überbrücken zwischen den Unterstützungsbedürfnissen einzelner Kinder und dem, was die Schule derzeit an Unterstützung leisten kann - insbesondere an solchen Schulen, die noch ganz am Anfang ihres Weges zu einer inklusiven Schule stehen.“ (Böing & Köpfer, 2017, S.7).
Auch wenn eine Zusammenfassung der Tätigkeiten einer Schulbegleitung sehr schwer erscheint, da sie in jedem Fall individuell ist und abhängig von den Bedürfnissen des Kindes, bietet diese Aussage einen zielgerichteten Blick. Denn was Schulbegleitung im Allgemeinen als Hauptaufgabe hat, ist- in Anlehnung an Feuser (1995)- die Inklusion zu erleichtern und die Mangel der Schule zu „überbrücken“ bis diese das Lernen für alle Schülerinnen und Schüler ausschließlich durch ihre Struktur ermöglichen kann.
Trotz allem kann man die Tätigkeiten in drei Hauptbereiche kategorisieren: die Unterstützung bei lebenspraktischen Anforderungen, die Unterstützung bei der Emotions- und Verhaltenskontrolle sowie die didaktische Unterstützung (vgl. Meyer, 2017). Andere Kategorien könnten auch die Unterscheidung in Einzelunterstützung und Unterstützung in der Gruppe sein. Mögliche Beispiele für Tätigkeiten einer Schulbegleitung sind nach Meyer’s Kategorien folgende:
- Unterstützung bei lebenspraktischen Anforderungen
An- und Ausziehen, Fortbewegung, Essen und Trinken, Bereitstellung der Schulsachen, Hygiene, Abholung vom Bus, Sicherstellung medizinischer Notwendigkeiten, ...
- Unterstützung bei Emotions- und Verhaltenskontrolle
Abholung vom Bus, Hilfestellung, Ermunterung, Motivation, Selbstwertsteigerung, Konfliktlösung, .
-didaktische Unterstützung
unterstützende Tätigkeiten für Teilhabe am Unterricht, Helfen beim Erreichen der schulischen Kernkompetenzen, Hilfestellung, Förderung des Lernverhaltens, ... (vgl. Meyer 2017)
Je nachdem können die Tätigkeiten, die für das entsprechende Kind ausgeübt werden anderweitige Auswirkungen haben, was bei jedem Kind auf individuelle Art geschieht. Dies zeigt die Studie von Lindmeier und Ehrenberg (2017, S. 140 -150). Sie erforschten die Perspektive der Schülerinnen und Schüler in einer Grundschule mit dem Ziel deren Wahrnehmung und Meinung zu Schulbegleitung, mithilfe von Gruppendiskussionen, bzw. der Auswertung dieser, herauszukristallisieren. Die Studie ergab, dass sich die Kinder benachteiligt fühlen und somit auch nicht gleichberechtigt behandelt. Zugleich empfinden sie ein Gefühl stetig kontrolliert zu werden und nicht die Schulkultur, wie sie ist (mit den Pausen) erleben zu können. Dadurch waren viele Kinder der Meinung, dass der Kontakt zu dem schulbegleiteten Kind nur sehr schwer zu knüpfen ist. Diese wenigen Aspekte zeigen wie groß die anderweitigen Auswirkungen von Schulbegleitung sein können. Berücksichtige man den altersgerechten Überfluss an Emotionalität, lässt sich trotzdem feststellen, dass eine negative Auswirkung von Schulbegleitung empfunden wird. In diesem Sinne wird mit dem folgenden Zitat die treffende Lösungsmöglichkeit auf wenige Aspekte dieses Dilemmas gefunden:
„Kennzeichnend für die Tätigkeit von Schulassistent_innen ist aber die Notwendigkeit, sich selbst und die eigenen Ziele zurückzunehmen, zu beobachten, Selbstbestimmung und Handlungsfähigkeit zu unterstützen und nicht zu verhindern." (Lindmeier, Polleschner, 2014).
Die letzten zwei Aspekte bringen es auf den Punkt, nämlich das Kind so weit es geht in seiner Handlung und Bestimmung nicht zu beeinflussen, damit es den Anschluss zu den Mitschülern und Mitschülerinnen stets alleine findet, auch wenn hierbei die Anwesenheit, welche ein Kontrollempfinden der Mitschülerinnen und Mitschüler verursacht, schwer zu vermeiden ist.
2.4 Perspektive der Schülerinnen und Schüler in der Forschung
Die Forschung zu Schulbegleitung ist ziemlich lückenhaft, jedoch kann man eine steigende Relevanz in der Forschung aufgrund der Thematik Inklusion und den damit einhergehenden Umsetzungsmaßnahmen (u.a. Schulbegleitung) erkennen. Hierbei gibt es in Deutschland die verschiedensten Studien, jedoch ausschließlich zwei, welche die Perspektive der Schüler und Schülerinnen miteinbeziehen (vgl. Köpfer & Böing,2017; Lindmeier & Ehrensberg, 2017). Diese Perspektive nimmt eine besondere Stellung ein. Wenn Schulbegleitung im Hinblick auf die Entwicklung aller teilhabenden Schülerinnen und Schüler sowie auf das inklusive Schulsystem kritisch betrachtet und reflektiert wird, so können sich negative und nach dem Inklusionsverständnis perikulöse Aspekte herauskristallisieren (vgl. Lübeck & Demmer, 2017). Die genannten zwei Studien beziehen sich beide auf eine Studie aus der internationalen Forschung (vgl. Broer et a. 2005) welche die Methodik betrifft. In beiden Studien wurden mit Schülerinnen und Schüler Diskussionen geführt, welche in einem zweiten Schritt mit der dokumentarischen Methode interpretiert wurden, um daraus Orientierungen der Schülerinnen und Schüler zu rekonstruieren werden. Die Studie von Böing und Köpfer (2017) stellt Forschungsergebnisse der SAS-Studie („Schulassistenz aus Schüler/innen/perspektive (SAS)“), eine Kooperation zweier Universitäten, in den Mittelpunkt und analysiert diese mithilfe der dokumentarischen Methode. Hier wurden Interviews mit schulbegleiteten Schülerinnen und Schülern unterschiedlichen Alters geführt. Die ausgewählten exemplarischen Interviewpassagen werden dargestellt und analytisch in die Theorie eingebettet. Zur Methodik lässt sich anmerken, dass dies keine klassischen Interviews sind, sondern kind- und problemzentrierte Interviews (vgl. Witzel, 2000), bei denen ein Erzählkontext herrscht, bei dem zwar konkretisierende Fragen zum Lernen und außerunterrichtlichen Situationen gestellt werden, jedoch ohne explizite Fokussierung der Schulbegleitung. Die Schulbegleitung wird hingegen von den Schülerinnen und Schülern selbst angesprochen, worauf der Interviewer Nachfragen stellt. Böing und Köpfer (2017) fassen aus ihren Forschungsergebnissen zwei Vorstellungen von Unterstützung zusammen, nämlich die stetig anwesende Unterstützung, jedoch nur zur Erfüllung der unterrichtlichen Forderungen und die vorübergehende nur in Notfallsituationen benötigte (vorwiegend physische) Unterstützung. Aus ihrer Studie erkennen sie, dass das Verständnis von Unterricht (z.B. als leistungsfordernd, erfüllender) die Orientierungen der Schülerinnen und Schüler zum Thema Schulbegleitung beeinflusst. Zusätzlich verdeutlicht sich ein Verständnis von Inklusion, „das sich an einer auf ,Förderung‘ ausgerichteten Unterstützung orientiert, mit dem Ziel, Schüler/innen auf zu bewältigende unterrichtliche Rahmenbedingungen zu orientieren." (Böing & Köpfer, 2017, S.31). Zudem lenkt eine auf „Förderung ausgerichtete Unterstützung" in die Richtung der Exklusion, da sie den betroffenen Schülerinnen und Schülern eine Sonderstellung zuschreibt. Dieses unterstreicht die Forschungsergebnisse der Studie von Lindmeier und Ehrenberg (2017). Hier wurden, in einer zweiten und vierten Klasse, Gruppendiskussionen mit den Mitschülerinnen und Mitschülern einer Klasse, in der es jeweils ein schulbegleitetes Kind gibt, geführt. Exemplarische Passagen wurden auch hier mit der dokumentarischen Methode interpretiert, um gemeinsame Orientierungen in Bezug auf die Erwartung und Wahrnehmung von Schulbegleitung wiederherzustellen. Zusammenfassend konnte zu drei Aspekten folgendes erkannt werden: Zum Punkt Zuständigkeit der Schulbegleitung stach besonders ein Empfinden von Ungerechtigkeit und die Frage nach Gleichbehandlung heraus. Die Mitschülerinnen und Mitschüler erwarten die gleiche Hilfestellung im Unterricht und schreiben der Schulbegleitung somit eine universale Rolle zu, die des „Hilfslehrer[s]" (Lindmeier & Ehrensberg, 2017, S. 141). Diese Orientierung knüpft sehr an ein weiteres Forschungsergebnis an, nämlich dass die Schülerinnen und Schüler dadurch eine Differenz verspüren und somit Exklusion im weiteren Sinne. Dies kann die Ursache für das dritte Forschungsergebnis sein: Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Anwesenheit von Schulbegleitung und Peerbeziehungen und -interaktionen der Mitschülerinnen und Mitschüler mit dem schulbegleiteten Kind. Diese Anwesenheit kann erwünscht sein, zum Beispiel in Konfliktsituationen, andererseits - wie der Titel der Studie sagt - bevorzugen die Mitschüler und Mitschülerinnen auch manchmal, „dass sie [die Schulbegleitung] gar nicht da ist". Dies steht in Verbindung mit dem empfundenen Kontrollerleben, das die Kinder verspüren, wenn die Schulbegleitung präsent ist. Es liegt nahezu in ihren Händen solche Peerinteraktionen eher zu unterstützen oder zeitgleich spontane Interaktionen zu verhindern. Rückblickend, lässt sich deuten, dass die Forschungsergebnisse zeigen, dass personelle und kindbezogene Unterstützung von Schulbegleitung andere Kinder somit ausschließt und dies so in eine Rollendiffusion resultieren kann (vgl. Lindmeier & Ehrensberg, 2017, 142). Abschließend wird in der Studie festgestellt, dass die Problemfelder, aufgrund der Sruktur von inklusiven Schulen schwer aufzulösen sind. Es folgt der Vorschlag, Schulbegleitung ,aus den eigenen Reihen‘ zu implizieren, welche als stetiger Bestandteil der jeweiligen Klasse anerkannt werden und spontan auf diverse Anforderungen und Bedürfnisse reagieren können.
Bezüglich der Schülerinnen- und Schülerperspektive in der Forschung im Kontext Schulbegleitung bringt Prammer-Semmler eine entscheidende Tatsache auf den Punkt:
„Schüler/innen scheinen ein Bedürfnis zu haben, darüber informiert zu werden, ihre Eindrücke und Befürchtungen schildern zu dürfen, etwas zu explizieren, was ohnedies täglich ,mitschwingt‘ und den Alltag beeinflusst." (Prammer-Semmler, 2017, S.17).
III Empirische Untersuchung
3.1 Forschungsinteresse und Fragestellung
Ausgehend von der Einleitung wurde das Forschungsinteresse dieser Arbeit in den vorherigen Kapiteln bereits zunehmend konkretisiert. Basierend auf den vier theoretischen Grundbereichen bezieht sich somit die nachfolgende Empirie auf folgende Fragestellung:
Wie wird die Maßnahme Schulbegleitung aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler bezüglich des Rollenverständnisses und der Kooperation mit weiteren Fachkräften wahrgenommen?
Zum einen verfolgt die vorliegende Arbeit ein empirisches Erkenntnisinteresse. Dabei handelt es sich um eine Replikation, bei der herausgefunden werden soll, ob es sich bei den früher gefundenen Ergebnissen (Köpfer & Böing,2017; Lindmeier & Ehrensberg, 2017) -nämlich insbesondere den Rollenbildern von Schulbegleitung-, um stabile Effekte handelt, die auch einer neuerlichen Überprüfung standhalten und so eine mögliche Generalisierung der Ergebnisse zulassen. Neben dem empirischen Erkenntnisinteresse verfolgt die Arbeit das Ziel einer Rekonstruktion von Orientierungen der Schülerinnen und Schüler in Bezug auf die hier geltende Thematik. Somit beruht das Forschungsinteresse darauf, Orientierungen von Schülerinnen und Schüler zu rekonstruieren und resultierend daraus, Rollenbilder der Schulbegleitung vergleichend mit früheren Studien zu bestätigen oder neu zu manifestieren sowie die Wahrnehmung von Kooperation von Fachkräften. Wie zu erkennen, fragt das Forschungsinteresse nach zwei Aspekten aus Sicht der Schülerinnen und Schüler: der nach dem Rollenverständnis von Schulbegleitung und nach der Kooperation mit weiteren Fachkräften. Das Rollenverständnis von Schulbegleitung soll dabei stärker im Fokus liegen.
Die Schülerinnen und Schüler werden als auffassende und wertende Akteure von Schulbegleitung in den Vordergrund gestellt. Ihre Wahrnehmung und ihre Auffassung sind der entscheidende Punkt dieser Studie, da sie vermeintlich andere Prioritäten setzen und Dinge anders wahrnehmen. Die Rolle der Schulbegleitung konnte bisher nicht klar definiert werden, was verschiedene Gründe haben kann. Jedoch haben die genannten Studien mit der Schüler/innen/perspektive wichtige Ergebnisse erzielen können und bereits einige Rollenbilder entworfen. Somit konnte man die Maßnahme der Schulbegleitung aus einer anderen, aber bedeutsamen Perspektive beleuchten.
Die Kooperation mit weiteren Fachkräften ist, wie über die theoretischen Grundlagen erfahren, an einer Inklusionsschule essentiell für die Umsetzung von Inklusion, weshalb der Aspekt in die Empirie miteinbezogen wird. Bezogen auf beide Aspekte, ist die Perspektive der Schülerinnen und Schüler zentral, um mögliche Problemstellen aufzuzeigen, die womöglich für die Unterstützung von Inklusion entscheidend sein können und die durch andere Studien mit anderen Perspektiven nicht zur Geltung kommen. Der in Kapitel 2.4 dargestellte Forschungsstand aus Perspektive der Schülerinnen und Schüler zeigt die immer herrschende Rollendiffusion von Schulbegleitung und die damit einhergehende unklare Kooperation mit weiteren Fachkräften auf. Diese zwei Aspekte sollen somit über die Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler neu definiert werden.
3.2 Methodische Vorgehensweise
Um die Forschungsfrage angemessen beantworten zu können, wird eine qualitative Methodik gewählt. Dies hat diverse Gründe. In dieser Forschung soll die Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler verstanden werden, um sie in der Auswertung rekonstruieren zu können. Wenn von einem Kind mit anderer Wahrnehmungsdimension, aufgrund des Alters verstanden werden soll, dann bedarf es Erklärungen und Beschreibungen. Diese wären zum Beispiel bei einer schriftlichen Befragung äußerst kompliziert und für das zu erforschende Kind zu aufwendig. Deshalb eignet sich eine qualitative Forschung besser, um die Orientierungen der Schülerinnen und Schüler zu verstehen. Im Folgenden soll die allgemeine Charakteristik qualitativer Forschungsmethoden erläutert werden. Es werden allgemein zwei konkrete Vorgehensweisen bei der Erhebung und Auswertung von Daten unterschieden: das quantitative und das qualitative Verfahren (Aeppli, 2014). Das quantitative Verfahren hat als Ziel numerische Verallgemeinerungen zu ziehen, während qualitative Verfahren Interpretationen nicht nach der Häufigkeit des Auftretens bestimmter sozialer Phänomene wertet, sondern eine Verallgemeinerung im Einzelfall versucht.
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- Quote paper
- Jasmin Hamadi (Author), 2018, Schulbegleitung in einer Inklusionsschule. Perspektive der Schüler/-innen und die Kooperation mit weiteren Fachkräften, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458626
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